Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitbestimmung bei der Einstellung. Aufhebung einer personellen Maßnahme. Einstellung. Einsatz von sog. Fremdpersonal. Eingliederung in fremde Arbeitsorganisation. Tatbestandsergänzung. Beschlussergänzung. Antragserweiterung in der Rechtsbeschwerdeinstanz. Beteiligung des Betriebsrats beim Einsatz von sog. Fremdpersonal
Orientierungssatz
1. Eine Einstellung iSd. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG liegt vor, wenn Personen eine ihrer Art nach weisungsgebundene Tätigkeit verrichten. Der Beschäftigte muss so in die betriebliche Arbeitsorganisation integriert sein, dass der Arbeitgeber das für ein Arbeitsverhältnis typische Weisungsrecht innehat und die Entscheidung über den Einsatz nach Inhalt, Ort und Zeit trifft.
2. Eine Eingliederung in den Betrieb und dessen Organisation ist nicht schon dann anzunehmen, wenn Personen im Betrieb des Auftraggebers tätig werden und ihre Dienstleistung oder das von ihnen zu erstellende Werk nach Art, Umfang, Güte, Zeit und Ort in den betrieblichen Arbeitsprozess eingeplant oder detailliert beschrieben ist.
3. Den Tatsacheninstanzen steht bei der Würdigung, ob ein Beschäftigter im Betrieb eines anderen Arbeitgebers eingegliedert ist, ein Beurteilungsspielraum zu. Diese kann in der Rechtsbeschwerdeinstanz nur daraufhin überprüft werden, ob das Gericht den Rechtsbegriff selbst verkannt, gegen Denkgesetze, anerkannte Auslegungs- und Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Umstände außer Acht gelassen hat.
4. Ein vom Landesarbeitsgericht übergangener Antrag, dessen Rechtshängigkeit durch Ablauf der Frist nach § 321 Abs. 2 ZPO entfallen ist, kann in der Rechtsbeschwerdeinstanz nur dann noch in das Verfahren eingeführt werden, sofern es sich um eine ausnahmsweise zulässige Antragserweiterung handelt.
Normenkette
BetrVG § 23 Abs. 3, § 99 Abs. 1 S. 1, § 101 S. 1; ZPO § 321 Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 28. August 2014 – 7 TaBV 83/13 – wird zurückgewiesen.
Tatbestand
A. Die Beteiligten streiten über die Aufhebung von Einstellungen.
Die Arbeitgeberin betreibt zwei psychiatrische Fachkliniken, für die der antragstellende Betriebsrat gewählt ist. Sie beschäftigt dort etwa
1.100 Arbeitnehmer.
In beiden Fachkliniken wurden im Bereich Empfang/Pforte/Informationsbzw. Telefondienst (Bereich Pforte) zunächst betriebszugehörige Arbeitnehmer eingesetzt. Zum 29. März 2013 löste die Arbeitgeberin in einer Fachklinik den Bereich Pforte auf und übertrug den gesamten Pfortenbereich im Wege vertraglicher Vereinbarungen auf eine konzernzugehörige Servicegesellschaft (ASG). In dem zwischen der Arbeitgeberin und der ASG geschlossenen „Werkvertrag Pfortendienst” heißt es:
Der Auftraggeber überträgt dem Auftragnehmer die regelhaft anfallenden Arbeiten, am Empfang des A Fachklinikums.
Der Auftraggeber überträgt dem Auftragnehmer die
- • Leitung der Hauptpforte
Als Vertragsbestandteile gelten:
1.1 AQR Handbuch Pforte
1.2 Leistungsbeschreibung
§ 3 Leistungen des Auftragsnehmers |
Der Auftragnehmer verpflichtet sich, die nach diesem Vertrag zu erbringenden Leistungen fach- und fristgerecht auszuführen. Art und Umfang der Aufgaben sind in der Leistungsbeschreibung festgehalten. Darüber hinausgehende Arbeiten bedürfen der gesonderten schriftlichen Vereinbarung und Vergütung.
§ 4 Verpflichtungen des Auftragnehmers |
Personal
Der Auftragnehmer stellt die erforderlichen Arbeitskräfte. Er verpflichtet sich dabei, zuverlässiges Personal einzusetzen.”
