Entscheidungsstichwort (Thema)
Wiedereinstellungszusage. Klageantrag. Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers
Orientierungssatz
1. Ein nach § 888 Abs. 1 ZPO zu vollstreckender Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung unterscheidet sich wesentlich von einem nach § 894 ZPO zu vollstreckenden Anspruch auf Abgabe einer Willenserklärung.
2. Bedarf es zum Abschluss eines die Beschäftigungspflicht begründenden Arbeitsverhältnisses noch der Abgabe einer Willenserklärung durch den Arbeitgeber, ist der Leistungsantrag auf Beschäftigung unbegründet.
3. Das Gericht kann einen Beschäftigungsantrag nicht hilfsweise zugleich als Antrag auf Abgabe einer Willenserklärung für den Fall auslegen, dass es zu der Auffassung gelangt, dass ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien (noch) nicht besteht.
Normenkette
BGB §§ 133, 157; InsO § 103 Abs. 2, § 108 Abs. 1 S. 1; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 2. Mai 2013 – 2 Sa 423/12 – wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Weiterbeschäftigungs- bzw. Wiedereinstellungsanspruch der Klägerin.
Die Klägerin war seit Februar 1998 mit Unterbrechungen – zuletzt aufgrund „Erneuerung des Arbeitsvertrags vom 04.01.1999 u. 15.05.2002” durch Vertrag vom 15. April 2011 – als Lagerarbeiterin gegen eine monatliche Bruttovergütung iHv. 1.600,00 Euro bei der M GmbH beschäftigt. Diese kündigte mit Schreiben vom 31. August 2011 das Arbeitsverhältnis. Im Kündigungsschreiben heißt es ua.:
„…
hiermit kündigen wir das mit Ihnen eingegangene Arbeitsverhältnis fristgemäß zum 31.01.2012.
Die Kündigung erfolgt saison-/witterungsbedingt.
Ihre Wiedereinstellung zu gleichen Konditionen erfolgt bis spätestens 01. Juni 2012.”
Der Klägerin war von einem Vertreter der M GmbH bereits vor Ausspruch der Kündigung im August 2011 mündlich angeboten worden, dass eine Wiedereinstellung bis spätestens 1. Juni 2012 zu gleichen arbeitsrechtlichen Konditionen erfolgen könne. Die Klägerin hatte sich hiermit einverstanden erklärt. Sie erhob gegen die Kündigung vom 31. August 2011 keine Kündigungsschutzklage.
Mit Beschluss des Amtsgerichts Wittlich – Insolvenzgericht – wurde über das Vermögen der M GmbH (Schuldnerin) am 1. Februar 2012 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Auf ein Schreiben der Klägerin vom 24. Februar 2012 teilte der Beklagte dieser am 28. Februar 2012 schriftlich mit, dass „aufgrund der derzeitigen Unternehmenssituation keine Neu- bzw. Wiedereinstellungen erfolgen können”. Mit anwaltlichem Schreiben vom 12. März 2012 forderte die Klägerin den Beklagten auf, ihr gegenüber bis zum 25. März 2012 schriftlich zu bestätigen, dass sie bis spätestens 1. Juni 2012 „zu den bisherigen Bedingungen des Arbeitsverhältnisses wieder eingestellt” werde. Dem kam der Beklagte nicht nach.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Beklagte sei als Insolvenzverwalter an die von der Schuldnerin erteilte Wiedereinstellungszusage gebunden. § 103 InsO finde schon deshalb keine Anwendung, weil es sich bei der einseitigen Wiedereinstellungszusage nicht um einen gegenseitigen Vertrag handele. Es sei nicht § 103 InsO, sondern § 108 Abs. 1 Satz 1 InsO anzuwenden. Ein Arbeitsvertrag mit Arbeitsbeginn ab dem 1. Juni 2012 sei bereits im August 2011 zustande gekommen, spätestens jedoch durch ihr Schreiben vom 24. Februar 2012, mit dem sie das in dem Kündigungsschreiben enthaltene Angebot der Schuldnerin auf Abschluss eines Arbeitsvertrags ab 1. Juni 2012 angenommen habe. Demnach habe sie – wegen des nach § 108 Abs. 1 Satz 1 InsO fortbestehenden Arbeitsverhältnisses – einen Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung