Entscheidungsstichwort (Thema)
Beendigung eines Arbeitsverhältnisses durch auflösende Bedingung
Leitsatz (redaktionell)
1. Das Arbeitsverhältnis eines fluguntauglichen Arbeitnehmers endet nach § 20 Abs 1a des Manteltarifvertrages Nr 3b für das Bordpersonal der Deutschen Lufthansa AG und der Condor Flugdienst GmbH in der Fassung vom 1.10.1991 erst bei Fehlen eines zumutbaren freien Arbeitsplatzes im Bodendienst. Bei der Besetzung einer freien Stelle unterliegt die Auswahlbefugnis des Arbeitgebers Beschränkungen. Erfüllt der fluguntaugliche Arbeitnehmer die Anforderungen des freien Arbeitsplatzes, ist er bei der Besetzung dieser Stelle vorrangig zu berücksichtigen.
2. Verneint der Arbeitgeber das Vorhandensein einer freien Stelle im Bodendienst, hat der Arbeitnehmer konkret vorzutragen, wie er sich eine Weiterbeschäftigung vorstellt. Auf freie Stellen, die ihm vom Arbeitgeber gezielt zur Kenntnis gegeben worden sind, für die er jedoch kein Interesse bekundet hat, kann sich der Arbeitnehmer im Beendigungsstreit nicht berufen.
Normenkette
TVG § 1; BGB §§ 620, 626
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses aufgrund einer auflösenden Bedingung.
Der 1951 geborene Kläger ist seit April 1975 beim fliegenden Personal des beklagten Luftfahrtunternehmens beschäftigt. Er war zunächst als Triebwerkmechaniker eingesetzt, ehe er nach Abschluß seines Fachhochschulstudiums als Flugingenieur tätig war. Sein durchschnittliches Bruttoarbeitsentgelt betrug zuletzt ca. 9.800,-- DM. Auf das Arbeitsverhältnis finden die bei der Beklagten geltenden Tarifverträge Anwendung.
Seit Juni 1988 war der Kläger als Lehrflugingenieur auf dem Flugzeugmuster B 737 eingesetzt, wobei er sich zu etwa einem Drittel seiner Arbeitszeit fliegerisch betätigte. Nachdem er am 29. Oktober 1990 vorübergehend fluguntauglich befunden wurde, beschränkte er sich auf eine Lehrflugtätigkeit ohne fliegerische Einsätze. Eine dauerhafte Fluguntauglichkeit wurde bei ihm am 13. Mai 1992 festgestellt.
Nach § 20 Abs. 1 a Manteltarifvertrag Nr. 3 b für das Bordpersonal der Deutschen Lufthansa AG und der Condor Flugdienst GmbH (MTV) in der seit 1. Oktober 1991 geltenden Fassung endet bei einer festgestellten Fluguntauglichkeit auf Dauer das Arbeitsverhältnis ohne Ausspruch einer Kündigung zu dem Zeitpunkt, zu dem nach Feststellung und Bekanntgabe der Fluguntauglichkeit an den Betroffenen eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses nach § 22 MTV zulässig wäre. Bei einer Beschäftigungszeit von mehr als zwölf Jahren beträgt die Kündigungsfrist sechs Monate zum Schluß eines Kalendervierteljahres (§ 22 Abs. 2 MTV). Eine ordentliche Kündigung bzw. eine ordentliche Änderungskündigung ist nach Satz 2 der Tarifvorschrift nach einer 15-jährigen Beschäftigungszeit ausgeschlossen.
Mit Schreiben vom 18. Mai 1992 teilte die Beklagte unter Hinweis auf § 20 MTV die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Dezember 1992 mit. In einem weiteren Schreiben vom 14. September 1992 benannte sie dem Kläger aus ihrer Stellenbörse mehrere zur Besetzung ausgeschriebene Stellen als Flugingenieur zur technischen Betreuung der B 737-Flotte, EDV-Systembetreuer, CMS-Training, EDV-Koordinator, Betriebsingenieur in der Hallenbetriebssteuerung, Info- und Koordinationsposition im Tower FRA, Planungsingenieur Materialwirtschaft, Projektassistent und Projektmanager bei der Lufthansa Consulting. Genannt war auch die bei einem weiteren selbständigen Tochterunternehmen ausgeschriebene Stelle eines Flottenassistenten. Hierauf bewarb sich der Kläger ohne Erfolg; ihm wurde ein externer Bewerber vorgezogen.
