Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebliche Altersversorgung. Ablösung einer Versorgungsordnung. versicherungsmathematische Abschläge. dreistufiges Prüfungsschema. Benachteiligung wegen der Behinderung
Orientierungssatz
1. Das dreistufige Prüfungsschema für die Überprüfung der Wirksamkeit einer ablösenden Betriebsvereinbarung ist nur bei Eingriffen in die Höhe der Versorgungsanwartschaften anzuwenden. Auch die Einführung eines versicherungsmathematischen Abschlags für die Inanspruchnahme einer Betriebsrente vor Erreichen der festen Altersgrenze kann sich auf die Höhe der Versorgungsanwartschaft auswirken und ist folglich am dreistufigen Prüfungsschema zu messen.
2. Das Verhalten eines Arbeitnehmers in seiner Funktion als Vorsitzender oder stellvertretender Vorsitzender des Betriebsrats bindet ihn nicht bei der Ausübung und Geltendmachung ihm persönlich zustehender Rechtspositionen.
3. § 3 Abs. 2 AGG enthält zwar nach seinem Wortlaut nicht ausdrücklich das Erfordernis „in einer vergleichbaren Situation”. Da das Diskriminierungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG der spezifische Ausdruck des allgemeinen Gleichheitssatzes ist und die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung generell verlangen, dass gleiche Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden, ist auch bei einer mittelbaren Diskriminierung die Frage nach einer „vergleichbaren Situation” bzw. einer „vergleichbaren Lage” von Bedeutung.
4. Ablösende Betriebsvereinbarungen dürfen in künftige, noch nicht erdiente, dienstzeitabhängige Steigerungen von Versorgungsanwartschaften nur eingreifen, wenn dafür sachlich-proportionale Gründe vorliegen. Solche können gegeben sein, wenn die Betriebsparteien eine neue gestaltende Verteilungsentscheidung treffen. Voraussetzung ist, dass der Dotierungsrahmen im Wesentlichen zumindest gleich hoch bleibt und der Eingriff für die nachteilig betroffene Arbeitnehmergruppe zumutbar ist.
Normenkette
BetrAVG §§ 1, 2 Abs. 1, 5, § 6; AGG §§ 1, 2 Abs. 2 S. 2, § 3 Abs. 1-2, § 7; BetrVG § 26 Abs. 2 S. 1, § 87 Abs. 1 Nrn. 8, 10; BGB § 242; SGB IX § 81 Abs. 2; GG Art. 3 Abs. 3 S. 2; Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf Art. 2 Abs. 2; Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf Art. 5
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 8. Juli 2015 – 6 Sa 257/14 – aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe der dem Kläger zustehenden betrieblichen Altersrente.
Der im April 1953 geborene, als schwerbehinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung von 50 anerkannte Kläger, war vom 1. April 1980 bis zum 30. April 2013 als kaufmännischer Angestellter bei der Beklagten zuletzt in Altersteilzeit beschäftigt. Seit dem 1. Mai 2013 bezieht er eine vorzeitige Altersrente für schwerbehinderte Menschen aus der gesetzlichen Rentenversicherung und eine Betriebsrente von der Beklagten.
Die Beklagte gewährt ihren Arbeitnehmern Leistungen der betrieblichen Altersversorgung auf der Grundlage verschiedener Betriebsvereinbarungen. Die für die Altersversorgung des Klägers zunächst maßgebliche Betriebsvereinbarung über eine betriebliche Altersversorgung vom 23. Dezember 1992 (im Folgenden BV 1992) bestimmt ua.:
„§ 1 |
Anspruchsvoraussetzung |
(1) Die Arbeitnehmer der Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft/der Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes VVaG erhalten nach Maßgabe dieser Betriebsvereinbarung eine betriebliche Versorgung.
(2) Ein Anspruch auf Leistung entsteht, wenn der Arbeitnehmer spätestens am letzten Tag des Monats, in dem das 65. Lebensjahr vollendet ist, ununterbrochen 10 Jahre in einem Arbeitsverhältnis zu den Sozialkassen der Bauwirtschaft gestanden hat und aus dem Dienst zur Kasse wegen Alters, Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit ausgeschieden ist.
…
Die Kasse erbringt ihren Arbeitnehmern und deren Hinterbliebenen im Versorgungsfalle wiederkehrende Leistungen als
a) Altersrente,
…
Zu a) Altersrente:
Diese Betriebsrente wird gewährt, wenn der Arbeitnehmer aus der Kasse ausscheidet und zu diesem Zeitpunkt Anspruch auf eine Altersrente in voller Höhe (Vollrente) aus der gesetzlichen Rentenversicherung hat oder haben würde, wenn er nicht von der Beitragspflicht befreit wäre. …
Macht der Arbeitnehmer von der gesetzlichen Teilrente Gebrauch, besteht kein Anspruch auf Betriebsrente. …
…
(1) Die Betriebsrente beträgt nach 10jähriger Anwartschaftszeit monatlich 8 v. H. der letzten Gehalts- bzw. Lohnzusage des Arbeitnehmers (Sockelbetrag).
Die Betriebsrente steigert sich für jedes nach der 10jährigen Anwartschaftszeit vollendete Dienstjahr um 0,8 v. H. der Bemessungsgrundlage nach Abs. 1. …”
Am 15. Dezember 1995 schlossen die Betriebsparteien eine neue Betriebsvereinbarung über eine betriebliche Altersversorgung (im Folgenden BV 1995), die auszugsweise wie folgt lautet:
„§ 1 |
Anspruchsvoraussetzungen |
(1) Die Sozialkassen der Bauwirtschaft gewähren ihren Arbeitnehmern, mit denen bis einschließlich 31. Dezember 1995 ein Arbeitsvertrag abgeschlossen wurde und die spätestens am 31.12.1995 ihren Dienst angetreten haben, nach Maßgabe dieser Betriebsvereinbarung eine betriebliche Versorgung als wiederkehrende Leistungen (Betriebsrente).
(2) Ein Anspruch auf Betriebsrente entsteht, wenn der Arbeitnehmer spätestens am letzten Tag des Monats, in dem das 65. Lebensjahr vollendet ist, ununterbrochen 10 Jahre in einem Arbeitsverhältnis zu den Sozialkassen der Bauwirtschaft gestanden hat (Wartezeit) und aus dem Dienst wegen Alters, Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit ausgeschieden ist.
…
Die Sozialkassen der Bauwirtschaft erbringen ihren ausgeschiedenen Arbeitnehmern im Versorgungsfall wiederkehrende Leistungen (Betriebsrenten) im Sinne des § 1 Ziff. 1 bei Bezug
a) gesetzlicher Altersrente,
…
Zu a) Betriebsrente bei Bezug gesetzlicher Altersrente:
Das Beginnalter für diese Betriebsrente ist grundsätzlich die Vollendung des 65. Lebensjahres.
Diese Betriebsrente wird gewährt, wenn der Arbeitnehmer bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen gemäß § 1 das 65. Lebensjahr vollendet hat.
Nimmt der Arbeitnehmer bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen gem. § 1 vor Vollendung des 65. Lebensjahres Altersrente in voller Höhe (Vollrente) aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Anspruch oder könnte er diese in Anspruch nehmen, wenn er nicht von der Beitragspflicht befreit wäre, wird die gemäß § 4 ermittelte Betriebsrente entsprechend § 3 Ziff. 2 gekürzt.
