Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats
Leitsatz (redaktionell)
Läßt sich der Zweck einer Regelung (hier: Austausch von Mitarbeiterdaten zwischen Konzernunternehmen) nur durch eine einheitliche Regelung auf der Konzernebene erreichen, so ist der Konzernbetriebsrat zuständig.
Normenkette
BDSG § 4 Abs. 1; BetrVG § 58 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LAG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 28.11.1994; Aktenzeichen 15 TaBV 3/92) |
ArbG Stuttgart (Entscheidung vom 23.10.1991; Aktenzeichen 3 BV 93/91) |
ArbG Stuttgart (Entscheidung vom 23.10.1991; Aktenzeichen 3 BV 85/91) |
ArbG Stuttgart (Entscheidung vom 23.10.1991; Aktenzeichen 3 BV 83/91) |
ArbG Stuttgart (Entscheidung vom 23.10.1991; Aktenzeichen 3 BV 84/91) |
Gründe
A. Die vier Antragsteller der durch Beschluß des Landesarbeitsgerichts vom 26. November 1992 verbundenen Ausgangsverfahren bestreiten dem Konzernbetriebsrat (Beteiligter zu 5) die Zuständigkeit für den Abschluß der Konzernbetriebsvereinbarung vom 1. Juni 1991 über die Weitergabe von Mitarbeiterdaten im Konzern der D AG (Beteiligte zu 6).
I. Die vier Antragsteller sind Betriebsräte aus Unternehmen, die dem Konzern der Beteiligten zu 6 angehören.
1. Die Do GmbH unterhält nur eine Betriebsstätte in F . Der dort gebildete Betriebsrat (Beteiligter zu 1) hat das Ausgangsverfahren mit dem Aktenzeichen - 3 BV 84/91 - eingeleitet. Die Do GmbH wird von der von der De -
AG beherrscht.
2. Ebenfalls nur eine einzige, in M gelegene Betriebsstätte unterhält die Do L GmbH. Der dort gewählte Betriebsrat (Beteiligter zu 2) hat das Ausgangsverfahren mit dem Aktenzeichen - 3 BV 83/91 - eingeleitet. Die Do -
L GmbH wird von der Do GmbH beherrscht.
3. Das Ausgangsverfahren mit dem Aktenzeichen - 3 BV 85/91 - ist von dem Betriebsrat O der vormaligen M -
GmbH (nunmehr De AG) gebildeten Betriebsrat eingeleitet worden. In dem Unternehmen besteht ein Gesamtbetriebsrat. Die De AG wird von der D -
AG (Beteiligte zu 6) beherrscht.
4. Das vierte Ausgangsverfahren mit dem Aktenzeichen - 3 BV 93/91 - ist von dem im Betrieb B der E GmbH (nunmehr De AG, Produktbereich R -
) eingeleitet worden. Auch in diesem Unternehmen bestehen mehrere Betriebe und ein Gesamtbetriebsrat.
II. Der bei der Beteiligten zu 6 (Konzernmuttergesellschaft) gebildete Konzernbetriebsrat und die Beteiligte zu 6 schlossen unter dem Datum vom 1. Juni 1991 eine Konzernbetriebsvereinbarung über die Weitergabe von Mitarbeiterdaten. Bestandteile dieser Konzernbetriebsvereinbarung sind neben einer Protokollnotiz die zwischen dem Gesamtbetriebsrat und der Beteiligten zu 6 am 1. Oktober 1987 abgeschlossene Betriebsvereinbarung zur Einführung des Systems "Verwaltung Mitarbeiterdaten (VMD)" nebst Protokollnotiz, die zwischen dem Gesamtbetriebsrat und der M AG am 5. Juli 1990 abgeschlossene Betriebsvereinbarung über die Verarbeitung von Mitarbeiterdaten mit Hilfe der individuellen Datenverarbeitung (BV-IDV) nebst Protokollnotiz und die Daten- und Programmkataloge 01/91.