ab dem 1. Juni 2012. Der Beklagte habe auch Beschäftigungsbedarf. Für die Tätigkeit, die von ihr durchgeführt worden sei, habe der Beklagte Mitarbeiter eingestellt. Allein im Vertrauen auf die ihr bis zum 1. Juni 2012 garantierte Wiedereinstellung habe sie auf eine Kündigungsschutzklage verzichtet. Ihr Antrag ziele auf Wiederaufnahme der tatsächlichen Beschäftigung. Andererseits enthalte der Weiterbeschäftigungsantrag inzident auch einen Wiedereinstellungsantrag. Der Antrag stütze sich auf die Wiedereinstellungszusage, die eine Aufnahme der Beschäftigung „bis spätestens” 1. Juni 2012 vorgesehen habe. Bei der Wiedereinstellungszusage handele es sich um eine atypische Willenserklärung, die einen Rechtsanspruch auf Wiedereinstellung einräume, und nicht um einen gegenseitigen Vertrag. Aus der Wiedereinstellungszusage ergebe sich, dass die Parteien auch die witterungsbedingten Umstände berücksichtigt hätten. Eine Arbeitsaufnahme sei daher auch vor dem 1. Juni 2012 als möglich vereinbart gewesen. Zugleich werde damit aber klar zum Ausdruck gebracht, dass ungeachtet der äußeren Umstände, die nach der Wiedereinstellungszusage nur bis zum 31. Mai 2012 eine Rolle spielen sollten, sie jedenfalls ab dem 1. Juni 2012 wieder eingestellt werden sollte. Entgegen der Ansicht des Beklagten handele es sich bei dem geltend gemachten Anspruch auch nicht um eine Forderung iSv. § 45 InsO, weil diese Vorschrift nur für Insolvenzforderungen gelte. Sie sei jedoch nicht Insolvenzgläubigerin iSv. § 38 InsO. Ein Anspruch auf Abgabe einer Willenserklärung unterfalle als unvertretbare Handlung nicht dem Begriff der Insolvenzforderung.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, sie bis spätestens 1. Juni 2012 zu den bisherigen Bedingungen des Arbeitsverhältnisses als Mitarbeiterin tatsächlich weiterzubeschäftigen.
Zu seinem Klageabweisungsantrag hat der Beklagte die Auffassung vertreten, der Klageantrag sei nicht vollstreckbar und damit unzulässig. Die mit dem Antrag begehrte Weiterbeschäftigung setze rechtlich zwingend voraus, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis bestehe. Die Klägerin habe nicht etwa auf die Begründung bzw. Wiederbegründung eines Arbeitsverhältnisses geklagt, sondern auf Weiterbeschäftigung. Darüber hinaus sei die Wiedereinstellungserklärung dahin gehend auszulegen, dass eine Wiedereinstellung nur im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten und des Auftragsbestands erfolgen sollte. Eine betriebliche Möglichkeit zur Wiedereinstellung der Klägerin existiere nicht. Jedenfalls habe er von seinem Wahlrecht Gebrauch machen und Nichterfüllung nach § 103 Abs. 2 InsO wählen können. Die Schuldnerin habe der Klägerin kein Angebot auf Abschluss eines neuen oder fortgesetzten Arbeitsvertrags unterbreitet, sondern nur eine Wiedereinstellungszusage dahin gehend abgegeben, dass ein neues Arbeitsverhältnis begründet werden solle. Mit der Kündigung vom 31. August 2011 sei das Arbeitsverhältnis zum 31. Januar 2012 bestandskräftig beendet worden. Der Schuldnerin sei es gerade darauf angekommen, mit der Klägerin nicht sofort wieder in ein Vertragsverhältnis einzutreten, sondern zunächst in einem „vertragsfreien Zustand” zu stehen. Erst wenn die betrieblichen Begebenheiten dies ermöglicht hätten, hätte das neue Arbeitsverhältnis begründet werden sollen. § 108 Abs. 1 Satz 1 InsO finde deshalb keine Anwendung. Selbst wenn § 103 Abs. 2 InsO nicht eingreife, sei eine Leistungsklage auf Abgabe einer Willenserklärung nach Insolvenzeröffnung ausgeschlossen, weil der geltend gemachte Anspruch mit dem zu schätzenden Wert zur Insolvenztabelle anzumelden sei (§ 45 InsO).