…
(1) Der Arbeitnehmer erwirbt für jedes vollendete Jahr tatsächlicher Dienstzeit zu den Sozialkassen der Bauwirtschaft eine Anwartschaft in Höhe von 0,8 v. H., bezogen auf die vor Eintritt des Versorgungsfalles letzte Bruttogehalts-/Bruttolohnzusage (Sockelbetrag).
…
(2) Nimmt ein Arbeitnehmer die Betriebsrente gemäß § 2 a) vor Vollendung des 65. Lebensjahres in Anspruch, werden die ab 1. Januar 1996 erworbenen Anwartschaften während der gesamten Laufzeit für jeden Monat des vorzeitigen Ausscheidens um 0,4 v. H. gekürzt (Stand der Rechtsprechung und Literatur 01. Januar 1995). Die bis zum 31.12.1995 erworbenen Anwartschaften bleiben ungekürzt. Ändert sich die Kürzungsgröße, hat im Einvernehmen mit dem Betriebsrat eine Anpassung zu erfolgen, ohne daß es einer Kündigung dieser Betriebsvereinbarung bedarf. …”
Schließlich vereinbarten die Betriebsparteien nach einer vorausgegangenen Kündigung der BV 1995 zum 31. Dezember 2000 am 7. Dezember 2001 eine „Betriebsvereinbarung über eine Änderung der betrieblichen Altersversorgung für Mitarbeiter mit Eintritt bis 31.12.1995” (im Folgenden BV 2001), in der ua. Folgendes bestimmt ist:
„Vorbemerkung
Zwei aktuelle Anlässe machen Veränderungen der betrieblichen Altersversorgung notwendig. Zum einen wurde die mit Betriebsvereinbarung vom 15.12.1995 neugefasste betriebliche Altersversorgung der bis zum 31.12.1995 eingetretenen Mitarbeiter von einem Gericht im Hinblick darauf beanstandet, dass diese durch Einführung versicherungsmathematischer Abschläge bei vorgezogener Altersrente einseitig – d. h. ohne eine Kompensation – verschlechtert wurde. Zum anderen werden durch die Rentenreform 2000 die Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung bei vorzeitigen Versorgungsfällen (Witwen/Witwe(r)versorgung, Erwerbsunfähigkeitsversorgung) deutlich verschlechtert. Mit den nachfolgend beschriebenen Änderungen soll beiden Anlässen Rechnung getragen werden. Aus Gründen der Versorgungsgerechtigkeit sollen Mitarbeiter, die die betriebliche Altersrente vor Vollendung des 65. Lebensjahres in Anspruch nehmen, eine geringere Leistung erhalten als diejenigen, die bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres die höchstmögliche Betriebstreue erbringen. Dabei soll die Kürzung der Höhe nach limitiert werden. Vorzeitige Versorgungsleistungen sollen durch die Einführung von sog. Zurechnungszeiten deutlich verbessert werden. Beide Veränderungen bewirken, dass der vor Inkrafttreten der Betriebsvereinbarung vom 15.12.1995 geltende Dotierungsrahmen, der die Wertigkeit der betrieblichen Altersversorgung repräsentiert, wieder hergestellt ist.
Für rentennahe Jahrgänge entfallen die vorgesehenen versicherungsmathematischen Abschläge. Für diesen Personenkreis, der von der Verschlechterung der gesetzlichen Leistungen nicht bzw. nicht erheblich betroffen ist, gelten auch nicht die Verbesserungen der vorzeitigen Versorgungsleistungen.
Dies vorausgeschickt wird vereinbart:
Die zum 31. Dezember 2000 gekündigte Betriebsvereinbarung über eine betriebliche Altersversorgung vom 15. Dezember 1995 wird mit der Maßgabe wieder in Kraft gesetzt, dass die folgenden Änderungen vereinbart werden:
Art. 1
Änderungen der Betriebsvereinbarung vom 15.12.1995
…
§ 3 Absatz 2 der Betriebsvereinbarung erhält folgende Fassung:
(2) Nimmt ein Arbeitnehmer die Betriebsrente vor Vollendung des 65. Lebensjahres in Anspruch, werden die ab dem 01. Januar 1996 erworbenen Anwartschaften während der gesamten Laufzeit für jeden Vorgriffsmonat des vorzeitigen Ausscheidens vor der Vollendung des 65. Lebensjahres um 0,4 v.H. pro Monat gekürzt.
Die bis zum 31.12.1995 erworbenen Anwartschaften bleiben ungekürzt.
…
Die Änderungen finden mit Ausnahme derjenigen des § 5 auf Mitarbeiter mit Geburtsjahrgang 1945 und davor keine Anwendung. Für solche Mitarbeiter entfallen die in § 3 Abs. 2 vorgesehenen Abschläge, ebenso die betriebliche Zurechnungszeit gemäß § 3 Absätze 3 und 4.
Art. 3 |
Inkrafttreten / Kündigung |
Diese Betriebsvereinbarung tritt mit sofortiger Wirkung in Kraft. …”
Die Beklagte zahlt an den Kläger seit dem 1. Mai 2013 eine vorgezogene Altersrente iHv. 1.324,41 Euro brutto. Diese berechnet sich auf der Grundlage einer ungekürzten monatlichen Altersrente von 1.515,10 Euro brutto. Wegen der um 60 Monate vor der Vollendung des 65. Lebensjahres vorgezogenen Inanspruchnahme wurde die betrieblichen Altersrente um 24 vH gekürzt, soweit sie auf den ab dem 1. Januar 1996 erarbeiteten Anwartschaften iHv. 794,56 Euro beruht. Dies ergab einen Kürzungsbetrag von 190,69 Euro.
Mit seiner Klage hat sich der Kläger gegen den versicherungsmathematischen Abschlag und damit die Kürzung seiner vorgezogenen Altersrente um monatlich 190,69 Euro gewandt. Er hat geltend gemacht, die in § 3 Abs. 2 BV 1995 bzw. § 3 Abs. 2 BV 2001 vorgesehene Kürzung sei unrechtmäßig. Es fehle an einem sachlichen Grund, um den Eingriff in künftige, dienstzeitabhängige Steigerungsbeträge der Betriebsrente durch Anhebung der Altersgrenze zu rechtfertigen. Seine Versorgungsansprüche würden sich weiterhin nach der BV 1992 richten. Diese sehe keine versicherungsmathematischen Abschläge vor. Die verschlechternden Regelungen in der BV 1995 und der BV 2001 verstießen gegen das Verbot der Diskriminierung wegen einer Behinderung. Schwerbehinderte Menschen würden durch die Kürzung der Betriebsrente benachteiligt, da sie nicht die Möglichkeit hätten, die vollen Ansprüche aus der betrieblichen Altersversorgung zu erwerben. Für die Monate Mai 2013 bis September 2013 ergebe sich ein Nachzahlungsbetrag iHv. 953,45 Euro brutto.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 953,45 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4. Oktober 2014 zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Ansicht vertreten, durch die Regelungen in der BV 1995 und der BV 2001 sei die Rechtslage für Männer und Frauen vereinheitlicht worden. Der Anspruch auf die Betriebsrente sei an die gesetzliche Rente gekoppelt gewesen, die Frauen mit Vollendung des 60. Lebensjahres hätten beanspruchen können, Männer hingegen mit Vollendung des 63. Lebensjahres. Durch § 3 Abs. 2 BV 1995 und BV 2001 sei diese Koppelung aufgehoben worden, sodass sämtliche Arbeitnehmer unabhängig vom Geschlecht die ungekürzte betriebliche Rente erst mit der Vollendung des 65. Lebensjahres beanspruchen könnten. Dies stelle einen sachlichproportionalen Grund dar, der einen Eingriff in zukünftige, dienstzeitabhängige Zuwächse der Versorgungsanwartschaften rechtfertige. Für die Einführung eines versicherungsmathematischen Abschlags seien sachliche Gründe nicht erforderlich, da durch eine vorgezogene Inanspruchnahme der Altersrente das in der Versorgungszusage festgelegte Verhältnis von Leistung und Gegenleistung zulasten der Beklagten verschoben würde. Auf eine etwaige finanzielle Belastung komme es insofern nicht an. Die Neuregelung führe auch nicht zu einer unzulässigen Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter. Die Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte die Klage nicht abgewiesen werden. Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts kann der Senat nicht abschließend beurteilen, ob die BV 1992 durch die späteren Betriebsvereinbarungen wirksam abgelöst wurde oder dem Kläger dem Grunde nach ein Anspruch auf Gewährung einer betrieblichen Altersrente nach der BV 1992 seit dem 1. Mai 2013 zusteht und die Beklagte daher verpflichtet ist, ihm ab dem 1. Mai 2013 monatlich eine um 190,69 Euro brutto höhere vorgezogene Altersrente zu zahlen. Dies führt zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung (§ 563 Abs. 1 ZPO) .