Die Konzernbetriebsvereinbarung regelt den Austausch von Mitarbeiterdaten zwischen den Konzernunternehmen sowie die weitere Übertragung der Daten. Durch sie wird nicht die Erhebung der Mitarbeiterdaten geregelt. Nach Ziffer 2 der Konzernbetriebsvereinbarung sollen die zwischen den Konzerngesellschaften weitergegebenen Daten im Rahmen der unternehmensübergreifenden Aufgaben zu den Zwecken
-Abwicklung von Leistungen am Mitarbeiter
-Adressierung von Schreiben an Mitarbeiter sowie Mitarbeiterinformationen
-Zugangsregelungen und sonstige Berechtigungen (z.B. Einfahrgenehmigungen)
-vorgesehene Personalbewegungen/-veränderungen sowie Bewerbungen zwischen Konzerngesellschaften
-Führungskräfteentwicklung und -planung, wie sie in der Konzernbetriebsvereinbarung vom 8. November 1989 bereits abschließend geregelt wurde
-Personalberichtswesen sowie Grundsatzfragen der Personalplanung
-Leistungsübersichten
verarbeitet werden. Die weiteren Ziffern enthalten Regelungen über den Datenkatalog, die Datenverarbeitung, Widerspruchsrechte der Arbeitnehmer, Zugriffsberechtigungen und die Verantwortlichkeit für die ordnungsgemäße Verarbeitung von Mitarbeiterdaten.
III. Die Antragsteller haben im vorliegenden Verfahren geltend gemacht, der Konzernbetriebsrat (Beteiligter zu 5) sei für den Abschluß einer derartigen Betriebsvereinbarung nicht zuständig gewesen. Diese enthalte Regelungen, die nach den gesetzlichen Zuständigkeitsbestimmungen in den originären Regelungsbereich der Betriebsräte fielen und ausschließlich Tatbestände der notwendigen Mitbestimmung beträfen. Eine zwingende Notwendigkeit zur einheitlichen Regelung der Übertragung, Weitergabe und Verarbeitung der Mitarbeiterdaten innerhalb des Konzerns sei nicht gegeben.
Sofern die Konzernbetriebsvereinbarung der Abwicklung von Leistungen an Mitarbeiter diene, umfaßten die bisher hierzu gesammelten Daten die Weitergabe von Mitarbeiterdaten im Konzern zu Zwecken der Systemunterstützung bei der Rabattbesteuerung (beim Autokauf) bzw. bei der Vermögensbildung (insbesondere bei Belegschaftsaktien). Bezüglich der Rabattbesteuerung werde erfaßt, ob und zu welchem Zeitpunkt der Mitarbeiter einen Jahreswagen kaufe und ob und in welcher Höhe er hierfür etwa ein Darlehen in Anspruch nehme. Zur Vermögensbildung werde der Kauf von Aktien des herrschenden Unternehmens und eine etwaige Darlehensaufnahme gespeichert. Zusätzlich würden jeweils die Austrittsdaten, der Austrittsgrund, das Austrittsziel bzw. das Versetzungsdatum gespeichert. Dabei handele es sich um Verhaltensdaten.
Es sei nicht erkennbar, aus welchen rechtlich zwingenden Gründen die Konzernmutter den Mitarbeitern der Einzelunternehmen Schreiben zusenden müsse. Soweit Zugangsregelungen und sonstige Berechtigungen in der Konzernbetriebsvereinbarung angesprochen seien, sollten damit konzernweit und unternehmensübergreifend direkte Zugangsberechtigungen zu einzelnen oder allen Betriebsgeländen eröffnet werden. Über die Konzernzentrale sollten bestimmten Personen Zugangsberechtigungen erteilt werden, die unmittelbar in die betrieblichen Kontrollsysteme einfließen sollten.
Auch für den Datenaustausch zur Beschreibung von vorgesehenen Personalbewegungen und -veränderungen sowie bei Bewerbungen zwischen Konzerngesellschaften sprächen reine Zweckmäßigkeitsgründe, ohne daß für die konzernweite Erfassung der Daten eine rechtliche oder tatsächliche Notwendigkeit bestehe. Auch sei es nicht notwendig, die Entwicklung von Führungskräften mit Hilfe von EDV-Unterstützungen zu planen und eine konzerneinheitliche Beurteilung vorzunehmen. Ein konzernzentrales Personalberichtswesen, eine zentrale Bearbeitung von Grundsatzfragen im Personalbereich sowie konzernzentrale Leistungsübersichten seien für die Konzernleitung sicher zweckmäßig, eine rechtliche oder tatsächliche Notwendigkeit zur unternehmensübergreifenden Datenverarbeitung und Datensammlung bestehe jedoch auch insoweit nicht. Wenn die Konzernmuttergesellschaft die Sammlung solcher Daten für zweckmäßig halte, müsse sie sich entweder mit den Einzelbetriebsräten zusammensetzen oder ihren herrschenden Einfluß auf die einzelnen Unternehmensleitungen ausüben, damit diese Regelungen mit ihren örtlichen Betriebsräten träfen.
