Entscheidungsstichwort (Thema)
Urlaubsvergütung im Freischichtenmodell
Leitsatz (amtlich)
- Für die Berechnung der Urlaubsvergütung im sog. Freischichtenmodell nach § 16 Nr. 1a Abs. 2 MTV-Metall NRW bleiben die Freischichttage unberücksichtigt (im Anschluß an das Urteil des 8. Senats vom 18. November 1988 BAGE 60, 163 = AP Nr. 27 zu § 11 BUrlG).
- Der tarifliche Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers im Freischichtenmodell nach dem MTV-Metall NRW ist entsprechend seiner Arbeitsverpflichtung in einem halben Jahr umzurechnen (Bestätigung und Fortführung des Senatsurteils vom 3. Mai 1994 – 9 AZR 165/91 – zur Veröffentlichung bestimmt).
Normenkette
BUrlG §§ 11, 1, 13; TVG §§ 1, 4; MTV für die Arbeiter, Angestellten und Auszubildenden in der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie NRW vom 29. Februar 1988 § 3 Nr. 1; MTV für die Arbeiter, Angestellten und Auszubildenden in der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie § 3 Nr. 10, § 4 Nrn. 1-2, 6, § 13 Nrn. 1, 4, § 14 Nr. 1, § 16 Nr. 1; MTV für die Arbeiter, Angestellten und Auszubildenden in der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie und i.d.F. des Änderungstarifvertrags vom 6. Mai 1990 §§ 1, 3; MTV für die Arbeiter, Angestellten und Auszubildenden in der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalens vom 29. Februar 1988 und i.d.F. des Änderungstarifvertrags vom 6. Mai 1990 § 4 Nrn. 1, 5
Verfahrensgang
LAG Düsseldorf (Urteil vom 11.09.1991; Aktenzeichen 15 Sa 708/91) |
ArbG Wuppertal (Urteil vom 16.05.1991; Aktenzeichen 2 Ca 1259/91) |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 11. September 1991 – 15 Sa 708/91 – aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 16. Mai 1991 – 2 Ca 1259/91 – wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe der Urlaubsvergütung der Klägerin im Jahr 1990.
Die Klägerin ist seit 1970 im Werk H… der Beklagten als Arbeiterin beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien ist kraft beiderseitiger Organisationszugehörigkeit der Manteltarifvertrag vom 29. Februar 1988 für die Arbeiter, Angestellten und Auszubildenden der metallverarbeitenden Industrie Nordrhein-Westfalens (MTV-Metall NRW 1988) in der jeweiligen Fassung anzuwenden. Darin ist u. a. bestimmt:
Ҥ 3
Dauer der regelmäßigen Arbeitszeit/Ausbildungszeit
Die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit ohne Pausen beträgt 37 1/2 Stunden, ab 1. April 1989 37 Stunden.
Die individuelle wöchentliche Arbeitszeit kann zwischen 37 und 39 1/2 Stunden, ab 1. April 1989 zwischen 36 1/2 und 39 Stunden betragen (Vollzeitbeschäftigte).
- …
Sofern in Betrieben oder in Betriebsteilen wegen der Eigenart ihrer Fertigung – die eine Unterbrechnung oder einen Aufschub nicht gestattet – vollkontinuierliche Betriebsweise erforderlich ist, wird vorderen Einführung von den Tarifvertragsparteien eine Ergänzungsvereinbarung abgeschlossen.
Soweit Betriebe oder Betriebsteile vor dem 1. April 1987 in vollkontinuierlicher Betriebsweise gearbeitet haben, werden während der Laufzeit des Tarifvertrages die Regelungen weiter wie bisher zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat durch Betriebsvereinbarung getroffen. Sie müssen sich an den tariflichen Bedingungen orientieren und sind den Tarifvertragsparteien zur Kenntnis zu bringen. Die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit ist nach Schichtplan, z. B. durch freie Tage/Freischichten zu erreichen.
