Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifvertrag. Nachwirkung. Bestehen eines Ausbildungsverhältnisses während der Laufzeit des Tarifvertrages. nahtlose Übernahme des Auszubildenden in ein Arbeitsverhältnis im Nachwirkungszeitraum
Leitsatz (amtlich)
Die Nachwirkung eines Tarifvertrages für Angestellte erfasst das Arbeitsverhältnis eines Angestellten, das während der Laufzeit des Tarifvertrages als Ausbildungsverhältnis bestanden hat und ohne zeitliche Unterbrechnung im Nachwirkungszeitraum als Arbeitsverhältnis fortgeführt worden ist (so schon BAG 19. Januar 1962 – 1 AZR 147/61 – BAGE 12, 194; 28. Januar 1987 – 5 AZR 323/86 – AP TVG § 4 Nachwirkung Nr. 16 = EzA TVG § 4 Nachwirkung Nr. 8).
Orientierungssatz
Endet ein während der Laufzeit eines Tarifvertrages begründetes Ausbildungsverhältnis im Nachwirkungszeitraum dieses Tarifvertrages (hier: Urlaubsgeld- und Zuwendungstarifverträge) und schließt sich daran nahtlos ein Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber an, so gilt der nachwirkende Tarifvertrag für dieses Arbeitsverhältnis, weil lediglich ein Statuswechsel in dem während der Laufzeit des Tarifvertrages begründeten Rechtsverhältnis vorliegt.
Normenkette
TVG § 4 Abs. 5; BayPVG Art. 9 Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision des beklagten Freistaats gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 6. November 2006 – 6 Sa 1168/05 – wird zurückgewiesen.
2. Der beklagte Freistaat hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über Ansprüche auf eine tarifliche Zuwendung und ein tarifliches Urlaubsgeld für Angestellte der Länder.
Auf der Grundlage des Ausbildungsvertrages vom 13. Juni 2001 absolvierte die am 19. Januar 1981 geborene Klägerin ab 1. September 2001 bei dem an den BAT (in der TdL-Fassung) bzw. an den TVL und die diese ergänzenden Tarifverträge gebundenen beklagten Freistaat (nachfolgend: Beklagter) an der Technischen Universität München (TUM) eine Ausbildung zur Fachinformatikerin Fachrichtung Anwendungsentwicklung. Ab Juli 2002 war die der Gewerkschaft ver.di angehörende Klägerin Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung der TUM in G…, deren Vorsitzende sie war.
Mit Schreiben vom 15. Dezember 2003 beantragte die Klägerin gem. Art. 9 Abs. 2 BayPVG die Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis im Anschluss an ihre Ausbildung. Das bis zum 31. August 2004 befristete Ausbildungsverhältnis endete mit dem erfolgreichen Bestehen der Abschlussprüfung durch die Klägerin am 26. Januar 2004. Danach wurde sie nahtlos vom Beklagten an der TUM weiterbeschäftigt. Nach zwischenzeitlichen erfolglosen Bemühungen des Beklagten um die Beschäftigung der Klägerin an einem anderen Arbeitsplatz übersandte der Beklagte nach Zustimmung der Personalvertretung zu der Weiterbeschäftigung der Klägerin einen auf den 22. April 2004 datierten schriftlichen Arbeitsvertrag, nach welchem die Klägerin “ab 27.01.2004 auf unbestimmte Zeit als vollbeschäftigte Angestellte an der Technischen Universität München – Produktionstechnisches Anwenderzentrum für den Mittelstand – eingestellt” wurde. Dessen § 2 lautet:
“Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung. Außerdem finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung. Der gekündigte Tarifvertrag über die Zuwendung für Angestellte vom 12. Oktober 1973 sowie der gekündigte Tarifvertrag über ein Urlaubsgeld für Angestellte vom 16. März 1977 finden keine Anwendung.”
Die Kündigung der vorgenannten Tarifverträge vom 12. Oktober 1973 (nachfolgend: ZuwendungsTV) und 16. März 1977 (nachfolgend: UrlaubsgeldTV) war zum 31. Juli 2003 erfolgt.
