In einem Tarifvertrag ist zur Urlaubsabgeltung Folgendes geregelt:
"Eine Abgeltung des Urlaubsanspruchs ist unzulässig, es sei denn, dass ausscheidenden Arbeitnehmern der Urlaub bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus betrieblichen Gründen nicht mehr gewährt werden kann."
Der Tarifvertrag regelt zudem einen Urlaubsanspruch von 30 Tagen kalenderjährlich. Ein Arbeitnehmer scheidet zum 30.9.2023 aus dem Arbeitsverhältnis aus. Ihm stehen noch 15 Tage Urlaub aus dem Jahr 2023 zu. Diese kann er bis zum 30.9.2023 nicht mehr nehmen, weil er bis zu diesem Zeitpunkt arbeitsunfähig erkrankt ist.
Lösung
Nach der Regelung im Tarifvertrag sind die Voraussetzungen, die einen Urlaubsabgeltungsanspruch begründen würden, nicht erfüllt: Der Resturlaub ist nicht aus betrieblichen Gründen gewährt worden, sondern aus in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen (Krankheit).
Diese Tarifbestimmung ist insoweit nichtig, als hierdurch der dem Arbeitnehmer zustehende gesetzliche Urlaubsanspruch ausgeschlossen oder gemindert wird (§ 13 Abs. 1 Satz 1 BUrlG). Der Übergang des Urlaubsanspruchs in einen Abgeltungsanspruch wird an engere Voraussetzungen geknüpft als in § 7 Abs. 4 BUrlG. Dies verstößt gegen die Unabdingbarkeit des gesetzlichen Urlaubsanspruchs nach § 13 Abs. 1 Satz i. V. m. §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG. Durch eine tarifliche Regelung kann der gesetzliche Urlaubsanspruch und sein Übergang in einen Urlaubsabgeltungsanspruch nicht ausgeschlossen werden, weil dieser Anspruch nicht tarifdispositiv, sondern unabdingbar ist.
Sofern und soweit der gesetzliche Urlaubsanspruch entstanden ist, kann er durch Tarifvertrag auch nicht an die Erbringung von Arbeitsleistungen durch den Arbeitnehmer geknüpft werden.
Dem Arbeitnehmer standen nach §§ 1, 3 BUrlG für das Kalenderjahr 2023 an gesetzlichem Urlaub in der 5-Tage-Woche 20 Arbeitstage (24 Werktage) zu. Für diesen Urlaubsanspruch von 20 Arbeitstagen ist mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Urlaubsabgeltungsanspruch insoweit entstanden, als der Urlaub noch nicht genommen war. Der Arbeitgeber hat deshalb gem. § 7 Abs. 4 BUrlG noch 5 Urlaubstage abzugelten (30 Tage abzüglich 15 Tage genommenen Urlaubs = 15 Tage Rest; da hierin 10 Tage an übergesetzlichem Urlaub enthalten sind, hat der Arbeitgeber nur 5 Tage – den gesetzlichen Rest – bis zur Erfüllung der dem Arbeitnehmer zustehenden 20 gesetzlichen Urlaubstage – abzugelten). Im Übrigen greift die tarifliche Regelung, wonach der Urlaubsabgeltungsanspruch gekürzt wird, weil das Ausscheiden nicht auf betrieblichen Gründen beruht.