Entscheidungsstichwort (Thema)
Annahmeverzug. böswilliges Unterlassen von Verdienst. zumutbare anderweitige Arbeit auf Grund eines Änderungsangebots. Zeitpunkt des Änderungsangebots
Orientierungssatz
Für die Frage der Zumutbarkeit einer Arbeit nach § 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG kann auch der Zeitpunkt eines Arbeitsangebots von Bedeutung sein. Der Arbeitnehmer muss eine deutliche Verschlechterung seiner Arbeitsbedingungen nicht akzeptieren, solange er berechtigte Aussichten hat, rechtzeitig eine günstigere Arbeit zu finden. Je länger Arbeitsangebot und vorgesehene Arbeitsaufnahme auseinanderliegen, desto weniger wird es dem Arbeitnehmer im Regelfall vorzuwerfen sein, wenn er das Angebot ablehnt und sich stattdessen um eine für ihn günstigere Arbeit bemüht.
Normenkette
BGB § 615; KSchG § 11
Verfahrensgang
LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 05.07.2005; Aktenzeichen 14 Sa 32/05) |
ArbG Mannheim (Urteil vom 18.11.2004; Aktenzeichen 10 Ca 311/04) |
Tenor
- Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 5. Juli 2005 – 14 Sa 32/05 – aufgehoben, soweit es die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mannheim vom 18. November 2004 – 10 Ca 311/04 – iHv. 94,50 Euro brutto nebst Zinsen zurückgewiesen hat. In diesem Umfang wird das bezeichnete Urteil des Arbeitsgerichts Mannheim auf die Berufung der Beklagten abgeändert und die Klage abgewiesen.
- Im Übrigen wird die Revision der Beklagten zurückgewiesen.
- Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über Annahmeverzugsvergütung.
Der im Jahre 1950 geborene Kläger war seit 1973 als Verkäufer bei der Beklagten beschäftigt. Er arbeitete in deren Filiale in H… und bezog zuletzt eine monatliche Durchschnittsvergütung von 2.205,50 Euro brutto, nämlich ein Festgehalt von 1.941,40 Euro brutto zzgl. einer Prämie von durchschnittlich 264,10 Euro brutto.
Die Beklagte ist ein Einzelhandelsunternehmen, das Artikel der Unterhaltungselektronik, Elektroartikel, Fotogeräte ua. vertreibt. Sie beschloss im Rahmen einer bundesweiten Umstrukturierung, die Filiale in Heidelberg in einen sog. Abverkaufsmarkt umzugestalten und Verkaufspersonal nur noch in reduziertem Umfang und mit weiter gefasster Zuständigkeit zu beschäftigen.
Mit Schreiben vom 19. April 2003 sprach die Beklagte gegenüber dem Kläger eine Änderungskündigung zum 30. November 2003 aus. Zugleich bot sie ihm den Abschluss eines neuen Arbeitsvertrags an. Darin war eine Tätigkeit als “Verkäufer mit Kassentätigkeit” vorgesehen mit dem Zusatz “Die Tätigkeit umfasst alle in der Filiale anfallenden Arbeiten, insbesondere die Warenannahme, den Warentransport innerhalb der Filiale, die Warenpflege, den Warenverkauf, Bearbeitung von Kundenreklamationen sowie Kassentätigkeit.” Das feste Monatsgehalt sollte 1.650,00 Euro brutto betragen. Die bisher geltenden zusätzlichen tariflichen Leistungen wie Urlaubsgeld und Sonderzuwendung sollten entfallen. Andererseits war der Bezug einer variablen, freiwilligen und jederzeit widerruflichen Zielprämie vorgesehen.
Der Kläger lehnte das Änderungsangebot vorbehaltlos ab und erhob Klage gegen die Änderungskündigung vom 19. April 2003. Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht gaben dieser Klage statt. Die Revision der Beklagten wurde mit Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 23. Juni 2005 (– 2 AZR 96/05 –) zurückgewiesen.
Der Kläger war ab dem 1. Dezember 2003 bis zum 29. Februar 2004 arbeitslos. Er bezog in dieser Zeit Arbeitslosengeld. Vom 1. März 2004 bis zum 14. Mai 2004 arbeitete er als Verkäufer bei einem anderen Unternehmen und verdiente hier monatlich 2.300,00 Euro brutto. Ab dem 15. Mai 2004 bis zum 30. September 2004 war er wieder arbeitslos und bezog Arbeitslosengeld.