Die Leistungsbeschreibung lautet: „Empfang/Rezeption:
- • Leitung der Hauptpforte durch eine Teamleitung
- • Bedienung der zentralen Telefonanlage; Annahme, Beantwortung und Weitervermittlung von Telefonanrufen
- • Eingangspost sortieren und weiterleiten
- • Ausgangspost bearbeiten (frankieren, etc.)
- • Patientenaufnahme (Kurzaufnahme) außerhalb der Dienstzeiten der zentralen Patientenaufnahme
- • Ansprechpartner Patiententelefon einschließlich Hilfestellung zum Kassenautomaten
- • Verkauf und Bestellung von Briefmarken und Kopfhörern für die Patienten
- • Überwachung des Haupteinganges
- • Bedienung der Brandmeldezentrale
- • Alarmsteuerung bis zur Zusammensetzung der Krankenhauseinsatzleitung
- • Führung und Abrechnung der Bargeldnebenkasse
- • Wahrung von Ordnung und Sauberkeit im Verantwortungsbereich (ggf. Reinigung, Technik oder Verwaltungsleitung informieren, Auslagen und Flyer auffüllen, ordnen und ggf. aussortieren, etc.)
- • Weiterleiten von Störungsmeldungen
- • Schlüsselverwaltung (Ausgabe und Annahme von Schlüsseln)
- • Zentrale Stelle für Fundsachen
- • Kopierarbeiten, Faxarbeiten, kuvertieren und Versand von Postsendungen
- • Erteilung von Wegbeschreibungen
- • Unterstützung bei der Ablage”
Die ASG setzt in der Pforte die bei ihr angestellten Arbeitnehmer B, Bi, N und S ein. Weiterhin ist dort eine Teamleiterin der ASG oder deren Stellvertreter regelmäßig montags bis freitags von 7:00 Uhr bis 16:00 Uhr anwesend. Sie koordinieren die von der ASG zu erbringenden Leistungen. Die Erstellung von Dienst- und Urlaubsplänen obliegt der ASG. Diese übt auch das Weisungsrecht aus.
Der Betriebsrat hat geltend gemacht, der Bereich Pforte sei unverändert Teil des Klinikbetriebs. Sämtliche Stationen der Klinik seien auf eine enge Zusammenarbeit und Kooperation mit dem Bereich Pforte angewiesen. Vor allem beim Postservice und bei der Patientenaufnahme würden sich die Aufgaben der Beschäftigten der ASG mit denen der Arbeitgeberin überschneiden. Die Arbeitnehmer der ASG erhielten dann vom Klinikpersonal ablauf- und personenbezogene Weisungen. Daher seien sie in den Betrieb der Arbeitgeberin eingegliedert. An diesem Vorgang sei er nach § 99 Abs. 1 BetrVG zu beteiligen.
Der Betriebsrat hat zuletzt beantragt,
der Arbeitgeberin aufzugeben, die am 29. März 2013 erfolgten (erneuten) Einstellungen im Bereich Pforte/Empfang/Telefondienst
- der Frau B
- der Frau Bi
- des Herrn N und
- des Herrn S aufzuheben,
der Arbeitgeberin aufzugeben, es zu unterlassen, Einstellungen im Bereich Pforte/Empfang/Telefondienst vorzunehmen ohne den Antragsteller unterrichtet und seine Zustimmung eingeholt zu haben oder eine verweigerte Zustimmung ersetzen zu lassen oder ihn im Sinne einer vorläufigen Einstellung nach § 100 BetrVG beteiligt zu haben,
hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 2 a)
- festzustellen, dass Einstellungen im Bereich Pforte/Empfang/Telefondienst unter Verstoß gegen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats erfolgen, sofern von Seiten der Arbeitgeberin kein Antragsverfahren auf Zustimmung nach § 99 BetrVG eingeleitet wird,
- der Arbeitgeberin für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung aus Ziffer 2 a) – bezogen auf jeden Tag der Zuwiderhandlung und je Arbeitnehmer/in – ein Zwangsgeld bis zu 250,00 Euro anzudrohen.
Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge des Betriebsrats abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat den Aufhebungsantrag, den darauf bezogenen Zwangsgeldantrag sowie den Feststellungsantrag abgewiesen. Dagegen hat der Betriebsrat Beschwerde eingelegt und den Feststellungsantrag nunmehr als Hilfsantrag zu dem erstmals gestellten Unterlassungsantrag angebracht. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen, ohne sich mit dem Unterlassungs- und dem Hilfsfeststellungsantrag zu befassen. In der Rechtsbeschwerdeinstanz verfolgt der Betriebsrat seine zuletzt vor dem Landesarbeitsgericht gestellten Anträge im Wesentlichen weiter.