Die Tarifvertragsparteien gehen davon aus, daß mit der tariflichen Regelung für vollkontinuierliche Betriebsweise die Fälle gemeint sind, für die Sonntags- und Feiertagsarbeit nach den gesetzlichen Bestimmungen zulässig sind.
§ 4
Verteilung der regelmäßigen Arbeitszeit/Ausbildungszeit
Die Arbeitszeit im Betrieb wird im Rahmen des Volumens, das sich aus der für den Betrieb nach § 3 Nr. 1 Abs. 1 festgelegten Arbeitszeit ergibt, durch Betriebsvereinbarung näher geregelt. …
…
Die individuelle wöchentliche Arbeitszeit sowie die regelmäßige wöchentliche Ausbildungszeit können gleichmäßig oder ungleichmäßig grundsätzlich auf fünf Werktage von Montag bis Freitag verteilt werden.
Eine davon abweichende Regelung kann nach Maßgabe der betrieblichen Erfordernisse unter angemessener Berücksichtigung der Belange der betroffenen Arbeitnehmer mit dem Betriebsrat vereinbart werden. Dabei soll der einzelne Arbeitnehmer in der Regel an nicht mehr als fünf Werktagen in der Woche beschäftigt werden.
Die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit kann auch ungleichmäßig auf mehrere Wochen verteilt werden. Sie muß jedoch im Durchschnitt von längstens sechs Monaten erreicht werden.
…
- …
- Aus Anlaß der Neufestlegung der Arbeitszeit wird die Auslastung der betrieblichen Anlagen und Einrichtungen nicht vermindert. Bei einer Differenz zwischen Betriebsnutzungszeit und der Arbeitszeit für die einzelnen Arbeitnehmer kann der Zeitausgleich auch in Form von freien Tagen erfolgen. Dabei muß zur Vermeidung von Störungen im Betriebsablauf eine möglichst gleichmäßige Anwesenheit der Arbeitnehmer gewährleistet sein. Bei der Festlegung der freien Tage sind die Wünsche der Arbeitnehmer zu berücksichtigen. Es dürfen nicht mehr als fünf freie Tage zusammengefaßt werden.
§ 13
Urlaubsdauer
- Der Urlaub beträgt für Arbeitnehmer/Auszubildende 30 Arbeitstage/Ausbildungstage.
- …
Arbeitstage/Ausbildungstage sind alle Kalendertage, an denen der Arbeitnehmer/Auszubildende in regelmäßiger Arbeitszeit zu arbeiten hat/in regelmäßiger Ausbildung steht.
Auch wenn die regelmäßige Arbeitszeit/Ausbildungszeit auf mehr oder weniger als fünf Tage in der Woche – ggf. auch im Durchschnitt mehrerer Wochen – verteilt ist, gelten fünf Tage je Woche als Arbeitstage/Ausbildungstage.
…
Arbeitnehmer im Betrieben, in denen in regelmäßiger Wechselschicht oder vollkontinuierlich gearbeitet wird, sowie Teilzeitbeschäftigte haben unter Beachtung der jeweiligen Schichtpläne einen Urlaubsanspruch, der dem Urlaub eines Arbeitnehmers entspricht, der im Einschichtbetrieb an fünf Tagen in der Woche regelmäßig beschäftigt wird.
- …
§ 14
Urlaubsvergütung
§ 16
Berechnung des regelmäßigen Arbeitsentgelts
…”
Mit Änderungstarifvertrag vom 6. Mai 1990 sind die §§ 3 und 4 des Manteltarifvertrages mit Wirkung vom 1. April 1990 (MTV- Metall NRW 1990) geändert. Die Vorschriften lauten seither auszugsweise wie folgt:
Ҥ 3
Dauer der regelmäßigen Arbeitszeit/Ausbildungszeit
Die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit ohne
Pausen beträgt |
37 Stunden, |
ab 1. 4.1993 |
36 Stunden, |
ab 1.10.1993 |
35 Stunden. |
- …
Soll für einzelne Arbeitnehmer die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit auf bis zu 40 Stunden Stunden verlängert werden, bedarf dies der Zustimmung des Arbeitnehmers.