Auf einen Teil der ihm benannten Stellen hat sich der Kläger nicht beworben. Zum Beginn des Jahres 1993 wurde ihm eine Stelle als Sachbearbeiter für Flugplatzeinweisungsprogramme bei der Condor Flugdienst GmbH angeboten. Diese Stelle gab er wenige Tage nach Arbeitsantritt am 18. Februar 1993 vor Unterzeichnung eines schriftlichen Arbeitsvertrages wegen gesundheitlicher Bedenken wieder auf.
Der Kläger behauptet, er könne wie bisher auch ohne fliegerischen Einsatz als Lehrflugingenieur auf dem Flugzeugmuster B 737 arbeiten. Nach 15-jährigem Flugdienst verfüge er in ausreichendem Maße über fliegerische Erfahrungen. Auf den in den Ausschreibungen benannten freien Stellen hätte er beschäftigt werden können. Aufgrund seines Studiums der Elektrotechnik erfülle er die geforderten Qualifikationen. Seine Bewerbungen seien letztlich erfolglos geblieben, weil er mit anderen internen und externen Bewerbern habe konkurrieren müssen. Die Beklagte komme mangels Prüfung anderweitiger Beschäftigungsmöglichkeiten ihrer tarifvertraglichen Weiterbeschäftigungsverpflichtung nicht nach. Sie habe das Fehlen eines freien Arbeitsplatzes nachzuweisen.
Der Kläger hat zuletzt beantragt
festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen
den Parteien über den 31. Dezember 1992 hinaus
fortbesteht.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, der Kläger sei nicht konzernbezogen eingestellt worden. Es fehle ihr an Einflußmöglichkeiten, ihm die in Aussicht genommene Stelle eines Flottenassistenten und/oder eines Projektassistenten bzw. Projektmanagers bei einer ihrer Tochterunternehmen zu verschaffen. Die Stelle eines Beauftragten für dezentrale DV-Systeme sei weggefallen, nachdem aus wirtschaftlichen Gründen die Verkaufsleitungen in S und M zusammengelegt worden seien. Aufgrund eines Vorstandsbeschlusses vom 11. Mai 1992 sei die Stelle eines Gruppenleiters bei der Technische Schule in H gestrichen worden. Die Stellen für Flugingenieure zur technischen Betreuung der B 737 seien aus wirtschaftlichen Gründen nur mit einem aktiven Flugingenieur besetzt worden, der lediglich zu einem Viertel seiner Tätigkeit als Lehrflugingenieur eingesetzt werde. Nicht besetzt worden sei die Stelle eines Planungsingenieurs Materialwesen, für die der Kläger ohnehin nicht qualifiziert gewesen sei. Für die Stelle eines Betriebsingenieurs in der Hallensteuerung habe er ebensowenig wie für die Informations- und Koordinationsposition im Tower Frankfurt am Main Interesse bekundet. Das gelte auch für die Position eines EDV-Systembetreuers bzw. "CMS-Training" und eines EDV-Koordinators. Im übrigen verfüge er auch nicht über die in den Arbeitsplatzbeschreibungen geforderten fliegerischen Qualifikationen. Aus diesem Grund sei er auch nicht als EDV-Systembetreuer in Frage gekommen. Über die im Schreiben vom 14. September 1992 hinaus angebotenen Stellen seien bis Ende 1992 keine weiteren freien Stellen vorhanden gewesen. Auch sei sie gehalten, freie Stellen nach Eignung und Leistung zu besetzen und die geltenden Auswahlrichtlinien und Betriebsvereinbarungen einzuhalten. Sie könne den Kläger aufgrund seiner Fluguntauglichkeit nicht bevorzugen. Mit Antritt einer Stelle als Sachbearbeiter für Flugplatzeinweisungsprogramme bei der Condor Flugdienst GmbH habe er ohnehin jeden Weiterbeschäftigungsanspruch verloren.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen; das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat mit Ablauf des 31. Dezember 1992 geendet.
1. Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß die bei dem Kläger am 13. Mai 1992 festgestellte dauerhafte Fluguntauglichkeit nach § 20 Abs. 1 a MTV innerhalb der Frist des § 22 Abs. 2 MTV nur dann zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt, wenn bei der Arbeitgeberin keine beiderseits zumutbaren Beschäftigungsmöglichkeiten am Boden vorhanden sind.
a) Bei der hier maßgeblichen tarifvertraglichen Regelung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei festgestellter Fluguntauglichkeit handelt es sich um eine auflösende Bedingung, die auch Arbeitsverhältnisse erfaßt, die aufgrund tarifvertraglicher Vorschriften nur noch außerordentlich kündbar sind (BAG Urteil vom 14. Mai 1987 - 2 AZR 374/86 - AP Nr. 12 zu § 1 TVG Tarifverträge: Lufthansa). Auflösende Bedingungen einzelvertraglichen oder kollektivrechtlichen Ursprungs sind an den Grundsätzen der arbeitsgerichtlichen Befristungskontrolle zu messen. Sie dürfen nicht zu einer objektiven Umgehung zwingender Grundsätze des Kündigungsschutzrechts führen (BAG Urteile vom 20. Dezember 1984 - 2 AZR 3/84 - AP Nr. 9 zu § 620 BGB Bedingung; 14. Mai 1987, aa0; 28. Juni 1995 - 7 AZR 555/94 - AP Nr. 6 zu § 59 BAT).
b) Bei der Prüfung der sozialen Rechtfertigung einer Kündigung ist der allgemein im Kündigungsschutzrecht geltende Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten (BAG Urteil vom 10. November 1994 - 2 AZR 242/94 - AP Nr. 65 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, m.w.N.). Danach kommt eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses erst in Betracht, wenn es an zumutbaren Beschäftigungsmöglichkeiten auf einem freien Arbeitsplatz fehlt. Dieser Schutz würde dem Arbeitnehmer durch die Vereinbarung einer auflösenden Bedingung genommen, wenn allein der Eintritt des auflösenden Ereignisses ungeachtet vorhandener Beschäftigungsmöglichkeiten das Arbeitsverhältnis beenden könnte. § 20 Abs. 1 a MTV in Verbindung mit § 22 Abs. 2 MTV ist daher nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gesetzeskonform auszulegen. Das Arbeitsverhältnis eines fluguntauglichen Arbeitnehmers endet erst, wenn für ihn keine Einsatzmöglichkeiten im Bodendienst mehr vorhanden sind.
2. Die Möglichkeit einer anderweitigen Beschäftigung setzt das Vorhandensein eines freien Arbeitsplatzes voraus (BAGE 25, 278, 289 = AP Nr. 2 zu § 1 KSchG 1969, zu III 2 a der Gründe), dessen Anforderungen der Arbeitnehmer mit dem verbliebenen Leistungsvermögen und seinen fachlichen und berufspraktischen Kenntnissen gewachsen ist. Das bezieht sich auf Arbeitsplätze, die zum Zeitpunkt der Feststellung der Fluguntauglichkeit nicht besetzt sind. Ist für den Arbeitgeber absehbar, daß ein geeigneter Arbeitsplatz bis zum Ablauf der tarifvertraglichen Auslauffrist oder unmittelbar danach zur Verfügung stehen wird, ist ein derartiger Arbeitsplatz ebenfalls als frei anzusehen. Zu berücksichtigen sind auch solche Arbeitsplätze, bei denen im Zeitpunkt des Eintritts der auflösenden Bedingung feststeht, daß sie in absehbarer Zeit nach Ablauf der tarifvertraglichen Auslauffrist frei werden, sofern die Überbrückung dieses Zeitraums dem Arbeitgeber zumutbar ist (BAG Urteile vom 28. Juni 1995, aa0; 15. Dezember 1994 - 2 AZR 320/94 - AP Nr. 66 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; 15. Dezember 1994 - 2 AZR 327/94 - AP Nr. 67 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung). Ferner kann eine Weiterbeschäftigung auch nach Abschluß zumutbarer Umschulungs- und Fortbildungsmaßnahmen in Betracht kommen. Dazu muß mit hinreichender Sicherheit vorhersehbar sein, daß nach Abschluß der Maßnahme eine Beschäftigungsmöglichkeit auf einem freien Arbeitsplatz besteht, dessen Anforderungen der Arbeitnehmer nach erfolgreicher Umschulung oder Fortbildung erfüllen kann (BAGE 67, 198 = AP Nr. 1 zu § 1 KSchG 1969 Umschulung).
