6.1 Anwendungsbereich
Rz. 64
In dem Bestreben, zur Erhöhung der Rechtssicherheit die allgemeinen Vorschriften zu befristeten Arbeitsverhältnissen zusammenhängend zu regeln wurde § 625 BGB für befristete Arbeitsverhältnisse durch § 15 Abs. 6 TzBfG ersetzt.
§ 625 BGB gilt weiterhin bei der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach sonstigen Beendigungssachverhalten wie Kündigung, Anfechtung oder Aufhebung des Arbeitsvertrags.
Rz. 65
Ob für kalendermäßig befristete Arbeitsverhältnisse inhaltlich eine Änderung eingetreten ist, hängt davon ab, ob Änderungen im Wortlaut mehr als redaktionelle Änderungen sind. Unterschiedliche Konsequenzen bei einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bei Kündigung (§ 625 BGB) und Befristung (§ 15 Abs. 6 TzBfG) sind kaum begründbar, jedoch zumindest bei der Frage der Abdingbarkeit gewollt. Während bei § 625 BGB die Abdingbarkeit anerkannt ist, ist § 15 Abs. 6 TzBfG nach § 22 TzBfG nicht abdingbar.
Neue Regelungen enthält die Vorschrift für die Zweckbefristung, wobei insbesondere das Zusammenwirken von § 15 Abs. 2 TzBfG mit § 15 Abs. 6 TzBfG eine Reihe von im Schrifttum strittigen Fragen aufwirft.
Rz. 66
Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach § 15 Abs. 6 TzBfG ist wie § 625 BGB ein Tatbestand des schlüssigen Verhaltens kraft gesetzlicher Fiktion. Die Fiktion beruht auf der Erwägung, die Fortsetzung der Arbeitsleistung durch den Arbeitnehmer mit Wissen des Arbeitgebers sei im Regelfall der Ausdruck eines stillschweigenden Willens der Parteien zur Verlängerung des Arbeitsverhältnisses.
Aus diesem Grund ist die Bestimmung im Falle der Befristung einzelner Vertragsbedingungen weder unmittelbar noch entsprechend anzuwenden. § 15 Abs. 6 TzBfG setzt voraus, dass das Arbeitsverhältnis als Ganzes sein Ende gefunden hat.
Rz. 67
Ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit entsteht auch, wenn ein befristetes Probearbeitsverhältnis über die Probezeit hinaus fortgesetzt wird. Für die Weiterarbeit im Anschluss an ein Berufsausbildungsverhältnis gilt § 24 BBiG als Spezialregelung zu den §§ 625 BGB, 15 Abs. 5 TzBfG.
6.2 Voraussetzungen
6.2.1 Ablauf der vereinbarten Vertragszeit
Rz. 68
Die Anwendung von § 15 Abs. 6 TzBfG setzt zunächst den Ablauf der Dienstzeit voraus. Bei einer kalendermäßigen Befristung ist dies der vereinbarte Beendigungszeitpunkt. Bei der Zweckbefristung endet das Arbeitsverhältnis mit dem Eintritt des vertraglich vereinbarten Zwecks, bei der auflösenden Bedingung mit dem Bedingungseintritt, frühestens aber 2 Wochen nach Zugang der erforderlichen schriftlichen Information nach § 15 Abs. 2 TzBfG.
6.2.2 Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses
Rz. 69
Voraussetzung für die Anwendung des § 15 Abs. 6 TzBfG ist die tatsächliche Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer.
Rz. 70
Für § 625 BGB setzt dies nach gefestigter Rechtsprechung des BAG die tatsächliche Erbringung einer Arbeitsleistung durch den Arbeitnehmer voraus. Die Gewährung von Urlaub, Freizeitausgleich oder eine Entgeltfortzahlung genügen daher nicht.
Rz. 71
Grundlage dieser Rechtsprechung ist, dass nach dem Wortlaut von § 625 BGB die Fortsetzung durch den Verpflichteten zu erfolgen hat. Aus der Tatsache, dass nach dem Wortlaut des § 15 Abs. 6 TzBfG genügt, dass das Arbeitsverhältnis fortgesetzt wird, wird teilweise hergeleitet, dass für § 15 Abs. 6 TzBfG auch Fortsetzungshandlungen des Arbeitgebers wie Urlaubserteilung oder Überstundenausgleich ausreichen.
Rz. 72
Dieser Auffassung ist nicht zu folgen. Es kommt auch bei § 15 Abs. 6 TzBfG auf die tatsächliche Erbringung der Arbeitsleitung durch den Arbeitnehmer an. Die einseitige Erfüllung von Leistungspflichten durch den Arbeitgeber genügt daher nicht. Ist ein Arbeitnehmer über den Beendigungszeitpunkt hinaus arbeitsunfähig erkrankt, kommt § 15 Abs. 6 TzBfG daher nicht zur Anwendung. Handlungen des Arbeitgebers, wie Urlaubszuweisung oder Überstundenausgleich durch den Arbeitgeber lösen daher die Rechtsfolgen des § 15 Abs. 6 TzBfG nicht aus – § 15 Abs. 6 TzBfG sieht die Möglichkeit des Widerspruchs zur Verhinderung der gesetzlichen Fiktion nur für den Arbeitgeber vor. Auch dies belegt, dass die bewusste Fortsetzung durch den Arbeitnehmer Tatbestandsvoraussetzung ist. Könnten Handlungen des Arbeitgebers die Fiktion auslösen, würde eine Regelungslücke entstehen. Entsprechend der Begründung des Gesetzentwurfs