…
Bei der Vereinbarung einer solchen Arbeitszeit bis zu 40 Stunden kann der Arbeitnehmer wählen zwischen
- einer dieser Arbeitszeit entsprechenden Bezahlung
- dem Ausgleich der Differenz zur tariflichen Arbeitszeit nach Nr. 1 durch einen oder mehrere große Freizeitblöcke im Laufe von 2 Jahren, bei Bezahlung der tariflichen Arbeitszeit. § 4 Nr. 5 bleibt hiervon unberührt.
…
§ 4
Verteilung der regelmäßige Arbeitszeit/Ausbildungszeit
Die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit sowie die regelmäßige wöchentliche Ausbildungszeit können gleichmäßig oder ungleichmäßig grundsätzlich auf 5 Werktage von Montag bis Freitag verteilt werden.
Eine davon abweichende Regelung kann nach Maßgabe der betrieblichen Erfordernisse unter angemessener Berücksichtigung der Belange der betroffenen Arbeitnehmer mit dem Betriebsrat vereinbart werden. Dabei soll der einzelne Arbeitnehmer in der Regel an nicht mehr als 5 Werktagen in der Woche beschäftigt werden.
Die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit kann auch ungleichmäßig auf mehrere Wochen verteilt werden. Sie muß jedoch im Durchschnitt werden. Sie muß jedoch im Durchschnitt von längstens sechs Monaten erreicht werden.
- …
- Aus Anlaß der Neufestlegung der Arbeitszeit wird die Auslastung der betrieblichen Anlagen und Einrichtungen nicht vermindert. Bei einer Differenz zwischen Betriebsnutzungszeit und der Arbeitszeit für die einzelnen Arbeitnehmer kann der Zeitausgleich auch in Form von freien Tagen erfolgen. Dabei muß zur Vermeidung von Störungen im Betriebsablauf eine möglichst gleichmäßige Anwesenheit der Arbeitnehmer gewährleistet sein. Bei der Festlegung der freien Tage sind die Wünsche der Arbeitnehmer zu berücksichtigen. Es dürfen nicht mehr als fünf freie Tage zusammengefaßt werden.
…”
Arbeitgeber und Betriebsrat des Werkes H… haben zur Verteilung der Arbeitszeit am 28. März 1988 mehrere Betriebsvereinbarungen abgeschlossen. Nach der Rahmenbetriebsvereinbarung Nr. 2/88 beträgt die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit der Beschäftigten ab 1. April 1989 37 Stunden. Nach der Rahmenbetriebsvereinbarung Nr. 4/88 über die Lage und Verteilung der Arbeitszeit und der Pausen umfaßt die tägliche betriebliche Arbeitszeit unabhängig von der individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von Montag bis Freitag jeweils acht Stunden. Die Differenz zwischen der betrieblichen Wochenarbeitszeit und der individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit wirddurch unbezahlte Freischichten oder freie Stunden ausgeglichen.
Die Klägerin hat im Jahr 1990 an 39 Tagen Urlaub gehabt. Die Beklagte hatte bei der Berechnung der Urlaubsvergütung für diese Tage die 37-Stunden-Woche zugrunde gelegt und 7,4 Stunden für den Urlaubstag vergütet.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte dürfe bei der Berechnung der Urlaubsvergütung lediglich die Tage berücksichtigen, an denen sie tatsächlich gearbeitet habe, nicht aber die unbezahlten Freischichten. Dann ergebe sich eine höhere Vergütung.
Sie hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 446,53 DM brutto zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Revision, während die Beklagte beantragt, die Revision zurückweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Urlaubsvergütung in der unstreitigen Höhe von 446,53 DM. Der Anspruch folgt aus den §§ 14 Nr. 1a, 16 Nr. 1a Abs. 2 MTV-Metall NRW 1988. Dabei kann offenbleiben, ob der Manteltarifvertrag für die Arbeiter, Angestellten und Auszubildenden in der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalens in Jahr 1988 insgesamt oder ob nur einzelne Vorschriften wieder in Kraft gesetzt worden sind (vgl. dazu im einzelnen Senatsurteil vom 8. November 1994 – 9 AZR 576/90 –, zur Veröffentlichung vorgesehen, zu A der Gründe).
