Der Arbeitgeber trägt im Lohnsteuerabzugsverfahren das Risiko für zu wenig einbehaltene Lohnsteuer sowie für die Kirchensteuer und den Solidaritätszuschlag. Hat er zu wenig Steuern einbehalten oder den Lohnsteuerabzug ganz unterlassen, kann er vom Finanzamt als Haftungsschuldner in Anspruch genommen werden. In diesem Fall muss er die zu gering einbehaltene Lohnsteuer an das Finanzamt zahlen und ggf. vom Arbeitnehmer einfordern, der sie im Rahmen der Einkommensteuererklärung anrechnen lassen kann. Die Haftung ist allerdings nachrangig der Steuerschuldnerschaft. Hat der Arbeitnehmer die Einnahmen bereits als Einnahmen in seiner Einkommensteuererklärung angegeben und versteuert, haftet der Arbeitgeber nur mit den bisher noch nicht erklärten Einnahmen des Arbeitnehmers.
7.1 Anrufungsauskunft beim Finanzamt
Ist sich der Arbeitgeber über die steuerliche Frage, ob eine Arbeitnehmereigenschaft vorliegt, nicht im Klaren, kann er sich formlos an das für ihn zuständige Betriebsstättenfinanzamt wenden. Dieses Finanzamt ist verpflichtet, auf Anfrage Auskunft darüber zu erteilen, ob und inwieweit die Vorschriften über die Lohnsteuer in dem vorgetragenen Fall anzuwenden sind. Die Anfrage sollte schriftlich gestellt werden.
Auch der Arbeitnehmer kann sich mit solch einer Anrufungsauskunft an das Betriebsstättenfinanzamt des Arbeitgebers wenden. Eine Lohnsteuer-Anrufungsauskunft ist gebührenfrei.
Anrufungsauskunft nicht verbindlich für Einkommensteuerveranlagung
Die schriftlich und ggf. befristet erteilte Auskunft des Finanzamts ist für das Lohnsteuerabzugsverfahren verbindlich, nicht jedoch für die Einkommensteuerveranlagung des Arbeitnehmers.
Gebührenpflichtige verbindliche Auskunft
Alternativ zu der auf das Lohnsteuerabzugsverfahren begrenzten Anrufungsauskunft kann auch eine verbindliche Auskunft des Finanzamts nach § 89 AO beantragt werden. Sie ist grundsätzlich gebührenpflichtig. Allerdings gilt sie sowohl für den Lohnsteuerabzug als auch im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung des Arbeitnehmers.
Auch unzutreffende Auskunft befreit Arbeitgeber von Haftung
Wird nach der erteilten Anrufungsauskunft oder nach der verbindlichen Auskunft des Finanzamts verfahren, ist der Arbeitgeber auch dann von der Haftung befreit, wenn sie unzutreffend sein sollte.
Der Antragsteller kann gegen eine Anrufungsauskunft Rechtsmittel (Einspruch, Klage und Revision) einlegen und so die erteilte Auskunft inhaltlich überprüfen lassen.
Alternativ zu einer Anrufungsauskunft oder verbindlichen Auskunft hat der Arbeitgeber mehrere Möglichkeiten, um die Frage, ob eine Arbeitnehmereigenschaft vorliegt, vom Finanzamt bzw. gerichtlich entscheiden zu lassen. Weil diese Alternativen regelmäßig aufwendiger und im Verhältnis zum Arbeitnehmer streitanfällig sind, sollten sie im Einzelfall sorgfältig geprüft werden.
7.2 Kein Lohnsteuerabzug und Mitteilung an Finanzamt
Unterstellt der Arbeitgeber/Auftraggeber, dass eine Arbeitnehmereigenschaft nicht vorliegt, und behält deshalb keine Lohnsteuer ein, kann er sich nur von der Lohnsteuerhaftung befreien, wenn er den unterlassenen Lohnsteuereinbehalt unverzüglich dem Finanzamt mitteilt.
Bejaht das Finanzamt eine Arbeitnehmereigenschaft, erlässt es regelmäßig einen Haftungsbescheid gegen den Arbeitgeber. Hiergegen kann der vermeintliche Arbeitgeber Rechtsmittel einlegen (Einspruch, Klage und Revision).
7.3 Lohnsteuerabzug und Mitteilung an Arbeitnehmer
Alternativ zum eigenen Handeln kann der Arbeitgeber/Auftraggeber die Arbeitnehmereigenschaft vom vermeintlichen Arbeitnehmer prüfen lassen. Dazu behält der Arbeitgeber/Auftraggeber die Lohnsteuer ein und informiert seinen Mitarbeiter. Dieser leitet selbst notwendige Schritte ein, um eine Entscheidung der Steuergerichte herbeizuführen.
Dazu legt der vermeintliche Arbeitnehmer gegen die jeweiligen Lohnsteuer-Anmeldungen des Arbeitgebers beim Betriebsstättenfinanzamt Einspruch ein. Bejaht das Finanzamt in der Einspruchsentscheidung die Arbeitnehmereigenschaft, kann dagegen Rechtsmittel einlegt werden (Klage und Revision).
Alternativ kann der vermeintliche Arbeitnehmer nach Ablauf des Kalenderjahres beim Finanzamt eine Einkommensteuererklärung zur Erstattung der einbehaltenen Lohnsteuer bzw. zur Anrechnung auf die Einkommensteuer für den erzielten Gewinn abgeben. Bejaht das Finanzamt im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung die Arbeitnehmereigenschaft, kann der vermeintliche Arbeitnehmer dagegen Rechtsmittel einlegen (Einspruch, Klage und Revision).