Keine Mitbestimmung bei Smartphone-Verbot am Arbeitsplatz
Die private Smartphone-Nutzung während der Arbeitszeit ist in vielen Unternehmen untersagt. Bislang nicht höchstrichterlich geklärt war allerdings die Frage, ob der Arbeitgeber ein solches Verbot ohne weiteres aussprechen kann oder ob diese Anweisung - bei Bestehen eines Betriebsrats – mitbestimmungspflichtig ist.
Der vom Bundesarbeitsgericht (BAG) zu entscheidende Fall betraf einen Betrieb im Bereich der Automobilzulieferungsindustrie. Der weitaus überwiegende Teil der rund 200 Beschäftigten ist dort in der Produktion tätig.
Verbot der Handynutzung zu privaten Zwecken
Am 18. November 2021 erfolgte folgender Aushang zum Thema "Regeln zur Nutzung privater Handys während der Arbeitszeit" durch die Werksleitung:
"Sehr geehrte Damen und Herren, hiermit weisen wir darauf hin, dass jede Nutzung von Mobiltelefonen/Smartphones zu privaten Zwecken während der Arbeitszeit nicht gestattet ist. Sofern gegen dieses Verbot verstoßen wird, ist mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen - bis hin zur fristlosen Kündigung - zu rechnen."
Der im Unternehmen existierende Betriebsrat war allerdings der Auffassung, hier seien seine Mitbestimmungsrechte, konkret aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG in Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Beschäftigten, verletzt worden. Er forderte den Arbeitgeber daher auf, das Verbot zurückzunehmen. Nachdem der Arbeitgeber dieser Aufforderung nicht nachkam, machte der Betriebsrat die Unterlassung gerichtlich geltend.
Keine Mitbestimmung durch den Betriebsrat
Das ArbG Braunschweig und in zweiter Instanz das LAG Niedersachsen waren allerdings der Auffassung, durch ein solches Verbot würden keine Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats verletzt und wiesen den Antrag des Betriebsrats ab.
Das LAG Niedersachen legte in seinem Beschluss dar, dass es sich bei dem ausgesprochenen Verbot nicht um eine Frage der Ordnung des Betriebs oder des Verhaltens der Beschäftigten im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG handele. Mit dieser Maßnahme würden nämlich schwerpunktmäßig keine Verhaltensregeln aufgestellt, die das betriebliche Zusammenleben und Zusammenwirken betreffen. Vielmehr seien hier das Arbeitsverhalten und die Art und Weise der Arbeitserbringung betroffen. Der Arbeitgeber wolle hier erreichen, dass die vertragsmäßig geschuldete Arbeitsleistung erbracht wird und dabei nicht durch die private Nutzung von Smartphones unterbrochen wird. Hierin sei eine Konkretisierung der Arbeitspflicht zu sehen und keine Regel, die das arbeitsbegleitende Ordnungsverhalten betreffe.
Dieser Ansicht schloss sich das BAG an und wies die gegen den Beschluss des LAG Niedersachsen eingelegte Rechtsbeschwerde des Betriebsrats zurück.
Schwierige Abgrenzung
Regelungen und Weisungen, welche die Arbeitspflicht unmittelbar konkretisieren, sind nicht mitbestimmungspflichtig. Man spricht hier vom sogenannten Arbeitsverhalten. Wirkt sich eine Maßnahme des Arbeitgebers sowohl auf das Ordnungs- als auch auf das Arbeitsverhalten aus, kommt es darauf an, welcher Regelungszweck überwiegt. Entscheidend ist der jeweilige objektive Regelungszweck. Dieser ist nach dem Inhalt der Maßnahme sowie nach der Art des zu beeinflussenden betrieblichen Geschehens zu bestimmen. In der Praxis ist diese Abgrenzung allerdings schwierig und kann oft nicht trennscharf vorgenommen werden. Denn es ist keineswegs immer gleich klar, in welchen Fällen der Betriebsrat aufgrund bestehender Mitbestimmungsrechte zwingend einzubeziehen ist. Erlaubt der Arbeitgeber beispielsweise eine private Smartphonenutzung in einem bestimmten Umfang, so hat der Betriebsrat bei der Ausgestaltung einer entsprechenden Regelung mitzubestimmen. Gleiches würde gelten, wenn der Arbeitgeber ein generelles Verbot der privaten Benutzung von Smartphones – auch während der Pausenzeiten - im gesamten Betrieb aussprechen würde. Auch dies wäre mitbestimmungspflichtig.
Möglichst gemeinsame Lösungen anstreben
Die Abgrenzung zwischen mitbestimmungspflichtigem Ordnungsverhalten und mitbestimmungsfreiem Arbeitsverhalten im Hinblick auf die Nutzung privater Smartphones am Arbeitsplatz hat das BAG in seinem Beschluss nunmehr geklärt.
In ähnlich gelagerten Fällen, in denen nicht sofort auf der Hand liegt, ob der überwiegende Regelungszweck eher im Bereich des Ordnungsverhaltens oder des Arbeitsverhaltens anzusiedeln ist, kann es sinnvoll sein, von vornherein eine gemeinsame Lösung mit dem Betriebsrat anzustreben. Zum einen erhöht das die Akzeptanz in der Belegschaft für Verhaltensanordnungen und zum anderen werden damit unnötige Rechtstreitigkeiten vermieden.
Hinweis: BAG, Beschluss vom 17. Oktober 2023, Az. 1 ABR 24/22
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