Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorrang des Tarifvertrags und abschließende Regelung durch Tarifvertrag in der betrieblichen Altersversorgung. Reichweite des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats in der betrieblichen Altersversorgung. Fortführung der Senatsrechtsprechung 16. Februar 1993 – 3 ABR 29/92 – BAGE 72, 229. Betriebliche Altersversorgung. Betriebsverfassungsrecht. Tarifrecht
Leitsatz (amtlich)
Im Rahmen des Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG besteht kein Recht des Betriebsrats, bei der Auswahl der “Versorgungseinrichtung” mitzubestimmen. Wählt der Arbeitgeber den Durchführungsweg “Direktversicherung”, so gehört auch die Auswahl des Versicherungsunternehmens zu den mitbestimmungsfreien Entscheidungen des Arbeitgebers.
Orientierungssatz
- Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG erstreckt sich im Bereich der betrieblichen Altersversorgung nicht auf die Entscheidungen darüber, ob eine betriebliche Altersversorgung eingerichtet wird, welche finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt werden, welcher Personenkreis begünstigt und welcher Durchführungsweg beschritten werden soll. Auch die Auswahl des Versorgungsträgers steht wegen des engen Zusammenhangs mit dem Finanzierungsaufwand und dem Risiko des einstandspflichtigen Arbeitgebers in dessen alleiniger Entscheidung.
- Bei der von ihm finanzierten betrieblichen Altersversorgung kann der Arbeitgeber frei darüber entscheiden, ob er nur eine betriebliche Alterversorgung im engeren Sinn oder auch eine Invaliden- und Hinterbliebenenversorgung zusagt und ob er dem Arbeitnehmer ein Wahlrecht zwischen Renten- und Kapitalleistung einräumt.
- Der TV Altersvorsorge NRW erweitert die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nicht. Die Entscheidung über die Versorgungseinrichtung und damit auch die Auswahl des Versicherers bei einer Direktversicherung überlässt § 2 Ziff. 1 Satz 4 TV Altersvorsorge NRW ausdrücklich dem Arbeitgeber. § 2 Ziff. 2 TV Altersvorsorge NRW stellt nur eine Auffanglösung dar, wenn der Arbeitgeber keine Wahl trifft.
Normenkette
ZPO § 256; BetrVG § 87 Abs. 1 Nrn. 8, 10; Tarifvertrag über die Förderung einer tariflichen Altersvorsorge Groß- und Außenhandel Nordrhein-Westfalen vom 19. September 2000 (TV Altersvorsorge NRW) §§ 2-3, 7
Verfahrensgang
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1. gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 8. Mai 2002 – 10 TaBV 132/01 – wird zurückgewiesen.
Tatbestand
A. Die Beteiligten streiten um Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bei der Ausgestaltung der im “Tarifvertrag über die Förderung einer tariflichen Altersvorsorge” in Nordrhein-Westfalen vom 19. September 2000 (TV Altersvorsorge) vorgeschriebenen betrieblichen Altersversorgung.
Soweit hier von Interesse, enthält der TV Altersvorsorge folgende Regelungen:
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Grundsatz
Der Arbeitgeber kann den Arbeitnehmern/Arbeitnehmerinnen den Aufbau einer zusätzlichen Altersversorgung anbieten.
Der Aufbau einer zusätzlichen Altersversorgung kann durch eine betriebliche Versorgungseinrichtung (Pensionskasse, rückgedeckte, unmittelbare Versorgungszusage oder rückgedeckte Unterstützungskasse) oder durch die Mitgliedschaft in einer überbetrieblichen Pensionskasse oder rückgedeckten Unterstützungskasse erfolgen. Der Arbeitgeber kann auch Direktversicherungen abschließen.
Die Entscheidung über die angebotene Versorgungseinrichtung trifft der Arbeitgeber.
- Für den Fall, dass der Arbeitgeber keine Einrichtung gem. Ziff. 1 anbietet, hat der/die Arbeitnehmer/in Anspruch auf Anmeldung bei der Hamburger Pensionskasse von 1905 VVaG (HPK). Die Tarifvertragsparteien schließen hierzu eine entsprechende Rahmenvereinbarung ab.
§ 3
Altersvorsorge
1. Vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer/innen und Auszubildende haben Anspruch auf eine kalenderjährliche Einmalzahlung in Höhe von DM 312,-/Euro 159,52 (Altersvorsorgebetrag), die ausschließlich für Zwecke der Altersvorsorge verwendet werden muss.