Entgegen der Ansicht der Revision führt eine Verletzung der dem Arbeitgeber obliegenden Pflicht zur Prüfung anderweitiger Beschäftigungsmöglichkeiten nicht zu einem Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses. Vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlangt zwar das Prinzip der ultima ratio von dem Arbeitgeber zu prüfen, ob in seinem Betrieb und ggf. Unternehmen Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten für den betroffenen Arbeitnehmer bestehen. Die Pflicht zur Weiterbeschäftigung hängt jedoch allein vom tatsächlichen Vorhandensein eines freien Arbeitsplatzes ab. Fehlt es daran, hilft auch die Verletzung nebenvertraglicher Prüfungspflichten nicht weiter. Sie schafft keine freien Arbeitsplätze, auf denen der Arbeitnehmer künftig beschäftigt werden kann (BAG Urteil vom 24. März 1983, BAGE 42, 151, 158 = AP Nr. 12 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu B II 2 a der Gründe). Das allein ist für die Befristungskontrolle entscheidend.
3. Nach den unangegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat im Betrieb oder Unternehmen der Beklagten weder im Zeitpunkt der Feststellung der Fluguntauglichkeit noch bis zum Ende der tarifvertraglichen Auslauffrist oder unmittelbar danach objektiv eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger bestanden.
a) Zu diesem Ergebnis ist das Landesarbeitsgericht nicht unter Verkennung der maßgeblichen Darlegungs- und Beweislast gelangt.
Nach den für vergleichbare Sachverhalte im Kündigungsschutzrecht entwickelten Grundsätzen gilt auch im Rahmen der Befristungskontrolle bei der Prüfung freier und zumutbarer Beschäftigungsmöglichkeiten eine abgestufte Darlegungslast. Danach hat der Arbeitgeber den Eintritt des auflösenden Ereignisses darzulegen. Im Anschluß daran genügt ein allgemeiner Vortrag, eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers sei ausgeschlossen. Es obliegt dann dem Arbeitnehmer, konkret vorzutragen, wie er sich eine anderweitige Beschäftigung vorstellt, wenn er seine bisherige Arbeit nicht mehr ausüben kann. Erst ein solches Vorbringen verpflichtet den Arbeitgeber zu erläutern, aus welchen Gründen eine Umsetzung auf die genannten Arbeitsplätze nicht in Betracht kommt (BAG Urteil vom 24. März 1983, aa0). Infolgedessen konnte das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei davon ausgehen, daß es zunächst an dem Kläger ist, konkrete Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten am Boden zu benennen, ehe der Arbeitgeber darzulegen hat, daß diese Arbeitsplätze entweder nicht frei sind oder ein Anforderungsprofil aufweisen, dem der Kläger aufgrund seines Fachwissens oder im Hinblick auf sein gesundheitliches Leistungsvermögen nicht entspricht.
b) Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Feststellung der Fluguntauglichkeit tritt nicht ein, wenn der Arbeitnehmer trotz seiner gesundheitlichen Einschränkungen von seinen Fähigkeiten und seiner Vorbildung her noch in der Lage ist, die Arbeitsleistung auf einem freien Arbeitsplatz zu erbringen. Dabei obliegt es grundsätzlich der freien unternehmerischen Entscheidung des Arbeitgebers, das Anforderungsprofil für einen eingerichteten Arbeitsplatz festzulegen. Ist die Erfüllung bestimmter Voraussetzungen für die sachgerechte Erledigung der Arbeitsaufgabe erforderlich, kann die unternehmerische Entscheidung nur unter Willkürgesichtspunkten geprüft werden (BAGE 55, 262 = AP Nr. 42 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; BAG Urteil vom 10. November 1994, aa0, zu B I 3 der Gründe). Die Entscheidung des Arbeitgebers, bestimmte Tätigkeiten von Arbeitnehmern mit besonderen Qualifikationen oder aktuellen berufsbezogenen Erfahrungen ausüben zu lassen, ist danach ebenso hinzunehmen wie eine auf sachliche Erwägungen gestützte Entscheidung, bestimmte Stellen nach deren Freiwerden nicht erneut zu besetzen.