Mit seiner Klage hat der Kläger Annahmeverzugsvergütung für die Zeiten seiner Arbeitslosigkeit geltend gemacht. Die Beklagte sei durch den Ausspruch der unwirksamen Änderungskündigung in Annahmeverzug geraten.
Der Kläger hat, soweit in der Revisionsinstanz noch von Interesse, beantragt,
die Beklagte zur Zahlung von 16.542,00 Euro brutto abzgl. erhaltenen Arbeitslosengeldes iHv. 7.912,85 Euro zzgl. Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27. September 2004 zu verurteilen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Dem Kläger wäre es zumutbar gewesen, ihr Änderungsangebot unter Vorbehalt anzunehmen. Er habe deshalb den Erwerb anderweitigen Verdienstes böswillig unterlassen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten im Wesentlichen zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision macht die Beklagte weiterhin die Anrechnung in Höhe des unterlassenen Erwerbs geltend.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nur in geringem Umfang begründet.
I. Der Kläger kann nach § 615 Satz 1 BGB in Verb. mit den §§ 293 ff. BGB die vereinbarte Vergütung für die Zeiträume vom 1. Dezember 2003 bis zum 29. Februar 2004 und vom 15. Mai 2004 bis zum 30. September 2004 iHv. insgesamt 16.542,00 Euro brutto verlangen. Das hat das Landesarbeitsgericht entschieden, ohne dass die Revision hiergegen Einwendungen erhebt. Die Revision verfolgt lediglich das Ziel einer höheren Anrechnung nach § 11 Satz 1 Nr. 1 bis 3 KSchG. Hiervon abgesehen sind Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts hinsichtlich der Annahmeverzugsvergütung nach § 615 Satz 1 BGB in Verb. mit den §§ 293 ff. BGB nach Grund und Höhe des Anspruchs auch nicht ersichtlich.
II. Die Beurteilung der Anrechnung durch das Landesarbeitsgericht ist im Wesentlichen nicht zu beanstanden.
1. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, der anderweitige Verdienst des Klägers im Zeitraum vom 1. März 2004 bis zum 14. Mai 2004 sei nach § 11 Satz 1 Nr. 1 KSchG insgesamt auf die Vergütung für den gesamten Zeitraum des Annahmeverzugs anzurechnen (vgl. nur BAG 22. November 2005 – 1 AZR 407/04 – AP BGB § 615 Anrechnung Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 14, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu III 1 der Gründe). Es hat lediglich auf Grund eines offenbaren Rechenfehlers als überschießenden Betrag 94,50 Euro brutto zu wenig abgezogen. Insoweit ist die Revision der Beklagten begründet.
2. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, der Kläger habe es nicht böswillig unterlassen, eine ihm zumutbare Arbeit anzunehmen (§ 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG).
a) Das Landesarbeitsgericht hat insoweit ausgeführt, dem Kläger sei nicht mehr seine Tätigkeit als Fachverkäufer in der Rundfunk- und Fernsehabteilung angeboten worden. Statt dessen habe er je nach Bedarf mit allen in der Filiale anfallenden Arbeiten, vom Verkauf über den Warentransport bis zur Kassentätigkeit, beschäftigt werden sollen. Es habe sich um eine gegenüber der bisherigen Tätigkeit des Klägers geringerwertige Tätigkeit gehandelt. Unerheblich sei, ob zu einem späteren Zeitpunkt noch an der ursprünglichen Konzeption eines für alle Arbeiten im Markt zuständigen Mitarbeiters festgehalten worden sei. Zudem sei dem Kläger eine um 25 % reduzierte Vergütung angeboten worden, wobei der Wegfall von Urlaubsgeld und Sonderzuwendung noch unberücksichtigt bleibe. Die zusätzlich in Aussicht gestellte variable Zielprämie könne keine Berücksichtigung finden. Der Kläger habe mit ihr mangels einer bestimmten Regelung nicht rechnen können. Die angebotene Vergütung sei deutlich geringer als das Tarifgehalt iHv. 1.915,00 Euro brutto monatlich. Zwar könne allein in