Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebliche Altersversorgung. Gleichbehandlung
Leitsatz (redaktionell)
Zahlt der Arbeitgeber freiwillig eine Betriebsrente und legt hierbei - in Fortführung eines früheren Irrtums - bestimmte Beschäftigungszeiten ohne Rechtsnanspruch zu Grunde, verstößt dies nicht gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn diese Begünstigung stichtagsbezogen nur den Versorgungsempfängern, nicht aber den Versorgungsanwärtern gewähr wird.
Normenkette
BetrAVG § 1b Abs. 1 S. 4
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird – unter Zurückweisung der Revision des Klägers – das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 23. Juni 2016 – 5 Sa 299/15 – aufgehoben, soweit es die Berufung der Beklagten zurückgewiesen hat.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 29. Juli 2015 – 5 Ca 1144/15 – abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob bei der Berechnung der Betriebsrente des Klägers Beschäftigungszeiten nach dem 31. Dezember 1994 zu berücksichtigen sind.
Der im September 1959 geborene Kläger ist bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin – der W GmbH – seit dem 18. Januar 1979 beschäftigt. Bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten bestand eine Betriebsvereinbarung Nr. 2/88 über die betriebliche Altersversorgung (BV 2/88), deren Bestandteil eine als Anlage beigefügte Versorgungsordnung (VO) war. Nach Abschnitt VI Nr. 1 Buchst. a VO beträgt die monatliche Alters- und Invalidenrente nach einer anrechenbaren Dienstzeit von 40 vollendeten Jahren für außertarifliche Mitarbeiter 400,00 DM, für Mitarbeiter der Tarifgruppen K/T 6 und M 4 300,00 DM und für die übrigen Mitarbeiter 200,00 DM. Die anrechenbare Dienstzeit ist nach Abschnitt VII Nr. 1 Buchst. a VO die Zeit, während der in ununterbrochener Folge bis zum Erwerb eines Anspruchs auf Betriebsrente ein Arbeits- oder Berufsausbildungsverhältnis zum Unternehmen bestanden hat.
Die Rechtsvorgängerin der Beklagten kündigte die BV 2/88 unter dem 30. Juni 1993 schriftlich mit Wirkung zum 31. Dezember 1994. In der Annahme hierzu verpflichtet zu sein, gewährte sie – ebenso wie nachfolgend die Beklagte – auch nach Ablauf der Kündigungsfrist der BV 2/88 den ausgeschiedenen Mitarbeitern bei Vollendung des 65. Lebensjahres zunächst eine Betriebsrente, bei deren Berechnung sie eine anrechenbare Dienstzeit bis zum Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis zugrunde legte. Den vorzeitig ausgeschiedenen Arbeitnehmern wurden zumindest teilweise entsprechende Anwartschaftsbescheinigungen erteilt.
Anfang September 2010 übertrug die Rechtsvorgängerin der Beklagten – inzwischen firmierend als F GmbH – durch Spaltungs- und Übernahmevertrag vom 18. August 2010 den Teilbetrieb Werkzeugtechnik auf die Beklagte. Zeitgleich wurden aufgrund zweier Spaltungs- und Übernahmeverträge vom 18. August 2010 der Teilbetrieb Compacting auf die Compacting GmbH (im Folgenden Compacting GmbH) und der Teilbetrieb Shared Services auf die Shared Services GmbH & Co. KG (im Folgenden Services KG) übertragen.