I. Das Landesarbeitsgericht ist zwar zu Recht davon ausgegangen, dass die späteren Betriebsvereinbarungen durch die Einführung und Aufrechterhaltung versicherungsmathematischer Abschläge bei der vorgezogenen Inanspruchnahme einer Altersrente in künftige, dienstzeitabhängige Steigerungsbeträge nach der BV 1992 eingreifen und es dafür sachlich-proportionaler Gründe bedarf. Deren Vorliegen hat das Landesarbeitsgericht aber mit rechtsfehlerhafter Begründung bejaht.
1. Die Einführung versicherungsmathematischer Abschläge bei der Inanspruchnahme der betrieblichen Altersrente vor der Vollendung des 65. Lebensjahres durch die BV 1995 und deren Aufrechterhaltung durch die BV 2001 greift bei gleichzeitiger Einführung einer festen Altersgrenze mit der Vollendung des 65. Lebensjahres in künftige, dienstzeitabhängige Steigerungsbeträge nach der BV 1992 ein. Dieser Eingriff bedarf zu seiner Rechtfertigung sachlichproportionaler Gründe.
a) Nach den Regelungen der BV 1992 konnte der Kläger eine betriebliche Altersrente beanspruchen, sobald er einen Anspruch auf Altersrente in voller Höhe aus der gesetzlichen Rentenversicherung hat (Vollrente). Eine eigenständige feste Altersgrenze für die Inanspruchnahme der Altersrente enthält die BV 1992 nicht. Vielmehr besteht nach § 2 Buchst. a BV 1992 ein Anspruch auf die betriebliche Altersrente immer dann, wenn der Arbeitnehmer Anspruch auf eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung als Vollrente hat. Dies ergibt die Auslegung der BV 1992 (zu den Auslegungsgrundsätzen vgl. BAG 8. Dezember 2015 – 3 AZR 267/14 – Rn. 22; 9. Oktober 2012 – 3 AZR 539/10 – Rn. 21) .
aa) § 2 Buchst. a BV 1992 regelt die Voraussetzungen für die betriebliche Altersrente. Danach wird diese gewährt, wenn der Arbeitnehmer aus der Kasse – mithin aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten – ausscheidet und zu diesem Zeitpunkt Anspruch auf eine Altersrente in voller Höhe (Vollrente) aus der gesetzlichen Rentenversicherung hat. Die Bestimmung knüpft an die Vorschriften zum Bezug einer Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung an, ohne eine eigenständige Regelung zur festen Altersgrenze zu treffen. Die Betriebsparteien haben sich vielmehr an die Regelungen zur Altersrente in § 42 Abs. 1 SGB VI in der am 23. Dezember 1992 geltenden Fassung (Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung [Rentenreformgesetz 1992 – RRG 1992] vom 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261; im Folgenden SGB VI aF) angelehnt. § 42 Abs. 1 SGB VI aF bestimmte, dass eine Altersrente, deren Voraussetzungen und jeweilige Altersgrenzen sich aus den §§ 35 bis 41 SGB VI aF ergaben, als Vollrente oder Teilrente in Anspruch genommen werden konnte. Der Begriff „Vollrente” war dabei nicht als ungekürzte, abschlagsfreie Altersrente, sondern als Gegensatz zu der ebenfalls in § 42 Abs. 1 SGB VI aF genannten Teilrente zu verstehen. Die Anknüpfung an diese sozialversicherungsrechtliche Begrifflichkeit bestätigt auch § 2 Buchst. a Unterabs. 2 BV 1992, wonach kein Anspruch auf eine Altersrente besteht, wenn der Arbeitnehmer von der gesetzlichen Teilrente Gebrauch macht.
Damit ist Voraussetzung für den Bezug einer betrieblichen Altersrente nach der BV 1992, dass der aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedene Arbeitnehmer einen Anspruch auf eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung als Vollrente hat. Unerheblich ist hingegen, welche Altersrente als Vollrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beansprucht werden kann, denn § 2 Buchst. a BV 1992 stellt keinen Bezug zur Regelaltersrente in § 35 SGB VI aF her.
bb) Auch § 1 Abs. 2 BV 1992 enthält keine eigenständige Regelung einer festen Altersgrenze. Zwar ist danach Voraussetzung für einen Anspruch auf Leistungen nach der BV 1992, dass der Arbeitnehmer spätestens am letzten Tag des Monats, in dem das 65. Lebensjahr vollendet ist, zehn Jahre ununterbrochen in einem Arbeitsverhältnis zu den Sozialkassen der Bauwirtschaft gestanden hat und aus dem Dienst zur Kasse wegen Alters, Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit ausgeschieden ist. Diese Vorschrift regelt jedoch lediglich die Wartezeit von zehn Jahren, die der Arbeitnehmer bis zur Vollendung seines 65. Lebensjahres erfüllt haben muss. Eine feste Altersgrenze ist damit nicht bestimmt.
b) Im Gegensatz dazu enthält die BV 1995 erstmals eine feste Altersgrenze. § 2 Buchst. a BV 1995 bestimmt als feste Altersgrenze die Vollendung des 65. Lebensjahres. Zudem sieht § 3 Abs. 2 BV 1995 vor, dass bei einer vorzeitigen Inanspruchnahme der betrieblichen Altersrente für jeden Monat, den diese vor der Vollendung des 65. Lebensjahres in Anspruch genommen wird, ein versicherungsmathematischer Abschlag iHv. 0,4 vH vorgenommen wird. Nach der BV 1995 sind die Altersgrenzen der gesetzlichen Rentenversicherung damit für den Anspruch auf betriebliche Altersrente nicht mehr entscheidend.
