Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsbedingte Kündigung
Orientierungssatz
Hinweise des Senats: "Vorübergehende Ausstellung von Arbeitnehmern in der Baubranche während der Winterperiode; betriebsbedingte Kündigung gegenüber einem Arbeitnehmer, der sich mit einer Abkürzung der Kündigungsfrist gegen die Zusage einer späteren Wiedereinstellung nicht einverstanden erklärt hat."
Normenkette
KSchG § 1 Abs. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger war seit 1983 bei der Beklagten, einem Unternehmen der Baubranche, in deren Niederlassung Nürnberg als Zimmermann zu einem Bruttoarbeitsentgelt von zuletzt 4.200,00 DM beschäftigt. Die Beklagte hatte Mitte Mai 1995 wegen Auftragsmangels Kurzarbeit eingeführt. Der Kläger war von der Kurzarbeit betroffen im Mai und Juni sowie für eine Woche im Juli 1995, und dann wieder ab Oktober 1995. Als sich die Beschäftigungssituation bis November 1995 nicht besserte, kündigte die Beklagte allen Arbeitnehmern der Abteilung Tiefbau zum Jahresende 1995. In der Abteilung Hochbau bestanden zu diesem Zeitpunkt noch die Baustellen S-Bahn Eibach mit einem Auftragsvolumen von 8,3 Mio. DM und der voraussichtlichen Fertigstellung Ende 1996 und ARGE Schwarzenbach mit einem Volumen von 1,7 Mio. DM bei geplanter Fertigstellung Mitte 1996. Die Beklagte bot allen auf diesen beiden Baustellen aus ihrer Sicht nicht benötigten Arbeitnehmern eine Wiedereinstellungszusage spätestens zu Ende Juni 1996 unter Wahrung aller Rechte aus dem Arbeitsverhältnis an für den Fall, daß sie unter Verzicht auf die gesetzlichen Kündigungsfristen eine Kündigung mit den Fristen des Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe (BRTV-Bau) akzeptierten. Dabei war der Beklagten die verfassungsrechtliche Problematik der verlängerten Kündigungsfristen des BRTV-Bau bekannt. Der Kläger akzeptierte diese Regelung im Gegensatz zur ganz überwiegenden Anzahl der betroffenen Arbeitnehmer nicht. Die dem Kläger daraufhin mit Schreiben vom 27. November 1995 zum 31. Januar 1996 (tarifliche Kündigungsfrist) ausgesprochene Kündigung enthielt dementsprechend im Gegensatz zur Kündigung derjenigen Arbeitnehmer, die sich mit der Verkürzung der Kündigungsfrist einverstanden erklärt hatten, keine Wiedereinstellungszusage. Mit Schreiben vom 22. Februar 1996 teilte die Beklagte dem Kläger mit, das Arbeitsverhältnis ende unter Beachtung der gesetzlichen Kündigungsfrist erst zum 30. April 1996, der Kündigungstermin 31. Januar 1996 werde nicht aufrecht erhalten.
