Betriebsbedingte Kündigung kann auch in Elternzeit zulässig sein
Die gesetzliche Regelung sieht während der Elternzeit einen besonderen Schutz vor Kündigungen der betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor. In Ausnahmefällen kann die Kündigung aber zulässig sein, wie es das LAG Berlin-Brandenburg aktuell entschieden hat.
Kündigung wegen Wegfall des Arbeitsplatzes während der Elternzeit
In dem vom LAG entschiedenen Fall hatte der Arbeitgeber einer Arbeitnehmerin aus betriebsbedingten Gründen während der Elternzeit gekündigt. Begründung des Arbeitgebers: Der ursprüngliche Arbeitsplatz der Arbeitnehmerin sei wegen einer Umstrukturierungsmaßnahme weggefallen. Eine Weiterbeschäftigung zu den bisherigen Bedingungen sei nicht mehr möglich.
Kündigung verbunden mit neuem Beschäftigungsangebot
Vor Ausspruch der Kündigung hatte der Arbeitgeber die Zustimmung des zuständigen Integrationsamtes zur Kündigung eingeholt. Mit der Kündigung bot der Arbeitgeber der Arbeitnehmerin gleichzeitig die Beschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz zu geänderten Bedingungen an (Änderungskündigung). Das neue Beschäftigungsangebot entsprach den Bedingungen des Arbeitsverhältnisses, das die Arbeitnehmerin vor Zuweisung des nun weggefallenen Arbeitsplatzes innehatte. Dieses Angebot lehnte die Arbeitnehmerin ab und reichte gegen die Kündigung Kündigungsschutzklage beim ArbG ein.
Kündigungsschutzklage blieb ohne Erfolg
Das ArbG wies die Kündigungsschutzklage in 1. Instanz ab. Auch der hiergegen eingelegten Berufung der Arbeitnehmerin beim LAG blieb der Erfolg versagt. Nach der Bewertung des LAG war der ursprüngliche Arbeitsplatz der Klägerin durch eine zulässige unternehmerische Entscheidung weggefallen. Eine Beschäftigung zu den bisherigen Bedingungen sei daher nicht mehr möglich gewesen. Das Integrationsamt habe der Kündigung zurecht zugestimmt.
Änderungskündigung war legitime Maßnahme des Arbeitgebers
Vor diesem Hintergrund war es nach Auffassung des LAG legitim, dass der Arbeitgeber das bisherige Arbeitsverhältnis kündigte und im Wege der Änderungskündigung der Arbeitnehmerin einen anderen Arbeitsplatz zu geänderten Bedingungen anbot. Da die Klägerin eine Beschäftigung zu geänderten Bedingungen ausgeschlagen habe, sei die Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtswirksam geworden.
Die Revision zum BAG hat das LAG nicht zugelassen.
(LAG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 5.7.2022, 16 Sa 1750/21)
Hintergrund:
Während der Elternzeit genießen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen (auch in Teilzeit) einen besonderen Kündigungsschutz. Grundsätzlich ist während der Elternzeit eine Kündigung nur auf der Grundlage einer Zulässigkeitserklärung der obersten Landesbehörde für Arbeitsschutz zulässig, ansonsten ist die Kündigung unzulässig, § 18 BEEG.
Beginn des Kündigungsschutzes
Der Kündigungsschutz beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem die Elternzeit angemeldet wurde, jedoch
- frühestens 8 Wochen vor Beginn der Elternzeit bis zum vollendeten 3. Lebensjahr des Kindes und
- frühestens 14 Wochen vor Beginn einer Elternzeit zwischen den 3. Geburtstag und dem vollendeten 8. Lebensjahr des Kindes.
Auch hier gilt die 3-wöchige Klagefrist
Die Unwirksamkeit einer Kündigung wegen Verstoßes gegen § 18 BEEG müssen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen innerhalb der 3-wöchigen Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG beim zuständigen ArbG geltend machen. Hier gilt allerdings die Besonderheit, dass die Dreiwochenfrist gemäß § 4 Satz 4 KSchG erst mit Bekanntgabe der behördlichen Entscheidung über die Zulässigkeitserklärung zu laufen beginnt. Ist die Kündigung wegen fehlender Zulässigkeitserklärung rechtswidrig, setzt folglich der Lauf der Klagefrist gar nicht erst ein. Dennoch sollten Arbeitnehmer mit der Klageeinreichung nicht mehrere Monate warten, da dann Verwirkung eintreten kann (BAG, Urteil v. 3.7.2003, 2 AZR 487/02).
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