Ist im Betrieb oder Unternehmen eine freie Stelle vorhanden, unterliegt die Auswahlentscheidung des Arbeitgebers Beschränkungen. Erfüllt der fluguntauglich gewordene Arbeitnehmer die Anforderungskriterien einer freien Stelle, endet das Arbeitsverhältnis nicht kraft auflösender Bedingung. Denn nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts folgt aus dem Zweck des § 20 Abs. 1 a MTV und dem tariflichen Gesamtzusammenhang, daß die auflösende Bedingung der Fluguntauglichkeit eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses nur in den Fällen herbeiführt, in denen eine zumutbare Weiterbeschäftigung des betroffenen Arbeitnehmers im Bodendienst ausgeschlossen ist (BAG Urteil vom 14. Mai 1987, aa0, zu B II 3 a und b der Gründe). Die Beklagte übersieht, daß § 22 Abs. 2 MTV eine tarifvertragliche Verpflichtung des Arbeitgebers begründet, einem unkündbaren Arbeitnehmer angemessene Aufgaben am Boden zu übertragen, wenn er den Anforderungen seines bisherigen Arbeitsplatzes wegen einer dauerhaften Fluguntauglichkeit nicht mehr gewachsen ist. Die kraft Tarifvertrag geltende auflösende Bedingung will es gerade nicht dem Arbeitgeber überlassen, durch eine Entscheidung über die Stellenbesetzung einseitig die Beendigung des Arbeitsverhältnisses herbeizuführen. Nur bei einer solchen Auslegung der Tarifnorm scheidet eine Umgehung zwingender kündigungsschutzrechtlicher Bestimmungen aus. Denn ein krankheitsbedingter wichtiger Kündigungsgrund wird von der Rechtsprechung regelmäßig nur angenommen bei einer dauernden Unfähigkeit, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen (BAG Urteil vom 28. Februar 1990 - 2 AZR 401/89 - AP Nr. 25 zu § 1 KSchG 1969 Krankheit). Im Falle tariflicher Unkündbarkeit ist der Arbeitgeber regelmäßig gehalten, durch andere Maßnahmen, wie etwa einer Umsetzung, eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu vermeiden. Das verlangt von ihm, bei solchen Stellenbesetzungen unternehmerische Interessen zurückzustellen.
4. Nach diesen Grundsätzen durfte das Landesarbeitsgericht das Vorhandensein einer anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeit verneinen. Für eine weitere Tätigkeit als Lehrflugingenieur auf dem Flugzeugmuster B 737 wird von der Beklagten eine auf tatsächlichen Flugeinsätzen beruhende aktuelle fliegerische Erfahrung verlangt, über die der Kläger auf Grund seiner Fluguntauglichkeit auf Dauer nicht mehr verfügt. Dem steht nicht entgegen, daß er nach Feststellung seiner vorübergehenden Fluguntauglichkeit aus Fürsorgegründen ohne fliegerischen Einsatz als Lehrflugingenieur zunächst weiterbeschäftigt worden ist. Daraus läßt sich mit dem Landesarbeitsgericht nicht der Schluß ziehen, daß sich diese Tätigkeit generell in einen fliegerischen und einen bodengebundenen Bereich aufteilen läßt. Im übrigen verkennt der Kläger, daß die über einen längeren Zeitraum zurückliegenden Erfahrungen den aus 0ktuellen fliegerischen Einsätzen gewonnenen nicht gleichgestellt werden können.
Die nicht einer Zweckmäßigkeitskontrolle unterliegenden, sondern allein unter Willkürgesichtspunkten zu prüfenden Anforderungen an einen von dem Arbeitgeber eingerichteten Arbeitsplatz lassen es auch zu, daß die Beklagte die im Bereich des EDV-Wesens zu besetzenden ausgeschriebenen Stellen eines CMS-Trainers, EDV-Koordinators, EDV-Betreuers sowie für die Besetzung einer Informations- und Koordinationsposition im F Tower für aktive Flugingenieure vorsehen konnte. Anhaltspunkte dafür, daß diese Qualifikationsanforderungen für die sachliche Wahrnehmung dieser Tätigkeit entbehrlich sind und allein mit der Zielrichtung aufgestellt worden waren, den Kläger aus dem Kreis potentieller Bewerber von vorneherein auszuschließen, stellen sich nach dem Parteivortrag nicht.