I. Bei der Berechnung der Urlaubsvergütung sind für gewerbliche Arbeitnehmer, die wie die Klägerin mit Stundenentgelt entlohnt werden, 150 % des regelmäßigen Arbeitsentgelts zugrundezulegen, § 14 Nr. 1a MTV-Metall NRW 1988. Das regelmäßige Arbeitsentgelt nach § 16 Nr. 1a MTV-Metall NRW 1988 wird durch die Ermittlung eines Geld- und eines Zeitfaktors bestimmt. Der Geldfaktor nach § 16 Nr. 1a Abs. 1 MTV-Metall NRW 1988 ist unstreitig.
II. Der Zeitfaktor nach § 16 Nr. 1a MTV-Metall NRW 1988 wird durch einen Bruch ermittelt, der beim Urlaub 1/5 der individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit des Arbeitnehmers nach dem Durchschnitt der letzen abgerechneten drei Monate beträgt. Die Vorschrift wird durch eine Anweisung in eine, Klammersatz ergänzt.
Die Bedeutung der beiden Satzteile und ihr Verhältnis zueinander, insbesondere die Bestimmung der individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit und die Anzahl der Arbeitstage ist in der Rechtsprechung (Urteile des Achten Senats des BAG vom 18. November 1988 – 8 AZR 238/88 – BAGE 60, 163 = AP Nr. 27 zu § 11 BurlG, – 8 AZR 31/87 –, – 8 AZR 32/87 – und – 8 AZR 67/87 – alle nicht veröffentlicht sowie vom 16. November 1989 – 8 AZR 655/88 – nicht veröffentlicht, einerseits und Urteile des Fünften Senats des BAG vom 5. Oktober 1988 – 5 352/87 – BAGE 60, 14 = AP Nr. 80 zu § 1 LohnFG und vom 15. Mai 1991 – 5 AZR 440/90 – AP Nr. 21 zu § 2 LohnFG andererseits) und im Schrifttum (Leinemann, BB 1990, 201 und Ahrens, Anm. zu EzA § 1 LohnFG Nr. 118 einerseits sowie Buchner, Anm. zu EzA § 4 TVG Metallindustrie Nr. 54 und Ziepke, Kommentar zum Tarifvertrag vom 6.5.1990, § 4 Anm, 51 X, S. 138 bis 142 andererseits) umstritten.
1. Der früher für das Urlaubsrecht zuständige Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat die Auffassung vertreten, die für einen Arbeitnehmer verbindliche tägliche Arbeitszeit von acht Stunden verbunden mit einem Zeitausgleich für das Überschreiten der tariflichen Wochenarbeitszeit sei eine individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit im Sinne des damaligen § 2 Nr. 1 Abs. 2 MTV-Metall NRW. Inhalt der Berechnungsanweisung im Klammersatz sei, daß die tatsächlich geleisteten Stunden durch die Zahl der Arbeitstage zu teilen seien, die sich aus der Verteilung der individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ergeben. An freien Tagen habe der Arbeitnehmer nicht zu arbeiten. Demzufolge könne er auch nicht von der Arbeit durch Urlaubserteilung freigestellt werden. Die in einem sog. Freischichtenmodell von einem Arbeitnehmer zu leistenden Arbeitsstunden seien weder vorgeholt, noch seien sie “an sich” an einem freien Tag fällig. Demzufolge ergebe die Berechnung sowohl nach der 1/5-Regelung wie nach dem Klammersatz, daß der Arbeitnehmer an den Urlaubstagen Urlaubsvergütung für acht Stunden zu erhalten habe. Der Achte Senat hat seine Auslegung weiter auf § 3 Nr. 6 MTV-Metall NRW 1987 und auf § 11 Nr. 4 MTV-Metall 1980 gestützt. Widersprüche zwischen der 1/5-Regelung und dem Klammersatz verneinte der Achte Senat (a. A. Ziepke, Kommentar zum Tarifvertrag vom 3.7.1984 zur Änderung des Manteltarifvertrages vom 30.4.1980, § 3 Anm. 36).