§ 7
Rentenzahlung und Insolvenzsicherung
1. Die angebotene tarifliche Altersvorsorge muss neben weiteren möglichen Leistungsarten eine lebenslange Altersrente umfassen und einen an den/die Arbeitnehmer/in insolvenzsicher verpfändeten Anspruch im Wert der eingezahlten Beträge garantieren.”
Die Beteiligte zu 2. (Arbeitgeberin) ist ein tarifgebundenes Unternehmen des Groß- und Außenhandels mit ca. 800 Arbeitnehmern, davon mindestens 100 gewerkschaftlich organisiert. Im Januar 2001 entschloss sich die Arbeitgeberin zur Durchführung der TV Altersvorsorge bei der R + V Lebensversicherung AG den Gruppenversicherungsvertrag Nr. 6481 abzuschließen, der eine Direktversicherung mit aufgeschobener vorschüssiger Rentenzahlung, Beitragsrückgewähr und Garantiezeit für die Arbeitnehmer vorsieht. Die mit dem Beteiligten zu 1. (Betriebsrat) mit dem Ziel geführten Verhandlungen, dessen Einvernehmen zum Abschluss des R + V Gruppenversicherungsvertrages herzustellen, blieben ergebnislos. Der Betriebsrat sprach sich für eine Anmeldung zur Hamburger Pensionskasse von 1905 VVaG (HPK) aus und beschloss am 20. Februar 2001, die Verhandlungen für gescheitert zu erklären. Die Arbeitgeberin stellte daraufhin ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats in Abrede.
Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, sein Mitbestimmungsrecht sei durch den TV Altersvorsorge nicht ausgeschlossen, weil dieser keine abschließende Regelung enthalte. Jedenfalls der Verteilungsplan sei mitbestimmungspflichtig. Leistungskatalog und Leistungsumfang variierten erheblich, je nach dem, ob die Versorgung durch eine Direktversicherung oder eine Pensionskasse erfolge. Bei identischer Beitragsbelastung biete die HPK zusätzliche und bessere Leistungen als die R + V Gruppenversicherung, zB eine Hinterbliebenenrente. Damit ergäben sich innerhalb des feststehenden Dotierungsrahmens für die einzelnen Arbeitnehmer Unterschiede bei den Leistungen der betrieblichen Altersversorgung.
Der Betriebsrat hat zuletzt beantragt
festzustellen, dass die Beantragung von Lebensversicherungen für alle Arbeitnehmer nach dem Gruppenversicherungsvertrag Nr. 6481 bei der R + V Versicherung durch die Arbeitgeberin gegen die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats verstoßen hat.
Hilfsweise hat er beantragt
festzustellen, dass die Bestimmung der Versorgungseinrichtung gem. § 2 des Tarifvertrages Altersvorsorge mitbestimmungspflichtig ist.
Äußerst hilfsweise hat er beantragt
festzustellen, dass der Leistungsplan bei dem Gruppenversicherungsvertrag der R + V Lebensversicherung mitbestimmungspflichtig ist.
Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge abzuweisen. Der Tarifvertrag bestimme ausdrücklich, dass die Entscheidung über die Auswahl der Versorgungseinrichtung dem Arbeitgeber allein zukomme. Dabei stehe dem Betriebsrat auch gesetzlich kein Mitbestimmungsrecht zu. Der TV Altersvorsorge regele die Höhe der von den Arbeitgebern aufzubringenden Beiträge in Form einer kalenderjährlichen Einmalzahlung. Dies sei eine abschließende Regelung, ohne dass tariflich auch eine bestimmte Leistung vorgesehen sei. Für eine Mitbestimmung des Betriebsrats bei den Verteilungsgrundsätzen sei kein Raum.
Das Arbeitsgericht hat die Anträge zurückgewiesen. Die Beschwerde des Betriebsrats blieb erfolglos. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat seine Anträge weiter.
Entscheidungsgründe
B. Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Das vorliegende Verfahren betrifft eine ausschließlich arbeitgeberfinanzierte betriebliche Altersversorgung. Bei ihr besteht in keiner der durch die Anträge angesprochenen Fragen ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. Soweit der TV Altersvorsorge diese Fragen nicht bereits selbst regelt, kann der Arbeitgeber hierüber frei entscheiden.
