Prof. Dr. jur. Tobias Huep
Aus dem Arbeitsverhältnis können sich verschiedene Anzeige- oder Meldepflichten ergeben. Zu unterscheiden sind dabei nicht ausdrücklich geregelte von den vertraglich vereinbarten Pflichten. Auch ohne eine ausdrückliche Regelung ergeben sich Anzeigepflichten als (ungeschriebene) Nebenpflicht gemäß § 241 Abs. 2 BGB.
Ausdrücklich vertraglich geregelte Anzeigepflichten können sich aus Arbeitsverträgen. Betriebsvereinbarungen und Tarifverträgen ergeben. Entsprechende Vereinbarungen unterliegen individualarbeitsrechtlich einer Inhaltskontrolle. Dabei sind im Hinblick auf die anzeigepflichtigen Tatsachen die Grenzen des Fragerechts entsprechend anwendbar. Dies gilt grundsätzlich auch für Kollektivvereinbarungen, allerdings besteht insoweit ein größerer Gestaltungsspielraum der Parteien.
Eine tarifvertragliche Regelung für Zeitschriftenredakteure, ihre Fremdveröffentlichungen dem Arbeitgeber anzeigen zu müssen, ist wirksam.
Nebentätigkeiten sind auch ohne vertragliche Regelung immer dann anzuzeigen, wenn dadurch die Interessen des Arbeitgebers betroffen sind und nicht im (eher seltenen) Einzelfall das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers überwiegt.
Aus der arbeitsvertraglichen Treuepflicht (abgeleitet aus § 242 BGB i. V. m. § 241 Abs. 2 BGB) ergeben sich ebenfalls gewisse Anzeigepflichten; dazu gehören Anzeigen bei Änderungen in den persönlichen Lebensverhältnissen, soweit diese für das Arbeitsverhältnis relevant sind – dies gilt z. B. für eine Änderung der Wohnanschrift. Ohne eine eindeutige vertragliche Regelung dürfte keine Anzeigepflicht im Hinblick auf die Inanspruchnahme einer vorgezogenen Rente bestehen (strittig).
Drohende Schäden sind dem Arbeitgeber vom Arbeitnehmer zu melden, wenn der Arbeitnehmer in Bezug auf die eigene Arbeitsleistung Störungen im Arbeitsvorgang bemerkt oder voraussieht. Dies betrifft zunehmend auch IT- und Cyberattacken von dritter Seite.
Schädigende Handlungen anderer Arbeitnehmer müssen zumindest von Arbeitnehmern mit Aufsichts- oder Kontrollfunktionen angezeigt werden. Aber auch darüber hinaus kann die Anzeige anderer Mitarbeiter verpflichtend sein, wenn anderenfalls erheblicher Sachschaden oder Personenschaden droht. Bei der rechtlichen Beurteilung ist allerdings die mögliche Konfliktsituation des Arbeitnehmers zu seinen Gunsten zu berücksichtigen. Anzeigepflichtig kann u. U. auch das Verhalten betriebsfremder Dritter sein – dies gilt für Bestechungsversuche, nicht jedoch für die Abwerbeversuche durch Headhunter. Darüber hinaus besteht keine Pflicht zum "Whistleblowing", d. h. der Anzeige strafbarer Vorgänge im Unternehmen gegenüber Dritten (z. B. den Strafverfolgungsbehörden) – es handelt sich dabei um ein Recht, bestimmte unternehmensinterne Vorgänge und Ereignisse sanktionslos weitergeben zu dürfen.
Ansteckende Krankheiten müssen dem Arbeitgeber angezeigt werden, wenn sie eine Ansteckungsgefahr für andere Arbeitnehmer oder Kunden begründen. Dies gilt z. B. für eine COVID-19-Infektion, darüber hinaus aber auch für den Aufenthalt in einem (Hoch-)Risikogebiet, für eine Quarantäneanordnung oder den Kontakt mit infizierten Personen.
Ein Verstoß gegen arbeitsvertragliche Anzeige- oder Mitteilungspflichten kann die Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen. Eine fristlose Kündigung kommt regelmäßig erst dann in Betracht, wenn das Gewicht der Pflichtverletzung durch besondere Umstände erheblich verstärkt wird. Solche Umstände können darin liegen, dass der Arbeitnehmer seine Nebenpflichten beharrlich verletzt oder durch sein Verhalten auf andere Weise deutlich macht, er werde die berechtigten Interessen des Arbeitgebers auch zukünftig nicht wahren.