Die in der Folgezeit entsprechend diesem Vertragsinhalt weiterbeschäftigte Klägerin unterzeichnete den Vertrag undatiert mit dem handschriftlichen Zusatz oberhalb ihrer Unterschrift:
“Den Arbeitsvertrag nehme ich unter dem Vorbehalt an, dass für mich die Tarifverträge zu Urlaubsgeld und Zuwendung weitergelten.”
und sandte ihn an den Beklagten, bei dem er am 2. Juni 2004 einging. In seinem Schreiben an die Klägerin vom 3. Juni 2004 führte der Beklagte ua. Folgendes aus:
“…
Sie haben o.g. Arbeitsvertrag mit dem Vorbehalt unterschrieben, dass für Sie die Tarifverträge zu Urlaubsgeld und Zuwendung weitergelten. Dieses nehmen wir zur Kenntnis.
Das Bayerische Staatsministerium für Finanzen hat mit einem Schreiben vom 13.08.2003 zur Kündigung der Zuwendungs- und Urlaubsgeldtarifverträge festgelegt, dass die Tarifverträge über eine Zuwendung und ein Urlaubsgeld bei einem Statuswechsel vom Auszubildenden zum Arbeitnehmer nicht zu vereinbaren sind. An diese Festlegung sind wir gebunden.
…”
Mit Schreiben vom 9. Juni 2004 bat der Beklagte die Klägerin im Nachgang zu seinem Schreiben vom 3. Juni 2004 um schriftliche Rückäußerung, “ob Sie mit den Regelungen des Arbeitsvertrages vom 22.04.04 einverstanden” sei. Darauf antwortete die Klägerin nicht. Der Beklagte gewährte der als Angestellte nach der VergGr. VIb vergüteten Klägerin für das Jahr 2004 weder ein Urlaubsgeld noch eine Zuwendung. Die Klägerin ist der Ansicht, sie habe auf diese Leistungen Anspruch. Ihre vorgerichtliche Geltendmachung dieser Ansprüche blieb erfolglos. Mit ihrer Klage erstrebt die Klägerin die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von Urlaubsgeld in Höhe von 332,34 Euro brutto sowie der Zuwendung in Höhe von 1.875,22 Euro brutto. Der Höhe nach sind diese Ansprüche zwischen den Parteien unstreitig.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, zwar erstrecke sich die Nachwirkung von Tarifverträgen im Allgemeinen nicht auf Arbeitsverhältnisse, die im Nachwirkungszeitraum neu begründet worden seien. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts erfasse die Nachwirkung aber solche Arbeitsverhältnisse, die während der Laufzeit des Tarifvertrages als Ausbildungsverhältnisse bestanden hätten und erst im Nachwirkungszeitraum zu Angestelltenverhältnissen geworden seien. Die Anwendbarkeit der gekündigten Tarifverträge über Zuwendung und Urlaub für Angestellte sei auf Grund ihres Vorbehalts nicht wirksam abbedungen worden.
Die Klägerin hat beantragt:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 332,34 Euro brutto zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 30. Juni 2004.
2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.875,22 Euro brutto zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2004.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, die Nachwirkung von Tarifverträgen erstrecke sich nicht auf Arbeitsverhältnisse, die erst im Nachwirkungszeitraum begründet worden seien. Dies gelte auch für den Fall, dass während der Laufzeit des nachwirkenden Tarifvertrages ein Ausbildungsverhältnis bestanden habe, das erst in der Nachwirkungszeit ein Angestelltenverhältnis geworden sei. Denn die von der Klägerin herangezogenen Tarifverträge könnten nicht auf ein Arbeitsverhältnis nachwirken, das als Ausbildungsverhältnis diesen Regeln niemals unterworfen gewesen sei, sondern allein den Regelungen über ein Urlaubsgeld bzw. eine Zuwendung für Auszubildende. Zudem seien die Ansprüche auf Urlaubsgeld und eine Zuwendung individualrechtlich abbedungen worden. Der von ihm am 22. April 2004 ausgefertigte Arbeitsvertrag sei bei ihm erst am 2. Juni 2004 eingegangen, so dass bereits nach den Umständen von einer Zustimmung der Klägerin zu diesem Vertrag in seiner ursprünglichen Fassung ausgegangen werden könne. Selbst wenn man die Annahme der Klägerin unter Vorbehalt als ein neues Angebot ansehe, sei er – der Beklagte – angesichts der nachfolgenden Schreiben vom 3. und 9. Juni 2004 darauf nicht eingegangen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit seiner Revision erstrebt der Beklagte die Abweisung der Klage. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Beklagten ist nicht begründet.