Entscheidungsgründe
B. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Aufhebungsanträge zu 1. zu Recht abgewiesen. Die weiteren Anträge des Betriebsrats sind unzulässig.
I. Die Aufhebungsanträge des Betriebsrats sind unbegründet. Das hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt. Der Einsatz der benannten Arbeitnehmer der ASG im Betrieb der Arbeitgeberin bedarf nicht der Zustimmung des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 BetrVG.
1. Gemäß § 101 Satz 1 BetrVG kann der Betriebsrat beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, eine personelle Maßnahme iSd. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG aufzuheben, wenn dieser die Maßnahme ohne seine – des Betriebsrats – Zustimmung durchgeführt hat.
2. Nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG hat der Arbeitgeber in Unternehmen mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern den Betriebsrat vor jeder Einstellung zu unterrichten und dessen Zustimmung zu beantragen.
a) Eine Einstellung iSd. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG liegt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vor, wenn Personen in den Betrieb eingegliedert werden, um zusammen mit den dort schon beschäftigten Arbeitnehmern dessen arbeitstechnischen Zweck durch weisungsgebundene Tätigkeit zu verwirklichen (BAG 13. Mai 2014 – 1 ABR 50/12 – Rn. 17 f. mwN) . Auf das Rechtsverhältnis, in dem die Personen zum Betriebsinhaber stehen, kommt es nicht an. Eingegliedert ist, wer eine ihrer Art nach weisungsgebundene Tätigkeit verrichtet, die der Arbeitgeber organisiert (BAG 23. Juni 2010 – 7 ABR 1/09 – Rn. 13, BAGE 135, 26) . Der Beschäftigte muss so in die betriebliche Arbeitsorganisation integriert sein, dass der Arbeitgeber das für ein Arbeitsverhältnis typische Weisungsrecht innehat und die Entscheidung über den Einsatz nach Inhalt, Ort und Zeit trifft.
b) Die Frage der Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation hängt dabei von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab (BAG 13. Mai 2014 – 1 ABR 50/12 – Rn. 18) . Eine Eingliederung in den Betrieb und dessen Organisation ist allerdings nicht schon dann anzunehmen, wenn Personen im Betrieb des Auftraggebers tätig werden und ihre Dienstleistung oder das von ihnen zu erstellende Werk nach Art, Umfang, Güte, Zeit und Ort in den betrieblichen Arbeitsprozess eingeplant oder detailliert beschrieben ist (BAG 25. Juni 1996 – 1 ABR 57/95 – zu II 1 der Gründe) . Es genügen auch weder die enge räumliche Zusammenarbeit von Arbeitnehmern im Betrieb noch die Einweisung und Koordination des Fremdfirmeneinsatzes durch Beschäftigte des Betriebsinhabers oder der Umstand, dass die betreffende Tätigkeit bislang von Arbeitnehmern des Beschäftigungsbetriebs ausgeführt wurde und zu bestimmten Zeiten weiterhin durchgeführt wird (vgl. BAG 13. Dezember 2005 – 1 ABR 51/04 – Rn. 14 mwN) .
c) Bei der Beurteilung, ob ein Beschäftigter im Betrieb eines anderen Arbeitgebers eingegliedert ist, steht dem Beschwerdegericht ein Beurteilungsspielraum zu. Dessen Würdigung ist in der Rechtsbeschwerdeinstanz nur daraufhin überprüfbar, ob das Gericht den Rechtsbegriff selbst verkannt, gegen Denkgesetze, anerkannte Auslegungs- und Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Umstände außer Acht gelassen hat (BAG 13. Mai 2014 – 1 ABR 50/12 – Rn. 19) .
3. Diesem eingeschränkten rechtsbeschwerderechtlichen Prüfungsmaßstab hält die angefochtene Entscheidung stand. Das Landesarbeitsgericht hat auf der Grundlage der von ihm festgestellten Tatsachen eine Eingliederung der bei der ASG beschäftigten vier Arbeitnehmer in den Klinikbetrieb der Arbeitgeberin zu Recht verneint.
a) Das Beschwerdegericht durfte nach dem Vorbringen der Beteiligten davon ausgehen, dass die Arbeitgeberin bezüglich der im Bereich Pforte eingesetzten Beschäftigten der ASG nicht weisungsbefugt ist, sondern die Entscheidung über deren Einsatz nach Inhalt, Ort und Zeit einschließlich der Gestaltung des Dienst- und Urlaubsplans vielmehr der ASG obliegt und von der bei ihr beschäftigten und vor Ort den Arbeitseinsatz im Bereich Pforte koordinierenden Teamleiterin K getroffen wird.
