Diese Rechtsprechung des BAG stößt auf Bedenken, sofern sie an Unionsrecht, konkret der RL 2003/88/EG gemessen wird. Der EuGH vertritt die Auffassung, dass es den Mitgliedstaaten verwehrt ist, den Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub dadurch einseitig einzuschränken, dass Voraussetzungen aufgestellt werden, die bewirken, dass bestimmte Arbeitnehmer von diesem Anspruch ausgeschlossen sind. Konkret hatte der EuGH eine Regelung in einer britischen Arbeitszeitverordnung zu beurteilen. Danach entstand ein Anspruch auf den jährlichen Urlaub erst dann, wenn der Arbeitnehmer 13 Wochen ununterbrochen bei demselben Arbeitgeber beschäftigt war. Der EuGH kam zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzung einer Mindestbeschäftigungszeit gegen die RL 2003/88/EG verstößt, da ein Arbeitnehmer, der weniger als 13 Wochen bei einem Arbeitgeber beschäftigt ist, jeden Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub gegen diesen Arbeitgeber verliert und auch keine finanzielle Vergütung als Ersatz erhält.
Das BAG hatte bislang keine Gelegenheit, seine diesbezügliche Rechtsprechung in jüngerer Zeit zu überprüfen. Zum Teil hat es in anderem Zusammenhang die Möglichkeit richtlinienkonformer Auslegung des § 13 Abs. 1 Satz 1 BUrlG bejaht (s. Rz. 2), im Bereich tariflicher Vorschriften aus dem Baugewerbe im Zusammenhang der §§ 13 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 BUrlG dagegen verneint (s. näher Rz. 74). M. E. ist hier eine richtlinienkonforme Auslegung möglich. Denn dass es sich beim Teilurlaubsanspruch nach § 5 Abs. 1 Buchst. a und b BUrlG nicht um den Vollurlaubsanspruch des § 4 BUrlG handelt, besagt noch nichts darüber, ob es sich um Mindesturlaub, sei es nach § 1 BUrlG, sei es nach Art. 7 Abs. 1 der RL 2003/88/EG handelt. Die Abgrenzung zwischen gekürztem Vollurlaubsanspruch nach § 5 Abs. 1 Buchst. c BUrlG, der mit dem Mindesturlaubsanspruch nach §§ 1, 3 Abs. 1 BUrlG identisch sein soll, und den Teilurlaubsansprüchen nach § 5 Abs. 1 Buchst. a und b BUrlG ist daher grundsätzlich unbehelflich. Auch bei den Teilurlaubsansprüchen handelt es sich um Mindesturlaubsansprüche. Wann sie entstehen und fällig werden, ist eine hiervon zu trennende Frage. Selbst wenn das verneint würde, ist darüber nachzudenken, ob nach den Grundsätzen aus den Entscheidungen des EuGH sowie des BAG zur Frage der Anwendbarkeit von § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB auf Kündigungen nach dem 2.12.2006 § 13 Abs. 1 Satz 1 BUrlG insofern unangewendet bleibt, als hierdurch der Anspruch auf einen bezahlten jährlichen Mindesturlaub von 4 Wochen nach Art. 7 Abs. 1 der RL 2003/88/EG beeinträchtigt wird (s. hierzu ausführlicher Rz. 74). Der EuGH hat diese Verpflichtung der Gerichte nunmehr im Bereich des Urlaubsrechts aus Art. 7 der RL 2003/88/EG und Art. 31 Abs. 2 GRC hergeleitet, wenn in dem Rechtsstreit ein staatlicher Arbeitgeber involviert ist, und – nur – aus Art. 31 Abs. 2 GRC, wenn ein privater Arbeitgeber ein Anspruchsgegner ist. Jedenfalls Art. 31 Abs. 2 GRC als europäisches Primärrecht steht aus meiner Si...