2. Der erkennende Senat hält an dieser Rechtsprechung im Ergebnis fest.
a) Die individuelle regelmäßige Arbeitszeit der Klägerin umfaßte im Jahre 1990 37 Stunden. Sie betrug nicht etwa 40 Stunden, in denen die Klägerin wöchentlich arbeitete, sofern kein Freizeitausgleich stattfand. Das entspricht der Auffassung des Achten Senats (Urteile vom 18. November 1988, aaO, und 16. November 1989, aaO). Zu Unrecht sind die Ausführungen des Achten Senats im Urteil vom 18. November (BAGE 60, 163 = AP, aaO) im Schrifttum dahin verstanden worden, die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit eines Arbeitnehmers, der im Freischichtenmodell 40 Stunden in der Woche arbeitet, betrage 40 Stunden. Denn der Achte Senat hat eine entsprechend mißverständliche Aussage zu IV 2 seiner Entscheidungsgründe vom 18. November 1988 mit Berichtigungsbeschluß vom 15. November 1989 korrigiert. Im Urteil vom 16. November 1989 – 8 AZR 655/88 – (n.v.) hat er das zusätzlich klargestellt.
b) Dem Achten Senat ist auch darin zu folgen, daß als Arbeitstag im Sinne des § 16 Nr. 1a Abs. 2 Klammersatz MTV-Metall NRW 1988 jedenfalls für die Berechnung des Urlaubs lediglich der Tag angesehen werden kann, an dem der Arbeitnehmer zur Arbeit verpflichtet war. Das ergibt sich allerdings nicht nur durch die grammatikalische Auslegung des Begriffs unter Berücksichtigung der sprachlichen Fassung des § 4 Nr. 6 und des § 13 Nr. 4 MTV-Metall NRW 1988 (vorher § 3 Nr. 6 MTV-Metall NRW 1987 und § 11 Nr. 4 MTV-Metall NRW 1980). Maßgebend ist vielmehr der Zusammenhang der Vorschriften über die Urlaubsvergütung mit den Vorschriften über die Urlaubsdauer. Das ist in der bisherigen Rechtsprechung nicht ausreichend berücksichtigt worden (vgl. aber den Hinweis im Urteil des Achten Senats vom 18. November 1988 – 8 AZR 238/88 – BAGE 60, 163, 168 = AP Nr. 27 zu § 11 BUrlG, zu III der Gründe).
aa) Die Verkürzung der Arbeitszeit kann immer dann zu einer Veränderung der Urlaubsdauer führen, wenn die Arbeitszeit nicht linear pro Arbeitstag vermindert, sondern die vom Arbeitnehmer geschuldete wöchentliche Arbeitszeit so verteilt wird, daß einige Tage arbeitsfrei sind oder an mehr als fünf Tagen pro Woche gearbeitet wird. Die betriebliche Verteilung der Arbeitszeit hat unmittelbaren Einfluß auf den Umfang des Urlaubs, auch wenn sie nicht durch Verkürzung der Arbeitszeit vorgenommen wird. Dies folgt für Teilzeitbeschäftigte aus § 13 Nr. 4 Abs. 4 zweite Satzhälfte MTV-Metall NRW 1988 unmittelbar. Für Arbeitnehmer, die regelmäßig in Wechselschicht oder vollkontinuierlich arbeiten, ergibt sich die Veränderung der individuellen Urlaubsdauer aus § 13 Nr. 4 Abs. 4 erste Satzhälfte MTV-Metall NRW 1988 in Verbindung mit § 13 Abs. 4 und Abs. 2 MTV-Metall NRW 1988. Der Umfang des dem Arbeitnehmer aufgrund des Urlaubsanspruchs zustehenden Urlaubs ist entsprechend jeweils individuell neu zu bestimmen.
