Rz. 78
Der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch ist an die Person des Arbeitnehmers gebunden. Er ist deshalb nicht auf einen anderen übertragbar und abtretbar. Das folgt zwar nicht daraus, dass in der Person eines anderen nicht dasselbe Erholungsbedürfnis wie in derjenigen des Arbeitnehmers entstehen kann, der den Urlaubsanspruch erworben hat. Denn ein konkretes Erholungsbedürfnis ist gerade nicht erforderlich (s. Rz. 26). Allerdings dürfte der Abtretbarkeit und damit Pfändbarkeit § 399 BGB entgegenstehen. § 399 1. Alt BGB erfasst mehrere zum Teil ineinander übergehende Fallgruppen, in denen eine Forderung kraft Leistungsinhalts unabtretbar ist: In einer Gruppe erklärt sich die Unabtretbarkeit daraus, dass die Person des Gläubigers für den Inhalt und die Identität des Anspruchs wesentlich ist; in einer weiteren Gruppe kann der Anspruch nicht aus dem rechtlichen Zusammenhang gelöst werden, in dem er steht; schließlich werden zweckgebundene Ansprüche und höchstpersönliche Rechte im engeren Sinne erfasst. Vorliegend dürfte der Inhalt der Leistung den Urlaubsanspruch unabtretbar machen. Ebenso wenig wie der Anspruch auf Unterhalt in Natur (§ 400 BGB i. V. m. § 850b Abs. 1 Nr. 2 und 3 ZPO) oder Ansprüche auf Gebrauchsüberlassung abtretbar sind, kann der Anspruch auf Freistellung gegenüber dem Arbeitgeber abgetreten werden. Der Urlaub als Freistellungsanspruch verändert sich in seinem Inhalt, wenn er von der Person des Anspruchsinhabers abgekoppelt wird und einem Dritten zugutekommt.
Nicht zu folgen ist der Auffassung, dass eine Abtretung des Urlaubsanspruchs nur dazu führt, dass der Dritte (der Zessionar) nicht etwa seine Freistellung verlangen kann, sondern nur die Freistellung des Arbeitnehmers, der den Urlaubsanspruch ursprünglich erworben hat. Auch wenn zur Begründung darauf abgestellt wird, nicht der Urlaubsanspruch sei höchstpersönlicher Natur, sondern die Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung, so ist dem entgegenzuhalten, dass der Urlaubsanspruch der Freistellung von einer höchstpersönlichen Verpflichtung dient und deshalb deren Charakter teilt.
Rz. 79
Aus demselben Grund kann der Urlaubsanspruch nicht vom Arbeitnehmer verpfändet (§ 1274 Abs. 2 BGB) oder von Dritten gepfändet werden. Selbst wenn der Gegenauffassung gefolgt würde, hätte dies kaum Auswirkungen: Denn der Dritte könnte nur verlangen, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer, in dessen Person der Urlaubsanspruch ursprünglich entstanden war, freistellt. Keinesfalls könnte der Dritte den Urlaubsanspruch für sich in Anspruch nehmen und dadurch – wenn er bei demselben Arbeitgeber beschäftigt wäre – einen höheren Urlaubsanspruch geltend machen. Ein in der Praxis dahingehendes Interesse an der Pfändbarkeit ist daher ohnehin nicht ersichtlich.