I. Mit Recht und mit im Wesentlichen zutreffender Begründung haben die Vorinstanzen der Klage stattgegeben.
1. Die Klägerin hat für 2004 nach dem UrlaubsgeldTV Anspruch auf Zahlung von Urlaubsgeld in Höhe von 332,34 Euro brutto und nach dem ZuwendungsTV auf eine Zuwendung von 1.875,22 Euro brutto.
a) Diese zum 31. Juli 2003 gekündigten Tarifverträge erfassen nachwirkend nach § 4 Abs. 5 TVG das Arbeitsverhältnis der Parteien, die Mitglieder der Tarifvertragsparteien des UrlaubsgeldTV und des ZuwendungsTV sind (§ 3 Abs. 1 TVG).
aa) Allerdings erstreckt sich die Nachwirkung nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nur auf solche Arbeitsverhältnisse, die bereits zur Geltung des Tarifvertrages bestanden haben (zB 6. Juni 1958 – 1 AZR 515/57 – BAGE 6, 90; 13. Juni 1958 – 1 AZR 591/57 – BAGE 6, 31; 19. Januar 1962 – 1 AZR 147/61 – BAGE 12, 194 = AP TVG § 5 Nr. 11 mit Anm. Nikisch; 15. Februar 1965 – 5 AZR 347/64 – BAGE 17, 90; 29. Januar 1975 – 4 AZR 218/74 – BAGE 27, 22; 28. Januar 1987 – 5 AZR 1/86 –; 28. Januar 1987 – 5 AZR 323/86 – AP TVG § 4 Nachwirkung Nr. 16 = EzA TVG § 4 Nachwirkung Nr. 8; 22. Juli 1998 – 4 AZR 403/97 – BAGE 89, 241; 7. November 2001 – 4 AZR 703/00 – BAGE 99, 283; 11. Juni 2002 – 1 AZR 390/01 – BAGE 101, 288; 2. März 2004 – 1 AZR 271/03 – BAGE 109, 369; 19. August 2004 – 8 ABR 40/03 –; zustimmend das bei Däubler/Bepler TVG 2. Aufl. § 4 Fn. 2244 zitierte Schrifttum; ablehnend Däubler/Bepler § 4 Rn. 814 f. mwN). Um ein solches Arbeitsverhältnis handelt es sich hier, obwohl die Klägerin bis zur Kündigung des UrlaubsgeldTV und des ZuwendungsTV zum 31. Juli 2003 noch in einem Ausbildungsverhältnis stand und das Arbeitsverhältnis, aus welchem sie die streitigen Ansprüche herleitet, noch nicht begründet war. Denn die Nachwirkung erfasst auch solche Arbeitsverhältnisse, die während der Laufzeit als Ausbildungsverhältnisse bestanden haben und ohne zeitliche Unterbrechung erst in der Nachwirkungszeit zu Arbeitsverhältnissen geworden sind. Auch in vergleichbaren Regelungszusammenhängen wird das Ausbildungsverhältnis in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, – welche bei der Frage, ob ein Ausbildungsverhältnis und ein Anschlussarbeitsverhältnis als Einheit zu betrachten sind, auf die zu entscheidende Rechtsmaterie sowie den Zweck und den Zusammenhang der Rechtsnormen abstellt (20. August 2003 – 5 AZR 436/02 – BAGE 107, 172) –, als Zeit des Arbeitsverhältnisses mitberücksichtigt. So ist die Dauer der Ausbildung auf die Wartezeit des § 4 BUrlG anzurechnen (BAG 29. November 1984 – 6 AZR 238/82 – BAGE 47, 268). Die Zeit des Ausbildungsverhältnisses zählt für die Dauer der Kündigungsfrist mit, wenn der Auszubildende im Anschluss an die Ausbildung nahtlos weiterbeschäftigt worden ist (BAG 2. Dezember 1999 – 2 AZR 139/99 – AP BGB § 622 Nr. 57 = EzA BGB § 622 nF Nr. 60). Auch für die Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG ist das Berufsausbildungsverhältnis einem Arbeitsverhältnis zumindest gleichzustellen (BAG 17. Mai 2001 – 