Prof. Dr. Daniela Eisele-Wijnbergen
Unternehmensspezifische Kompetenzmodelle fassen Anforderungen eines Unternehmens an seine Mitarbeitenden positionsunabhängig zusammen. Damit wird der Fokus auf wesentliche Kompetenzen gelenkt und ein gemeinsames Verständnis sowie einheitlicher Sprachgebrauch im Unternehmen ermöglicht. Analyseeinheit ist zunächst das Unternehmen. Für den Einsatz des Modells in der Mitarbeitergewinnung und -auswahl, Leistungsbeurteilung, Weiterbildung etc. ist es ggf. für verschiedene Fachbereiche, Job-Familien und bestimmte Hierarchieebenen durch spezifische Kompetenzen zu ergänzen.
2.1 Strategie und Werte als Ausgangspunkt
Ausgehend von Vision und Strategie der Organisation werden zunächst generelle Handlungsfelder abgeleitet. Auf Basis der zentralen Handlungsfelder lassen sich Anforderungen bezüglich Kompetenzen und Verhaltensweisen ermitteln.
Beispiel: Internationalisierungsstrategie
Plant ein Unternehmen z. B. im asiatischen Markt einzusteigen und überdurchschnittlich zu wachsen, resultiert daraus, dass in Politik und Wirtschaft auf internationaler Ebene neue Kontakte geknüpft, aufgebaut und gepflegt werden müssen. Erfolgskritisch sind dabei eine entsprechende Kultursensibilität und Fremdsprachenkenntnisse. Außerdem müssen die Mitarbeiter zunehmend mobil sein. Erfolgskritische Verhaltensweisen im interkulturellen Umfeld sind z. B. die Offenheit auf andere zuzugehen und andere Perspektiven nicht nur zuzulassen, sondern zu akzeptieren und ggf. auch zu integrieren. Dies erfordert Anpassungsfähigkeit und Anpassungswillen.
Beispiel: Fokus liegt auf Innovation
Lebt ein Unternehmen von Innovationen, ergibt sich als ein Handlungsfeld Forschung und Entwicklung zu forcieren und Interdisziplinarität zu fördern. Als geforderte Kompetenz auf individueller Ebene steht entsprechend Innovationsfähigkeit im Fokus. Erfolgskritische Verhaltensweisen sind hier z. B. kreative Ideen zuzulassen und weiterzuverfolgen, Assoziationsketten zu fördern, also keine Besitzstände zuzulassen, dafür jedoch Fehler, aus denen gelernt werden kann.
Unternehmenswerte in Verhalten übersetzen
Mit Blick auf Anforderungen, die aus der Unternehmenskultur resultieren, werden Werte direkt in erfolgskritisches Verhalten übersetzt: So wird eine ausgeprägt wettbewerbsorientierte Organisation, wie sie bei Beratungshäusern oft zu finden ist, die Ergebnis- und Erfolgsorientierung des Einzelnen in den Vordergrund stellen. Organisationen mit hoher sozialer Verantwortung, z. B. Pflegeeinrichtungen, betonen dagegen meist kooperatives Verhalten. Herrscht Familiarität, wird Loyalität wesentlich sein. Steht Sicherheit als Wert weit oben, wie z. B. bei Energieunternehmen, wird die Einhaltung von Vorschriften erfolgskritisch sein. Aus dem erfolgskritischen Verhalten werden die dafür erforderlichen Kompetenzen hergeleitet und definiert. Deren Definition wird wiederum über die Beschreibung konkreten Verhaltens operationalisiert.
2.2 Kompetenzen über Verhaltensanker greifbar machen
Die Wahl zentraler Kompetenzen ist unternehmensspezifisch, auch wenn einige Schlüsselkompetenzen, wie Kommunikationsfähigkeit oder Belastbarkeit, in fast jeder Organisation eine Rolle spielen. In der Benennung und Definition der Kompetenzen kann man sich an der in der Literatur empfohlenen Definition orientieren. Ebenso kann die Einteilung in Kompetenzfelder auf der Basis der obigen Einteilung in Fach- und Methodenkompetenzen sowie sozialen und persönlichen Kompetenzen erfolgen. Diese Einteilung kann im Bedarfsfall spezifisch abgeändert oder weiterentwickelt werden. Wesentlich ist dagegen die unternehmensspezifische Definition und Operationalisierung (Messbarmachung) der Kompetenzen. Kommunikationsfähigkeit wird sich im internationalen Umfeld einer weltweit tätigen Nichtregierungsorganisation anders ausdrücken als in einer national tätigen Callcenter Organisation. Um vergleichbare Werte zu erzielen, ist Folgendes zu berücksichtigen: Ein Verhaltensanker sollte immer beobachtbares Verhalten beschreiben. Dabei ist die Beschreibung knapp und weder zu vage noch zu spezifisch zu halten. Die Anker umfassen immer nur ein Thema, enthalten keine fragwürdigen Vorbedingungen und keine unnötigen Fach-/Fremdworte. Die Beschreibungen sollten positiv ausgedrückt sein und sich auf den Job, nicht das Privatleben, beziehen. Ausdruck und Stil sollten verständlich und respektvoll sein.
Verhaltensanker für Moderationskompetenz
Weniger gut geeignete Verhaltensanker:
"Steuerung der Redeanteile aller Teilnehmer unter Berücksichtigung aller Argumente", "bedachter Einsatz aller vorhandenen Hilfsmittel zur Visualisierung und kreativen Nutzung von neuen Methoden und Medien", "stellt sich selbst nicht in den Mittelpunkt".
Gut geeignete Verhaltensanker:
"Strukturiert den Gesprächsverlauf", "nimmt alle Argumente auf", "visualisiert Argumente und Sachverhalte", "nutzt neue Medien", "hört aufmerksam zu".
Für die oben genannten Kompetenzen könnten geeignete Verhaltensanker wie folgt aussehen:
- Interkulturelle Kompetenz
"Holt Informationen zu anderen Kulturen ein; erkennt kulturell bedingte Muster; akzeptiert und integriert andere H...