Der Kläger hat behauptet, er habe bei der Beklagten alle auf dem Bau anfallenden Tätigkeiten verrichtet, darunter auch Maurer und Busfahrertätigkeiten. Dringende, die Kündigung rechtfertigende betriebliche Erfordernisse lägen nicht vor. Die Beklagte beschäftige in der Niederlassung Nürnberg über 300 gewerbliche Arbeitnehmer und erhalte ihren Betrieb in vollem Umfange aufrecht. Die dreimonatige Betriebsunterbrechung sei eine taktische Maßnahme gewesen und habe dazu dienen sollen, die branchentypische Auftragsschwäche in den Monaten Dezember bis März zu überbrücken. Jedenfalls hätten bei Kündigungsausspruch keine Anhaltspunkte dafür vorgelegen, daß ab dem 1. Mai 1996 seine Beschäftigung nicht mehr möglich gewesen wäre. Das ergebe sich aus dem Vortrag der Beklagten hinsichtlich der "vorübergehenden Ausstellung" der Arbeitnehmer. Auch ausweislich der Wiedereinstellungszusagen sei die Beklagte davon ausgegangen, daß sich die Auftragssituation spätestens bis Ende Juni 1996 verbessern werde. Die soziale Auswahl sei fehlerhaft, dem Betriebsrat sei hierzu nichts mitgeteilt und dieser sei auch im übrigen nicht ordnungsgemäß angehört worden. Die Kündigung sei außerdem wegen unterbliebener Massenentlassungsanzeige unwirksam.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen
dem Kläger und der Beklagten durch das Kündi-
gungsschreiben der Beklagten vom 27. November
1995, zugegangen am 29. November 1995, nicht auf-
gelöst wurde.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat behauptet, in der Abteilung Hochbau habe das Auftragsvolumen zum Kündigungszeitpunkt nur noch 10 Mio. DM gegenüber 23 Mio. DM im Vorjahr betragen. Auf den Baustellen Schwarzenbach und Eibach habe lediglich für 24 Arbeitnehmer eine Einsatzmöglichkeit bestanden, darunter für drei Zimmerleute. Für die übrigen 15 Zimmerer habe es keine Beschäftigungsmöglichkeit gegeben. Der Kläger sei bisher ausschließlich als Zimmermann im Hochbau tätig geworden und als Maurer nicht einsetzbar. Aufgrund fehlender Anschlußaufträge habe sie die unternehmerische Entscheidung getroffen, die vorsorglich bis zum 31. März 1996 beantragte Kurzarbeit zum Jahresende 1995 auslaufen zu lassen und vorübergehend einen Teil des Personals der Abteilung Hochbau auszustellen. Bei Ausspruch der Kündigung sei weder zum 31. Januar 1996 noch zum 30. April 1996 eine Einsatzmöglichkeit für mehr als 24 Arbeitnehmer absehbar gewesen. Da Ausschreibung und Vergabe von Bauleistungen einem Baubeginn regelmäßig zwei bis drei Monate vorausgingen, habe zum Kündigungszeitpunkt jedenfalls festgestanden, daß für die Monate Dezember, Januar und Februar nicht mit einer weiteren Auftragserteilung zu rechnen gewesen sei. Auch aus witterungsbedingten Gründen sei eine Arbeitsaufnahme in der sogenannten Schlechtwetterzeit bis einschließlich März unüblich, jedenfalls Gründungs- und Rohbauarbeiten würden erst ab April in Angriff genommen. Die erteilten Wiedereinstellungszusagen bedeuteten nicht, daß sie von einer Besserung der Auftragssituation ausgegangen sei. Vielmehr habe sie wegen der für Ende März 1996 drohenden Ausschöpfung des Gewährungszeitraums für Kurzarbeitergeld die Voraussetzungen für eine erneute Bewilligung ab April 1996 schaffen wollen. Mit den Wiedereinstellungszusagen habe man außerdem die Anzahl der wegen Nichteinhaltung von Kündigungsfristen erhobenen Klagen gering halten wollen. Der Betriebsrat sei am 20. November 1995 ordnungsgemäß beteiligt worden. Der Betriebsratsvorsitzende habe aufgrund seiner Tätigkeit im Lohnbüro umfangreiche Kenntnis über Auftragsplanung und Personalbedarf und verfüge über eine Personalliste mit allen Sozialdaten. Er habe am 23. November 1995 mitgeteilt, gegen die Kündigung des Klägers bestünden keine Bedenken. Sie habe zwei Massenentlassungsanzeigen erstattet, jedoch von der Bundesanstalt für Arbeit die Mitteilung bekommen, eine anzeigepflichtige Massenentlassung liege angesichts der Betriebsgröße nicht vor.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, das dem Kläger unterbreitete Angebot einer Kündigung mit der tariflichen Frist von zwei Monaten unter Verzicht auf die Einhaltung der für ihn zum 30. April 1996 endenden gesetzlichen Kündigungsfrist, jedoch verbunden mit einer Wiedereinstellungszusage, verstoße gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Auf das Arbeitsverhältnis sei die gesetzliche, nicht die tarifliche Kündigungsfrist des § 12 Abs. 1 BRTV-Bau anwendbar gewesen. Diese Problematik sei auch der Beklagten bekannt gewesen. Die Beklagte habe gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen. Den noch nicht länger als fünf Jahre beschäftigten Arbeitnehmern, deren gesetzliche Kündigungsfrist zwei Monate zum Monatsende betragen habe, sei kein Verzicht auf die Einhaltung der Kündigungsfrist abverlangt worden. Damit habe die Beklagte die bei ihr länger beschäftigten Arbeitnehmer ohne sachlichen Grund benachteiligt. Der Gleichbehandlungsgrundsatz sei jedenfalls bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen und führe hier zur Unwirksamkeit der Kündigung. Das gleiche Ergebnis folge auch aus einer analogen Anwendung der Rechtsgrundsätze zur Änderungskündigung, wonach die angebotenen neuen Arbeitsbedingungen zumutbar sein müßten, was bei der vorliegenden Kündigung wegen der gleichheitswidrigen Verkürzung der Kündigungsfrist nicht der Fall sei.