Im Rahmen der Vorbereitung der Unternehmensspaltung fiel einer Mitarbeiterin der Personalabteilung der F GmbH auf, dass die in einem Gutachten einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ausgewiesenen künftigen Betriebsrenten nach der BV 2/88 wesentlich geringer waren als die von ihr errechneten. Auf Rückfrage teilte die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mit, dass die Mitarbeiter, die Ende 1994 noch keine Betriebsrente bezogen, nur noch Anspruch auf eine quotierte Betriebsrente hätten. Die Geschäftsführung der Beklagten entschied daraufhin zum Jahreswechsel 2010/2011 den ehemaligen Mitarbeitern, die bereits eine Betriebsrente erhielten, diese in voller Höhe weiter zu gewähren. Ferner sollten diejenigen 25 ehemaligen Arbeitnehmer, die im Rahmen der mit der Unternehmensspaltung verbundenen Betriebsänderung im Jahr 2010 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden waren, eine auf den Zeitpunkt ihres Ausscheidens quotierte Rente erhalten. Den übrigen Betriebsrentenanwärtern, die nach dem 31. Januar 2011 eine Rente nach der BV 2/88 in Anspruch nehmen, sollte diese nur noch unter Zugrundelegung der bis zum 31. Dezember 1994 erbrachten Dienstzeit gewährt werden.
Die Beklagte verfügte Ende Dezember 2010 über 257 Betriebsrentner und weitere 169 Anwärter auf eine Betriebsrente nach der BV 2/88. Im Januar 2011 trat bei keinem der Anwärter ein Versorgungsfall ein.
Der Betriebsrat der Services KG leitete im Jahr 2012 ein Beschlussverfahren ein, in dem er die Feststellung begehrte, „dass durch die Kündigung vom 30. Juni 1993 der Betriebsvereinbarung Nr. 2/88 über die betriebliche Altersversorgung … durch die W GmbH … nicht dergestalt in die erworbenen Betriebsrentenanwartschaften und die Betriebsrenten der Arbeitnehmer, die bis zum 31. Dezember 1994 unter die Betriebsvereinbarung Nr. 2/88 über die betriebliche Altersversorgung … fallen, eingegriffen wurde, dass die zu gewährende Betriebsrente quotal auf den 31. Dezember 1994 berechnet wird”. An dem Verfahren waren neben der Services KG auch die Beklagte und die Compacting GmbH beteiligt. Das Landesarbeitsgericht wies den Antrag des Betriebsrats durch rechtskräftigen Beschluss vom 2. Mai 2013 ab.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes verpflichtet, bei der Berechnung seiner künftigen Betriebsrente auch seine nach dem 31. Dezember 1994 zurückgelegten Dienstzeiten zu berücksichtigen. Die unterschiedliche Behandlung der verschiedenen Personengruppen bei der Entscheidung, die Betriebsrente freiwillig auch unter Zugrundelegung der nach dem 31. Dezember 1994 erbrachten Dienstzeiten zu gewähren, sei sachlich nicht gerechtfertigt.
Der Kläger hat zuletzt beantragt
festzustellen, dass für die Berechnung seiner betrieblichen Altersversorgung der Zeitraum vom 18. Januar 1979 bis zum Tag der letzten mündlichen Verhandlung in dieser Sache zugrunde zu legen ist.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat geltend gemacht, die von ihr vorgenommene Differenzierung zwischen den Versorgungsempfängern und den Versorgungsanwärtern sei wegen der unterschiedlichen Lage dieser Personengruppen sachlich gerechtfertigt. Auch die Begünstigung der im Rahmen der Unternehmensspaltung im Jahr 2010 vorzeitig ausgeschiedenen Arbeitnehmer sei nicht zu beanstanden. Die Gewährung einer ungekürzten Betriebsrente an diese Arbeitnehmer solle – zusätzlich zur Sozialplanabfindung – den Verlust des sozialen Besitzstandes kompensieren, der durch den Wegfall des Arbeitsplatzes entstanden sei.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das arbeitsgerichtliche Urteil teilweise abgeändert und festgestellt, dass für die Berechnung der betrieblichen Altersversorgung des Klägers der Zeitraum vom 18. Januar 1979 bis zum 31. Januar 2011 zugrunde zu legen ist. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Mit der Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung der arbeitsgerichtlichen Entscheidung. Die Beklagte begehrt mit ihrer Revision die vollständige Klageabweisung.
Entscheidungsgründe
Während die Revision des Klägers erfolglos bleibt, ist die Revision der Beklagten begründet. Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts ist die zulässige Klage in vollem Umfang unbegründet.
