4.2.6.1 Allgemeine Grundsätze
Rz. 329
Die Befristung ohne Sachgrund nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG ist nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Damit hat das Recht der sachgrundlosen Befristung gegenüber der Rechtslage nach dem Beschäftigungsförderungsgesetz 1996 eine erhebliche Änderung erfahren.
Rz. 330
Während nach § 1 BeschFG 1996 eine sachgrundlose Befristung im Anschluss an eine Sachgrundbefristung zulässig war und mehrere sachgrundlose Befristungen zwischen denselben Arbeitsvertragsparteien vereinbart werden konnten, wenn zwischen den Arbeitsverhältnissen kein enger sachlicher Zusammenhang bestand (§ 1 Abs. 3 BeschFG), ist nunmehr eine sachgrundlose Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG nach der Vorstellung des Gesetzgebers grundsätzlich nur noch bei der Neueinstellung, d. h. bei der erstmaligen Beschäftigung des Arbeitnehmers bei dem Arbeitgeber möglich. Dadurch sollen Befristungsketten, die durch die Aneinanderreihung von sachgrundlosen Befristungen und Befristungen mit Sachgrund nach der früheren Rechtslage möglich waren, verhindert werden.
4.2.6.2 Vorheriges Arbeitsverhältnis
4.2.6.2.1 Zeitliche Begrenzung
Rz. 331
Nach der früheren Rechtsprechung des BAG steht jede vorherige Beschäftigung im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses bei demselben Arbeitgeber der Befristung ohne Sachgrund entgegen. Das Anschlussverbot in § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG enthält keine ausdrückliche zeitliche Begrenzung. Das BAG hatte deshalb angenommen, dass es auf den zeitlichen Abstand zwischen einem früheren Arbeitsverhältnis und dem neuen ohne Sachgrund befristeten Arbeitsverhältnis grundsätzlich nicht ankommt.
Rz. 332
Mit diesem Inhalt wird die Vorschrift vielfach als zu weitgehend angesehen. Sie kann außerdem zu praktischen Problemen führen, wenn sich Arbeitgeber gezwungen sehen, sämtliche Personalunterlagen über viele Jahre hinweg aufzubewahren, um vor Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags prüfen zu können, ob der Arbeitnehmer bereits früher bei ihnen beschäftigt war.
Rz. 333
Um dem zu begegnen, steht dem Arbeitgeber ein Fragerecht im Zusammenhang mit der Einstellung zu und der Arbeitnehmer ist verpflichtet, eine entsprechende Frage des Arbeitgebers nach einer Vorbeschäftigung wahrheitsgemäß zu beantworten. Eine Verletzung dieser Pflicht berechtigt den Arbeitgeber zur Anfechtung des Arbeitsvertrags wegen arglistiger Täuschung gem. § 123 BGB.
Das wirft allerdings Probleme auf, wenn der Arbeitnehmer unbewusst die Frage nach einer Vorbeschäftigung zu Unrecht verneint, z. B. weil er aufgrund einer Umfirmierung und eines Standortwechsels des Arbeitgebers nicht erkennt, dass er bei diesem bereits in der Vergangenheit beschäftigt war. Dann dürfte die objektiv falsche Beantwortung der Frage nicht zur Anfechtung des befristeten Arbeitsvertrags durch den Arbeitgeber berechtigen. In diesem Fall dürfte der Arbeitgeber auch nicht die Möglichkeit haben, das Arbeitsverhältnis nach den Regeln über die Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) zu beenden.
Rz. 334
Im Jahr 2011 hatte das BAG entschieden, dass ein früheres Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers mit demselben Arbeitgeber einer Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG nicht entgegenstehe, wenn zwischen der Beendigung des früheren Arbeitsverhältnisses und dem neuen Arbeitsverhältnis ein Zeitraum von mehr als 3 Jahren liege.
Diese Auslegung sei von dem Wortlaut der Bestimmung her möglich und insbesondere aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten. Ein zeitlich uneingeschränktes Verbot der sachgrundlosen Befristung nach einer Vorbeschäftigung könne zu einem Einstellungshindernis führen, wodurch die Berufsfreiheit des Arbeitnehmers (Art. 12 Abs. 1 GG) unverhältnismäßig eingeschränkt werde. Der mit dem Verbot verfolgte Zweck, Befristungsketten zu verhindern, erfordere kein zeitlich uneingeschränktes Verbot. Eine verfassungsorientierte bzw. verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift führe daher zu einer zeitlichen Begrenzung des Verbots der sachgrundlosen Befristung nach einer Vorbeschäftigung.
Dies erfordere eine im Wege der Rechtsfortbildung vorzunehmende Konkretisierung der zeitlichen Grenzen des Verbots. Diese sei mit 3 Jahren zu bemessen. Dieser der zivilrechtlichen Verjährungsfrist entsprechende Zeitraum erscheine geeignet, erforderlich und angemessen, um Missbrauch durch Befristungsketten vorzubeugen.
Teile des Schrifttums hatten bereits seit dem Inkrafttreten des TzBfG die Auffassung vertreten, das Tatbestandsmerkmal "bereits zuvor" in § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG könne nicht mit "jemals zuvor" oder "irgendwann zuvor" gleichgesetzt werden. Das Wort "zuvor" stelle vielmehr einen zeitlichen Zusammenhang her. Deshalb sei ein "Zuvor-Arbeitsverhältnis" nicht anzunehmen, wenn weder zeitlich noch sachlich ein Zusammenhang zu einem früheren Arbeitsverhältnis bestehe.
Rz. 335
Die geänderte Rechtsprechung des BAG hatte nicht nur Zustimmung, sondern auch Kritik erfahren. Zum Teil wurde ange...