Zusammenfassung
Die flexible und menschengerechte Arbeitszeitgestaltung ist heutzutage für die moderne Arbeitswelt entscheidend. In Zeiten des Fachkräftemangels muss HR Strategien und Konzepte anbieten, die sowohl den Anforderungen der Mitarbeiter gerecht werden, aber auch den stetigen Veränderungen in der Arbeitskultur und -umgebung Rechnung tragen und die Ziele des Unternehmens nicht aus dem Blick verlieren.
Ziel dieses Beitrages ist es, die Möglichkeiten einer flexiblen und bedarfsgerechten Arbeitszeitgestaltung fundiert und praxisorientiert darzustellen. Es werden
- verschiedene Herausforderungen erläutert,
- aktuelle Konzepte dargestellt und
- Gestaltungsmaßnahmen für das Arbeitszeitmanagement erläutert. Dabei wird insbesondere auf die hochflexible Vertrauensarbeitszeit sowie die mobile Arbeit eingegangen.
- Ferner wird Zeitkompetenz als wichtige Ressource im proaktiven Umgang mit der Arbeitszeitgestaltung erörtert.
- Weiter wird eine erfolgreiche partizipative Vorgehensweise bei der Entwicklung von modernen Arbeitszeitmodellen vorgeschlagen und durch Praxisbeispiele aus verschiedenen Branchen verdeutlicht.
Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) ist ein Arbeitsschutzgesetz, das der Gesundheit der Beschäftigten dient und vor Überforderung oder zu kurzer Erholungszeit schützen soll. Alle Formen der mobilen Arbeit (Homeoffice/Remote Arbeit) bzw. die Telearbeit sind in der Arbeitsstättenverordnung geregelt (ArbStättV). Mit Urteil vom 14. Mai 2019 entschied der EuGH, dass die Mitgliedsstaaten Arbeitgeber verpflichten müssen, Systeme zur Dokumentation der Arbeitszeit zum Schutz der Arbeitnehmerrechte einzurichten (C-55/18).
1 Arbeits(zeit)welt im Wandel
Die Arbeitswelt unterliegt großen Veränderungen und einem stetigen Wandel. Ein effektives Arbeitszeitmanagement, das wirtschaftliche, gesellschaftliche und individuelle Interessen berücksichtigt, wird daher immer wichtiger.
Arbeitszeitmanagement hat zwei Aspekte:
- Zum einen geht es um die institutionelle Bedeutung von Arbeitszeitmanagement. Hiermit sind die Regelungen, Vereinbarungen und Modelle gemeint, die von Personen mit Vorgesetztenfunktion bzw. von Mitarbeitervertretungen entwickelt sowie umgesetzt werden und den Rahmen für die Betriebs- und Arbeitszeiten vorgeben.
- Zum anderen gibt es die funktionale Bedeutung. Diese bezieht sich auf die Gestaltung und Umsetzung der Arbeitszeit auf betrieblicher und persönlicher Ebene zur Aufgabenerledigung. Diese funktionale Bedeutung schafft Spielräume für eine flexible, vielseitige und maßgeschneiderte Arbeitszeitgestaltung, mit zahlreichen Chancen für Unternehmen und Beschäftigte. Beachtet werden sollten auch mögliche Risiken, wie z. B. hohe zeitliche Belastung. Gutes Arbeitszeitmanagement knüpft an strategische Planungen und betriebliche Erfolgsfaktoren an und verbindet diese mit menschengerechten, attraktiven und modernen Arbeitszeitformaten, die auf den rechtlichen Grundlagen (u. a. ArbZG) basieren.
1.1 Trends und Treiber
Flexible Arbeitszeiten sind in vielen Unternehmen der Schlüsselfaktor für wichtige ökonomische, technologische und gesellschaftliche Trends. Diese langfristigen Entwicklungen und Prozesse beeinflussen die Arbeitswelt und fordern zum aktiven Handeln heraus. Es eröffnen sich durch Trends neue Möglichkeiten für effektive und innovative Zusammenarbeit, die sich direkt auf die organisationalen und personalen Arbeitszeiten auswirkt. Zu diesen relevanten Trends und Treiber zählen mit Blick auf das Arbeitszeitmanagement vor allem:
- Digitalisierung
- Demografie
- Globalisierung
- Kulturwandel
- Nachhaltigkeit
Die technologische Entwicklung ist seit Jahren Motor des Digitalen Wandels. Die Informations- und Kommunikationstechnik bietet immer neue Möglichkeiten und eröffnet beispielsweise Perspektiven für Homeoffice, mobile/remote Arbeit und Vertrauensarbeitszeit. Künstliche Intelligenz, Chatbots oder Robotertechnologien sind bereis im Einsatz oder werden gezielt für Anwendungen optimiert. In vielen Bereichen können Beschäftigte ihre Arbeitszeit und ihren Arbeitsort je nach Branche flexibel managen und virtuelle Meetings gehören längst zum Alltag in der Arbeitswelt 4.0. Eine ständige Erreichbarkeit kann für Beschäftigte auch ein Überforderungsrisiko darstellen, deshalb sind hier klare gesundheitsgerechte Vereinbarungen zu treffen.
Über den demografischen Wandel wird seit vielen Jahren diskutiert, nun stehen viele Branchen aufgrund fehlender Fachkräfte vor erheblichen Problemen. Bei relativ stabiler Entwicklung der Bevölkerungszahlen, hat sich der Anteil älterer Menschen deutlich erhöht. Mit dem Übergang der heute 60 – 67-Jährigen, den sog. Babyboomern, in die Rentenphase, verlässt eine große Bevölkerungsgruppe den Arbeitsmarkt. Diese entstehenden Engpässe auf dem Arbeitsmarkt führen zu starker Konkurrenz bei Arbeitgebern um qualifiziertes Personal. Attraktive Arbeitsbedingungen, wie z. B. selbstbestimmte Arbeitszeiten, gute Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben sind zum entscheidenden Faktor geworden.
Die Globalisierung ist grundsätzlich kein neues Phänomen,...