Rz. 46
Eine Sonderregelung trifft das Gesetz für die Mehrarbeitsvergütung. Die zusätzlich für Überstunden gezahlte Vergütung ist nach § 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG ausdrücklich nicht für die Ermittlung des Geldfaktors zu berücksichtigen. Das gilt sowohl für den Grundbetrag, der für die Überstunden gezahlt wird, als auch für einen eventuellen Zuschlag. Wird die Mehrarbeit durch Freizeit ausgeglichen, stellt das keine Vergütung für Mehrarbeit dar.
Bei der nicht zu berücksichtigenden Mehrarbeit muss es sich um Arbeitsleistung handeln, die vorübergehend über die individuelle regelmäßige Arbeitszeit des Arbeitnehmers hinausgeht. Leistet der Arbeitnehmer ständig mehr Arbeit als vertraglich vereinbart und der Arbeitgeber vergütet ebenso regelmäßig diese Mehrleistung, so kann es sich dabei auch um die stillschweigende Abänderung der ursprünglichen arbeitsvertraglichen Vereinbarung handeln, wenn jedenfalls der Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers schließen kann, dass er diese geänderte Praxis für die Zukunft als verbindlich ansieht. Zu beachten ist, dass Tarifverträge, die für die Berechnung eines Schwellenwerts, ab dem Mehrarbeitszuschläge zu zahlen sind, Arbeitszeit, in der der Arbeitnehmer bezahlten Jahresurlaub in Anspruch genommenen hat, nicht als geleistete Arbeitsstunden berücksichtigen, gegen § 1 BUrlG in seinem unionsrechtskonformen Verständnis verstoßen. Jede tarifliche Regelung, die Anreize schaffen könnte, auf den Jahresurlaub zu verzichten, ist mit Art. 7 der RL 2003/88/EG und Art. 31 Abs. 2 GRC nicht zu vereinbaren. Die Inanspruchnahme von Urlaub ist als Arbeitszeit zu werten.
Rz. 47
Eine wiederum andere Frage ist es, was gilt, wenn im Vertrag des Arbeitnehmers für geleistete Mehrarbeit eine pauschale Abgeltungsklausel enthalten ist. Da dieses Entgelt auch in Monaten gezahlt wird, in denen der Arbeitnehmer keine zusätzlichen Arbeitsstunden erbringt, ist es kein Entgelt für tatsächlich erbrachte Überstunden, sondern in die Vergütung zur Berechnung des Geldfaktors einzubeziehen. Die vertragsrechtliche Wirksamkeit einer solchen pauschalierten Überstundenabgeltung nach den §§ 305 ff. BGB ist dabei unerheblich. Ist die pauschale Überstundenabgeltungsklausel unwirksam, hat der Arbeitnehmer im Regelfall einen Anspruch auf Vergütung von geleisteten Überstunden nach § 612 Abs. 1 BGB neben der Pauschale. Die Berücksichtigung dieser Mehrarbeitsvergütung wird dann erst von § 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG ausgeschlossen.
Rz. 48
Die Gesetzesänderung aus dem Jahr 1996 regelt jedoch eindeutig, dass die zusätzliche Vergütung für Mehrarbeit nur bei der Berechnung des Geldfaktors, also bei der Ermittlung der Vergütung im Referenzzeitraum außer Betracht bleibt. Eine Aussage darüber, ob durch die Inanspruchnahme von Erholungsurlaub ausfallende Mehrarbeit über den Zeitfaktor in das Urlaubsentgelt einzubeziehen ist, trifft § 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG gerade nicht. Das Lohnausfallprinzip, aus dem sich der Zeitfaktor ableitet, ist unberührt geblieben. Mehrarbeitsstunden, die im Urlaubszeitraum angefallen wären, sind daher nach dem Entgeltfortzahlungsprinzip weiterhin zu vergüten.
Rz. 49
Der Arbeitnehmer erhält einen Stundenlohn von 15 EUR und arbeitet täglich 8 Stunden bei einer 5-Tage-Woche. Er hat in den letzten 13 Wochen insgesamt 50 Überstunden geleistet und dafür die entsprechende zusätzliche Vergütung erhalten.
Die geleisteten Überstunden werden für die Berechnung des Geldfaktors nach § 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG nicht berücksichtigt. Der Geldfaktor beträgt 120 EUR.
Wenn feststeht, dass der Arbeitnehmer in den 2 Wochen, in denen er nun Erholungsurlaub gewährt bekommt, 10 Überstunden geleistet hätte, so findet dafür die Regel der Nichtberücksichtigung der zusätzlichen Mehrarbeitsstunden keine Anwendung, denn diese bezieht sich ausdrücklich nur auf den Referenzzeitraum und damit auf den Geldfaktor. Das Urlaubsentgelt berechnet sich nach der Zahl der ausgefallenen Arbeitsstunden. Da hier nicht nur die reguläre Arbeitszeit von 80 Arbeitsstunden ausgefallen ist, sondern noch 10 weitere Stunden, führt das anzuwendende Entgeltfortzahlungsprinzip dazu, dass sich das Urlaubsentgelt auch nach den 10 zusätzlichen Stunden berechnet, die der Arbeitnehmer zusätzlich geleistet hätte, wenn er nicht in Urlaub gewesen wäre.
120 EUR x 10 Urlaubstage zuzüglich 10 Stunden zu je 15 EUR = 1.350 EUR
Rz. 50
Vergütet der Arbeitgeber die Zeit der Pausen, so handelt es sich dabei nicht um die Vergütung von zusätzlicher Arbeitszeit, sondern um zusätzlich gewährtes Arbeitsentgelt. Dieses ist daher in den Verdienst im Referenzzeitraum einzubeziehen, während die bezahlten Arbeitspausen nicht als Arbeitszeit zu berücksichtigen sind, sodass im Ergebnis die Vergütung von Arbeitspausen auch zu einem erhöhten Geldfaktor führt.
Rz. 51
Vergütung für Rufbereitschaft (einschließlich eines Notdienstes) oder für Bereitschaftsdienst stellt Vergütung für die im Referenzzeitraum konkret geleistete Arbeit dar und ist für die Verdienst...