Die Antragsteller haben im ersten Rechtszuge beantragt
festzustellen, daß die Konzernbetriebsvereinba-
rung vom 1. Juni 1991 über die Weitergabe von
Mitarbeiterdaten unwirksam ist.
Die Beteiligten zu 5 und 6 haben beantragt,
die Anträge abzuweisen.
Sie haben die Auffassung vertreten, die Feststellungsanträge seien mangels eines Rechtsverhältnisses zwischen ihnen und den Antragstellern unzulässig. Bei der Frage der Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats handele es sich um eine Rechtsfrage, die zwischen zwei Beteiligten außerhalb eines Rechtsverhältnisses nicht zum Gegenstand eines Feststellungsantrages gemacht werden könne. Jedenfalls aber sei der Konzernbetriebsrat für den Abschluß der vorliegenden Konzernbetriebsvereinbarung zuständig gewesen. Der Regelungsgegenstand der Konzernbetriebsvereinbarung, der in dem Austausch von Mitarbeiterdaten zwischen den Konzerngesellschaften bestehe, werde von den Antragstellern verkannt, wenn diese ausschließlich auf die in der Konzernbetriebsvereinbarung genannten Übertragungs- und Verarbeitungszwecke abstellten. Diese Zwecke seien nur geregelt worden, um nicht die grenzenlose Verwendung der übertragenen Daten bei der Konzernspitze zu ermöglichen und somit die betroffenen Arbeitnehmer nicht schutzlos zu stellen. Für die Regelung der Datenübertragung von einem auf ein anderes Konzernunternehmen sei der Konzernbetriebsrat zuständig. Dabei handele es sich um eine Angelegenheit, die mehrere Konzernunternehmen betreffe und die nicht durch die einzelnen Gesamtbetriebsräte innerhalb ihrer Unternehmen geregelt werden könne. Da es sich bei der Konzernbetriebsvereinbarung um eine Regelung im Bereich der freiwilligen Mitbestimmung handele, ergebe sich die Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats auch daraus, daß die Konzernleitung nur auf der Konzernebene zu einer entsprechenden Regelung bereit sei. Der Konzernbetriebsrat wäre aber auch dann zuständig, wenn die Regelung der Datenübertragung als eine mitbestimmungspflichtige Angelegenheit anzusehen sein sollte. Auch in diesem Falle bestünde ein zwingendes Erfordernis für eine konzerneinheitliche Regelung, weil ein wirksames und einheitliches Schutzkonzept zugunsten der Arbeitnehmer nur verwirklicht werden könne, wenn beim abgebenden wie beim aufnehmenden Unternehmen inhaltlich deckungsgleiche Regelungen gelten. Zwar sei der Abschluß von gleichlautenden Betriebsvereinbarungen zwischen allen Einzelbetriebsräten und Einzelunternehmen theoretisch möglich, jedoch gerade in einem großen Konzern wie dem vorliegenden unrealistisch.
IV.1. In den Ausgangsverfahren - 3 BV 84/91 - (oben I 1) und - 3 BV 83/91 - (oben I 2) hat das Arbeitsgericht die Feststellung getroffen, die Konzernbetriebsvereinbarung vom 1. Juni 1991 über die Weitergabe von Mitarbeiterdaten regele nicht den Austausch von Daten über Mitarbeiter der Do GmbH bzw. der Do L GmbH.
Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im wesentlichen ausgeführt, in der von den Antragstellern gewählten Wortfassung könne dem Antrag zwar nicht stattgegeben werden. Eine Feststellung, daß die Konzernbetriebsvereinbarung insgesamt unwirksam sei, könne ohne eine Beteiligung aller von der Rechtskraft einer solchen Entscheidung Betroffenen nicht getroffen werden. Da die angegriffene Konzernbetriebsvereinbarung für sich in Anspruch nehme, den Austausch von Mitarbeiterdaten aller konzernzugehörigen Unternehmen zu regeln, hätten nicht nur deren Mitarbeitervertretungen, sondern auch die Unternehmen selbst am Verfahren beteiligt werden müssen. Der Antrag sei jedoch mit dem aus dem Tenor ersichtlichen Inhalt auszulegen. Im Anhörungstermin hätten die Antragsteller deutlich gemacht, daß Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung lediglich die Frage sein solle, ob hinsichtlich der Mitarbeiter der Unternehmen, für die sie zuständig seien, eine Betriebsvereinbarung statt mit dem Beteiligten zu 5 mit ihnen hätte vereinbart werden müssen. Mit dieser Klarstellung stehe zum einen fest, daß die Kammer nicht dazu berufen sein sollte, sich mit dem Inhalt der Konzernbetriebsvereinbarung, also etwa der Zulässigkeit einzelner Regelungen, zu befassen. Zum anderen hätten sich die Antragsteller auch nicht einer Erstreckung der Rechtskraft eines stattgebenden Beschlusses über den Bereich des Unternehmens hinaus berühmt, in dem sie jeweils gewählt worden seien. Mit diesem Inhalt sei der Antrag zulässig. Er sei auch begründet, da dem Betriebsrat die Kompetenz zum Abschluß der vorliegenden Konzernbetriebsvereinbarung gefehlt habe. Die darin getroffenen Regelungen hätten auch innerhalb der einzelnen Unternehmen getroffen werden können.
Mit ihren Beschwerden haben die Beteiligten zu 5 und 6 ihre Begehren auf Abweisung des Antrags weiterverfolgt. Die Antragsteller zu 1 und 2 haben in ihrer Beschwerdeerwiderungsschrift vom 5. Juni 1992 die Zurückweisung der Beschwerden beantragt und im wesentlichen ausgeführt, die Antragsauslegung durch das Arbeitsgericht sei nicht zu beanstanden, denn sie würde nur für die Mitarbeiter ihres jeweiligen Kompetenzbereichs die Feststellung des Fehlens der Abschlußkompetenz des Konzernbetriebsrats verlangen. Erst nachdem das Landesarbeitsgericht im Anschluß an den ersten Anhörungstermin vom 26. November 1992 in seinem prozeßleitenden Beschluß mit selbem Datum darauf hingewiesen hatte, daß es keine relative, d.h. auf einzelne Unternehmen beschränkte Unwirksamkeit der Konzernbetriebsvereinbarung geben könne und daß das Gericht auch inhaltliche Mängel der Konzernbetriebsvereinbarung überprüfen müsse, haben die Antragsteller mit ihrer Anschlußbeschwerde vom 23. Dezember 1992 wieder die Feststellung beantragt, daß die Konzernbetriebsvereinbarung unwirksam sei. In diesem Schriftsatz vom 23. Dezember 1992 haben sie auch inhaltliche Bedenken gegen die abgeschlossene Konzernbetriebsvereinbarung geäußert, da die Datenweitergabe- und Verarbeitungszwecke dort zum Teil sehr unbestimmt formuliert worden seien. Hieraus ergäben sich für die Antragsteller Zweifel an der Wirksamkeit der Konzernbetriebsvereinbarung im Hinblick auf die erforderliche Präzision des Verwendungszwecks gemäß § 28 BDSG und dem informationellen Selbstbestimmungsrecht gemäß Art. 2 Abs. 1 GG.
2. In den beiden anderen Ausgangsverfahren - 3 BV 85/91 - (vom Antragsteller zu 3 eingeleitet) und - 3 BV 93/91 - (vom Antragsteller zu 4 eingeleitet) hat das Arbeitsgericht den Antrag jeweils zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, die Anträge seien unbegründet, weil den Antragstellern die Aktivlegitimation für die begehrte Feststellung fehle. Der Abschluß einer Betriebsvereinbarung mit dem Regelungsziel der vorliegenden Konzernbetriebsvereinbarung sei eine Angelegenheit, die nicht durch die einzelnen Betriebsräte innerhalb ihrer Betriebe geregelt werden könne, weil die Weitergabe von Mitarbeiterdaten einer unternehmenseinheitlichen Regelung bedürfe. Zuständig seien daher nicht die Antragsteller zu 3 und 4, sondern die in ihren jeweiligen Unternehmen errichteten Gesamtbetriebsräte.