2 AZR 10/00 – BAGE 98, 19). Auch beginnt bei Übernahme des Auszubildenden in ein Arbeitsverhältnis im Anschluss an das Berufsausbildungsverhältnis keine neue Wartezeit gem. § 3 Abs. 3 EFZG für die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle (BAG 20. August 2003 – 5 AZR 436/02 – aaO). Dementsprechend hat das Bundesarbeitsgericht bereits mit Urteil vom 19. Januar 1962 (– 1 AZR 147/61 – aaO) die Auffassung vertreten, dass ein während der Geltung des Tarifvertrages bestehendes Ausbildungsverhältnis – damals “Lehrverhältnis” – erst im Nachwirkungszeitraum zu einem “Angestelltenverhältnis”, also Arbeitsverhältnis, “umgewandelt” worden sei, bedeute keine erst im Nachwirkungszeitraum vorgenommene Neueinstellung des Arbeitnehmers, die dazu zwinge, die nachwirkende Geltung eines Tarifvertrages für das Arbeitsverhältnis auszuschließen. Es handele sich vielmehr um die Fortsetzung eines bereits während der Geltung des Tarifvertrages bestehenden Arbeitsverhältnisses in rechtlich geänderter Form (19. Januar 1962 – 1 AZR 147/61 – aaO). Da auch das Berufsausbildungsverhältnis ein Arbeitsverhältnis iSd. Tarifvertrages ist (Wiedemann/Thüsing TVG 7. Aufl. § 1 Rn. 395), spricht dies dafür, das Ausbildungsverhältnis bei Grundregeln des Tarifrechtes wie ein Arbeitsverhältnis zu behandeln. Um eine solche geht es bei der Frage, ob ein Arbeitsverhältnis von einem nachwirkenden Tarifvertrag erfasst wird.
Diese vom Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 28. Januar 1987 (– 5 AZR 323/86 – AP TVG § 4 Nachwirkung Nr. 16 = EzA TVG § 4 Nachwirkung Nr. 8) bestätigte Rechtsprechung hat im Schrifttum Zustimmung auch von denjenigen erfahren, die die Nachwirkung eines Tarifvertrages für nach Tarifende begonnene Arbeitsverhältnisse ablehnen (zB Nikisch Anm. AP TVG § 5 Nr. 11; BeckOK RGKU/Giesen § 4 TVG Rn. 64; Röger DB 2005, 1058 ff.). Die Behauptung des Beklagten, die in den genannten Entscheidungen vom Bundesarbeitsgericht vertretene Auffassung habe auf besonderen im vorliegenden Fall nicht gegebenen Umständen beruht, ist unzutreffend. Bezüglich der Entscheidung des Ersten Senats vom 19. Januar 1962 (– 1 AZR 147/61 – BAGE 12, 194) fehlen dafür darin jegliche Anhaltspunkte. Soweit der Fünfte Senat in der Entscheidung vom 28. Januar 1987 (– 5 AZR 323/86 – aaO) ausführt, das Ausbildungsverhältnis sei “hier sogar noch vor Aufkündigung der Vergütungsordnung schon wie ein Arbeitsverhältnis ausgestaltet” gewesen, handelt es sich um ein zusätzliches Argument für die vom Fünften Senat unabhängig davon vertretene Auffassung, der aufgekündigte Tarifvertrag wirke für solche Arbeitnehmer, die sich noch vor der Aufkündigung in einem Ausbildungsverhältnis befunden haben, das sich kraft der tariflichen Regelung erst im Nachwirkungszeitraum in ein Arbeitsverhältnis umwandele. Dass vorliegend das Arbeitsverhältnis im unmittelbaren Anschluss an das Berufsausbildungsverhältnis auf der gesetzlichen Regelung des Art. 9 Abs. 2 BayPVG beruht, rechtfertigt für die Frage der Nachwirkung keinen Unterschied.