Die Beanstandung der Rechtsbeschwerde, das Landesarbeitsgericht habe ohne Befragung der vom Betriebsrat benannten Zeugin K auf der Grundlage seiner Feststellungen nicht darüber befinden können, wer die typischen Entscheidungen über den Arbeitseinsatz treffe, ist unzulässig. Bei der Rüge eines übergangenen Beweisangebots ist anzugeben, über welches Thema Beweis hätte erhoben werden müssen, an welcher konkreten Stelle das entsprechende Beweisangebot vorgetragen worden ist, welches Ergebnis die Beweisaufnahme voraussichtlich gehabt hätte und weshalb die angefochtene Entscheidung auf dem Verfahrensfehler beruhen kann (BAG 13. Februar 2013 – 7 ABR 36/11 – Rn. 42) . Dem wird die Rüge des Betriebsrats nicht gerecht. Sie enthält keine Angaben, die dem Rechtsbeschwerdegericht eine Prüfung des behaupteten Verfahrensverstoßes erlauben würde.
b) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist das Landesarbeitsgericht auch von einem zutreffenden Beurteilungsmaßstab ausgegangen. Es hat in Übereinstimmung mit der zum sog. Fremdpersonaleinsatz ergangenen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts angenommen, allein der Einsatz von Beschäftigten, die aufgrund eines Dienst- oder Werkvertrags ihres Vertragsarbeitgebers auf dem Betriebsgelände eines anderen Arbeitgebers tätig sind, führe noch nicht zu deren Eingliederung. Dies ist auch dann nicht der Fall, wenn die von ihnen zu erbringenden Dienst- oder Werkleistungen hinsichtlich Art, Umfang, Güte, Zeit und Ort in den betrieblichen Arbeitsprozess eingeplant sind. Weder aus der früheren Leistungserbringung durch Beschäftigte des Einsatzbetriebs noch aus einer Verzahnung mit den dortigen Betriebsabläufen folgt eine nach § 99 Abs. 1 BetrVG beteiligungspflichtige Eingliederung.
c) Mit seinem weiteren Vorbringen, das Landesarbeitsgericht habe es nicht für unschädlich halten dürfen, dass den Beschäftigten der ASG von Arbeitnehmern der Klinik „regelmäßig ablauf- und personenbezogene Weisungen” erteilt würden, zeigt der Betriebsrat keinen Rechtsfehler auf. Die Erteilung von Anweisungen an die vier Arbeitnehmer der ASG führt nicht zwingend zur Annahme einer Eingliederung. Auch ein Werkbesteller kann, wie sich aus § 645 Abs. 1 Satz 1 BGB ergibt, dem Werkunternehmer selbst oder dessen Erfüllungsgehilfen Anweisungen für die Ausführungen des Werks erteilen. Entsprechendes gilt für Dienstverträge (BAG 18. Januar 2012 – 7 AZR 723/10 – Rn. 27) . Abzugrenzen sind diese von arbeitsvertraglichen Weisungen und der Ausübung des Direktionsrechts. Die Rechtsbeschwerde führt zwar zutreffend an, dass das Begriffspaar „ablauf- und personenbezogene Weisungen” üblicherweise arbeitsvertragliche Weisungen beschreibt, die für eine Eingliederung sprechen. Allerdings verwendet das Landesarbeitsgericht dieses Begriffspaar offenkundig nicht in diesem Sinn. Vielmehr nimmt es lediglich die vom Betriebsrat in der Beschwerdebegründung verwendeten Begrifflichkeiten auf, hält aber die in allgemeiner Form vorgetragenen Weisungsbeispiele für „unschädlich”, weil nicht ersichtlich sei, dass „diese Weisungen über das hinausgehen, was der Werkbesteller dem Werkunternehmer selbst oder dessen Erfüllungsgehilfen für die Ausführungen der geschuldeten Leistung erteilen” dürfe. Damit ordnet es die „erfolgs- bzw. tätigkeitsbezogenen” Weisungen denjenigen im Rahmen eines Werk- bzw. Dienstvertrags zu. Zudem hält es nachfolgend fest, es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, das Direktionsrecht gemäß § 106 GewO liege bei der Arbeitgeberin.