2. Durch die Einführung versicherungsmathematischer Abschläge für die Inanspruchnahme einer vorgezogenen Altersrente bei gleichzeitiger Einführung einer festen Altersgrenze mit der Vollendung des 65. Lebensjahres wird in die Höhe der Versorgungsanwartschaften des Klägers eingegriffen. Dieser Eingriff bedarf zu seiner Rechtfertigung sachlich-proportionaler Gründe im Sinne des dreistufigen Prüfungsschemas des Senats.
a) Regeln – wie hier – mehrere zeitlich aufeinanderfolgende Betriebsvereinbarungen denselben Gegenstand, gilt zwar das Ablösungsprinzip. Danach löst eine neue Betriebsvereinbarung eine ältere grundsätzlich auch dann ab, wenn die Neuregelung für den Arbeitnehmer ungünstiger ist (st. Rspr., vgl. ua. BAG 29. Oktober 2002 – 1 AZR 573/01 – zu I 2 a der Gründe mwN, BAGE 103, 187) . Das Ablösungsprinzip ermöglicht allerdings nicht jede Änderung. Soweit in bestehende Besitzstände eingegriffen wird, sind die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit zu beachten (BAG 10. Februar 2009 – 3 AZR 653/07 – Rn. 18) . Deshalb unterliegen Betriebsvereinbarungen, die Versorgungsansprüche aus einer früheren Betriebsvereinbarung einschränken, einer entsprechenden Rechtskontrolle (vgl. BAG 10. November 2015 – 3 AZR 390/14 – Rn. 16; 29. Oktober 2002 – 1 AZR 573/01 – aaO; 18. September 2001 – 3 AZR 728/00 – zu II 2 c aa der Gründe, BAGE 99, 75) .
b) Die bei Einschnitten in Betriebsrentenanwartschaften zu beachtenden Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit hat das Bundesarbeitsgericht durch ein dreistufiges Prüfungsschema präzisiert (st. Rspr. seit BAG 17. April 1985 – 3 AZR 72/83 – zu B II 3 c der Gründe, BAGE 49, 57) . Den abgestuften Besitzständen der Arbeitnehmer sind entsprechend abgestufte, unterschiedlich gewichtete Eingriffsgründe des Arbeitgebers gegenüberzustellen (BAG 9. Dezember 2008 – 3 AZR 384/07 – Rn. 30) . Der unter der Geltung der bisherigen Ordnung und in dem Vertrauen auf deren Inhalt bereits erdiente und entsprechend § 2 Abs. 1, Abs. 5 Satz 1 BetrAVG ermittelte Teilbetrag kann hiernach nur in seltenen Ausnahmefällen eingeschränkt oder entzogen werden. Der Eingriff setzt zwingende Gründe voraus. Zuwächse, die sich – wie etwa bei endgehaltsbezogenen Zusagen – dienstzeitunabhängig aus variablen Berechnungsfaktoren ergeben (erdiente Dynamik), können nur aus triftigen Gründen geschmälert werden. Für Eingriffe in dienstzeitabhängige, noch nicht erdiente Zuwachsraten genügen sachlich-proportionale Gründe (vgl. etwa BAG 15. Mai 2012 – 3 AZR 11/10 – Rn. 25, BAGE 141, 259) .
c) Ob eine spätere Betriebsvereinbarung in Besitzstände eingreift und deshalb eine Überprüfung anhand des dreistufigen Prüfungsschemas erforderlich ist, kann nur im jeweiligen Einzelfall und auf das Einzelfallergebnis bezogen festgestellt werden (vgl. BAG 15. Mai 2012 – 3 AZR 11/10 – Rn. 26, BAGE 141, 259; 21. April 2009 – 3 AZR 674/07 – Rn. 36) . Dazu ist es erforderlich, die Versorgungsansprüche bzw. -anwartschaften nach den beiden unterschiedlichen Versorgungsordnungen zu berechnen und einander gegenüberzustellen. Deshalb kann insbesondere bei endgehaltsbezogenen Versorgungszusagen regelmäßig erst beim Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis festgestellt werden, ob mit der ablösenden Neuregelung in bestehende Besitzstände eingegriffen wird. In diesen Fällen kann regelmäßig erst zu diesem Zeitpunkt beurteilt werden, welche Versorgungsordnung sich als günstiger erweist (vgl. für einen Eingriff in die erdiente Dynamik BAG 11. Dezember 2001 – 3 AZR 128/01 – BAGE 100, 105) .
d) Das dreistufige Prüfungsschema gilt nur bei Eingriffen in die Höhe der Versorgungsanwartschaften. Es lässt sich nicht ohne Weiteres auf andere Eingriffe in Versorgungsrechte oder sonstige Änderungen zugesagter Versorgungsleistungen übertragen. Für solche Änderungen ist unmittelbar auf die dem dreistufigen Prüfungsschema zugrunde liegenden Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit zurückzugreifen (vgl. BAG 30. September 2014 – 3 AZR 998/12 – Rn. 27 mwN) . Da sich versicherungsmathematische Abschläge – sofern sie im Einzelfall zum Tragen kommen – auf die Höhe der Versorgungsleistung auswirken, ist vorliegend das dreistufige Prüfungsschema anzuwenden. Soweit der Senat angenommen hat, die Einführung eines versicherungsmathematischen Abschlags könne keinen Eingriff in künftige, dienstzeitabhängige Steigerungsbeträge darstellen und folglich nicht anhand des dreistufigen Prüfungsschemas überprüft werden (BAG 30. September 2014 – 3 AZR 998/12 – Rn. 47; 23. Februar 2016 – 3 AZR 44/14 – Rn. 53) , hält er hieran nicht mehr fest.
e) Durch die Einführung einer festen Altersgrenze mit der Vollendung des 65. Lebensjahres für alle der Versorgungsordnung unterfallenden Arbeitnehmer unter gleichzeitiger Einführung versicherungsmathematischer Abschläge durch die BV 1995 wurde zwar in die Höhe der Versorgungsanwartschaften des Klägers nach der BV 1992 eingegriffen. Allerdings liegt weder ein Eingriff in den erdienten Teilbetrag noch in die erdiente Dynamik vor. Die Neuregelungen greifen jedoch in künftige, noch nicht erdiente, dienstzeitabhängige Zuwächse des Klägers ein.
aa) Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass die BV 1995 weder in den erdienten Teilbetrag noch in die darauf aufbauende vom Kläger erdiente Dynamik eingreift.
(1) Der erdiente Teilbetrag ist – ohne dass es auf die Unverfallbarkeit der Anwartschaft im Zeitpunkt der Ablösung ankäme (BAG 14. Juli 2015 – 3 AZR 517/13 – Rn. 41 mwN) – nach den Grundsätzen des § 2 BetrAVG zeitanteilig zu berechnen (st. Rspr. seit BAG 17. April 1985 – 3 AZR 72/83 – zu B II 3 c (1) der Gründe, BAGE 49, 57) . Er verändert sich nach dem Berechnungsstichtag (Ablösungsstichtag) nicht mehr, weil spätere Veränderungen der Berechnungsgrundlagen nach § 2 Abs. 5 BetrAVG außer Betracht bleiben (vgl. nur BAG 24. Januar 2006 – 3 AZR 483/04 – Rn. 49) . Zur Berechnung des erdienten Teilbetrags ist in einem ersten Rechenschritt die fiktive Vollrente zu ermitteln, die dem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung der Veränderungssperre nach § 2 Abs. 5 BetrAVG zugestanden hätte, wenn sein Arbeitsverhältnis bis zur festen Altersgrenze fortbestanden und die bisherigen Versorgungsregelungen bis dahin weiter gegolten hätten. In einem zweiten Rechenschritt erfolgt eine zeitanteilige Kürzung im Verhältnis der im maßgeblichen Zeitpunkt tatsächlich erreichten zu der bis zur festen Altersgrenze erreichbaren Betriebszugehörigkeit.