der Ablehnung des Änderungsangebots ein böswilliges Unterlassen zumutbarer Arbeit liegen. Zu berücksichtigen sei aber, dass der Kläger ein Angebot abgelehnt habe, welches erst am 1. Dezember 2003 zum Tragen kommen sollte. Zwischen dem Ablauf der dreiwöchigen Frist des § 2 Satz 2 KSchG und dem Wirksamwerden der angebotenen neuen Vertragsbedingungen hätten mehr als sechs Monate gelegen. Mithin habe der Kläger bei Zugang der Änderungskündigung vor der Entscheidung gestanden, sich auf die angebotenen, erheblich verschlechternden neuen Arbeitsbedingungen einzulassen und dementsprechend gegenüber der Beklagten als dauerhaft bindungswillig zu erscheinen oder aber darauf zu setzen, ab dem 1. Dezember 2003 oder jedenfalls nicht erheblich später eine anderweitige Tätigkeit als Fachverkäufer mit zumindest tarifüblichen Bedingungen finden zu können. Eine derartige Chance, einen anderweitigen Arbeitsplatz zu besseren Beschäftigungs- und Entgeltbedingungen zu finden, habe der Kläger nicht nur ernsthaft in Betracht ziehen, sondern auch dem Angebot der Beklagten vorziehen dürfen. Anders wäre die Situation ggf. zu beurteilen, falls die Beklagte dem Kläger zeitnah mit dem Auslaufen der Kündigungsfrist am 30. November 2003 nochmals ein entsprechendes Arbeitsangebot gemacht hätte. Demgegenüber habe die Beklagte den Kläger bereits vor dem 30. November 2003 von der Arbeit freigestellt und damit zum Ausdruck gebracht, den Kläger auch nicht mehr zu den geänderten Bedingungen beschäftigen zu wollen.
b) Diese Ausführungen sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Rügen der Revision greifen nicht durch.
aa) Besteht nach einer gerichtlichen Entscheidung das Arbeitsverhältnis fort, muss sich der Arbeitnehmer nach § 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG auf das Arbeitsentgelt, das ihm der Arbeitgeber für die Zeit nach der Entlassung schuldet, das anrechnen lassen, was er hätte verdienen können, wenn er es nicht böswillig unterlassen hätte, eine ihm zumutbare Arbeit anzunehmen. Diese Anrechnungsvorschrift ist eine Sonderregelung zu § 615 Satz 2 BGB. Trotz des nicht völlig identischen Wortlauts sind die Vorschriften inhaltsgleich. Nach beiden Bestimmungen ist zu prüfen, ob dem Arbeitnehmer nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) sowie unter Beachtung des Grundrechts auf freie Arbeitsplatzwahl (Art. 12 GG) die Aufnahme einer anderweitigen Arbeit zumutbar ist. Eine Anrechnung kommt auch in Betracht, wenn die Beschäftigungsmöglichkeit bei dem Arbeitgeber besteht, der sich mit der Annahme der Dienste des Arbeitnehmers in Verzug befindet.
Ob der Arbeitnehmer es böswillig unterlässt, eine zumutbare Arbeit aufzunehmen, wenn er das mit einer Änderungskündigung verbundene Arbeitsangebot ablehnt, ist nach den gesamten Umständen des konkreten Falls zu beurteilen.
Die Einwendung des § 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG setzt zunächst voraus, dass dem Arbeitnehmer die angebotene Arbeit zumutbar ist. Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalls. Die Unzumutbarkeit der Arbeit kann sich unter verschiedenen Gesichtspunkten ergeben. Sie kann ihren Grund in der Person des Arbeitgebers, der Art der Arbeit oder den sonstigen Arbeitsbedingungen haben. Auch vertragsrechtliche Umstände sind zu berücksichtigen. Demgegenüber kann auf die Zumutbarkeitskriterien des § 121 SGB III nicht abgestellt werden, weil es hier um einen anderen Regelungsgegenstand, nämlich den Schutz der Versichertengemeinschaft geht. Böswillig handelt der Arbeitnehmer, dem ein Vorwurf daraus gemacht werden kann, dass er während des Annahmeverzugs trotz Kenntnis aller objektiven Umstände vorsätzlich untätig bleibt oder die Aufnahme der Arbeit bewusst verhindert.