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat den Weiterbeschäftigungsantrag als Antrag auf Verurteilung des Beklagten zur Annahme des Angebots der Klägerin auf Abschluss eines Arbeitsvertrags ausgelegt und auf die Berufung des Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Es hat angenommen, die Klägerin könne Ansprüche aus der vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgegebenen Wiedereinstellungszusage der Schuldnerin nicht im Wege der Leistungsklage, sondern nur als Insolvenzgläubigerin geltend machen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet.
A. Die Revision der Klägerin ist zulässig. Sie ist statthaft aufgrund der Zulassung in der angefochtenen Entscheidung des Landesarbeitsgerichts. Sie ist form- und fristgerecht von der Klägerin eingelegt worden. Die Revision ist auch ordnungsgemäß begründet worden. Die Klägerin erhebt Sachrügen iSv. § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO. Sie rügt, das Landesarbeitsgericht habe rechtsfehlerhaft angenommen, dass zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens kein Arbeitsverhältnis bestanden habe und die Wiedereinstellungszusage im Kündigungsschreiben kein annahmefähiges Angebot auf Abschluss eines Arbeitsvertrags darstelle. Da sie das Angebot der Wiedereinstellung im Kündigungsschreiben angenommen habe, sei bereits im August 2011 ein Arbeitsverhältnis ab dem 1. Juni 2012 geschlossen worden. Im Übrigen müssten Wiedereinstellungszusagen im Insolvenzverfahren bestehenden Arbeitsverhältnissen gleichgestellt werden.
B. Die Revision ist unbegründet. Die Klage ist nach der gebotenen Auslegung (ausschließlich) auf tatsächliche Beschäftigung im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses gerichtet und nicht auf die gerichtliche Ersetzung der Annahme des Angebots der Klägerin auf Abschluss eines Arbeitsvertrags. In dieser Auslegung ist die Klage zulässig, aber unbegründet.
I. Der Klageantrag kann nicht so ausgelegt werden, Klageziel sei die Abgabe einer Annahmeerklärung des Beklagten zu einem in der Klage liegenden Vertragsangebot der Klägerin (sog. Wiedereinstellungsantrag). Die Klägerin begehrt vielmehr die tatsächliche Beschäftigung im Rahmen eines (fort-)bestehenden Vertragsverhältnisses. Darauf deutet nicht nur der Wortlaut des Beschäftigungsantrags hin, sondern auch der wiederholte Vortrag der Klägerin, schon vor Insolvenzeröffnung sei ein Arbeitsvertrag mit Beschäftigungsbeginn spätestens am 1. Juni 2012 geschlossen worden. Das hilfsweise Verständnis eines Beschäftigungsantrags als Antrag auf Abgabe einer Willenserklärung ist nicht möglich. Hierfür hätte es eines separaten Hilfsantrags bedurft.
1. Das Revisionsgericht hat prozessuale Erklärungen selbstständig auszulegen (BAG 11. Juni 2013 – 9 AZR 668/11 – Rn. 13). Klageanträge sind so auszulegen, dass im Zweifel gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der richtig verstandenen Interessenlage entspricht. Für das Verständnis eines Klageantrags ist deshalb nicht am buchstäblichen Wortlaut des Antrags zu haften. Das Gericht hat den erklärten Willen zu erforschen, wie er aus der Klagebegründung, dem Prozessziel und der Interessenlage hervorgeht. Die für Willenserklärungen geltenden Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB) sind für die Auslegung von Klageanträgen heranzuziehen. Das gilt auch im Revisionsverfahren. Die Grenzen der Auslegung oder auch der Umdeutung eines Klageantrags sind jedoch erreicht, wenn ein Kläger unmissverständlich ein bestimmtes Prozessziel verfolgt, auch wenn dieses Vorgehen seinem wohlverstandenen Eigeninteresse widerspricht (zum Ganzen BAG 13. Juni 2012 – 7 AZR 459/10 – Rn. 14 mwN). Dies dient nicht zuletzt der hinreichenden Berücksichtigung der schutzwürdigen Belange des Klagegegners als Erklärungsadressaten (vgl. BAG 11. Juni 2013 – 9 AZR 668/11 – Rn. 13). Dieser muss sich zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Verteidigung gegen die Klage darauf verlassen können, dass ausschließlich über den gestellten Antrag entschieden wird und nicht über den Antrag, der richtigerweise hätte gestellt werden müssen (Nungeßer NZI 2013, 926, 928).