(2) Bei der erdienten Dynamik folgt der Wertzuwachs der Anwartschaft allein der künftigen Entwicklung variabler Berechnungsfaktoren. Der Zweck einer solchen dienstzeitunabhängigen Steigerung (Dynamik) besteht nicht darin, fortdauernde Betriebszugehörigkeit des Versorgungsanwärters proportional zu vergüten und zum Maßstab der Rentenberechnung zu machen. Vielmehr geht es darum, einen sich wandelnden Versorgungsbedarf flexibel zu erfassen. Eine solche Dynamik ist im Zeitpunkt der Veränderung einer Versorgungszusage bereits im Umfang der bis dahin geleisteten Betriebszugehörigkeit anteilig erdient, denn insoweit hat der Arbeitnehmer die von ihm geforderte Gegenleistung bereits erbracht (vgl. BAG 12. Februar 2013 – 3 AZR 636/10 – Rn. 64 mwN) . Die erdiente Dynamik baut dabei auf dem erdienten Teilbetrag auf. Sie berechnet sich daher ebenfalls entsprechend § 2 Abs. 1 BetrAVG unter Berücksichtigung der Veränderungssperre nach § 2 Abs. 5 BetrAVG zeitanteilig; allerdings greift im Hinblick auf den variablen Berechnungsfaktor der Festschreibeeffekt nach § 2 Abs. 5 BetrAVG nicht ein (vgl. BAG 23. Februar 2016 – 3 AZR 960/13 – Rn. 42; 10. März 2015 – 3 AZR 56/14 – Rn. 42; 30. September 2014 – 3 AZR 998/12 – Rn. 32) .
(3) Zwar hat das Landesarbeitsgericht keine Feststellungen zum versorgungsfähigen Verdienst des Klägers am Ablösungsstichtag 31. Dezember 1995 getroffen. Dies ist jedoch unschädlich, weil bereits unter Zugrundelegung des letzten Verdienstes des Klägers vor der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses Ende April 2013 kein Eingriff in die vom Kläger erdiente Dynamik vorliegt. Auch ein Eingriff in den erdienten Teilbetrag ist danach ausgeschlossen.
(a) Nach der BV 1992 konnte der Kläger vom Beginn des Arbeitsverhältnisses bis zur Vollendung seines 65. Lebensjahres 38 volle Jahre in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zurücklegen und deshalb nach § 3 Abs. 1 BV 1992 eine Betriebsrente iHv. 30,4 vH (8 vH + 28 × 0,8 vH) seiner letzten Gehaltszusage erreichen. Bis zum Zeitpunkt der Ablösung der BV 1992 am 31. Dezember 1995 hatte der Kläger bereits 189 Monate in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten gestanden. Bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres konnte er höchstens 456 Monate Betriebszugehörigkeit erreichen. Demnach hat der Kläger zum Zeitpunkt der Ablösung eine Dynamik iHv. 12,6 vH (30,4 vH × 189 Monate ./. 456 Monate) seiner letzten Gehaltszusage erdient. Die Vergütung des Klägers beim Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis belief sich auf 5.739,00 Euro. Daraus ergibt sich eine erdiente Dynamik iHv. 723,11 Euro.
(b) Seit dem Eintritt des Versorgungsfalls bezieht der Kläger eine monatliche vorgezogene Altersrente iHv. 1.324,41 Euro. Dieser Betrag übersteigt den Betrag der erdienten Dynamik und damit auch den erdienten Teilbetrag.
(bb) Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht jedoch einen Eingriff der BV 1995 in künftige, dienstzeitabhängige Steigerungsbeträge bejaht.
Der Vergleich der Leistungen nach den beiden Versorgungsordnungen hat bezogen auf den konkreten Einzelfall des Klägers zu erfolgen und zwar unter Berücksichtigung der in seinem Fall tatsächlich anfallenden versicherungsmathematischen Abschläge. Insoweit ist es unerheblich, dass die vom Kläger nach der BV 1992 und der BV 1995 erreichbare Altersrente für den Fall einer Betriebszugehörigkeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres wegen der insoweit nicht veränderten Berechnungsformel gleichbleibt. Durch die vorgezogene Inanspruchnahme vor der Vollendung des 65. Lebensjahres muss der Kläger nach der BV 1995 erstmals versicherungsmathematische Abschläge hinnehmen, die dazu führen, dass seine nach dem Ablösestichtag erworbenen Anwartschaften geringer ansteigen.
Die vorgezogene Altersrente nach der BV 1995 beträgt nach den von der Beklagten vorgenommenen und vom Kläger nicht in Zweifel gezogenen Berechnungen monatlich 1.324,41 Euro. Auf der Grundlage der BV 1992 stünde dem Kläger ab dem 1. Mai 2013 hingegen eine monatlich um 190,69 Euro höhere betriebliche Altersrente iHv. insgesamt 1.515,10 Euro zu.
(cc) Für diesen Eingriff in die Versorgungsanwartschaften sind sachlichproportionale Gründe erforderlich. Deren Vorliegen hat das Landesarbeitsgericht mit rechtsfehlerhafter Begründung bejaht.
(1) Die Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs der sachlichproportionalen Gründe ist grundsätzlich Sache des Berufungsgerichts. Diese Entscheidung kann in der Revision nur beschränkt darauf überprüft werden, ob der Rechtsbegriff selbst verkannt, bei der Subsumtion des festgestellten Sachverhalts unter den Rechtsbegriff Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt oder bei der gebotenen Interessenabwägung nicht alle wesentlichen Umstände berücksichtigt worden sind oder ob das Ergebnis in sich widersprüchlich ist (vgl. BAG 10. November 2015 – 3 AZR 390/14 – Rn. 33; 2. September 2014 – 3 AZR 951/12 – Rn. 56 mwN) .
(2) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die BV 1992 habe unterschiedliche Altersgrenzen für Männer und Frauen vorgesehen. Durch die Vereinheitlichung der Altersgrenzen für alle Arbeitnehmer sei die Entgeltgleichheit von Männern und Frauen verwirklicht worden. Die Anhebung der Altersgrenze auf die Vollendung des 65. Lebensjahres habe zur Folge, dass sich eine Inanspruchnahme der Betriebsrente nach § 6 BetrAVG als vorgezogene Betriebsrente ergeben könne. Diese führe zu einer Verschiebung des in der Versorgungszusage festgelegten Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung. Auf diese Störung hätten die Betriebsparteien mit der Einführung versicherungsmathematischer Abschläge reagieren dürfen. Auch sei es nicht zu beanstanden, dass die Betriebsparteien mit der Vereinheitlichung der Altersgrenzen für Männer und Frauen zugleich die Altersgrenze für schwerbehinderte Menschen angehoben haben.
(3) Diese Begründung des Landesarbeitsgerichts hält einer rechtlichen Prüfung nach dem eingeschränkten Überprüfungsmaßstab nicht stand.