Dabei ist die tarifvertraglich maßgebliche Verteilung der Arbeitszeit auf eine Woche zur individuell geschuldeten Arbeitszeit des Arbeitsnehmers rechnerisch in Beziehung zu setzen, wenn die Arbeitszeit bei einem anderen Arbeitnehmer regelmäßig auf mehr oder weniger Tage einer Woche verteilt ist. Ist die regelmäßige Arbeitszeit nicht auf eine Kalenderwoche verteilt, muß für die Umrechnung eines nach Arbeitstagen bemessenen Urlaubs auf den längeren Zeitabschnitt abgestellt werden, in dem im Durchschnitt die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit erreicht ist (Senatsurteil vom 3. Mai 1994 – 9 AZR 165/91 – zur Veröffentlichung vorgesehen; zum Manteltarifvertrag für gewerbliche Arbeiter und Angestellte in der Chemischen Industrie nach dem Stand vom 1. Juli 1987 Senatsurteil vom 22. Oktober 1991 – 9 AZR 62/90 – BAGE 68, 377 = AP Nr. 6 zu § 3 BUrlG).
bb) Das gilt auch für Arbeitnehmer, deren individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit so verteilt ist, daß sie nicht regelmäßig an fünf Tagen arbeiten, sondern durchschnittlich – abgestellt auf den nach § 4 Nr. 4 Abs. 3 MTV-Metall NRW maßgeblichen Sechs-Monats-Zeitraum – an mehr oder weniger Tagen in der Woche. Diese Arbeitnehmer erreichen nämlich im Durchschnitt eines halben Jahres die Summe ihrer geschuldeten Arbeitszeit (26 Wochen × 37 Stunden) nach 120,25 Tagen, während der gleichmäßig an fünf Tagen in der Kalenderwoche beschäftigte Arbeitnehmer seine zeitliche Arbeitspflicht erst nach 130 Tagen erfüllt. Deshalb ist die Urlaubsdauer eines mehr oder weniger als fünf Tage in der Woche zur Arbeit verpflichteten Arbeitnehmers entsprechend seiner Arbeitspflicht umzurechnen. Das folgt aus § 13 Nr. 4 Abs. 2 MTV-Metall NRW 1988. Die sprachlich mißglückte Bestimmung enthält ebenso wie § 13 Nr. 4 Abs. 4 MTV-Metall NRW 1988 eine Anpassungsregelung für Arbeitnehmer, deren regelmäßige Arbeitszeit auf mehr oder weniger als fünf Tage in der Woche verteilt ist. Die Umrechnung führt für Arbeitnehmer, die wie die Klägerin eingesetzt sind, zu einem Anspruch von 27,75 Urlaubstagen (130 Arbeitstage = 30 Urlaubstage zu 120,75 Arbeitstage = 27,75 Urlaubstage).
c) Diese Auswirkungen einer Arbeitszeitverteilung, die vom Regelfall der Verteilung auf die Wochentage von Montag bis Freitag abweicht, sind bei der Auslegung der Vorschriften über die Urlaubsvergütung maßgeblich zu beachten. Die Begriffe Arbeitstage und freie Arbeitstage sind in den Vorschriften über die Urlaubsdauer und über die Urlaubsvergütung nicht unterschiedlich zu beurteilen. Das bedeutet, daß ein arbeitsfreier Tag, der bei der Berechnung der Urlaubsdauer unberücksichtigt bleibt, bei der Berechnung der Urlaubsvergütung ebenfalls keine Berücksichtigung finden darf. Dieses nicht nur am Wortlaut ausgerichtete Auslegungsergebnis zum Begriff Arbeitstag im Klammersatz des § 16 Nr. 1a Abs. 2 MTV-Metall NRW 1988 vermeidet zudem ungleiche Ergebnisse, wie sie dem Achten Senat vorgehalten worden sind. Denn der Arbeitnehmer, dessen regelmäßige Arbeitszeit linear verkürzt worden ist, hat für 30 Urlaubstage a 7,4 Stunden ebenso Anspruch auf Urlaubsvergütung für 222 Stunden nach dem Vertrag vorausgesetzte Arbeitszeit wie die Klägerin für 27,75 Urlaubstage a 8 Stunden.