I. Die Klage ist zulässig.
1. Der Klageantrag bedarf allerdings der Auslegung (zu den Auslegungsgrundsätzen vgl. BAG 16. März 2010 – 3 AZR 744/08 – Rn. 19). Nach dem Wortlaut des Klageantrags erstrebt der Kläger die Feststellung, dass für die Berechnung seiner betrieblichen Altersversorgung „der Zeitraum vom 18. Januar 1979 bis zum Tag der letzten mündlichen Verhandlung in dieser Sache zugrunde zu legen ist”. Aus seinem Klagevorbringen ergibt sich jedoch sein Begehren, mit der Klage verbindlich klären zu lassen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm bei Eintritt eines Versorgungsfalls eine Betriebsrente zu gewähren, bei deren Berechnung sämtliche von ihm nach dem 31. Dezember 1994 erbrachten Beschäftigungszeiten als anrechenbare Dienstzeit iSd. Abschnitt VII Nr. 1 Buchst. a VO zugrunde zu legen sind. Soweit sich die sprachliche Fassung des Antrags ausdrücklich nur auf die bis zur „letzten mündlichen Verhandlung” zurückgelegte Beschäftigungszeit des Klägers bezieht, will der Kläger damit lediglich zum Ausdruck bringen, dass die Beklagte bei der Berechnung seiner künftigen Betriebsrente auch nur die von ihm tatsächlich erbrachte Beschäftigungszeit zugrunde zu legen hat. Ein solches Antragsverständnis entspricht auch der wohlverstandenen und für die Beklagte ohne Weiteres erkennbaren Interessenlage des Klägers. Durch die Entscheidung über einen Antrag, der sich auf die Feststellung beschränken würde, dass bei der Berechnung der künftigen Betriebsrente des Klägers nicht seine gesamte, sondern nur die bis zu einem bestimmten Tag von ihm bereits erbrachte Beschäftigungszeit zu berücksichtigen wäre, würde der zwischen den Parteien bestehende Streit nicht endgültig beseitigt.
2. Mit diesem Inhalt ist die Feststellungsklage zulässig.
Die Klage ist auf die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses iSd. § 256 Abs. 1 ZPO gerichtet. Zwar können nach dieser Bestimmung nur Rechtsverhältnisse Gegenstand einer Feststellungsklage sein, nicht hingegen bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses. Eine Feststellungsklage muss sich allerdings nicht notwendig auf ein Rechtsverhältnis insgesamt erstrecken. Sie kann sich vielmehr – wie vorliegend – auch auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (vgl. etwa BAG 15. Mai 2012 – 3 AZR 11/10 – Rn. 19 mwN, BAGE 141, 259). Der Feststellungsantrag weist auch das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse auf. Die Beklagte bestreitet, dem Kläger bei Eintritt eines Versorgungsfalls eine Betriebsrente zu schulden, bei deren Berechnung auch die nach dem 31. Dezember 1994 von ihm erbrachten Beschäftigungszeiten zugrunde zu legen sind. Dass der Versorgungsfall noch nicht eingetreten ist, ist unerheblich. Der Vorrang der Leistungsklage greift vorliegend schon deshalb nicht ein, weil die Betriebsrente noch nicht zur Zahlung fällig ist (vgl. BAG 15. Mai 2012 – 3 AZR 11/10 – Rn. 20, aaO).
II. Die Klage bleibt ohne Erfolg. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, dem Kläger aufgrund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes bei Eintritt eines Versorgungsfalls eine Betriebsrente zu gewähren, bei deren Berechnung auch die nach dem 31. Dezember 1994 von ihm erbrachten Beschäftigungszeiten als anrechenbare Dienstzeit zugrunde zu legen sind.
1. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ist die privatrechtliche Ausprägung des Gleichheitssatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG. Gemäß § 1b Abs. 1 Satz 4 BetrAVG können Versorgungsverpflichtungen nicht nur auf einer Versorgungszusage, sondern auch auf dem Grundsatz der Gleichbehandlung beruhen. Im Bereich des Betriebsrentenrechts hat der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz damit kraft Gesetzes anspruchsbegründende Wirkung (etwa BAG 12. August 2014 – 3 AZR 764/12 – Rn. 22 mwN). Er findet stets Anwendung, wenn der Arbeitgeber Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip aufgrund einer abstrakten Regelung gewährt, indem er bestimmte Voraussetzungen oder einen bestimmten Zweck festlegt. Allerdings greift er nur bei einem gestaltenden Verhalten des Arbeitgebers ein, hingegen nicht beim bloßen – auch vermeintlichen – Normenvollzug (st. Rspr., vgl. etwa BAG 11. Juli 2017 – 3 AZR 691/16 – Rn. 30 mwN).
2. Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen seiner Arbeitnehmer, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer von ihm selbst gegebenen Regel gleich zu behandeln. Dabei ist nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung unzulässig (st. Rspr., vgl. etwa BAG 21. August 2007 – 3 AZR 269/06 – Rn. 21 mwN, BAGE 124, 22). Eine Gruppenbildung liegt vor, wenn der Arbeitgeber Vergünstigungen nach einem allgemeinen Prinzip gewährt, indem er bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke festlegt. Die Besserstellung gegenüber anderen Arbeitnehmern muss nach einem oder mehreren Kriterien vorgenommen werden, die bei allen Begünstigten vorliegen (vgl. etwa BAG 12. August 2014 – 3 AZR 764/12 – Rn. 24 mwN).
3. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verlangt, dass die vorgenommene Differenzierung sachlich gerechtfertigt ist. Eine sachverhaltsbezogene Ungleichbehandlung verstößt erst dann gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, wenn sie willkürlich ist, weil sich ein vernünftiger Grund für die Differenzierung nicht finden lässt. Dagegen ist bei einer personenbezogenen Ungleichbehandlung der Gleichbehandlungsgrundsatz bereits dann verletzt, wenn eine Gruppe anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen können (vgl. etwa BAG 12. August 2014 – 3 AZR 764/12 – Rn. 25 mwN). Maßgeblich für die Beurteilung, ob für die unterschiedliche Behandlung ein hinreichender Sachgrund besteht, ist vor allem der Regelungszweck. Dieser muss die Gruppenbildung rechtfertigen (vgl. dazu etwa BAG 12. August 2014 – 3 AZR 764/12 – Rn. 26 mwN).
4. Danach hat der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung einer künftigen Betriebsrente unter Zugrundelegung der von ihm nach dem 31. Dezember 1994 im Arbeitsverhältnis zurückgelegten Beschäftigungszeiten aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.
a) Die Beklagte hat bei ihrer zum Jahreswechsel 2010/2011 getroffenen Entscheidung, die Betriebsrente nach der BV 2/88 auch unter Zugrundelegung der nach dem 31. Dezember 1994 zurückgelegten Beschäftigungszeiten zu gewähren, zwei unterschiedliche Gruppen von Begünstigten gebildet. Zum einen erhalten diejenigen früheren Arbeitnehmer, die Ende Januar 2011 bereits Versorgungsempfänger waren, die Betriebsrente ungekürzt und damit auch unter Berücksichtigung von nach dem 31. Dezember 1994 zurückgelegten Beschäftigungszeiten weiter. Zum anderen sollen die Arbeitnehmer, die im Rahmen der mit der Unternehmensspaltung im Jahr 2010 einhergehenden Betriebsänderung vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sind, eine ungekürzte Betriebsrente erhalten. Von der Begünstigung ausgenommen sind hingegen die übrigen ehemaligen und die noch aktiven Arbeitnehmer, die im Januar 2011 noch Anwärter auf eine Betriebsrente nach der BV 2/88 waren.
b) Die von der Beklagten getroffene Entscheidung ist am arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu messen. Die Parteien haben übereinstimmend vorgebracht, dass die Beklagte inzwischen davon ausgehe, wegen der Kündigung der BV 2/88 mit Wirkung zum 31. Dezember 1994 nicht verpflichtet zu sein, bei der Berechnung der Betriebsrente Beschäftigungszeiten ab dem 1. Januar 1995 zu berücksichtigen. Damit hat die Beklagte hinsichtlich der beiden begünstigten Personengruppen bewusst eine gestaltende Entscheidung über eine freiwillige Leistungsgewährung getroffen.
