Rz. 41
Sofern sich Kurzarbeit über längere Zeit auf die Anzahl der Wochenarbeitstage auswirkt, vermindert sich der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers im Verhältnis zur Verringerung seiner Arbeitszeit von Gesetzes wegen. Das folgt aus den Berechnungsgrundsätzen des § 3 BUrlG und der bisherigen Rechtsprechung des EuGH sowie des BAG.
Abzustellen ist grundsätzlich auf die für das gesamte Urlaubsjahr arbeitsvertraglich vorgesehene Verteilung der Arbeitszeit auf die Wochentage. Das heißt: Für den Zeitraum der sog. "Kurzarbeit Null" entsteht kein Urlaubsanspruch, weil der Arbeitnehmer wie ein vorübergehend Teilzeitbeschäftigter mit dem Arbeitszeitvolumen "Null" zu behandeln ist. Der kurzarbeitsbedingte Ausfall ganzer Arbeitstage führt zu einer Neuverteilung der Arbeitszeit, in Folge derer der Urlaub entsprechend § 3 BUrlG neu zu berechnen ist. Die aufgrund der Kurzarbeit ausgefallenen Arbeitstage sind bei der Berechnung des Urlaubsumfangs nicht Zeiten mit Arbeitspflicht gleichzusetzen. Die Umrechnung des nach § 3 Abs. 1 BUrlG in Werktagen bemessenen Urlaubs in Arbeitstage ist grundsätzlich nämlich auch dann vorzunehmen, wenn die Arbeitsvertragsparteien ihre Hauptleistungspflichten durch die Vereinbarung von Kurzarbeit suspendieren. Die Arbeitsvertragsparteien setzen die Hauptleistungspflichten für die Zeit der Kurzarbeit aus und heben damit die bisherige Arbeitszeitregelung vorübergehend auf. Während der Dauer der vereinbarten "Kurzarbeit Null" muss der betreffende Arbeitnehmer keine Arbeitsleistung erbringen. Im Hinblick darauf, dass der Erholungsurlaub bezweckt, sich zu erholen, setzt dies eine Verpflichtung zur Tätigkeit voraus. Da während der Kurzarbeit die beiderseitigen Leistungspflichten aufgehoben sind, werden Kurzarbeiter wie vorübergehend teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer behandelt. Durch die Freistellung wird der durch das Bundesurlaubsgesetz bezweckten Unterbrechung der Arbeitspflicht die Grundlage entzogen. Der Zeitraum der Kurzarbeit ist bei der Berechnung des Urlaubsanspruchs mit "null" Arbeitstagen in Ansatz zu bringen. Der Umstand, dass Kurzarbeit keine planbare Freizeit enthält, ist unerheblich. "Kurzarbeit Null" ist nämlich, anders als z. B. eine einseitige unwiderrufliche Freistellung, keine Erfüllung des Urlaubsanspruchs. "Kurzarbeit Null" führt vielmehr dazu, dass für die entsprechende Zeit gar kein Urlaubsanspruch entsteht.
Insbesondere ist die durch die vereinbarte Kurzarbeit erfolgte Umgestaltung des Arbeitsverhältnisses nicht mit einer Leistungsstörung im unveränderten Arbeitsverhältnis wie bei Arbeitsunfähigkeit vergleichbar.
Der Fall von Kurzarbeit, bei der lediglich an manchen Tagen der Woche nicht gearbeitet wird, ist so zu behandeln wie eine dauerhafte Verringerung der Arbeitsverpflichtung, z. B. beim einzelvertraglich vereinbarten Übergang von Vollzeitbeschäftigung zu Teilzeitbeschäftigung.
Dies ist auch unionsrechtlich unproblematisch. Der EuGH hat bereits 2012 darauf hingewiesen, dass die Situation von Arbeitnehmern, in deren Arbeitsverhältnis die gegenseitigen Hauptleistungspflichten durch "Kurzarbeit Null" suspendiert seien, nicht mit derjenigen krankgeschriebener Arbeitnehmer, sondern faktisch mit derjenigen Teilzeitbeschäftigter vergleichbar sei. Im Jahr 2018 bekräftigte der EuGH zur "Kurzarbeit Null" auf Vorlage des ArbG Verden, dass Urlaubsansprüche nur für Zeiträume erworben werden können, in denen tatsächlich gearbeitet wurde.
Das Unionsrecht gestattet die Anwendbarkeit des pro-rata-temporis-Grundsatzes bei der Berechnung der Urlaubstage auf Fälle der Kurzarbeit auch dann, wenn die Kurzarbeit nicht individualvertraglich, sondern durch Betriebsvereinbarung eingeführt wurde.
Bereits das LAG Düsseldorf hat für den Fall einer dreimonatigen "Kurzarbeit Null" entschieden, dass das deutsche Recht im Vergleich zur unionsrechtlichen Rechtslage keine günstigere Regelung enthält. Weder existiert diesbezüglich eine spezielle Regelung für Kurzarbeit noch ergibt sich etwas anderes aus den Vorschriften des Bundesurlaubsgesetzes, und zwar auch nicht, wenn die Kurzarbeit durch die Corona-Pandemie veranlasst ist.
Tarifvertragliche Regelungen beachten
Einer gesonderten Verringerungserklärung des Arbeitgebers oder einer Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien bedarf es nicht. Der Urlaubsanspruch vermindert sich kraft Gesetzes.
Eine Verminderung ist allerdings ausgeschlossen, wenn in der Rechtsgrundlage für die Kurzarbeit etwas anderes vorgesehen ist. So regelt z. B. der im Anwendungsbereich des TVöD-VkA für die Kurzarbeit im Bereich der Kommunen geltende TV COVID, dass eine Verminderung des Urlaubs durch Kurzarbeit nicht erfolgt. Nach § 9 TV COVID wird der Anspruch auf Erholungsurlaub durch Zeiten, in denen Kurzarbeit geleistet wird, nicht verringert.
Punktuelle Kurzarbeit nicht ohne Weiteres vergleichbar
Wenn die Kurzarbeit lediglich für einzelne Tage und kombiniert mit der Möglichkeit sowohl der kurzfristigen Einführung als auch der kurzfristigen vorzeitigen ...