2. Danach kann der Klageantrag entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht als Antrag auf Abgabe einer Willenserklärung verstanden werden (vgl. Nungeßer NZI 2013, 926, 927 f.).
a) Der Wortlaut des Klageantrags ist klar. Die Klägerin begehrt danach nicht die Abgabe einer Willenserklärung als Rechtsgeschäft, sondern die faktische Beschäftigung. Dies wird durch die Verwendung des Worts „tatsächlich” betont. Der Zusatz „bis spätestens 1. Juni 2012” spricht nicht gegen einen Beschäftigungs- und für einen Wiedereinstellungsantrag. Angesichts der Klagebegründung und des unstreitigen Umstands, dass weder eine Beschäftigungspflicht noch eine Wiedereinstellungspflicht nach Ablauf der Kündigungsfrist und vor dem 1. Juni 2012 bestand, ist das Wort „bis” als „ab” zu verstehen. Zudem ist zwar ein Vertragsschluss mit Rückwirkung anders als eine rückwirkende tatsächliche Beschäftigung möglich (vgl. BAG 15. Oktober 2013 – 9 AZR 688/12 – Rn. 25; 15. Dezember 2011 – 8 AZR 197/11 – Rn. 30). Jedoch datiert der klägerische Antrag vom 28. März 2012 und damit aus einer Zeit vor dem 1. Juni 2012, weshalb dem zeitlichen Zusatz einzig entnommen werden kann, dass sich die Klägerin bei Klageeinreichung bewusst war, dass sie vor dem 1. Juni 2012 eine Beschäftigung nicht verlangen konnte. Allein aus dem unveränderten Stellen des Antrags nach Verstreichen des 1. Juni 2012 kann nicht geschlossen werden, dass wegen Unmöglichkeit einer rückwirkenden tatsächlichen Beschäftigung mit der Klage gar keine Beschäftigung, sondern eine Wiedereinstellung begehrt werden sollte.
b) Zwar kann ein Klageantrag ausnahmsweise auch entgegen dem klaren Wortlaut und dem damit – vermeintlich – verfolgten Rechtsschutzziel auszulegen sein, wenn die sonstigen Umstände des Einzelfalls – insbesondere die Klagebegründung – eindeutig auf ein anderes Rechtsschutzziel schließen lassen. So hat etwa der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts angenommen, dass aufgrund besonderer Umstände auch ein ausdrücklicher Beschäftigungsantrag entgegen seinem Wortlaut ausnahmsweise als Antrag zur Verurteilung zur Annahme eines Angebots auf Abschluss eines Arbeitsvertrags ausgelegt werden kann (BAG 15. Dezember 2011 – 8 AZR 197/11 – Rn. 30). Derartige Umstände liegen jedoch nicht vor. Aus den Ausführungen der Klägerin folgt nicht mit dem erforderlichen Maß an Gewissheit, dass sie entgegen dem Wortlaut in Wahrheit einen Wiedereinstellungsantrag stellen wollte. Das Landesarbeitsgericht hat dies rechtsfehlerhaft angenommen.
aa) Das Arbeitsgericht hat das Klagebegehren im Einklang mit dem Antragswortlaut verstanden. Es hat die Pflicht zur (Weiter-)Beschäftigung ausgeurteilt und in den Entscheidungsgründen einen Anspruch aus „§§ 611, 613 BGB in Verbindung mit § 242 BGB, Art. 1, 2 GG” bejaht, weil ein neuer oder fortgesetzter Arbeitsvertrag entweder bereits im August 2011 oder durch das Wiedereinstellungsverlangen im Schreiben vom 24. Februar 2012 zustande gekommen sei.