c) Die Entscheidung der Beklagten, bei den Versorgungsempfängern keine Kürzung der Betriebsrente vorzunehmen, sondern diese weiterhin freiwillig unter Berücksichtigung der nach dem 31. Dezember 1994 erbrachten Beschäftigungszeiten zu gewähren, ist – anders als vom Landesarbeitsgericht angenommen – nicht zu beanstanden. Soweit die von der Beklagten vorgenommene Differenzierung damit eine „unterschiedliche Behandlung” der nach dem 31. Dezember 1994 erbrachten Beschäftigungszeiten zur Folge hat, ist diese entgegen der Ansicht der Revision sachlich gerechtfertigt.
aa) Die Beklagte will mit der weiteren Gewährung einer ungekürzten Betriebsrente der besonderen Lage der Versorgungsempfänger Rechnung tragen. Sie will damit sicherstellen, dass diese ihren finanziellen Lebensstandard, auf den sie sich im Ruhestand eingestellt haben, beibehalten können.
bb) Dieser Zweck trägt die vorgenommene Differenzierung. Zwischen den Versorgungsempfängern der Beklagten und ihren Versorgungsanwärtern bestehen Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht, die eine Ungleichbehandlung rechtfertigen.
Zwar hat auch die Gruppe der Versorgungsanwärter angesichts der früheren Praxis der Beklagten bei der Berechnung der Betriebsrenten auf eine höhere Betriebsrente vertraut. Bei den Versorgungsanwärtern sind jedoch der Versorgungsfall und damit der Leistungsbezug noch nicht eingetreten. Bei gebotener typisierender Betrachtung sind die Versorgungsanwärter und die Versorgungsempfänger daher nicht in gleichem Maße von einer Kürzung der Betriebsrente betroffen. Die Beklagte durfte annehmen, dass sich die Versorgungsempfänger nach Eintritt des Versorgungsfalls in ihrem Lebensstandard bereits auf ein bestimmtes finanzielles Niveau eingestellt haben und dieses auch durch die von der Beklagten bereits gezahlte Betriebsrente bestimmt wird. Demgegenüber haben die Versorgungsanwärter hinsichtlich der späteren Betriebsrente lediglich eine entsprechende Erwartung. Mit Eintritt des Versorgungsfalls wird das Schutzbedürfnis der Betroffenen in der Regel größer (vgl. BAG 20. Februar 2001 – 3 AZR 252/00 – zu III 1 c der Gründe). Diese veränderte Situation rechtfertigt eine unterschiedliche Behandlung auch dann, wenn – wie vorliegend – der Arbeitgeber Leistungen, auf die aus seiner Sicht kein Rechtsanspruch besteht, freiwillig weiter gewährt. Der Arbeitgeber darf das Ziel verfolgen, den finanziellen Lebensstandard der Betriebsrentner, die sich auf die Gewährung einer Betriebsrente in einer bestimmten Höhe bereits eingestellt haben, aufrechtzuerhalten. Der Eintritt des Versorgungsfalls stellt auch in diesem Fall eine entscheidende Zäsur dar und ist daher ein sachgerechter Anknüpfungspunkt (zum Eintritt des Versorgungsfalls als Zäsur vgl. auch BAG 12. August 2014 – 3 AZR 764/12 – Rn. 39; 11. August 2009 – 3 AZR 363/08 – Rn. 39 mwN).
cc) Der von der Beklagten gewählte Stichtag des 31. Januar 2011 ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Festsetzung eines Stichtags ist als Ausdruck einer pauschalierten Betrachtung und im Interesse der Praktikabilität grundsätzlich zulässig, wenn sich die Wahl des Zeitpunkts am zu regelnden Sachverhalt orientiert und demnach sachlich vertretbar ist (vgl. BAG 13. November 2014 – 6 AZR 1102/12 – Rn. 42, BAGE 150, 36). Dies ist vorliegend der Fall.