Das Landesarbeitsgericht hat übersehen, dass der Grundsatz der Entgeltgleichheit der Geschlechter zwar die Festlegung einer einheitlichen festen Altersgrenze für Männer und Frauen, nicht jedoch die erstmalige Einführung versicherungsmathematischer Abschläge für alle Arbeitnehmer im Fall der vorgezogenen Inanspruchnahme der betrieblichen Altersrente rechtfertigen kann. Der damit einhergehende erstmalige Eingriff in künftige, dienstzeitabhängige Steigerungsbeträge steht in keinem Zusammenhang mit der Entgeltgleichheit von Männern und Frauen. Nach der BV 1992 hing die Höhe der betrieblichen Altersrente allein vom Gehalt und der bei Eintritt des Versorgungsfalls erreichten Betriebszugehörigkeit ab. Soweit Männer vor der Vollendung des 65. Lebensjahres die betriebliche Altersrente in Anspruch genommen haben, führte dies zu keinen Unterschieden bei der Berechnung der Altersrente im Vergleich zu Frauen. Weder Männer noch Frauen hatten versicherungsmathematische Abschläge hinzunehmen.
(4) Sonstige Gründe für die Rechtfertigung des Eingriffs hat das Landesarbeitsgericht nicht geprüft. Sie sind auf der Grundlage des bisherigen Sachvortrags der Beklagten auch nicht ersichtlich.
II. Der Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht.
1. Das angefochtene Urteil stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO) . Entgegen der Auffassung der Beklagten ist es dem Kläger nicht deshalb nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich auf die Unwirksamkeit der Ablösung zu berufen, weil er als langjähriger Vorsitzender bzw. stellvertretender Vorsitzender des Betriebsrats an den ablösenden Betriebsvereinbarungen mitgewirkt, diese unterzeichnet und über Jahre nicht infrage gestellt hat.
Das Verhalten des Klägers in seiner Funktion als Betriebsratsvorsitzender oder stellvertretender Betriebsratsvorsitzender kann ihn bei der Ausübung und Geltendmachung seiner ihm persönlich zustehenden Rechtspositionen nicht binden. Dies gilt umso mehr, als der Betriebsratsvorsitzende nach § 26 Abs. 2 Satz 1 BetrVG den Betriebsrat im Rahmen der von diesem gefassten Beschlüsse vertritt (vgl. BAG 3. Juli 2013 – 4 AZR 138/12 – Rn. 50) .
2. Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen ist die Sache nicht zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO) . Es steht noch nicht fest, ob sich die betriebliche Altersrente nach den Regelungen der BV 1992 richtet oder ob diese wirksam durch die BV 2001 abgelöst wurde.
a) Obschon die Ablösung der BV 1992 durch die BV 1995 auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht wirksam erfolgte, richtet sich die betriebliche Altersrente des Klägers nur dann nach der BV 1992, wenn diese nicht durch die BV 2001 wirksam abgelöst wurde. Die BV 2001 greift zu dem für sie maßgeblichen Ablösungszeitpunkt Dezember 2001 zwar weder in den erdienten Teilbetrag noch in die vom Kläger bis dahin erdiente Dynamik ein. Ob der durch sie erfolgte Eingriff in künftige, dienstzeitabhängige Steigerungsbeträge durch sachlich-proportionale Gründe gerechtfertigt ist, kann der Senat aber nicht abschließend beurteilen.
aa) Durch die Einführung einer festen Altersgrenze mit der Vollendung des 65. Lebensjahres für alle der Versorgungsordnung unterfallenden Arbeitnehmer unter gleichzeitiger Einführung versicherungsmathematischer Abschläge durch die BV 2001 wurde zwar in die Höhe der Versorgungsanwartschaften des Klägers nach der BV 1992 eingegriffen. Allerdings liegt weder ein Eingriff in den erdienten Teilbetrag noch in die erdiente Dynamik vor. Die Neuregelungen greifen aber in künftige, vom Kläger noch nicht erdiente, dienstzeitabhängige Steigerungsbeträge ein.
(1) Die BV 2001 greift weder in den im Dezember 2001 erdienten Teilbetrag noch in die darauf aufbauende, vom Kläger erdiente Dynamik ein. Zwar hat das Landesarbeitsgericht – von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig – keine Feststellungen zum Verdienst des Klägers zum Zeitpunkt der Ablösung der BV 1992 durch die BV 2001 im Dezember 2001 getroffen. Dies ist jedoch unschädlich, weil bereits unter Zugrundelegung des Verdienstes bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses Ende April 2013 kein Eingriff in die vom Kläger erdiente Dynamik vorliegt. Ein Eingriff in den erdienten Teilbetrag ist danach ebenfalls ausgeschlossen.
Nach der BV 1992 konnte der Kläger vom Beginn des Arbeitsverhältnisses bis zur Vollendung seines 65. Lebensjahres 38 volle Jahre in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zurücklegen und deshalb nach § 3 Abs. 1 BV 1992 eine Betriebsrente iHv. 30,4 vH (8 vH + 28 × 0,8 vH) seiner letzten Gehaltszusage erreichen. Bis zum Zeitpunkt der Ablösung der BV 1992 durch die BV 2001 im Dezember 2001 hatte der Kläger 261 Monate in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten gestanden. Bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres konnte er höchstens eine Betriebszugehörigkeit von 456 Monaten erreichen. Demnach hatte er zum Zeitpunkt der Ablösung eine Dynamik iHv. 17,4 vH (30,4 vH × 261 Monate ./. 456 Monate) seiner letzten Gehaltszusage erdient. Die Vergütung des Klägers beim Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis belief sich auf 5.739,00 Euro. Daraus ergibt sich eine erdiente Dynamik iHv. 998,59 Euro. Dieser Betrag ist geringer als die von der Beklagten seit dem 1. Mai 2013 gezahlte vorgezogene Altersrente.
(2) Die BV 2001 greift jedoch – ebenso wie die BV 1995 – in die künftigen, dienstzeitabhängigen Steigerungsbeträge ein. Die vorgezogene Altersrente nach der BV 2001 beträgt – wie bei Anwendung der BV 1995 – monatlich 1.324,41 Euro. Auf der Grundlage der BV 1992 stünde dem Kläger ab dem 1. Mai 2013 jedoch eine monatlich um 190,69 Euro höhere betriebliche Altersrente iHv. insgesamt 1.515,10 Euro zu.
bb) Zur Rechtfertigung dieses Eingriffs bedarf es sachlich-proportionaler Gründe. Ob diese gegeben sind, kann der Senat nicht abschließend beurteilen.
(1) Die Beklagte hat im Rechtsstreit – gestützt auf die Präambel der BV 2001 – vorgetragen, die BV 2001 diene dazu, den Dotierungsrahmen wieder herzustellen, wie er vor Inkrafttreten der BV 1995 bestanden habe. Trotz der Einführung einer festen Altersgrenze mit der Vollendung des 65. Lebensjahres unter gleichzeitiger Einführung versicherungsmathematischer Abschläge und der damit verbundenen Kosteneinsparungen solle der Dotierungsrahmen dadurch erhalten bleiben, dass die Leistungen bei vorzeitigen Versorgungsfällen (Invalidität und Tod) verbessert würden. Dies solle dadurch erfolgen, dass Zurechnungszeiten für die Betriebszugehörigkeit bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres geschaffen werden. Damit habe auf verschlechternde Regelungen in der gesetzlichen Rentenversicherung reagiert werden sollen.