bb) In der Berufungserwiderung vom 17. Januar 2013 hat die Klägerin daraufhin ausgeführt, dass „exakt das tituliert” worden sei, „was beantragt war: Eine (Wieder-)Aufnahme der Beschäftigung.” Erst nach Hinweis des Landesarbeitsgerichts in der mündlichen Verhandlung vom 21. Februar 2013, dass der Wiedereinstellungsanspruch nicht mit einem Antrag auf „Weiterbeschäftigung”, sondern nur mit einem Antrag auf Abgabe einer entsprechenden Willenserklärung verfolgt werden könne, hat die Klägerin zu Protokoll erklärt, der Antrag sei als Wiedereinstellungsantrag im Sinne der Abgabe einer entsprechenden Willenserklärung zu verstehen. Noch vor der Urteilsverkündung durch das Landesarbeitsgericht hat sie dann jedoch im Schriftsatz vom 11. April 2013 wiederum erklärt, ein Arbeitsvertrag sei schon im August 2011, jedenfalls aber durch das Wiedereinstellungsverlangen im Schreiben vom 24. Februar 2012 zustande gekommen; lediglich der „Dienstantritt” sei hinausgeschoben worden.
cc) Auch in der Revisionsbegründung hat die Klägerin ausgeführt, dass entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts schon im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung ein (neues) Arbeitsverhältnis bestanden habe. Sie führt aus, „dass ein Arbeitsverhältnis bereits zustande gekommen … und daher auch ein Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung” gegeben sei. Auf Seite 6 der Revisionsbegründung wiederholt sie nochmals ihre Rechtsauffassung, ein Arbeitsverhältnis sei bereits vor Insolvenzeröffnung begründet worden; lediglich hilfsweise führt sie im Anschluss daran aus, dass, „sollte sich das BAG der vorgetragenen Auffassung eines bestehenden Arbeitsverhältnisses nicht anschließen, … mit dem LAG die Auslegungsfähigkeit des Antrags … zu prüfen” wäre.
c) Von einem eindeutig gewollten und nach dem Empfängerhorizont klar erkennbaren Wiedereinstellungsbegehren als Rechtsschutzziel trotz des entgegenstehenden Wortlauts des Antrags kann auch deshalb nicht ausgegangen werden, weil das Beschäftigungsverlangen nach Prozessziel und Interessenlage nicht von vornherein aussichtslos war. Es ist möglich, bei der rechtlichen Bewertung einer Vereinbarung oder einer Zusage zu dem Schluss zu gelangen, dass es sich nicht um einen Vorvertrag bzw. eine Wiedereinstellungszusage handelt, aufgrund derer ein Arbeitnehmer lediglich den Abschluss eines Arbeitsvertrags mit dem Arbeitgeber verlangen kann, sondern vielmehr ein Optionsrecht in Form eines den Arbeitgeber langfristig bindenden Vertragsangebots vorliegt, das der Arbeitnehmer durch eine entsprechende Erklärung annehmen und dadurch den Abschluss eines Arbeitsvertrags unmittelbar herbeiführen kann. Dies hat der Siebte Senat des Bundesarbeitsgerichts etwa im Fall der Vereinbarung eines „Wiedereintrittsrechts” angenommen (vgl. BAG 14. Januar 2004 – 7 AZR 311/03 – zu II 1 der Gründe). Bei Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte ist es rechtlich ebenso denkbar anzunehmen, dass schon im Zeitpunkt der Vereinbarung über eine Rückkehrmöglichkeit ein Arbeitsverhältnis begründet werden sollte, jedoch mit hinausgeschobenem „Dienstantritt”. Eben diese rechtliche Begründung hat die Klägerin wiederholt zur Stützung ihres Antrags angeführt.
d) Entgegen dem Ansinnen der Klägerin ist es nicht möglich, ein und denselben Antrag zunächst entsprechend dem Wortlaut als (Weiter-)Beschäftigungsantrag im laufenden Arbeitsverhältnis zu verstehen und „hilfsweise” als Wiedereinstellungsantrag auszulegen. Ein nach § 888 Abs. 1 ZPO zu vollstreckender Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung unterscheidet sich wesentlich von einem nach § 894 ZPO zu vollstreckenden Anspruch auf Abgabe einer Willenserklärung (vgl. BAG 19. September 2001 – 7 AZR 574/00 – zu III der Gründe; Nungeßer NZI 2013, 926, 928: „fundamental[e]” Unterscheidung). Wollte die Klägerin die beiden Ansprüche auf Beschäftigung und auf Wiedereinstellung in einem Verfahren gerichtlich geltend machen, hätte es ihr frei gestanden, einen gesonderten Hilfsantrag zu stellen. Die „hilfsweise Auslegung” eines Klagantrags gibt es nicht.
e) In der Protokollerklärung der Klägerin vom 21. Februar 2013 lag keine Klageänderung. Die entsprechende Auslegung der Erklärung durch das Landesarbeitsgericht hat die Klägerin mit der Revision nicht angegriffen, sondern hat dieser in der Revisionsbegründung zugestimmt.