bb) Vorliegend besteht zwischen den Parteien kein Streit darüber, dass das Ausbildungsverhältnis während der Laufzeit des UrlaubsgeldTV und des ZuwendungsTV bestand und sich ihr Arbeitsverhältnis ohne zeitliche Unterbrechung an das beendete Ausbildungsverhältnis anschloss.
b) Die sich aus der Geltung der nachwirkenden Tarifverträge über Urlaubsgeld und Zuwendung ergebenden Ansprüche der Klägerin sind nicht durch eine andere Abmachung iSv. § 4 Abs. 5 TVG abbedungen worden. Eine solche ist nicht getroffen worden.
aa) Der bereits zuvor formlos zustande gekommene Arbeitsvertrag hat nicht dadurch den Inhalt des Vertragsangebotes des Beklagten vom 22. April 2004 erhalten, dass die Klägerin nach dessen Zugang zunächst etwas mehr als einen Monat ihre Leistung beim Beklagten erbracht hat. Zwar kann nach § 151 Satz 1 BGB ein Vertrag durch die Annahme des Antrages zustande kommen, ohne dass die Annahme dem Antragenden gegenüber erklärt zu werden braucht, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Antragende auf sie verzichtet hat. Diese Voraussetzungen der stillschweigenden Annahme des Angebots des Beklagten durch die Klägerin liegen aber nicht vor. Denn der Beklagte, der der Klägerin erst knapp drei Monate nach der am 27. Januar 2004 erfolgten Begründung des Arbeitsverhältnisses ein schriftliches Vertragsangebot unterbreitet hat, ist nicht von der stillschweigenden Annahme seines – für die Klägerin nicht ausschließlich vorteilhaften – Angebotes durch deren Weiterarbeit ausgegangen. Er ist der am 2. Juni 2004 erfolgten Ablehnung seines Angebotes durch dessen Annahme unter Einschränkungen (§ 150 Abs. 2 BGB) nicht mit der Erklärung entgegengetreten, der Arbeitsvertrag sei mit dem Inhalt seines Vertragsangebotes bereits durch die Weiterarbeit der Klägerin zustande gekommen, sondern hat der Klägerin zunächst mit Schreiben vom 3. Juni 2004 mitgeteilt, er nehme ihren Vorbehalt betreffend Urlaubsgeld und Zuwendung zur Kenntnis, und hat dann die Klägerin mit Schreiben vom 9. Juni 2004 um Rückäußerung gebeten, ob diese mit den Regelungen des Arbeitsvertrages vom 22. April 2004 einverstanden sei. Das belegt, dass nach den Umständen des Falles aus der eigenen Sicht des Beklagten eine ihm gegenüber erklärte Annahme seines Vertragsangebotes durch die Klägerin zu erwarten war und er darauf auch nicht verzichtet hat.
bb) Das Schweigen der Klägerin auf das Schreiben des Beklagten vom 9. Juni 2004 kann nach der vorherigen Ablehnung des Vertragsangebotes des Beklagten durch die Klägerin nicht als dessen Annahme unter Aufgabe des ausdrücklich erklärten Vorbehaltes gewertet werden.
c) Das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen der Tarifregelungen des UrlaubsgeldTV und des ZuwendungsTV nach Grund und Höhe für die von der Klägerin geforderten Zahlungen ist zwischen den Parteien nicht streitig.
2. Seine Verurteilung betreffend die Zinsansprüche greift der Beklagte nicht an.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Bepler, Wolter, Bott, Pfeil, J. Weßelkock
Fundstellen
Haufe-Index 2013587 |
BAGE 2009, 332 |
DB 2009, 800 |
EBE/BAG 2008, 116 |
FA 2008, 305 |
FA 2008, 316 |
FA 2009, 56 |
JR 2009, 396 |
NZA 2008, 886 |
ZTR 2008, 490 |
AP, 0 |
EzA-SD 2008, 20 |
EzA |
PersV 2008, 386 |
RiA 2009, 71 |
AUR 2008, 322 |
ArbRB 2008, 270 |
RdW 2008, 751 |
FSt 2009, 93 |
SPA 2008, 7 |