(2) Ausgehend von diesem bislang nicht vertieften und vom Landesarbeitsgericht nicht gewürdigten Vorbringen, ist es nicht ausgeschlossen, dass die Betriebsparteien, denen bei der Beurteilung der dem Eingriff zugrunde liegenden tatsächlichen Gegebenheiten und der finanziellen Auswirkungen der ergriffenen Maßnahmen eine Einschätzungsprärogative zusteht und die hinsichtlich der Ausgestaltung des Gesamtkonzepts einen Beurteilungsspielraum haben (vgl. BAG 9. Dezember 2014 – 3 AZR 323/13 – Rn. 37, BAGE 150, 147) , vorliegend zulässigerweise eine neue gestaltende Verteilungsentscheidung getroffen haben. Damit könnte ein sachlich-proportionaler Grund gegeben sein.
Zwar liegen in einem solchen Fall weder wirtschaftliche Gründe für den Eingriff noch eine Fehlentwicklung der betrieblichen Altersversorgung vor (vgl. dazu BAG 10. November 2015 – 3 AZR 390/14 – Rn. 35 ff., 39) . Bei langfristig wirkenden Betriebsvereinbarungen über die betriebliche Altersversorgung kann sich die Situation ergeben, dass diese späteren Gegebenheiten und veränderten Wertvorstellungen nicht mehr entsprechen. Die Betriebsparteien, denen durch § 87 Abs. 1 Nr. 8 und Nr. 10 BetrVG ein Gestaltungsauftrag erteilt wurde, müssen daher die Möglichkeit haben, auf solche Änderungen für die Zukunft zu reagieren. Voraussetzung ist jedoch, dass der Dotierungsrahmen im Wesentlichen zumindest gleich hoch bleibt und der Eingriff für die nachteilig betroffene Arbeitnehmergruppe zumutbar ist.
b) Der Rechtsstreit ist auch nicht zugunsten des Klägers entscheidungsreif.
aa) Die Neuregelungen des Versorgungswerkes durch die BV 1995 und die BV 2001 sind nicht deshalb unwirksam, weil die Höhe des vorgesehenen versicherungsmathematischen Abschlags unangemessen wäre.
(1) Nach § 3 Abs. 2 BV 1995 wie auch nach § 3 Abs. 2 BV 2001 werden die ab dem 1. Januar 1996 erworbenen Anwartschaften während des gesamten Bezugs der vorgezogenen Altersrente für jeden Monat der vorgezogenen Inanspruchnahme um 0,4 vH gekürzt. Die bis zum 31. Dezember 1995 erworbenen Anwartschaften bleiben hingegen unberührt.
(2) Nach der Rechtsprechung des Senats entsprechen die Regeln zur Berechnung der vorgezogenen Altersrente billigem Ermessen, wenn sie eine aufsteigende Berechnung oder zeitratierliche Kürzung einerseits und versicherungsmathematische Abschläge in Höhe von maximal 0,5 vH für jeden Monat der vorgezogenen Inanspruchnahme vorsehen (BAG 17. Juni 2008 – 3 AZR 783/06 – Rn. 23 mwN) . Vorliegend haben die Betriebsparteien diesen Rahmen eingehalten, zumal sie die vor dem 1. Januar 1996 erworbenen Anwartschaften von der Kürzung ausgenommen haben.
bb) Die Neuregelungen in der BV 1995 und der BV 2001 sind – entgegen der Ansicht des Klägers – auch nicht deshalb unwirksam, weil sie gegen das Verbot der Diskriminierung wegen einer Behinderung nach §§ 1, 7 AGG oder einer Schwerbehinderung nach § 81 Abs. 2 SGB IX iVm. dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz verstoßen. Die Regelungen der ablösenden Betriebsvereinbarungen führen nicht dazu, dass der Kläger unmittelbar oder mittelbar aufgrund seiner Behinderung oder Schwerbehinderung anders oder schlechter behandelt wird als nicht behinderte Arbeitnehmer.
(1) Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz gilt trotz der in § 2 Abs. 2 Satz 2 AGG enthaltenen Verweisung auf das Betriebsrentengesetz auch für die betriebliche Altersversorgung, soweit das Betriebsrentenrecht nicht vorrangige Sonderregelungen enthält (vgl. BAG 15. Oktober 2013 – 3 AZR 653/11 – Rn. 30; 11. Dezember 2007 – 3 AZR 249/06 – Rn. 22, BAGE 125, 133) . Letzteres ist hier nicht der Fall.
(2) Das Gesetz findet auch in zeitlicher Hinsicht Anwendung, obwohl die ablösenden Betriebsvereinbarungen vor seinem Inkrafttreten abgeschlossen wurden. Das Arbeitsverhältnis des Klägers bestand bei Inkrafttreten des Gesetzes am 18. August 2006 (Art. 4 des Gesetzes zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung vom 14. August 2006, verkündet am 17. August 2006, BGBl. I S. 1897) ; das führt zur Anwendbarkeit des Gesetzes (vgl. BAG 15. Oktober 2013 – 3 AZR 653/11 – Rn. 31; 15. September 2009 – 3 AZR 294/09 – Rn. 28 und 37) .
(3) Eine unmittelbare Benachteiligung des Klägers wegen der Behinderung iSv. § 3 Abs. 1 AGG, das der Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. EG L 303 vom 2. Dezember 2000 S. 16; im Folgenden RL 2000/78/EG) dient, liegt nicht vor. Damit scheidet auch ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG, der eine Benachteiligung wegen der Behinderung verbietet, aus.
(a) Eine unmittelbare Ungleichbehandlung ist nicht nur gegeben, wenn die weniger günstige Behandlung ausdrücklich wegen eines in § 1 AGG aufgeführten Grundes erfolgt. Von § 3 Abs. 1 AGG wird vielmehr auch eine sog. verdeckte unmittelbare Ungleichbehandlung erfasst. Eine solche liegt vor, wenn nach einem scheinbar objektiven, nicht diskriminierenden Kriterium unterschieden wird, das jedoch in untrennbarem Zusammenhang mit einem in § 1 AGG genannten Grund steht und damit kategorial ausschließlich Träger des Diskriminierungsmerkmals trifft (vgl. BAG 10. Dezember 2014 – 7 AZR 1002/12 – Rn. 43, BAGE 150, 165; 19. Dezember 2013 – 6 AZR 190/12 – Rn. 46, BAGE 147, 60; 12. November 2013 – 9 AZR 484/12 – Rn. 14; BT-Drs. 16/1780 S. 32; dazu auch BVerfG 28. April 2011 – 1 BvR 1409/10 – Rn. 54, BVerfGK 18, 401; EuGH 12. Oktober 2010 – C-499/08 – [Andersen] Rn. 23, Slg. 2010, I-9343) .
(b) Danach liegen die Voraussetzungen einer unmittelbaren Benachteiligung wegen der Behinderung oder Schwerbehinderung nicht vor.
Weder die BV 1995 noch die BV 2001 knüpfen unmittelbar an die Behinderung oder Schwerbehinderung an. In beiden Betriebsvereinbarungen wurde eine einheitliche feste Altersgrenze mit der Vollendung des 65. Lebensjahres und ein versicherungsmathematischer Abschlag unterschiedslos für alle Arbeitnehmer eingeführt, die vor dem Erreichen der festen Altersgrenze aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden und eine vorgezogene betriebliche Altersrente in Anspruch nehmen. Der Kläger erfährt wegen seiner Behinderung oder Schwerbehinderung keine andere Behandlung als ein vergleichbarer Arbeitnehmer in einer vergleichbaren Situation. Auch der nicht behinderte Arbeitnehmer, der vor der Vollendung des 65. Lebensjahres die betriebliche Altersrente in Anspruch nimmt, muss eine Kürzung seiner Betriebsrente aufgrund der vorgezogenen Inanspruchnahme der betrieblichen Altersrente hinnehmen.
