Die aus den allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs resultierende Haftung des Arbeitnehmers wurde allgemein als zu streng empfunden, weil im Rahmen des auf Dauer angelegten Arbeitsverhältnisses auch dem sorgfältigsten Arbeitnehmer gelegentlich Fehler unterlaufen können, die zwar für sich betrachtet fahrlässig sind, mit denen aber aufgrund der menschlichen Unzulänglichkeit gerechnet werden muss. Die Rechtsprechung hat deshalb Haftungserleichterungen in analoger Anwendung des § 254 BGB entwickelt. Diese Haftungserleichterung betrifft vor allem die Fälle leichter Fahrlässigkeit, also kleinere Unachtsamkeiten und geringfügige Fehler, in denen der Arbeitnehmer keinerlei Haftung zu übernehmen hat. Jedenfalls bei vorsätzlichem oder grob fahrlässigem Handeln bleibt es dagegen regelmäßig bei der vollen Haftung des Arbeitnehmers.

3.1 Persönlicher Anwendungsbereich

Der Anwendungsbereich der privilegierten Arbeitnehmerhaftung ist begrenzt auf Arbeitsverhältnisse. Erfasst werden daneben auch Ausbildungsverhältnisse.[1] Zudem werden auch die als Arbeitnehmer beim Entleiher eingesetzten Leiharbeitnehmer umfasst. Keine Anwendung finden die Grundsätze im Bereich selbstständiger Dienstverträge gemäß § 611 BGB, solange keine Eingliederung in die betriebliche Organisation und eine entsprechende Weisungsabhängigkeit besteht.[2]

Die Grundsätze sind aufgrund der vergleichbaren Schutzbedürftigkeit ebenfalls anwendbar auf arbeitnehmerähnliche Personen.[3]

Im Verhältnis zu Dritten greifen die Grundsätze nicht ein. Haftet der Arbeitnehmer daher gegenüber einem dritten Geschädigten voll, kann er vom Arbeitgeber grundsätzlich Freistellung verlangen. Der Freistellungsanspruch setzt voraus, dass der Arbeitnehmer in Erfüllung seiner gegenüber dem Arbeitgeber bestehenden arbeitsvertraglichen Pflichten gehandelt und sich hierbei gegenüber Dritten schadensersatzpflichtig gemacht hat. Im Übrigen hängt der Freistellungsanspruch des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber grundsätzlich vom Grad seines Verschuldens ab.[4]

Anspruchsinhaber ist der Arbeitgeber. Im Fall eines Betriebsübergangs geht dieser Anspruch auf den neuen Inhaber unverändert über.[5] Auch der Betriebserwerber muss sich die arbeitsrechtlichen Haftungserleichterungen entgegenhalten lassen.

Der Arbeitgeber kann sich auf die Haftungsprivilegierung nicht zu seinen Gunsten berufen.[6]

[2] BGH, Urteil v. 26.7.2016, VI ZR 322/15, für einen eigenständigen "Lotsenvertrag" als zumindest dienstvertragsähnliches Vertragsverhältnis, das zudem auf spezialgesetzlichen Vorgaben mit eigenständigem Haftungskonzept ("Lotsenprivileg" gem. § 21 Abs. 3 SeelotsG) beruht.
[3] BSG, Urteil v. 24.6.2003, B 2 U39/02 R, str., a. A. LAG Berlin, Urteil v. 11.4.2003, 6 Sa 2262/02: nur, wenn die arbeitnehmerähnliche Person in die betriebliche Organisationsstruktur eingebunden ist – in diese Richtung auch BGH, Urteil v. 26.7.2016, VI ZR 322/15.
[6] BAG, Urteil v. 25.10.2007, 8 AZR 593/06, zur Haftung des Arbeitgebers aufgrund Mobbings durch einen Vorgesetzten.

3.2 Voraussetzungen

3.2.1 Betrieblich veranlasste Tätigkeit

Nach der Rechtsprechung greift die arbeitsrechtliche Haftungsmilderung bei jeder Art von betrieblich veranlasster Tätigkeit. Ausgeschlossen ist eine Haftungserleichterung bei rein privatem Handeln des Arbeitnehmers – der Arbeitgeber soll nicht mit dem allgemeinen Lebensrisiko des Arbeitnehmers belastet werden.[1] Dabei genügt für eine betrieblich veranlasste Tätigkeit nicht die bloße Anwesenheit im Betrieb. Ausgangspunkt für die Auslegung der betrieblichen Tätigkeit ist § 105 Abs. 1 SGB VII.

Betrieblich veranlasst sind Tätigkeiten des Arbeitnehmers, die ihm arbeitsvertraglich übertragen worden sind oder die er im Interesse des Arbeitgebers für den Betrieb ausführt. Die Tätigkeit muss in engem Zusammenhang mit dem Betrieb und seinem betrieblichen Wirkungskreis stehen. Eine betriebliche Tätigkeit liegt unzweifelhaft vor, wenn eine Aufgabe verrichtet wird, die in den dem Arbeitnehmer zugewiesenen Aufgabenkreises fällt. Erfasst werden aber auch Tätigkeiten, die in nahem Zusammenhang mit dem Betrieb und seinem betrieblichen Wirkungskreis stehen. Dabei darf das Verhalten unter Berücksichtigung der Verkehrsüblichkeit nicht untypisch sein und sich nicht als Exzess darstellen.[2]

Unerheblich ist, wie die Arbeit ausgeführt wird; auch eine nicht sachgemäße, fehlerhafte oder leichtsinnig ausgeführte Tätigkeit verliert dadurch nicht ihren Charakter als betriebliche Tätigkeit.[3]

Eine solche liegt vor, wenn bei objektiver Betrachtung aus der Sicht des schädigenden Arbeitnehmers im betrieblichen Interesse zu handeln war und das Handeln dabei typisch und verkehrsüblich war. Auch ein grob fahrlässiges Verhalten lässt den betrieblichen Bezug nicht entfallen.[4] Dafür muss die Handlung auf ausdrückliche Weisung oder aber im Interesse des Betriebs erfolgt sein. Betrieblich veranlasst ist auch ein nicht zum arbeitsvertraglich fes...

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