Mit ihren Beschwerden haben die Antragsteller zu 3 und 4 in ihren gleichlautenden Beschwerdebegründungen vom 5. Juni 1992 entsprechend der Tenorierung des Arbeitsgerichts in den beiden anderen Ausgangsverfahren die Feststellung beantragt, daß die Konzernbetriebsvereinbarung vom 1. Juni 1991 nicht den Austausch von Daten über Mitarbeiter ihrer jeweiligen Unternehmen regele. Erst auf den bereits erwähnten prozeßleitenden Beschluß des Landesarbeitsgerichts vom 26. November 1992 hin haben auch sie ihren Antrag wieder dahin umgestellt, daß sie die Feststellung der Unwirksamkeit der Konzernbetriebsvereinbarung begehren.
V. Das Landesarbeitsgericht hat durch Beschluß vom 26. November 1992 die vier Ausgangsverfahren miteinander verbunden und die im Konzern bestehenden Betriebsräte, Gesamtbetriebsräte und Konzernbetriebsräte am Verfahren beteiligt. Soweit von diesen Beteiligten Stellungnahmen abgegeben worden sind, wird in ihnen ganz überwiegend und im wesentlichen wortgleich die Konzernbetriebsvereinbarung vom 1. Juni 1991 verteidigt.
Durch den angefochtenen Beschluß vom 28. November 1994 hat das Landesarbeitsgericht die die Antragsteller zu 1 und 2 betreffenden Beschlüsse des Arbeitsgerichts (- 3 BV 84/91 - bzw. - 3 BV 83/91 -) abgeändert und die Anträge abgewiesen. Die Anschlußbeschwerden der Antragsteller zu 1 und 2 hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Die Beschwerden der Antragsteller zu 3 und 4 gegen die sie betreffenden Beschlüsse des Arbeitsgerichts (- 3 BV 85/91 - bzw. - 3 BV 93/91 -) hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen.
Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgen die vier Antragsteller ihren Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit der Konzernbetriebsvereinbarung vom 1. Juni 1991 weiter. Die Beteiligten zu 5 und 6 beantragen, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
B. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet, denn das Landesarbeitsgericht hat die Anträge zu Recht abgewiesen.
I. Die Anträge sind zulässig, soweit die Antragsteller mit ihnen die Feststellung der Unwirksamkeit der Konzernbetriebsvereinbarung vom 1. Juni 1991 mit der Begründung begehren, der Konzernbetriebsrat sei zu ihrem Abschluß nicht zuständig gewesen. Insoweit versteht der Senat den Antrag aufgrund des bisherigen Ablaufs des vorliegenden Verfahrens dahin, daß es den Antragstellern lediglich darum geht, die Unzuständigkeit des Konzernbetriebsrats zum Abschluß der Konzernbetriebsvereinbarung festzustellen und darüber hinaus im Hinblick auf die abweichende Rechtsansicht des Arbeitsgerichts klarzustellen, daß diese Unzuständigkeit zur Unwirksamkeit der Konzernbetriebsvereinbarung insgesamt und nicht nur dazu führt, daß sie lediglich in den Unternehmen der jeweiligen Antragsteller nicht gilt.
Mit diesem Inhalt ist der Antrag zulässig. Der Betriebsrat macht ein eigenes betriebsverfassungsrechtliches Recht geltend, wenn er seinen Zuständigkeitsbereich verteidigt. Die Wahrnehmung eigener betriebsverfassungsrechtlicher Rechte begründet, wenn sie von anderen Betriebsverfassungsorganen bestritten wird, auch ein Feststellungsinteresse. Eine Zuständigkeit des einzelnen Betriebsrats und des Konzernbetriebsrats zur Regelung derselben Angelegenheit schließen sich gegenseitig aus (ständige Rechtsprechung; vgl. z.B. BAG Beschluß vom 6. April 1976 - 1 ABR 27/74 - AP Nr. 2 zu § 50 BetrVG 1972). Mithin wären die Antragsteller, wenn sie für die in der Konzernbetriebsvereinbarung geregelte Angelegenheit selbst zuständig wären, durch den Abschluß der Konzernbetriebsvereinbarung in ihrem Recht beeinträchtigt, daß die Angelegenheit mit ihnen zu verhandeln und zu vereinbaren gewesen wäre.