Für die Stelle eines Projektmanagers, für die ein abgeschlossenes wirtschaftswissenschaftliches Studium verlangt war, verfügt der Kläger mit der von ihm genannten Ausbildung als Ingenieur für Elektrotechnik nicht über die geforderte Qualifikation. Der Kläger konnte auch nicht verlangen, mit den Aufgaben eines Beauftragten für dezentrale DV-Systeme, eines Gruppenleiters für Planung und Steuerung oder eines Planungsingenieurs für Materialwesen betraut zu werden. Diese Stellen waren aufgrund einer unternehmerischen Maßnahme der Beklagten entweder weggefallen oder wurden nicht mehr besetzt. Abgesehen davon war für die Tätigkeit eines Beauftragten für dezentrale DV-Systeme ein abgeschlossenes Fachhochschulstudium der Fachrichtung Informatik oder gleichwertige durch Berufspraxis erlangte Fähigkeiten gefordert, die bei dem Kläger nach den unangegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht vorhanden sind.
5. Der Kläger kann sich auch nicht auf diejenigen zur Besetzung ausgeschriebenen Stellen berufen, an denen er gegenüber der Beklagten kein Interesse bekundet hat. Nach dem Inhalt des zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrages war die Arbeitgeberin kraft ihres Direktionsrechts nicht befugt, den Kläger auf eine dieser Stellen außerhalb der Tätigkeit als Lehrflugingenieur zu setzen. Das hätte das Einverständnis des Arbeitnehmers mit einer hierzu erforderlichen Vertragsänderung vorausgesetzt. Informiert der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über freie Stellen und läßt daraufhin der Arbeitnehmer nicht erkennen, daß er an einer konkreten Vertragsänderung interessiert ist, kann er sich im arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht mehr auf solche Stellen berufen, die im rechtsrelevanten Zeitraum frei waren, aber mangels eines von ihm geäußerten Interesses mit anderen Arbeitnehmern besetzt worden sind.
6. Der Kläger hat sich auch auf konzerndimensionale Einsatzmöglichkeiten berufen. Eine konzernbezogene Weiterbeschäftigungspflicht kommt jedoch nur in Ausnahmefällen in Betracht, wenn sich ein Konzernunternehmen zur Übernahme des Arbeitnehmers ausdrücklich bereit erklärt hat oder der Arbeitnehmer schon nach seinem Arbeitsvertrag für einen konzernweiten Einsatz eingestellt worden war bzw. sich mit einer konzerninternen Versetzung einverstanden erklärt hat. In diesem Fall wird der Arbeitgeber für verpflichtet gehalten, vor einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Unterbringung des Arbeitnehmers im Konzern zu versuchen. Gleiches gilt auch, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine entsprechende Zusage gemacht oder eine Übernahme durch einen Konzernbetrieb konkret in Aussicht gestellt hat (BAG Urteil vom 27. November 1991 - 2 AZR 255/91 - AP Nr. 6 zu § 1 KSchG 1969 Konzern).
Gemessen an diesen Voraussetzungen enthält das Vorbringen des Klägers keine Anhaltspunkte, nach denen eine konzernbezogene Weiterbeschäftigungspflicht in Betracht zu ziehen wäre. Ob der Kläger bei seinen Bewerbungen bei konzernangehörigen Unternehmen vorrangig hätte berücksichtigt werden müssen, bedarf daher keiner Entscheidung. Es ist dann auch unbeachtlich, ob der Kläger zu Beginn des Jahres 1993 mit einem selbständigen Tochterunternehmen der Beklagten ein Arbeitsverhältnis geschlossen hat und aus welchen Gründen es kurze Zeit darauf geendet haben könnte.
7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Steckhan Schmidt Düwell
Dr. Koch Günther Metzinger
Fundstellen
BAGE 00, 00 |
BAGE, 148 |
BB 1996, 1441 |
BB 1996, 1441-1443 (LT1-2) |
DB 1996, 891-892 (LT1-2) |
EBE/BAG 1996, 50-52 (LT1-2) |
DRsp, VI(610) 254a-b (LT1-2) |
NZA 1996, 1212 |
NZA 1996, 1212-1214 (LT1-2) |
RzK, I 9g Nr 34 (L1-2) |
AP § 1 TVG Tarifverträge Lufthansa, Nr 22 |
AP § 620 BGB Bedingung (LT1-2), Nr 20 |
AR-Blattei, ES 1170 Nr 19 (LT1-2) |
EzA-SD 1996, Nr 7, 10-13 (LT1-2) |
EzA § 4 TVG Luftfahrt, Nr 3 (L1-2) |
EzA § 620 BGB Bedingung, Nr 11 (LT1-2) |
MDR 1996, 718 (LT1-2) |