II. In dieser Auslegung ist der Beschäftigungsantrag zulässig.
1. Der Klageantrag ist nicht wegen seiner Perplexität zu unbestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Eine prozessuale Erklärung muss eindeutig in dem einen oder dem anderen Sinne auszulegen sein und ausgelegt werden. Wenn mehrere Auslegungsmöglichkeiten vollständig gleichrangig nebeneinander stehen und der Widerspruch nicht aufklärbar ist, ist die prozessuale Erklärung wegen Perplexität unwirksam (vgl. OLG Koblenz 20. November 2008 – 5 U 688/08 – zu II 2 der Gründe; vgl. auch Hamacher Antragslexikon Arbeitsrecht2. Aufl. Wiedereinstellung S. 263, 266). Eine solche Perplexität liegt nicht vor. Der Antrag ist entsprechend seinem klaren Wortlaut und der von der Klägerin nicht zuletzt in der Revisionsbegründung vorrangig angeführten Begründung als Beschäftigungsantrag auszulegen.
2. Der Antrag ist auch im Übrigen bestimmt genug iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Bei einem (Weiter-)Beschäftigungsantrag ist erforderlich, aber auch ausreichend, wenn die Art der ausgeurteilten Beschäftigung des Arbeitnehmers aus dem Antrag ersichtlich ist. Einzelheiten hinsichtlich der Art der Beschäftigung oder sonstiger Arbeitsbedingungen muss der Antrag demgegenüber nicht enthalten. Dafür reicht es aus, wenn das Berufsbild, mit dem der Arbeitnehmer beschäftigt werden soll, sich aus dem Antrag oder sich in vergleichbarer Weise ergibt, worin die Tätigkeit bestehen soll (vgl. BAG 15. April 2009 – 3 AZB 93/08 – Rn. 19 ff., BAGE 130, 195).
Die Klägerin begehrt die Weiterbeschäftigung als „Mitarbeiterin” zu „den bisherigen Bedingungen”. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Klägerin als Lagerarbeiterin eingesetzt war. Hierauf richtet sich das Klagebegehren. Bei einem derartigen Verständnis ist die Klage hinreichend bestimmt (vgl. BAG 15. April 2009 – 3 AZB 93/08 – Rn. 23, BAGE 130, 195).
III. Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat in Ermangelung eines bestehenden Arbeitsverhältnisses keinen Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung.
1. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, setzt ein erfolgreicher Beschäftigungsantrag grundsätzlich das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses voraus (BAG 19. September 2001 – 7 AZR 574/00 – zu III der Gründe; 15. August 2001 – 7 AZR 144/00 – zu II der Gründe).
2. Das zunächst bestehende Arbeitsverhältnis wurde durch die Kündigung vom 31. August 2011 zum 31. Januar 2012 schon mangels Klageerhebung gemäß §§ 4, 7 KSchG unstreitig beendet.
3. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, dass in dem Kündigungsschreiben vom 31. August 2011 kein annahmefähiges Angebot auf Abschluss eines neuen Arbeitsvertrags zu sehen sei, durch dessen Annahme die Klägerin unmittelbar die Begründung eines Arbeitsverhältnisses bewirken konnte, sondern vielmehr eine (übliche) Wiedereinstellungsvereinbarung vorliegt, die lediglich zu einer vertraglich begründeten Wiedereinstellungspflicht führt, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
a) Die in dem Kündigungsschreiben vom 31. August 2011 enthaltene Aussage der Schuldnerin zu einer künftigen Wiedereinstellung der Klägerin stellt eine nichttypische Erklärung dar (vgl. zu einem ähnlichen Fall BAG 15. Juli 1982 – 2 AZR 1054/79 – zu III 2 der Gründe). Die Auslegung atypischer Verträge und Willenserklärungen ist grundsätzlich den Tatsachengerichten vorbehalten. Sie kann in der Revision nur darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln verletzt hat oder gegen Denk- und Erfahrungssätze verstoßen, wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen oder eine gebotene Auslegung unterlassen hat (st. Rspr., zB BAG 24. September 2014 – 5 AZR 611/12 – Rn. 27 mwN).