- Die Anträge sind zulässig. Das nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse liegt vor. Der Streit zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber über Bestand, Inhalt und Umfang eines Mitbestimmungsrechts kann im Wege eines allgemeinen Feststellungsverfahrens geklärt werden (BAG 12. Januar 1988 – 1 ABR 54/86 – AP ArbGG 1979 § 81 Nr. 8 = EzA BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 26; 2. April 1996 – 1 ABR 47/95 – BAGE 82, 349, 355 f.). Mit dem Hauptantrag erstrebt der Betriebsrat keine nur vergangenheitsbezogene Feststellung (BAG 19. Juni 2001 – 1 ABR 43/00 – BAGE 98, 60, 63). Dies könnte nur bei einem unzutreffenden, eng am Wortlaut bleibenden Verständnis des Antrages angenommen werden. Er zielt jedoch wie die beiden Hilfsanträge darauf, das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Umsetzung des TV Altersvorsorge durch die Arbeitgeberin feststellen zu lassen, um dann entweder, falls die Arbeitgeberin an ihren Versorgungsabsichten festhält, das Mitbestimmungsverfahren bis zur Einigungsstelle durchzuführen oder der Auffanglösung des Tarifvertrages, Anmeldung bei der HPK nach § 2 Ziff. 2 TV Altersvorsorge, Geltung zu verschaffen.
Hauptantrag wie Hilfsanträge sind jedoch unbegründet. Dem Betriebsrat stehen die geltend gemachten Mitbestimmungsrechte nicht zu.
1. Im vorliegenden Verfahren kommt nur ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG in Betracht. Es soll die Angemessenheit und Durchsichtigkeit des innerbetrieblichen Lohngefüges und die Wahrung der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit sichern (st. Rspr. des BAG; vgl. ua. Großer Senat 3. Dezember 1991 – GS 2/90 – BAGE 69, 134, 158; 15. Mai 2001 – 1 ABR 39/00 – BAGE 97, 379, 384). Der Arbeitgeber entscheidet jedoch grundsätzlich frei darüber, ob, in welchem Umfang und für welchen Zweck er zusätzliche Leistungen erbringen will (vgl. ua. BAG 13. Januar 1987 – 1 ABR 51/85 – BAGE 54, 79, 85; 18. Oktober 1994 – 1 ABR 17/94 – AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 70 = EzA BetrVG 1972 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 47, zu B II 2b der Gründe). Dies gilt auch für eine arbeitgeberfinanzierte betriebliche Altersversorgung. Aus den allgemeinen Grundsätzen hat der Senat hergeleitet, dass sich das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nicht auf die Entscheidungen darüber erstreckt, ob eine betriebliche Altersversorgung eingerichtet wird, welche finanziellen Mittel dafür der Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen hat, welcher Personenkreis begünstigt werden soll, welcher Durchführungsweg beschritten und welcher Versorgungsträger ausgewählt wird (vgl. ua. 18. März 1976 – 3 ABR 32/75 – AP BetrVG 1972 § 87 Altersversorgung Nr. 4, zu II B 2b der Gründe; 16. Februar 1993 – 3 ABR 29/92 – BAGE 72, 229, 233 f.). Die Festlegung des begünstigten Personenkreises hängt eng mit dem Zweck der Leistung zusammen. Die Wahl des Durchführungsweges und des Versorgungsträgers – bei einer Direktversicherung die Auswahl des Versicherungsunternehmens – beeinflusst nicht nur den Finanzierungsaufwand, sondern auch die Risiken der einstandspflichtigen Arbeitgeber. Sie entscheiden, sofern keine tarifliche Regelung besteht, frei darüber, welchen Risiken sie sich aussetzen wollen. Dementsprechend legen sie auch fest, welche Versorgungsrisiken (Alter, Invalidität, Tod) sie abdecken wollen. Da die Entscheidung zwischen Renten- und Kapitalleistung sowohl den Zweck der Leistung als auch die übernommenen Risiken betrifft, ist sie ebenfalls grundsätzlich mitbestimmungsfrei.
2. Durch den TV Altersvorsorge werden zwar Regelungen im Bereich des Entscheidungsspielraumes der Arbeitgeber getroffen, jedoch nicht gleichzeitig die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats im Verhältnis zur Gesetzeslage erweitert.
a) Nach dem TV Altersvorsorge haben die tarifgebundenen Arbeitnehmer gegen die tarifgebundene Arbeitgeberin Anspruch auf eine zusätzliche Altersversorgung (§ 2 Ziff. 2 iVm. Ziff. 1 TV Altersvorsorge). Die Arbeitgeberin hat kalenderjährlich dafür pro Arbeitnehmer mindestens die Einmalzahlung iHv. 312,00 DM als Altersvorsorgebetrag aufzuwenden (§ 3 Ziff. 1 Satz 1 TV Altersvorsorge). Damit sind das Ob, die Höhe der aufzuwendenden Mittel und der Kreis der begünstigten Arbeitnehmer bestimmt.