II. Soweit die Antragsteller hingegen die Unwirksamkeit der Konzernbetriebsvereinbarung mit der Begründung festgestellt wissen wollen, die Konzernbetriebsvereinbarung habe in datenschutzrechtlich geschützte Rechtspositionen der Arbeitnehmer eingegriffen, ist der Antrag unzulässig. Denn insoweit fehlt den Antragstellern sowohl die Antragsbefugnis als auch ein Feststellungsinteresse.
1. Zwar gehört es gemäß § 80 Abs. 1 BetrVG zu den Aufgaben des Betriebsrats, darüber zu wachen, daß die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze im Betrieb durchgeführt werden. Zu diesen Gesetzen zählt auch das Bundesdatenschutzgesetz, soweit es auf die Arbeitnehmer des Betriebs anwendbar ist (vgl. z.B. BAG Beschluß vom 17. März 1987, BAGE 54, 278 = AP Nr. 29 zu § 80 BetrVG 1972; Kraft, GK-BetrVG, 5. Aufl., § 80 Rz 14, m.w.N.). Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. z.B. BAG Beschluß vom 24. Februar 1987 - 1 ABR 73/84 - AP Nr. 28 zu § 80 BetrVG 1972) rechtfertigt jedoch die allgemeine Überwachungsaufgabe des Betriebsrats kein Beschlußverfahren, in dem von den allgemeinen Verfahrensvoraussetzungen abgesehen werden könnte.
Nach ständiger Rechtsprechung ist im arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren nur antragsbefugt, wer nach materiellem Recht im konkreten Falle durch die begehrte Entscheidung in seiner eigenen betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsstellung unmittelbar betroffen wird bzw. dies zumindest behauptet (vgl. z.B. BAGE 31, 58 = AP Nr. 3 zu § 47 BetrVG 1972; Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, 2. Aufl., § 81 Rz 52 f.). Im Entscheidungsfalle machen die Antragsteller nicht einmal geltend, ihre eigene betriebsverfassungsrechtliche Rechtsstellung werde durch die von ihnen behaupteten inhaltlichen Mängel der Konzernbetriebsvereinbarung berührt. Sie berufen sich vielmehr lediglich auf eine angebliche Verletzung individueller Rechtspositionen der einzelnen Arbeitnehmer. Zu deren gerichtlicher Geltendmachung ist der Betriebsrat indessen nicht befugt. Wegen dieses Fehlens einer eigenen betriebsverfassungsrechtlichen Betroffenheit der Antragsteller durch die von ihnen behaupteten inhaltlichen Mängel der Konzernbetriebsvereinbarung liegt darüber hinaus auch das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche rechtliche Interesse der Antragsteller an einer Feststellung, die Konzernbetriebsvereinbarung sei wegen dieser Mängel unwirksam, nicht vor.
2. Da der Antrag insoweit mithin bereits wegen Fehlens der allgemeinen Verfahrensvoraussetzungen unzulässig ist, kann dahinstehen, ob das Landesarbeitsgericht zu Recht davon ausgegangen ist, der Antrag auf inhaltliche Überprüfung der Konzernbetriebsvereinbarung sei im zweiten Rechtszug nicht Gegenstand des Verfahrens gewesen. Wäre diese Würdigung zutreffend, so läge eine im Rechtsbeschwerdeverfahren unzulässige Antragsänderung vor. Wäre diese Würdigung hingegen unzutreffend, so beruht auf ihr der angefochtene Beschluß nicht, weil der Senat das Fehlen der allgemeinen Verfahrensvoraussetzungen selbst feststellen konnte (§ 563 ZPO).
III. Soweit die Anträge mithin zulässig sind, erweisen sie sich jedoch als unbegründet. Denn der Konzernbetriebsrat war, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, für den Abschluß der Konzernbetriebsvereinbarung vom 1. Juni 1991 gemäß § 58 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zuständig.