b) Gemessen hieran liegen Rechtsfehler nicht vor.
aa) Angesichts des Wortlauts der Erklärung („Ihre Wiedereinstellung zu gleichen Konditionen erfolgt bis spätestens 01. Juni 2012”) liegt es nahe, mit dem Landesarbeitsgericht anzunehmen, dass hiermit kein langfristig bindendes Angebot auf Begründung eines Arbeitsverhältnisses abgegeben und ein solches Arbeitsverhältnis auch nicht unmittelbar geschlossen werden sollte. Es wurde eine „Wiedereinstellung” angeboten und nicht etwa ein „Wiedereintrittsrecht” gewährt (vgl. dazu BAG 14. Januar 2004 – 7 AZR 311/03 – zu II 1 der Gründe).
bb) Gegen ein bindendes Vertragsangebot bzw. einen Arbeitsvertragsschluss spricht zudem – wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat – dass der genaue Zeitpunkt des neu zu begründenden Arbeitsverhältnisses noch nicht feststand. Dabei kann dahinstehen, ob ein Arbeitsverhältnis begründet werden kann, ohne den Beschäftigungsbeginn konkret festzulegen oder es in diesem Fall an den essentialia negotii fehlt (in diesem Sinne BAG 25. Juni 2014 – 7 AZR 847/12 – Rn. 22; 15. Oktober 2013 – 9 AZR 688/12 – Rn. 19, wonach der Zeitpunkt des Arbeitsbeginns zum notwendigen Mindestinhalt einer arbeitsvertraglichen Einigung gehört). Denn selbst wenn man die Vereinbarung des spätesten Zeitpunkts eines Arbeitsbeginns ausreichen lassen wollte, wäre eine solche Vereinbarung sehr ungewöhnlich. Auf der anderen Seite ist bei einer Wiedereinstellungsvereinbarung die Bestimmung eines Zeitpunkts, bis zu dem spätestens ein Angebot auf Begründung eines neuen Arbeitsverhältnisses abgegeben werden muss, keinesfalls ungewöhnlich, sondern geradezu typisch. Demnach ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts, dass lediglich eine „übliche” Wiedereinstellungszusage vorliegt, nicht rechtsfehlerhaft.
cc) Dies gilt umso mehr, wenn man die eigene Behauptung der Klägerin in der Revisionsbegründung als wahr unterstellt, dass die Wiedereinstellungszusage „zeitgleich und schriftlich wie in den vergangenen Jahren mit der Kündigung erklärt” worden sei. Auch im Vorjahr sahen die Klägerin sowie die Schuldnerin die ausdrückliche Wiederbegründung des Arbeitsverhältnisses als notwendig an, wie der als „Erneuerung des Arbeitsvertrags vom 04.01.1999 u. 15.05.2002” bezeichnete Arbeitsvertrag vom 15. April 2011 zeigt. Daher liegt es nahe, dass nach dem Willen der Klägerin sowie der Schuldnerin auch im Frühjahr 2012 ein erneuter Vertragsschluss erforderlich sein sollte, um das Arbeitsverhältnis wieder zu begründen.
4. Nichts anderes gilt, wenn man nicht auf das Kündigungsschreiben vom 31. August 2011 abstellt, sondern auf einen – nach dem unwidersprochenen Vortrag des Beklagten – schon im August 2011 vor Ausspruch der Kündigung zwischen der Klägerin und Herrn K als Vertreter der Schuldnerin geschlossenen Vertrag. Denn Anhaltspunkte dafür, dass dieser Vertrag einen anderen Inhalt hatte als ein späterer, durch das Kündigungsschreiben der Schuldnerin und die nachfolgende konkludente Annahme der Klägerin entstandener Vertrag, sind nicht erkennbar. Der Beklagte hat zum Inhalt des Gesprächs unwidersprochen ausgeführt, dass Herr K die Wiedereinstellung bis spätestens 1. Juni 2012 zu gleichen arbeitsrechtlichen Konditionen angeboten habe und die Klägerin damit einverstanden gewesen sei. Diesen Erklärungen kann kein weiterer Gehalt als dem unmittelbar nachfolgenden Kündigungsschreiben vom 31. August 2011 entnommen werden.
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Brühler, Krasshöfer, Klose, Faltyn, Kranzusch
Fundstellen
Haufe-Index 8299368 |
BB 2015, 2164 |