b) Der TV Altersvorsorge belässt der Arbeitgeberin die Entscheidung über den Durchführungsweg und die Auswahl des Versorgungsträgers. Mit den Durchführungswegen befassen sich § 2 Ziff. 1 Sätze 2 und 3 TV Altersvorsorge. Nach diesen Regelungen “kann” die Arbeitgeberin jeden der früher gängigen Versorgungswege (Direktzusage, Unterstützungskasse, Pensionskasse, Direktversicherung) beschreiten. Der TV Altersvorsorge begrenzt die Entscheidungsfreiheit des Arbeitgebers nur insoweit, als bei der unmittelbaren Versorgungszusage (Direktzusage) und bei der Abwicklung über eine Unterstützungskasse zur Absicherung der versorgungsberechtigten Arbeitnehmer eine Rückdeckung verlangt wird. Eine Erweiterung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats ist damit nicht verbunden. Die Entscheidung über die Versorgungseinrichtung und damit auch die Auswahl des Versicherers bei einer Direktversicherung überläßt § 2 Ziff. 1 Satz 4 TV Altersvorsorge ausdrücklich der Arbeitgeberin. Nur für den Fall, dass sie eine eigene tarifgerechte Bestimmung nicht trifft, räumt § 2 Ziff. 2 TV Altersvorsorge den Arbeitnehmern einen Anspruch auf Anmeldung bei der HPK ein. Diese Auffanglösung schmälert nicht die Entscheidungsfreiheit der Arbeitgeberin und erweitert nicht das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats.
c) Die Rechtsnormen des TV Altersvorsorge enthalten an keiner Stelle betriebliche oder betriebsverfassungsrechtliche Regelungen. Die Beteiligung des Betriebsrats wird nicht erwähnt. Einzig der Hinweis auf das Alleinentscheidungsrecht des Arbeitgebers über die von ihm anzubietende Versorgungseinrichtung in § 2 Ziff. 1 Satz 4 TV Altersvorsorge spricht indirekt die Frage der Betriebsratsbeteiligung an. Dabei orientiert sich die tarifliche Regelung aber auch insoweit an § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG, dh. es wird gerade nicht geregelt, dass der Betriebsrat ausnahmsweise bei der Wahl der Versorgungseinrichtung, die der Erfüllung des TV Altersvorsorge dienen soll, zu beteiligen wäre oder gar mitzubestimmen hätte. Daher kommt es auch auf die Frage, ob und in welchem Umfang dies möglich wäre, vorliegend nicht an (BAG 10. Februar 1988 – 1 ABR 70/86 – BAGE 57, 317, 323 ff.; 18. August 1987 – 1 ABR 30/86 – BAGE 56, 18, 32 ff.).
3. Auch die übrigen durch die Rechtsbeschwerde aufgeworfenen Fragen werden entweder nicht durch Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats erfaßt oder durch den TV Altersvorsorge selbst abschließend geregelt.
a) Zutreffend und insoweit auch von der Rechtsbeschwerde unbeanstandet hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass der Abschluss eines Gruppen-Lebensversicherungsvertrages zu Gunsten der Arbeitnehmer eine Frage der betrieblichen Lohngestaltung ist und sich somit Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats allein aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG ergeben, nicht jedoch aus § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG, was die Schaffung einer betrieblichen Sozialeinrichtung voraussetzte (BAG 18. März 1976 – 3 ABR 32/75 – AP BetrVG 1972 § 87 Altersversorgung Nr. 4; 16. Februar 1993 – 3 ABR 29/92 – BAGE 72, 229).