d) Die Berechnungsanweisung im Klammersatz des § 16 Nr. 1a Abs. 3 MTV-Metall NRW 1988 steht auch nicht im Widerspruch zu der Regelung der vor der Klammer stehenden Satzteils. Auch insoweit ist dem Achten Senat im Ergebnis zu folgen. Die 1/5-Regelung ist nämlich ebensowenig eine statische Bestimmung wie die Regelung in der Klammer. Sie spiegelt lediglich den im Tarifvertrag zugrundegelegten Normalfall der Verteilung der Arbeitszeit und damit die Regelung des § 13 Nr. 4 Abs. 2 und Abs. 4 MTV-Metall NRW 1988 wider. Sie ist bei anderer Fallgestaltung entsprechend anzupassen. Das wird deutlich bei einem Teilzeitbeschäftigten, dessen Arbeitszeit von 24 Stunden auf 3 Tage in der Woche verteilt ist. Er erhält nicht pro Urlaubstag 1/5 von 24 Stunden = 4,8 Stunden vergütet, sondern 1/3 = 8 Stunden. Nicht anders ist die 1/5-Regelung für den Streitfall zu verstehen (dazu vgl. auch Senatsurteil vom 8. November 1994 – 9 AZR 118/92 –, zu I 2d der Gründe – zur Veröffentlichung vorgesehen).
3. Der Senat ist an der vorstehenden Auslegung nicht durch die Rechtsprechung des Fünften Senats gehindert, der für das Lohnfortzahlungsrecht im Krankheitsfall entscheiden hat, der Freischichttag müsse für die Ermittlung der zu vergütenden Arbeitsstunden als Teiler mitberücksichtigt werden. Der Begriff Arbeitstag hat im Recht der Lohnfortzahlung und im Urlaubsrecht eine unterschiedliche Bedeutung. Im Urlaubsrecht ist für die Auslegung des Begriffs die Verteilung der Arbeitszeit auf einzelne Tage maßgebend. Sie kann die Urlaubsdauer verändern, während der Lohnfortzahlungszeitraum im Krankheitsfall unabhängig von der Höhe der Arbeitsverpflichtung und der Verteilung der Arbeitszeit 6 Wochen beträgt. Dieser Unterschied führt dazu, daß der auf den ersten Blick für die Rechtsgebiete identische Begriff unterschiedlich interpretiert werden muß. Das wird bereits daran deutlich, daß die Tarifvertragsparteien die vor dem Klammersatz stehende Regelung für das Urlaubsrecht und die weiteren Rechtsgebiete andererseits unterschiedlich gefaßt haben. Der Anrufung des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts zur Vermeidung einer Divergenz bedurfte es daher nicht.
III. Für die Berechnung der Urlaubstage ab 1. April 1990 sind nicht mehr die §§ 3 und 4 MTV-Metall NRW 1988 maßgebend, sondern die §§ 3 und 4 MTV-Metall NRW 1990. Die Beurteilung der unverändert gebliebenen §§ 13, 14 und 16 MTV-Metall NRW 1988 beeinflußt das nicht.
IV. Der Klägerin steht daher der der Höhe nach unstreitige Betrag für die ihr gewährten Urlaubstage zu, wie er vom Arbeitsgericht berechnet worden ist. Das gilt auch dann, wenn der Klägerin mit 39 Urlaubstagen im Jahre 1990 zuviel Urlaub gewährt worden sein sollte. Denn für die Zeit der Befreiung von der Arbeitspflicht wegen Urlaubs hat der Arbeitnehmer Anspruch auf die tariflich geregelte Urlaubsvergütung.
V. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91, 97 ZPO.
Unterschriften
Leinemann, Düwell, Dörner, Fieberg, Mache
Fundstellen
Haufe-Index 857064 |
BAGE, 213 |
BB 1995, 1408 |
NZA 1995, 743 |