Dem folgt der Senat nur im Ergebnis.
II. Die Revision führt nicht schon deshalb zur Abänderung der vorinstanzlichen Entscheidungen, weil der in den Tatsacheninstanzen tätige Prozeßbevollmächtigte der Beklagten die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift mit dem Zusatz "i.A." unterzeichnet hat. Zwar kann bei der Unterzeichnung eines bestimmenden Schriftsatzes mit dem Zusatz "i.A." zweifelhaft sein, ob der Unterzeichner nach der einschlägigen Prozeßordnung befähigt und befugt ist, Prozeßhandlungen vorzunehmen und mit der Unterschrift die volle Verantwortung für die Einlegung bzw. Begründung des Rechtsmittels übernommen hat (ständige Rechtsprechung, vgl. BAGE 72, 48, 51 = AP Nr. 14 zu § 3 TVG,zu II der Gründe, m.w.N.; BAG Beschluß vom 11. August 1987 - 7 AZB 17/87 - AP Nr. 54 zu § 518 ZPO, m.w.N.; BGHZ 46, 277, 278). Im vorliegenden Fall konnte jedoch kein Zweifel daran bestehen, daß der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten nach § 11 Abs. 2 ArbGG postulationsfähig war und mit seiner Unterschrift auch die Verantwortung für den Inhalt der genannten Schriftsätze übernommen hat. Der Beklagtenvertreter hat sowohl in der Berufungsschrift, als auch in der Berufungsbegründungsschrift im Briefkopf angegeben, Prozeßbevollmächtigter sei der "Unterfertigte". Dies reichte um klarzustellen, daß der Beklagtenvertreter für den Inhalt dieser Schriftsätze als alleiniger Prozeßbevollmächtigter die Verantwortung übernehmen und nicht lediglich als Erklärungsbote (wessen?) auftreten wollte.
III. Im Ergebnis zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt, § 1 Abs. 2 KSchG.
1. Es kann offenbleiben, ob sich die Unwirksamkeit der Kündigung, wie das Berufungsgericht meint, bereits mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz oder einer analogen Anwendung der zur Änderungskündigung aufgestellten Rechtsgrundsätze begründen läßt. Dies scheint zweifelhaft. Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist bei der Beurteilung der Sozialwidrigkeit einer Kündigung nach § 1 KSchG grundsätzlich nicht zu berücksichtigen (Senatsurteil vom 22. Februar 1979 - 2 AZR 115/78 - EzA § 103 BetrVG 1972 Nr. 23). Abgesehen davon würde die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung den Kläger nicht gleich, sondern besser behandeln als die übrigen Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis mit Ablauf der tariflichen Kündigungsfrist geendet hat und die nicht eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über diesen Termin hinaus, sondern lediglich eine Wiedereinstellungszusage erhalten haben. Auch eine entsprechende Anwendung der Grundsätze über die Änderungskündigung scheint kaum sachgerecht. Die Beklagte hatte nicht vor, die Beendigung der Arbeitsverhältnisse schon zum 31. Januar 1996 durch eine Änderungskündigung verbunden mit einer Wiedereinstellungszusage durchzusetzen. Sie hat ihren Arbeitnehmern vielmehr ein Angebot unterbreitet, das sie rechtlich weder nach § 626 BGB noch nach §§ 2, 1 KSchG hätte durchsetzen können, nämlich eine Wiedereinstellungszusage als Gegenleistung für einen Verzicht auf einen Teil der gesetzlichen Kündigungsfrist, also letztlich als Gegenleistung für einen Lohnverzicht.