1. Nach § 58 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist der Konzernbetriebsrat zuständig für die Behandlung von Angelegenheiten, die den Konzern oder mehrere Konzernunternehmen betreffen und nicht durch die einzelnen Gesamtbetriebsräte innerhalb ihrer Unternehmen geregelt werden können. Davon, daß die erste Voraussetzung dieser Vorschrift vorliegt, gehen alle Beteiligten zutreffend aus. Denn die Weitergabe von Mitarbeiterdaten im Konzern betrifft alle Konzernunternehmen. Dem Landesarbeitsgericht ist aber auch darin zu folgen, daß es sich bei der Regelungsmaterie der Konzernbetriebsvereinbarung vom 1. Juni 1991 um eine Angelegenheit handelt, die nicht durch die einzelnen Gesamtbetriebsräte (und damit erst recht nicht durch die einzelnen Betriebsräte) geregelt werden kann.
a) Für die Auslegung des § 58 Abs. 1 Satz 1 BetrVG sind die von der Rechtsprechung zu § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG entwickelten Grundsätze entsprechend heranzuziehen. Der Gesetzgeber hat die Zuständigkeitsregelung des § 58 BetrVG bewußt derjenigen zwischen Gesamtbetriebsrat und einzelnen Betriebsräten (§ 50 BetrVG) nachgebildet (Begründung zum Regierungsentwurf, BR-Drucks. 715/70, S. 44). Dementsprechend grenzt § 58 Abs. 1 Satz 1 BetrVG nach allgemeiner Auffassung die Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats nach den gleichen Kriterien ab, nach denen § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats festlegt (vgl. z.B. Kreutz, GK-BetrVG, 5. Aufl., § 58 Rz 2; Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG, 17. Aufl., § 58 Rz 4; Däubler/Kittner/Klebe, BetrVG, 5. Aufl., § 58 Rz 3).
b) Überträgt man demnach die zu § 50 Abs. 1 BetrVG in ständiger Rechtsprechung (vgl. z.B. BAG Urteil vom 26. Januar 1993 - 1 AZR 303/92 - AP Nr. 102 zu § 99 BetrVG 1972, zu II 2 b aa der Gründe, m.w.N.) entwickelten Grundsätze auf den Konzernbetriebsrat, so ergibt sich, daß der Begriff des "Nichtregelnkönnens" nicht eine objektive Unmöglichkeit der Regelung durch die einzelnen Betriebsräte bzw. die Gesamtbetriebsräte voraussetzt. Ausreichend, aber auch zu verlangen ist, daß ein zwingendes Erfordernis für eine konzerneinheitliche oder zumindest unternehmensübergreifende Regelung besteht, wobei auf die Verhältnisse des jeweiligen Konzerns, seiner konkreten Unternehmen und der konkreten Betriebe abzustellen ist. Reine Zweckmäßigkeitsgründe oder das Koordinierungsinteresse des Arbeitgebers allein genügen nicht. Dementsprechend kann es auch nicht darauf ankommen, auf welcher betriebsverfassungsrechtlichen Ebene der Arbeitgeber eine Regelung treffen möchte. Entscheidend sind vielmehr der Inhalt der geplanten Regelung sowie das Ziel, das durch diese Regelung erreicht werden soll. Läßt sich dieses Ziel nur durch eine einheitliche Regelung auf der Konzernebene erreichen, so ist der Konzernbetriebsrat zuständig. Ob und wie die vom Arbeitgeber angestrebte Zielsetzung verwirklicht werden soll, ist dann auf der Ebene des Konzernbetriebsrats zu regeln.