b) Entgegen der von der Rechtsbeschwerde mit dem ersten Hilfsantrag verfolgten Auffassung besteht im Rahmen des Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG kein Recht des Betriebsrats, bei der Auswahl der “Versorgungseinrichtung” mitzubestimmen. Hat wie hier die Arbeitgeberin frei, also weder durch tarifliche noch gesetzliche Mitbestimmungsregelungen eingeschränkt, über den Durchführungsweg “Direktversicherung” entschieden, so gehört die Auswahl des Versicherungsunternehmens, mit dem sie diese Lebensversicherungsverträge abschließt, nicht zu den mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Die Entscheidung zur Auswahl des Versicherungsunternehmens berührt im Grundsatz keine Fragen der Lohngestaltung. Solange der Verteilungsplan und die Beitragsbelastungen der Arbeitnehmer unberührt bleiben, ist selbst der Wechsel der Versicherungsgesellschaft nicht mitbestimmungspflichtig (BAG 16. Februar 1993 – 3 ABR 29/92 – BAGE 72, 229, zu II 1c der Gründe). Abgesehen davon beanstandet der Betriebsrat mit seinen Anträgen nicht die Auswahl des Versicherungsunternehmens innerhalb des Durchführungsweges “Direktversicherung”, sondern er will einen anderen Durchführungsweg (HPK als Pensionskasse) durchsetzen und bewegt sich damit sowieso im Bereich nicht mitbestimmter Angelegenheiten.
c) Wie sich eine Beteiligung der Arbeitnehmer an der Aufbringung der Beiträge oder die optional im TV Altersvorsorge vorgesehene Entgeltumwandlung auf die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats auswirkt, ist nach dem vorliegenden Streitgegenstand nicht zu entscheiden.
d) Auch ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats über den “Leistungsplan”, wie durch den zweiten Hilfsantrag angesprochen, kommt vorliegend nicht in Betracht. Mit dem Leistungsplan meint der Betriebsrat folgende Fragen: Art der Versorgungsleistungen, insbesondere Gewährung oder Nichtgewährung einer Hinterbliebenenversorgung, Aufteilung der Beiträge auf die Alters-, Invaliden- und Hinterbliebenenversorgung, Möglichkeit der Kapitalisierung, Aufteilung der Überschussanteile auf die Alters-, Invaliden- und Hinterbliebenenversorgung, Verwendung der Überschussanteile, insbesondere Auszahlung und anderweitige Verwendung. Soweit der TV Altersvorsorge diese Fragen nicht selbst regelt, entscheidet der Arbeitgeber hierüber frei. Die durch § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG geschützte innerbetriebliche Lohngerechtigkeit ist nicht angesprochen. Alle anspruchsberechtigten Arbeitnehmer können verlangen, dass die Arbeitgeberin für die Altersversorgung kalenderjährlich den Betrag von 312,00 DM aufbringt. Sie erhalten auf Grund des Gruppenversicherungsvertrages entsprechende Altersrenten. Die Gewährung einer lebenslangen Altersrente trägt dem § 7 Ziff. 1 TV Altersvorsorge Rechnung. Diese Vorschrift sieht keine Kapitalisierung vor. Neben Altersrenten sind zwar weitere Leistungsarten möglich. Ob der Arbeitgeber aber eine Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung schafft, steht ihm frei. Die Zahlungen des Arbeitgebers müssen nach § 3 Ziff. 1 TV Altersvorsorge “ausschließlich für Zwecke der Altersvorsorge” verwendet werden. Dies gilt auch für die Überschussanteile. Eine Auszahlung oder anderweitige Verwendung wäre mit diesem Gebot nicht zu vereinbaren.
e) Entgegen der Ansicht des Betriebsrats ist es unerheblich, wie die HPK die Versorgung ausgestaltet hat. Die von der Arbeitgeberin angebotene Direktversicherung muss nicht die gleichen Leistungen wie die HPK aufweisen. Das verlangt § 7 Ziff. 1 TV Altersvorsorge nicht. Aus dem TV Altersvorsorge ergibt sich das Gegenteil: Bei § 2 Ziff. 2 TV Altersvorsorge handelt es sich nur um eine Auffangregelung. Sie greift subsidiär für den Fall ein, dass der tarifgebundene Arbeitgeber von sich aus kein ausreichendes Versorgungsangebot macht. Weder dem Wortlaut noch der Systematik des TV Altersvorsorge ist eine Verknüpfung der Inhalte des § 2 Ziff. 2 (Auffangregelung) mit § 2 Ziff. 1 (primäres Alleinentscheidungsrecht des Arbeitgebers) zu entnehmen.
Unterschriften
Kremhelmer, Bepler, Breinlinger, D. Offergeld, H. Frehse
Fundstellen
Haufe-Index 1123471 |
BAGE 2005, 112 |
DB 2004, 883 |
EWiR 2004, 417 |
FA 2004, 185 |
NZA 2004, 1344 |
SAE 2004, 161 |
ZIP 2004, 922 |
AP, 0 |
EzA-SD 2004, 23 |
EzA |
ArbRB 2004, 137 |
RdW 2004, 535 |
BAGReport 2004, 152 |
www.judicialis.de 2003 |