Der Beweis durch Urkunden richtet sich nach den Vorschriften der §§ 415–444 ZPO. Der Arbeitsvertrag ist die in der Praxis des Arbeitsgerichtsprozesses am häufigsten vorgelegte Urkunde. Sowohl öffentliche Urkunden (z. B. Schriftstücke, die von Notaren, Gerichtsvollziehern oder Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts unterzeichnet wurden) als auch Privaturkunden (z. B. Arbeitsverträge, Entgeltabrechnungen des Arbeitgebers, Schriftstücke von Privatpersonen mit Erklärungsinhalten) erbringen den Beweis dafür, dass die in ihnen enthaltenen Erklärungen von den Ausstellern abgegeben worden sind. Sie bezeugen jedoch nicht, dass diese Aussagen auch inhaltlich richtig sind.
Keine Urkunden sind u. a. Zeichnungen, Pläne und Fotografien. Diese Beweismittel sind im arbeitsgerichtlichen Verfahren Augenscheinsobjekte.
Der Urkundenbeweis wird durch die Vorlegung der Urkunde angetreten. Privaturkunden müssen im Original vorgelegt werden; beglaubigte Abschriften genügen nicht für die Anwendung der Beweisregeln in § 416 ZPO, so dass sie nicht den vollen Beweis dafür erbringen, dass die in ihnen enthaltenen Erklärungen von den Ausstellern der Urkunde abgegeben sind. Erforderlich für die Beweiskraft ist ferner, dass die Urkunden vom Aussteller unterschrieben, echt und mangelfrei sind. Das Gericht entscheidet nach freier Überzeugung, ob und inwieweit äußere Mängel der Urkunde, wie Radierungen, Durchstreichungen u. a., die Beweiskraft beeinträchtigen.
Arbeitsvertrag als Urkundenbeweis
Werden im Arbeitsgerichtsprozess verschiedene Exemplare eines Arbeitsvertrags vorgelegt, stellt sich die Frage, welche arbeitsvertraglichen Bestimmungen zwischen den Parteien vereinbart wurden. Da regelmäßig nicht die einzelnen Seiten eines mehrseitigen Vertrags unterzeichnet werden, sondern lediglich der gesamte Vertrag am Ende unterzeichnet wird, kommt es für die Verwendung des Arbeitsvertrags als Beweismittel im Prozess darauf an, ob die einzelnen Seiten des Vertrags bzw. der Urkunde fest miteinander verbunden sind und die Verbindung keine Spuren eines Lösens aufweist. Sollte Letzteres der Fall sein, ist die Urkunde mängelbehaftet. Das Gericht muss dann nach § 419 ZPO über die Beweiskraft der Urkunde in freier Überzeugung entscheiden. Die Beweisregeln für Urkunden nach §§ 415–418 ZPO gelten dann nicht.
Der Urkundenbeweis wird sowohl auf Antrag als auch von Amts wegen nach § 56 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2 ArbGG i. V. m. § 142 Abs. 1, § 273 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO erhoben.
Für Privaturkunden gilt, dass sie nach § 510 ZPO wegen unterbliebener Erklärung einer Partei zur Echtheit der Urkunde nur dann als für echt anerkannt gelten, wenn die Partei durch das Gericht zur Erklärung über die Echtheit der Urkunde aufgefordert worden ist. Diese Vorschrift schränkt die Anwendung des § 439 Abs. 3 ZPO ein, wonach die Urkunde als anerkannt anzusehen ist, wenn von der gegnerischen Partei keine Erklärung dazu abgegeben wird. Bei unterschriebenen Vertragsurkunden wie dem Arbeitsvertrag ist i. d. R. der Erfahrungssatz anzuwenden, dass diese Urkunden die vollständigen Willenserklärungen der Parteien richtig wiedergeben.