2. Die Beklagte hat schon nicht hinreichend dargelegt, daß ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Kündigung des Klägers bestand.
a) Gemäß § 1 Abs. 2 KSchG ist eine Kündigung u.a. dann sozial ungerechtfertigt, wenn sie nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist, die einer Weiterbeschäftigung des betreffenden Arbeitnehmers im Betrieb entgegenstehen. Zutreffend geht das Landesarbeitsgericht davon aus, daß sich solche dringenden betrieblichen Erfordernisse aus innerbetrieblichen Umständen oder aufgrund außerbetrieblicher Umstände ergeben können. Die Beklagte hat zur Begründung der Kündigung behauptet, für den Kläger als Zimmermann bestünden wegen fehlender Anschlußaufträge im Hochbau keinerlei Beschäftigungsmöglichkeiten mehr, sie habe über den 31. Januar 1996 hinaus lediglich insgesamt noch Beschäftigungsmöglichkeiten für drei Zimmerer gehabt. Damit kam vorliegend als Kündigungsgrund der außerbetriebliche Umstand fehlender Aufträge in Betracht, wenn die Beklagte den Auftragsmangel nicht zum Anlaß einer Umorganisation nahm, sondern zur Anpassung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer an die vorhandene Arbeitsmenge (vgl. hierzu Senatsurteil vom 15. Juni 1989 - 2 AZR 600/88 - AP Nr. 45 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu II 1 b der Gründe). Das Vorliegen eines dringenden betrieblichen Erfordernisses im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG ist in einem derartigen Fall gegeben, wenn bei Kündigungsausspruch feststeht, zum Zeitpunkt des Kündigungstermins sei eine Beschäftigungsmöglichkeit für den gekündigten Arbeitnehmer nicht mehr gegeben (Senatsurteil vom 15. Juni 1989, aaO). Hiervon kann nach den Darlegungen der Beklagten nicht ausgegangen werden.
b) Die Beklagte hat, obwohl ihr die Problematik der tarifvertraglichen Kündigungsfristen bekannt war, bei Ausspruch der Kündigung ersichtlich schon auf den falschen Prüfungszeitpunkt abgestellt, nämlich auf den Ablauf der von ihr für die Kündigung gewählten tariflichen Kündigungsfrist, den 31. Januar 1996. Da die für den Kläger einschlägige gesetzliche Kündigungsfrist (vgl. Senatsurteil vom 14. Februar 1996 - 2 AZR 201/95 - AP Nr. 50 zu § 622 BGB) bis 30. April 1996 lief, konnte eine Kündigung nur dann gerechtfertigt sein, wenn ab 1. Mai 1996 kein Beschäftigungsbedarf für den Kläger mehr zu erwarten war. Maßgeblich war nicht die Erteilung von Aufträgen in nächster Zeit, nämlich in der möglicherweise auftragsschwachen Winterzeit, sondern die Prognose über die Auftragsentwicklung bis zu dem für den Kläger maßgeblichen Kündigungstermin. Daß die Beklagte insoweit überhaupt eine Prognose angestellt hätte, ist nicht ausreichend dargelegt und darüber hinaus schon deshalb zweifelhaft, weil die Beklagte nach ihrem eigenen Vorbringen lediglich eine "vorübergehende Ausstellung" der betreffenden Arbeitnehmer plante und erst im "Frühjahr 1996" weitere Entscheidungen etwa über eine erneute Kurzarbeit treffen wollte.