II. Der Unterlassungsantrag zu 2 a) ist unzulässig. In der Folge fällt der hilfsweise gestellte Antrag zu 2 b) eben so wenig an wie der Antrag zu 3.
1. Bei dem erneut gestellten Unterlassungsantrag handelt es sich um eine in der Rechtsbeschwerdeinstanz unzulässige Antragserweiterung.
a) Die Rechtshängigkeit des vom Betriebsrat erstmals im Beschwerdeverfahren gestellten Unterlassungsantrags ist mit Ablauf der zweiwöchigen Antragsfrist des § 321 Abs. 2 ZPO entfallen. Das Landesarbeitsgericht hat den Antrag zwar im Tatbestand aufgeführt, über ihn aber ausweislich seiner Entscheidungsgründe nicht entschieden. Der Betriebsrat hat nach § 321 Abs. 1 ZPO weder eine Tatbestandsberichtigung noch anschließend einen Ergänzungsbeschluss beantragt.
b) Ein übergangener Antrag, dessen Rechtshängigkeit durch Ablauf der Frist nach § 321 Abs. 2 ZPO entfallen ist, kann noch in der Rechtsbeschwerdeinstanz in das Verfahren eingeführt werden (vgl. BAG 10. März 2009 – 1 ABR 93/07 – Rn. 21, BAGE 130, 1) , soweit es sich um eine zulässige Antragserweiterung handelt (vgl. etwa BAG 27. Januar 1998 – 1 ABR 38/97 – zu B II 2 der Gründe mwN) . Der Schluss der Anhörung vor dem Beschwerdegericht bildet nicht nur bezüglich des tatsächlichen Vorbringens, sondern auch hinsichtlich der Anträge der Beteiligten die Entscheidungsgrundlage für das Rechtsbeschwerdegericht. Daher kann eine Antragserweiterung ausnahmsweise zulässig sein, sofern sich der geänderte Sachantrag auf einen in der Beschwerdeinstanz festgestellten Sachverhalt stützt (vgl. 26. Oktober 2004 – 1 ABR 37/03 – zu B I 1 a der Gründe, BAGE 112, 238) .
c) Das ist bei dem Unterlassungsantrag nicht der Fall. Wie der Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats in der Anhörung vor dem Senat klargestellt hat, soll mit dem Antrag einem grob betriebsverfassungswidrigen Handeln der Arbeitgeberin iSv. § 23 Abs. 3 BetrVG begegnet werden. Damit würde das für eine Sachentscheidung erforderliche Prüfprogramm erweitert, weil der Senat prüfen müsste, ob eine grobe Pflichtverletzung des Arbeitgebers vorliegt. Hierzu fehlt es an den erforderlichen Feststellungen.
2. Der hilfsweise gestellte Antrag zu 2 b) ist unzulässig, weil der Hauptantrag zu 2 a) in der Rechtsbeschwerdeinstanz nicht angefallen ist. Aus diesem Grund fällt auch der auf den Unterlassungsantrag bezogene – als Zwangsgeld bezeichnete – Ordnungsgeldantrag nicht zur Entscheidung an. Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob es sich insoweit überhaupt um eine zulässige Antragserweiterung handelt. Der Antrag war in den Tatsacheninstanzen als Antrag nach § 101 Satz 2 und 3 BetrVG gefasst und bezog sich erstinstanzlich auf den Antrag zu 1., soll aber im Rechtsbeschwerdeverfahren – nach der Erklärung des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats in der Anhörung vor dem Senat – nunmehr als Ordnungsgeldantrag iSv. § 23 Abs. 3 Satz 2 und 5 BetrVG zu verstehen sein.
Unterschriften
Schmidt, Treber, Rinck, H. Schwitzer, Hann
Fundstellen
BB 2017, 115 |
FA 2017, 91 |
FA 2017, 96 |
NZA 2017, 808 |
ZTR 2017, 121 |
AP 2017 |
AuA 2017, 247 |
EzA-SD 2017, 14 |
EzA-SD 2017, 16 |
EzA 2017 |
NZA-RR 2017, 134 |
AUR 2017, 84 |
AUR 2017, 85 |
ArbR 2017, 102 |
RdW 2017, 280 |
AP-Newsletter 2017, 23 |
SPA 2017, 19 |