Frage an Stellenbewerber nach eingestelltem Ermittlungsverfahren

Der Arbeitgeber darf den Stellenbewerber grundsätzlich nicht nach einem eingestellten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren fragen.

Wie weit geht das Fragerecht des Arbeitgebers im Rahmen des Bewerbungsverfahren? Diese Frage stellen sich nicht nur die Führungskräfte, die im Unternehmen mit der Personalgewinnung und Bewerbungsgesprächen befasst sind.

Aktuell lag auch dem Bundesarbeitsgericht ein solcher Fall zur Entscheidung vor. Die obersten Bundesrichter beschränkten das Recht des Arbeitgebers auf gewisse Informationen über den Bewerber.

Unspezifizierte Frage nach Ermittlungsverfahren unzulässig

Denn der Arbeitgeber darf den Stellenbewerber grundsätzlich nicht nach eingestellten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren fragen. Eine solche unspezifizierte Frage verstößt gegen Datenschutzrecht und die Wertentscheidungen des § 53 Bundeszentralregistergesetz (BZRG). Stellt der Arbeitgeber die Frage dennoch und verneint der Bewerber in Wahrnehmung seines informationellen Selbstbestimmungsrechts wahrheitswidrig, dass gegen ihn Ermittlungsverfahren anhängig waren, darf der Arbeitgeber das zwischenzeitlich begründete Arbeitsverhältnis nicht wegen dieser wahrheitswidrig erteilten Auskunft kündigen.

"Nie sollst du mich befragen"

Mit diesen Worten Lohengrins aus Richard Wagners gleichnamiger Oper hielt es anscheinend auch ein Stellenbewerber, der sich im Sommer 2009 als Lehrer an einer Hauptschule in Nordrhein-Westfalen bewarb. Vor seiner Einstellung wurde er aufgefordert, auf einem Vordruck zu erklären, ob er vorbestraft sei, und zu versichern, dass gegen ihn kein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft anhängig sei oder innerhalb der letzten drei Jahre anhängig gewesen sei. Er unterzeichnete den Vordruck, ohne Angaben zu etwaigen Ermittlungsverfahren zu machen. Zum 15.09.2009 wurde er eingestellt.

Im Oktober 2009 erhielt die zuständige Bezirksregierung einen anonymen Hinweis, der sie veranlasste, die Staatsanwaltschaft um Mitteilung strafrechtsrelevanter Vorfälle zu bitten. Die daraufhin übersandte Vorgangsliste wies mehrere nach §§ 153 ff. StPO eingestellte Ermittlungsverfahren aus. Das beklagte Land kündigte das Arbeitsverhältnis außerordentlich, hilfsweise ordentlich, weil der klagende Lehrer die Frage nach Ermittlungsverfahren unrichtig beantwortet habe. Er hält die Kündigung für unwirksam. Bereits eingestellte Ermittlungsverfahren habe er nicht angeben müssen.

Verstoß gegen den Datenschutz und das Grundgesetz

Eine Erhebung von Daten, wie sie die unspezifizierte Frage nach Ermittlungsverfahren darstellt, ist nach den datenschutzrechtlichen Bestimmungen in Nordrhein-Westfalen nur zulässig, wenn sie durch eine Rechtsvorschrift erlaubt ist oder der Betroffene einwilligt. Solche Informationen zu abgeschlossenen Ermittlungsverfahren sind für die Bewerbung um eine Stelle als Lehrer nicht erforderlich und damit nicht durch § 29 des Datenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen gestattet.

Die allein auf die wahrheitswidrige Beantwortung der Frage nach Ermittlungsverfahren gestützte Kündigung verstieß deshalb gegen die objektive Wertordnung des Grundgesetzes, wie sie im Recht auf informationelle Selbstbestimmung, bei dem es sich um eine Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 GG) handelt, zum Ausdruck kommt. Sie war deshalb gemäß § 138 Abs. 1 BGB unwirksam (BAG, Urteil vom 15.11.2012, 6 AZR 339/11).



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