c) Ein außerbetrieblicher Grund zur betriebsbedingten Kündigung ist jedenfalls mit dem bloßen Hinweis, eine Besserung der Auftragslage sei auch bezogen auf den Kündigungszeitpunkt 30. April 1996 nicht zu erwarten gewesen, nicht konkret genug vorgetragen. Daß bei Ablauf der Kündigungsfrist für den Kläger als Zimmermann kein hinreichender Beschäftigungsbedarf mehr bestehen würde, was ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Kündigung dargestellt hätte, stand nach dem Vorbringen der Beklagten bei Ausspruch der Kündigung nicht fest. Zwar war die Beschäftigungslage bei Ausspruch der Kündigung schlecht. Die Kündigungsfrist des Klägers war jedoch so lang, daß unter Berücksichtigung der branchenüblichen Vorlaufzeit zwischen Auftragserteilung und Baubeginn nicht mit hinreichender Sicherheit absehbar war, wieviele Zimmerleute die Beklagte nach Ablauf der Winterzeit unter Berücksichtigung der von ihr einkalkulierten Möglichkeit der Kurzarbeit benötigen würde. Der insgesamt rückläufige Umsatz und Auftragsbestand im Betrieb der Beklagten läßt deshalb - für sich betrachtet - noch nicht den Beschäftigungsbedarf für den Kläger ab 1. Mai 1996 entfallen. Ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Kündigung des Klägers konnte nur dann entstehen, wenn sich die Beklagte entschloß, durch eine unternehmerische Entscheidung ihren Personalbedarf den rückläufigen Umsatzzahlen und dem rückläufigen Auftragsbestand anzupassen.
d) Gerade eine solche unternehmerische Entscheidung, die den Beschäftigungsbedarf für den Kläger auf lange Sicht hätte entfallen lassen, hat die Beklagte jedoch nicht getroffen. Sie hat sich im November 1995 nur entschlossen, die auf den beiden weiter laufenden Baustellen nicht benötigten Arbeitnehmer "vorübergehend auszustellen". Die unternehmerische Entscheidung, ob der Betrieb mit dem bisherigen oder mit einem reduzierten Personalbestand aufrechterhalten bleiben konnte, hat die Beklagte damit auf die Zeit von Anfang April bis Ende Juni aufgeschoben. Reagiert der Arbeitgeber auf einen Rückgang der Beschäftigungsmöglichkeiten in seinem Betrieb lediglich mit einer vorübergehenden Maßnahme (z. B. Anordnung von Kurzarbeit), so indiziert dies, daß er auch nur von einem vorübergehenden Arbeitsmangel ausgegangen ist. Diese Indizwirkung muß der Arbeitgeber entkräften (Senatsurteil vom 26. Juni 1997 - 2 AZR 494/96 - EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 93). Dies gilt auch, wenn ein Bauunternehmer sich während der Winterperiode in Absprache mit dem zuständigen Arbeitsamt dazu entschließt, die Arbeitnehmer infolge Arbeitsmangels "vorübergehend auszustellen", um nach Ablauf der Winterperiode ggf. unter Einführung von Kurzarbeit den Betrieb im wesentlichen mit der bisherigen Belegschaft weiterzuführen. Diese Indizwirkung, daß die unternehmerische Entscheidung der Beklagten allein darin bestand, die Winterperiode nach Wegfall der Winterbauförderung durch andere vorübergehende Maßnahmen zu überbrücken und jedenfalls die Belegschaftsstärke vorerst nicht endgültig einzuschränken, ist durch das Vorbringen der Beklagten im vorliegenden Verfahren nicht entkräftet. Für den Kläger, dessen Kündigungsfrist bis zum 30. April 1996 lief, stellte die unternehmerische Entscheidung der Beklagten zur "vorübergehenden" Ausstellung der Arbeitnehmer kein dringendes betriebliches Erfordernis dar, das eine betriebsbedingte Kündigung sozial rechtfertigen konnte, § 1 Abs. 2 KSchG.
Etzel Bitter Bröhl
Piper Bartz
Fundstellen
Haufe-Index 437922 |
DB 1998, 626 |
DB 1998, 626 (Kurzwiedergabe) |
BetrR 1998, 39 (Kurzwiedergabe) |
ARST 1998, 119-120 (Kurzwiedergabe) |
ASP 1998, 66 (red. Leitsatz 1) |
FA 1998, 196 |
FA 1998, 196-197 (Kurzwiedergabe) |
ArbuR 1998, 285 |
ArbuR 1998, 285 (red. Leitsatz 1) |
EzA-SD 1998, Nr 6, 3 (Kurzwiedergabe) |