2.1 Arbeitsschutz an jedem Telearbeitsplatz?
Arbeitsschutz nach den §§ 1 ff. ArbSchG hat an allen Arbeitsplätzen des Unternehmens stattzufinden, damit selbstverständlich auch an Tele- und mobilen Arbeitsplätzen. Über die o. g. Definition hinaus schreibt § 2 Abs. 7 ArbStättV vor, dass ein Telearbeitsplatz vom Arbeitgeber erst dann eingerichtet ist, "wenn Arbeitgeber und Beschäftigte die Bedingungen der Telearbeit arbeitsvertraglich oder im Rahmen einer Vereinbarung festgelegt haben und die benötigte Ausstattung des Telearbeitsplatzes mit Mobiliar, Arbeitsmitteln einschließlich der Kommunikationseinrichtungen durch den Arbeitgeber oder eine von ihm beauftragte Person im Privatbereich des Beschäftigten bereitgestellt und installiert ist". Damit würden z. B. Homeoffice-Arbeitsplätze nicht dem Arbeitsschutz unterliegen, an denen Mitarbeiter mit einem – möglicherweise auch durch den Arbeitgeber gestellten PC – am eigenen Schreib- oder Küchentisch arbeiten. Gerade diese "Arbeitsplätze" werden jedoch die Mehrzahl der Homeoffice-Arbeitsplätze sein. An diesen würden dann die Vorgaben der ArbStättV nach der gesetzlichen Definition gar nicht gelten.
Das jedoch wird der Gesetzgeber nicht gewollt haben, ohne das Problem konkret benannt zu haben. Man behilft sich in der juristischen Praxis damit, auch an diesen Arbeitsplätzen eine Verpflichtung zum Arbeitsschutz zu bejahen, entweder dadurch,
- dass man diese aus § 618 Abs. 1 BGB ("Der Dienstberechtigte hat Räume, Vorrichtungen oder Gerätschaften, die er zur Verrichtung der Dienste zu beschaffen hat, so einzurichten und zu unterhalten und Dienstleistungen, die unter seiner Anordnung oder seiner Leitung vorzunehmen sind, so zu regeln, dass der Verpflichtete gegen Gefahr für Leben und Gesundheit soweit geschützt ist, als die Natur der Dienstleistung es gestattet") herleitet oder
- § 2 ArbStättV "europarechtskonform" auslegt.
In beiden Fällen kommt man zu der – selbstverständlich richtigen – Ansicht, dass dem Arbeitsschutz unterliegende Homeoffice-Arbeitsplätze auch dann vorliegen, wenn keine vollständige Einrichtung durch den Arbeitgeber erfolgt ist, was sich allerdings in der Mehrzahl der Fälle schon rein praktisch nicht umsetzen lassen wird.
Mobile Arbeitsplätze liegen übrigens auch vor, wenn diese nicht in der Wohnung des Arbeitnehmers liegen, sondern z. B. in extra von ihm angemieteten Räumen.
Keine Telearbeitsplätze liegen vor, wenn Arbeitnehmer – selbst häufiger – an alternierenden Plätzen, wie z. B. in Hotelzimmern, arbeiten. Auch die Arbeit am Laptop im Dienstwagen ist keine Telearbeit, weil der Dienstwagen ein klassischer, wenn auch beweglicher, Arbeitsplatz ist.
2.2 Gefährdungsbeurteilungen an Telearbeitsplätzen
Arbeitsschutzrechtliche Maßnahmen sind erst dann sinnvoll durchzuführen, wenn an den Arbeitsplätzen eine Gefährdungsbeurteilung nach § 5 Abs. 1 ArbSchG bzw. § 3 ArbStättV stattgefunden hat. Diese Erstbeurteilung dient vor allem dazu, dem Arbeitgeber und seinen Arbeitsschutzverantwortlichen eine Einschätzung zu gestatten, welche besonderen gesundheitlichen Risiken vorhanden sind, um auf diese dann mit entsprechenden Maßnahmen, insbesondere einer geeigneten Unterweisung (§ 12 ArbSchG bzw. § 6 ArbStättV), reagieren zu können.
§ 1 Abs. 4 ArbStättV beschränkt im Übrigen bei Telearbeitsplätzen die Erforderlichkeit der Gefährdungsbeurteilung auf eine reine Erstbeurteilung.
Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung sind die Umsetzung erforderlicher Schutzmaßnahmen und die o. g. Unterweisungen, die selbstverständlich auch für Telearbeitnehmer in geeigneter Form durchzuführen bzw. zu wiederholen sind. Die Erstunterweisung sollte auf alle Fälle Gegenstand der in § 2 Abs. 7 ArbStättV genannten Vereinbarung sein.
Ergibt sich im Zuge der Erstbeurteilung, dass der Homeoffice-Arbeitsplatz aus Gründen des Gesundheitsschutzes nicht geeignet ist (z. B. ist das Mobiliar ungeeignet oder der Arbeitsplatz nicht ausreichend beleuchtet), müssen geeignete Maßnahmen ergriffen werden, die der Arbeitgeber vorschlagen und ggf. auch finanzieren muss.
Billigung von Maßnahmen
Der Arbeitnehmer muss diese billigen, will er den Homeoffice-Arbeitsplatz nutzen, anderenfalls ist eine Vereinbarung nach § 2 Abs. 7 ArbStättV gar nicht denkbar.