(4) Die Kürzung der betrieblichen Altersrente um einen versicherungsmathematischen Abschlag bewirkt auch keine mittelbare Benachteiligung iSd. § 3 Abs. 2 AGG wegen einer Behinderung oder Schwerbehinderung.
(a) Nach § 3 Abs. 2 AGG liegt eine unzulässige mittelbare Diskriminierung vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich. Rechtmäßiges Ziel im Sinne von § 3 Abs. 2 AGG ist jedes legitime Ziel, das von einem berechtigten Interesse getragen wird. Geeignet ist die Differenzierung, wenn durch sie das angestrebte Ziel erreicht werden kann. Erforderlich ist sie, wenn es bei gleicher Erfolgsgeeignetheit kein milderes Mittel gibt. Angemessen ist die Differenzierung, wenn aufgrund einer Zweck-Mittel-Relation die Schwere des Eingriffs im Verhältnis zur Bedeutung des Ziels zurücktritt (BAG 22. Juni 2011 – 8 AZR 48/10 – Rn. 38, BAGE 138, 166) . Rechtmäßige Ziele iSd. Art. 2 Abs. 2 Buchst. b RL 2000/78/EG können alle von der Rechtsordnung anerkannten Gründe sein, die nicht ihrerseits diskriminierend sind (vgl. EuGH 5. März 2009 – C-388/07 – [Age Concern England] Rn. 59 ff., Slg. 2009, I-1569; BAG 10. Dezember 2014 – 7 AZR 1002/12 – Rn. 50, BAGE 150, 165; 18. September 2014 – 6 AZR 636/13 – Rn. 23, BAGE 149, 125) .
§ 3 Abs. 2 AGG enthält zwar – anders als § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG – nach seinem Wortlaut nicht ausdrücklich das Erfordernis „einer vergleichbaren Situation”. Da allerdings das Diskriminierungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG der spezifische Ausdruck des allgemeinen Gleichheitssatzes ist und die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung generell verlangen, dass gleiche Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden, es sei denn, dass eine derartige Behandlung objektiv gerechtfertigt ist (vgl. ua. EuGH 20. September 2007 – C-116/06 – [Kiiski] Rn. 54, Slg. 2007, I-7643; 26. Juni 2001 – C-381/99 – [Brunnhofer] Rn. 28, Slg. 2001, I-4961) , ist auch bei einer mittelbaren Diskriminierung die Frage nach einer „vergleichbaren Situation” bzw. einer „vergleichbaren Lage” von Bedeutung (vgl. ua. EuGH 28. Juni 2012 – C-172/11 – [Erny] Rn. 39 ff.; 16. Juli 2009 – C-537/07 – [Gómez-Limón] Rn. 54 ff., Slg. 2009, I-6525; 12. Oktober 2004 – C-313/02 – [Wippel] Rn. 56 f., Slg. 2004, I-9483; BAG 19. Mai 2016 – 8 AZR 470/14 – Rn. 21) . Die Situationen müssen nicht identisch, sondern nur vergleichbar sein. Dies ist nicht allgemein und abstrakt, sondern spezifisch und konkret von den nationalen Gerichten im Einzelfall anhand des Zwecks und der Voraussetzungen für die Gewährung der fraglichen Leistungen festzustellen (EuGH 10. Mai 2011 – C-147/08 – [Römer] Rn. 52, Slg. 2011, I-3591) .
(b) Daran gemessen führt der versicherungsmathematische Abschlag ebenfalls nicht zu einer mittelbaren Benachteiligung des Klägers. Auch dem nicht behinderten Arbeitnehmer, der vor der Vollendung des 65. Lebensjahres die betriebliche Altersrente in Anspruch nimmt, wird seine betriebliche Altersrente aufgrund der vorgezogenen Inanspruchnahme nur gekürzt gewährt. Andere nicht behinderte Arbeitnehmer, die – wie der Kläger – bereits mit der Vollendung des 60. Lebensjahres eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung als Vollrente beziehen können, gibt es nicht. Daher fehlt es insoweit an einer vergleichbaren Situation nicht behinderter Arbeitnehmer.
Eine mittelbare Benachteiligung entsteht auch nicht deshalb, weil schwerbehinderte Menschen erfahrungsgemäß aufgrund ihrer Behinderung eher von den Möglichkeiten einer Inanspruchnahme ihrer gesetzlichen Rente Gebrauch machen als andere. Menschen, die weiter arbeiten und deshalb bei Eintritt des Versorgungsfalls eine längere Betriebszugehörigkeit aufweisen, haben auch eine höhere Gegenleistung für ihre Betriebsrente erbracht. Das schließt die Annahme einer vergleichbaren Situation aus. Der Kläger verlangt letztlich aufgrund seiner Schwerbehinderung eine ihn begünstigende Behandlung, mithin eine positive Maßnahme. Das ist nach § 5 AGG zulässig; eine dahingehende Rechtspflicht besteht jedoch nicht.
Etwas anderes folgt auch nicht aus der RL 2000/78/EG. Diese sieht in ihrem Art. 5 eine Pflicht zu angemessenen Vorkehrungen für behinderte Menschen nur vor, soweit es um den Zugang zur Beschäftigung, die Ausübung eines Berufes, den beruflichen Aufstieg und die Teilnahme an Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen geht. Vorkehrungen bei der Berechnung der Betriebsrente, die der Absicherung nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben dient, sind hiervon nicht erfasst.
(5) Im Hinblick auf den klaren Wortlaut der RL 2000/78/EG und die durch die herangezogene Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union bereits erfolgte Auslegung des Unionsrechts bedarf es keines Vorlageverfahrens an den Gerichtshof nach Art. 267 AEUV (vgl. zu den Vorlagevoraussetzungen EuGH 6. Oktober 1982 – C-283/81 – [C.I.L.F.I.T.] Slg. 1982, 3415) .
III. Im neuerlichen Berufungsverfahren wird das Landesarbeitsgericht zu prüfen haben, ob für den Eingriff in künftige, dienstzeitabhängige Steigerungsbeträge durch die BV 2001 sachlich-proportionale Gründe vorliegen. Dabei wird es – soweit der von den Parteien, insbesondere der von der Beklagten zu erwartende Sachvortrag hierzu Anlass gibt –, zu prüfen haben, ob durch die BV 2001 der ursprüngliche Dotierungsrahmen, wie er der BV 1992 zugrunde lag, wieder hergestellt wurde und die Betriebsparteien insoweit eine neue gestaltende Verteilungsentscheidung getroffen haben. Die Wirksamkeit der Ablösung der BV 1992 durch die BV 1995 wird das Landesarbeitsgericht nur dann nochmals zu prüfen haben, wenn die Beklagte hierzu neuen berücksichtigungsfähigen Vortrag zum Vorliegen sachlich-proportionaler Gründe hält.
IV. Das Landesarbeitsgericht wird auch über die Kosten der Revision zu entscheiden haben.
Unterschriften
Zwanziger, Spinner, Ahrendt, Busch, A. Will
Fundstellen
Haufe-Index 10126607 |
BB 2016, 2611 |
BB 2017, 116 |
DB 2016, 15 |
DStR 2016, 12 |