3.6.2.3.1 Befristung auf das Regelrentenalter

 

Rz. 109

Die Befristungsmöglichkeit nach § 41 Satz 3 SGB VI setzt das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses voraus, das beim Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung enden soll. Die Altersgrenze kann sich aus einer einzelvertraglichen Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien ergeben oder aus einer auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden tariflichen Regelung oder einer Betriebsvereinbarung. Sie muss an das Erreichen der Regelaltersgrenze für den Bezug einer Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung anknüpfen. Die Vorschrift ist nicht anwendbar auf eine Altersgrenze, die auf den Zeitpunkt bezogen ist, zu dem Anspruch auf eine vorzeitige Altersrente besteht. In einem solchen Fall kann allerdings u. U. § 41 Satz 2 SGB VI eingreifen mit der Folge, dass die Altersgrenze als auf den Zeitpunkt des Erreichens des Regelrentenalters abgeschlossen gilt,[1] was insoweit den Anwendungsbereich von § 41 Satz 3 SGB VI eröffnen kann.[2]

 

Rz. 110

Ist die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Vollendung des 65. Lebensjahres vereinbart, ist dies – jedenfalls bei Altersgrenzenregelungen, die vor dem 1.1.2008 vereinbart wurden – regelmäßig dahin auszulegen, dass das Arbeitsverhältnis bei Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung enden soll.[3]

 

Rz. 111

§ 41 Satz 3 SGB VI kann auch auf Altersgrenzenregelungen anzuwenden sein, die die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu einem Zeitpunkt nach Erreichen der Regelaltersgrenze vorsehen; dies gilt jedenfalls dann, wenn sie an die Regelaltersgrenze anknüpfen und nachvollziehbare Gründe für die Wahl des späteren Zeitpunkts sprechen.[4] Dies hat das BAG angenommen für die tarifliche Regelung in § 44 Nr. 4 TV-L, welche die Altersgrenze für Lehrkräfte auf den Ablauf des Schulhalbjahres (31.1. bzw. 31.7.) vorsieht, in dem die Lehrkraft das gesetzlich festgelegte Regelrentenalter erreicht hat.[5] Dieser Beendigungszeitpunkt knüpft an das Erreichen der Regelaltersgrenze an und trägt dem Bedürfnis des Schulbetriebs Rechnung, für das gesamte Schulhalbjahr eine volle und möglichst fachbezogene Unterrichtsversorgung zu gewährleisten.[6]

[1] Vgl. hierzu Rz. 97 ff.
[2] APS/Greiner, 6. Aufl. 2021, § 41 SGB VI, Rz. 67; HK-TzBfG/Boecken, 6. Aufl. 2019, § 41 SGB VI, Rz. 3.
[3] Vgl. hierzu Rz. 101; vgl. auch Gräfl, § 14, Rz. 257.
[4] Weitergehend wohl APS/Greiner, 6. Aufl. 2021, § 41 SGB VI, Rz. 68.
[5] BAG, Urteil v. 19.12.2018, 7 AZR 70/17, AP SGB VI § 41 Nr. 17.
[6] BAG, Urteil v. 19.12.2018, 7 AZR 70/17, AP SGB VI § 41 Nr. 17.

3.6.2.3.2 Zeitpunkt der Vereinbarung

 

Rz. 112

§ 41 Satz 3 SGB VI erfordert, dass die Hinausschiebensvereinbarung noch während des Arbeitsverhältnisses getroffen wird, d. h. spätestens am letzten Tag des Monats, mit dessen Ende die Regelaltersgrenze erreicht wird.[1]

Sie kann auch schon früher getroffen werden. Ein zeitlicher Zusammenhang mit dem Ruhestand ist nicht erforderlich.[2]

Allerdings scheidet eine gleichzeitig mit der Altersgrenzenvereinbarung getroffene Regelung über die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über diesen Zeitpunkt hinaus aus[3], da eine Hinausschiebensvereinbarung nach § 41 Satz 3 SGB VI das Bestehen einer Altersgrenze voraussetzt und im Wege einer Vertragsänderung die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf einen späteren Zeitpunkt festgelegt werden soll.

Wird eine Vereinbarung über die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erst nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der Altersgrenze getroffen, handelt es sich nicht um eine Hinausschiebensvereinbarung i. S. v. § 41 Satz 3 SGB VI, sondern um den Neuabschluss eines befristeten Arbeitsvertrags, für den die allgemeinen befristungsrechtlichen Vorschriften, insbesondere des TzBfG, gelten.[4]

[1] KR/Bader/Kreutzberg-Kowalczyk, 13. Aufl. 2022, § 23 TzBfG, Rz. 31.
[2] ErfK/Rolfs, 23. Aufl. 2023, § 41 SGB VI, Rz. 23.
[3] APS/Greiner, 6. Aufl. 2021, § 41 SGB VI, Rz. 70; ErfK/Rolfs, 23. Aufl. 2023, § 41 SGB VI, Rz. 23; a. A. Giesen, ZfA 2014, 217.
[4] KR/Bader/Kreutzberg-Kowalczyk, 13. Aufl. 2022, § 23 TzBfG, Rz. 31; APS/Greiner, 6. Aufl. 2021, § 41 SGB VI, Rz. 69; ErfK/Rolfs, 23. Aufl. 2023, § 41 SGB VI, Rz. 23.

3.6.2.3.3 Unterbrechung

 

Rz. 113

Eine Vereinbarung nach § 41 Satz 3 SGB VI erfordert – wie sich aus dem Begriff "hinausschieben" ergibt – die nahtlose Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über die Altersgrenze hinaus. Im Falle einer Unterbrechung kann die Befristung nicht auf § 41 Satz 3 SGB VI gestützt werden.[1]

[1] KR/Bader/Kreutzberg-Kowalczyk, 13. Aufl. 2022, § 23 TzBfG, Rz. 31; APS/Greiner, 6. Aufl. 2021, § 41 SGB VI, Rz. 72.

3.6.2.3.4 Änderung anderer Arbeitsvertragsbedingungen

 

Rz. 114

Umstritten ist, ob anlässlich der Hinausschiebensvereinbarung andere Arbeitsbedingungen als die Vertragslaufzeit, z. B. Umfang der Arbeitszeit, Entgelt o. ä., geändert werden dürfen[1] oder ob dies der Annahme einer Hinausschiebensvereinbarung i. S. v. § 41 Satz 3 SGB VI ebenso entgegensteht wie die Änderung sonstiger Arbeitsbedingungen einer Vertragsverlängerung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG.[2] Das BAG hat diese Frage bislang nicht entschieden.[3] Der Gesetzesbegründun...

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