Die Zumutbarkeit der neuen Arbeitsbedingungen im Rahmen des § 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG ist nicht generell schon deshalb zu bejahen, weil Änderungsschutzklage oder Kündigungsschutzklage erhoben wurde. Den Arbeitnehmer trifft nur die Obliegenheit, seine Arbeitskraft zu aktuell zumutbaren Bedingungen zur Verfügung zu stellen. Die Aussicht auf eine spätere Nachzahlung ist der gegenwärtigen Bezahlung nicht gleichzusetzen. Der Maßstab des § 2 Satz 1 KSchG ist ein anderer als der des § 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG, weil § 2 Satz 1 KSchG im Gegensatz zu § 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG die betriebliche Situation bei dem kündigenden Arbeitgeber entscheidend berücksichtigt. Demgegenüber kommt es bei § 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG in erster Linie auf die Verhältnisse des gekündigten Arbeitnehmers an.
Die Obliegenheit, auch eine minderbezahlte Arbeit anzunehmen, bedeutet keinen Verstoß gegen den Vertragsinhaltsschutz. Ob der Vertrag und der Vertragsinhalt aufrechterhalten bleiben, wird von den Gerichten für Arbeitssachen geprüft. Unabhängig hiervon obliegt es dem Arbeitnehmer, eine mögliche Arbeit zu zumutbaren Bedingungen aufzunehmen oder fortzuführen. Das gebietet die Rücksichtnahme gegenüber dem bisherigen Vertragspartner. Die Ablehnung des Änderungsangebots im Zusammenhang mit einer Änderungskündigung ist im Grundsatz nicht anders zu beurteilen als die Ablehnung eines entsprechenden Angebots nach erfolgter Kündigung. Dass die Wahlmöglichkeit des § 2 KSchG faktisch durch § 615 Satz 2 BGB und § 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG eingeschränkt wird, liegt in der Natur der Sache und wird von diesen Vorschriften geradezu gefordert. Die Bindung, die in der Annahme des Änderungsangebots unter Vorbehalt liegt, ist dem Arbeitnehmer nicht von vorneherein unzumutbar (BAG 16. Juni 2004 – 5 AZR 508/03 – BAGE 111, 123, 126 ff., zu II 1 bis 3 der Gründe; 11. Januar 2006 – 5 AZR 98/05 – AP BGB § 615 Nr. 113 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 11, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu III der Gründe, jeweils mwN).
Für die Frage der Zumutbarkeit kann auch der Zeitpunkt eines Arbeitsangebots von Bedeutung sein. Der Arbeitnehmer muss eine deutliche Verschlechterung seiner Arbeitsbedingungen nicht akzeptieren, wenn er berechtigte Aussichten hat, rechtzeitig eine für ihn günstigere Arbeit zu finden. Eine solche Arbeit entlastet den Arbeitgeber auch stärker. Ergibt sich die Arbeitsmöglichkeit mit verschlechternden Bedingungen schon frühzeitig für den viel späteren Zeitraum des Annahmeverzugs, ist es nicht vorwerfbar, wenn der Arbeitnehmer dann zunächst abwartet und sich um eine besser bezahlte Arbeit bemüht. Je mehr Zeit zwischen dem Arbeitsangebot und der vorgesehenen Arbeitsaufnahme liegt, umso weniger wird der Arbeitnehmer im Regelfall gehalten sein, das Angebot sofort anzunehmen. Außerdem hat es der Arbeitgeber vielfach in der Hand, das Angebot zu erneuern oder ein zeitnahes Weiterbeschäftigungsangebot zu unterbreiten.
bb) Das Landesarbeitsgericht ist hinsichtlich der Rechtsbegriffe der Böswilligkeit und der Zumutbarkeit von den zutreffenden Maßstäben ausgegangen. Es hat alle wesentlichen Umstände berücksichtigt und die beiderseitigen Interessen widerspruchs- und rechtsfehlerfrei abgewogen. Insbesondere durfte das Landesarbeitsgericht als entscheidend ansehen, dass der Kläger sich nicht mehr als sechs Monate vor Ablauf der Kündigungsfrist auf eine ganz erhebliche Verschlechterung der Arbeitsbedingungen festlegen musste, sondern zu diesem Zeitpunkt von einer günstigeren Arbeitsmöglichkeit ausgehen durfte.