Die Geschäftsführung der Beklagten hat nach Aufdeckung des langjährig im Unternehmen bestehenden Irrtums bei der Berechnung der Betriebsrenten nach der BV 2/88 zum Jahreswechsel 2010/2011 ihre Entscheidung über ihre künftige Vorgehensweise bei der Rentenberechnung getroffen. Der gewählte Stichtag liegt zeitnah zu dieser Entscheidung und der vorherigen Aufdeckung des Irrtums und orientiert sich damit am zu regelnden Sachverhalt. Nach dem nicht bestrittenen Vortrag der Beklagten sind bei ihr im Januar 2011 keine weiteren Versorgungsfälle eingetreten. Damit sind von der Begünstigung nur diejenigen Versorgungsempfänger erfasst, die sich zum Zeitpunkt der Entscheidung bereits in Ruhestand befanden. Soweit die Stichtagsregelung im Einzelfall zu Härten führen kann, begründet dies nicht ihre Unzulässigkeit (vgl. BAG 12. Februar 2013 – 3 AZR 414/12 – Rn. 114 mwN). Aus diesem Grund kommt es auch nicht darauf an, ob – wie von der Revision geltend gemacht – die wirtschaftliche Situation zumindest von rentennahen Versorgungsanwärtern und Versorgungsempfängern ähnlich ist.
d) Soweit die Beklagte im Rahmen ihrer Entscheidung diejenigen ehemaligen Arbeitnehmer aus der Gruppe der Versorgungsanwärter ausgenommen hat, die aufgrund der mit der Unternehmensspaltung im Jahre 2010 einhergehenden Betriebsänderung aus dem Unternehmen ausgeschieden sind, liegt ebenfalls kein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz vor. Die darin liegende Differenzierung ist ebenfalls sachlich gerechtfertigt.
aa) Nach dem vom Kläger nicht bestrittenen Vortrag will die Beklagte mit der Gewährung einer ungekürzten Betriebsrente an diese Personengruppe den Nachteil ausgleichen, den diese durch den vorzeitigen Verlust ihres Arbeitsplatzes im Rahmen der Betriebsänderung erlitten haben.
bb) Dieser Zweck rechtfertigt die vorgenommene Differenzierung. Bei denjenigen Versorgungsanwärtern, die – wie der Kläger – zum Jahreswechsel 2010/2011 noch in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten standen, war ein entsprechender Bedarf für den Ausgleich des durch die Betriebsänderung erlittenen Besitzstandes nicht gegeben. Die Beklagte war berechtigt, bei der Festlegung der begünstigten Personengruppe an eine konkrete Betriebsänderung anzuknüpfen und sich damit an den gesetzlichen Vorgaben in §§ 111 ff. BetrVG zu orientieren. Daher kommt es auch nicht darauf an, ob bei anderen, bereits früher aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen Versorgungsanwärtern eine vergleichbare soziale Schutzbedürftigkeit gegeben war.
Unschädlich ist, dass die Beklagte den von der Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmern damit einen über die im Sozialplan vorgesehene Abfindung hinausgehenden Ausgleich für die durch den Arbeitsplatzverlust erlittenen Nachteile gewährt. Zwar regelt der Sozialplan – entsprechend seiner zukunftsbezogenen Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion – grundsätzlich diejenigen Leistungen, die die voraussichtlich entstehenden wirtschaftlichen Folgen eines durch Betriebsänderung verursachten Arbeitsplatzverlustes ausgleichen oder zumindest abmildern sollen (vgl. etwa BAG 8. Dezember 2015 – 1 AZR 779/14 – Rn. 14). Dem Arbeitgeber ist es jedoch individualrechtlich nicht verwehrt, den vom Arbeitsplatzverlust betroffenen Arbeitnehmern einen über die im Sozialplan vorgesehene Abfindung hinausgehenden Ausgleich bei der Berechnung der Betriebsrente zukommen zu lassen.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Zwanziger, Spinner, Ahrendt, Busch, Schüßler
Fundstellen
Dokument-Index HI11469647 |