2. Im Entscheidungsfalle ist der Würdigung des Landesarbeitsgerichts zu folgen, daß sich die vom Arbeitgeber angestrebte Regelung nur auf der Konzernebene erreichen ließ. Die Konzernbetriebsvereinbarung vom 1. Juni 1991 sollte die nach § 4 Abs. 1 BDSG erforderliche Rechtsgrundlage dafür schaffen, daß in dem Konzernunternehmen bereits erfaßte Mitarbeiterdaten von einem Konzernunternehmen an das andere bzw. an die Konzernspitze weitergeleitet werden dürfen. Nach § 4 Abs. 1 BDSG ist die Verarbeitung personenbezogener Daten und deren Nutzung nur zulässig, wenn das Bundesdatenschutzgesetz oder eine andere Rechtsvorschrift sie erlaubt oder anordnet oder soweit der Betroffene eingewilligt hat. Nach fast allgemeiner Meinung (vgl. z.B. Ordemann/Schomerus, BDSG, 5. Aufl., § 4 Rz 2; Simitis/Dammann/Geiger/Mallmann/Walz, BDSG, 4. Aufl., § 4 Rz 11) ist auch eine Betriebsvereinbarung und damit auch eine Konzernbetriebsvereinbarung als "Rechtsvorschrift" im Sinne des § 4 Abs. 1 BDSG anzusehen (anderer Ansicht - soweit ersichtlich - nur Dietz/Richardi, BetrVG, 6. Aufl., § 80 Rz 93). Diese Rechtsgrundlage konnte nur durch eine Regelung geschaffen werden, die jeweils sowohl das die Daten abgebende als auch das die Daten aufnehmende Unternehmen bindet. Da die Datenweitergabe von einem Unternehmen an das andere ein einheitlicher Vorgang ist, der mithin auch einheitlich geregelt werden mußte, konnte dies nur durch eine einheitliche Regelung erfolgen, an die sowohl das abgebende als auch das aufnehmende Unternehmen gebunden sind. Schon diese Überlegungen tragen das Ergebnis des Landesarbeitsgerichts.
3. Ist demnach der Konzernbetriebsrat zuständig gewesen, so sind die Hinweise der Rechtsbeschwerde darauf unerheblich, daß Regelungsgegenstand der Konzernbetriebsvereinbarung auch Tatbestände der zwingenden Mitbestimmung (insbesondere § 87 Abs. 1 Nr. 1 und 6 BetrVG) gewesen seien. Auch derartige zwingende Mitbestimmungsrechte wären dann vom Konzernbetriebsrat wahrzunehmen gewesen, denn im Rahmen seiner Zuständigkeit hat der Konzernbetriebsrat dieselben Rechte und Pflichten wie ein Betriebsrat (vgl. z.B. Kreutz, GK-BetrVG, § 58 Rz 8; Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, aaO, § 58 Rz 4; Däubler/Kittner/Klebe, aaO, § 58 Rz 3). Im übrigen verkennt die Rechtsbeschwerde, daß die in Ziffer 2 der Konzernbetriebsvereinbarung genannten Zwecke nicht Regelungsgegenstand der Konzernbetriebsvereinbarung waren. Regelungsgegenstand war lediglich die Datenweitergabe und das dabei einzuhaltende Verfahren. Die in § 2 genannten Regelungszwecke beschreiben lediglich den sachlichen Geltungsbereich der Konzernbetriebsvereinbarung, d.h., zu welchen Zwecken die Datenweitergabe aufgrund dieser Konzernbetriebsvereinbarung nur zulässig sein soll.
Steckhan Schmidt Düwell
G. Kleinke Seiler
Fundstellen
Haufe-Index 441042 |
BAGE 00, 00 |
BAGE, 36 |
BB 1996, 1620 |
BB 1996, 1620 (L1) |
BB 1996, 164 |
BB 1996, 2686 |
BB 1996, 2686-2687 (LT1) |
DB 1996, 1985 (LT1) |
DStR 1996, 881 (K) |
BetrR 1996, Nr 5, 122-123 (LT1) |
BetrVG, (1) (LT1) |
ARST 1996, 198-199 (LT1) |
CR 1996, 542-545 (LT1) |
NZA 1996, 945 |
NZA 1996, 945-948 (LT1) |
RdA 1996, 319 (L1) |
AP § 58 BetrVG 1972 (LT1), Nr 1 |
AR-Blattei, ES 530.12.1 Nr 7 (LT1) |
ArbuR 1996, 374 (L1) |
EzA-SD 1996, Nr 16, 8-10 (LT1) |
EzA § 58 BetrVG 1972, Nr 1 (LT1) |
Mitbestimmung 1996, Nr 12, 60 (LT1) |
RDV 1996, 249-251 (LT1) |
RDV 1996, 41 (ST) |