(1) Soweit die Revision rügt, der Kläger habe selbst behauptet, die Beklagte habe die Umsetzung des neuen Konzepts zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt, steht das der Würdigung des Landesarbeitsgerichts nicht entgegen. Der Kläger musste seiner Entscheidung das Angebot der Beklagten so zu Grunde legen, wie die Beklagte es abgegeben hatte. Der Revision mag gefolgt werden, dass allein die vorgesehene Änderung der Tätigkeit keine Unzumutbarkeit begründet hätte. Von der gegenteiligen Annahme geht das Landesarbeitsgericht aber selbst nicht aus.
(2) Ebenso hat das Landesarbeitsgericht nicht allein die Verminderung der Vergütung für eine Unzumutbarkeit genügen lassen, sondern eine Gesamtbetrachtung angestellt. Es hat zudem auf die Untertariflichkeit der Vergütung hingewiesen. Diesem Gesichtspunkt kann entgegen der Auffassung der Revision durchaus Bedeutung zukommen. Das Landesarbeitsgericht hat auch zutreffend die bisher tatsächlich erzielte und die auf Grund des angebotenen Vertrags zu erwartende Vergütung gegenübergestellt.
(3) Gegen die Berücksichtigung des Zeitraums zwischen der Obliegenheit zur Entscheidung und der angebotenen Arbeitsmöglichkeit bringt die Revision nichts Erhebliches vor. Dem Kläger wäre es bei einer Annahme unter Vorbehalt keinesfalls möglich gewesen, kurzfristig als Fachverkäufer zu einem anderen Arbeitgeber zu wechseln. Vielmehr wäre er an den geänderten Vertrag mindestens bis zu einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung über die Kündigung gebunden gewesen. Die Möglichkeit einer Kündigung des Klägers hat außer Betracht zu bleiben, weil die endgültige Aufnahme einer anderen Arbeit im Rahmen des § 615 BGB nicht verlangt werden kann (vgl. BAG 11. Januar 2006 – 5 AZR 98/05 – AP BGB § 615 Nr. 113 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 11, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu III 4b aa der Gründe). Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, der Beklagten wäre es zumutbar gewesen, das Arbeitsangebot im Zusammenhang mit dem Ablauf der Kündigungsfrist zu erneuern. Gegen die naheliegende Würdigung des Landesarbeitsgerichts, der Kläger habe bei Ablauf der Drei-Wochen-Frist des § 2 Satz 2 KSchG noch annehmen dürfen, er werde zeitnah eine günstigere Arbeitsmöglichkeit finden, bringt die Revision nichts vor. Sie macht nicht etwa geltend, für den Kläger habe eine solche Aussicht nicht bestanden. Vielmehr hat der Kläger zeitweise sogar eine Arbeit mit höherer Vergütung als zuvor bei der Beklagten gefunden. Im Fall der Senatsentscheidung vom 11. Januar 2006 (– 5 AZR 125/05 – AP BGB § 615 Anrechnung Nr. 4 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 10, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen) hat nicht der Senat eine entsprechende Anrechnung vorgenommen, sondern der dortige Kläger die vom Landesarbeitsgericht erkannte Anrechnung nicht angegriffen.
3. Da keine Anrechnung nach § 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG erfolgt, verbleibt es bei der vom Landesarbeitsgericht erkannten vollen Anrechnung des gezahlten Arbeitslosengeldes nach § 11 Satz 1 Nr. 3 KSchG (vgl. Senat 11. Januar 2006 – 5 AZR 125/05 – AP BGB § 615 Anrechnung Nr. 4 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 10, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu III 2 der Gründe). Der geringere Abzug gemäß dem Revisionsantrag soll offenbar nur für den Fall der Anrechnung von fiktivem Arbeitsverdienst gelten. Kann kein fiktiver Arbeitsverdienst angerechnet werden, soll es nach dem Revisionsbegehren der Beklagten bei dem vollen Abzug bleiben.
III. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1, § Abs. 2 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.
Unterschriften
Müller-Glöge, Mikosch, Linck, Kremser, Wolf
Fundstellen
Haufe-Index 1672622 |
NJW 2007, 2060 |
FA 2007, 119 |
NZA 2007, 1392 |
AP, 0 |
EzA-SD 2007, 7 |
EzA |
ArbRB 2007, 72 |
NJOZ 2007, 5459 |
SPA 2007, 6 |