Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsentgelt. Lohnsteuer. Sozialversicherung. ungerechtfertigte Bereicherung
Leitsatz (amtlich)
Der Zusatz „brutto” in einem den Arbeitgeber zur Zahlung von Arbeitsentgelt verpflichtenden Urteilstenor verdeutlicht, was von Gesetzes wegen gilt: Der Arbeitnehmer ist nach § 38 Abs. 2 EStG Schuldner der durch Abzug vom Arbeitslohn erhobenen Einkommensteuer (Lohnsteuer) und muss im Innenverhältnis zum Arbeitgeber den ihn treffenden Teil des Gesamtsozialversicherungsbeitrags tragen (§ 28g SGB IV).
Orientierungssatz
1. Leistet der Arbeitgeber aufgrund eines arbeitsgerichtlichen Urteils versehentlich den vollen Bruttobetrag einschließlich Lohnsteuer und Arbeitnehmeranteil des Gesamtsozialversicherungsbeitrags an den Arbeitnehmer, ist dieser hinsichtlich der abzuführenden Teilbeträge ungerechtfertigt bereichert.
2. Führt der Arbeitnehmer den auf Lohnsteuer und Arbeitnehmeranteil des Gesamtsozialversicherungsbeitrags entfallenden Teil des Arbeitsentgelts an die zuständigen Stellen ab, kann er Entreicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) einwenden.
3. Es bleibt unentschieden, ob der besondere Erfüllungseinwand der Abführung von Entgeltbestandteilen an Finanzamt und Einzugsstelle eine Einwendung iSd. § 767 ZPO ist.
Normenkette
BGB § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, § 814 Alt. 1, § 818 Abs. 3; EStG § 2 Abs. 1 Nr. 4, § 38 Abs. 2; SGB IV § 28e Abs. 1, § 28g; ZPO § 767 Abs. 2, § 775 Nrn. 4-5
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 13. November 2015 – 3 Sa 126/15 – wird zurückgewiesen.
2. Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Rückzahlung irrtümlich ausgezahlter Entgeltbestandteile.
Der Beklagte war bei der Klägerin vom 27. Mai bis zum 31. Oktober 2013 angestellt. Es war ein Bruttomonatsgehalt von 4.200,00 Euro vereinbart. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete aufgrund einer Arbeitgeberkündigung vom 18. September 2013 zum 31. Oktober 2013, wobei der Beklagte mit Ausspruch der Kündigung unter Anrechnung von Urlaub und eventueller Freizeitguthaben freigestellt wurde.
Für die Monate September und Oktober 2013 zahlte die Klägerin an den Beklagten kein Entgelt aus, führte aber von dem vereinbarten Gehalt Lohnsteuer nebst Solidaritätszuschlag (insgesamt 1.744,08 Euro) sowie den vom Arbeitnehmer zu tragenden Teil des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (insgesamt 1.665,96 Euro) ab. Ferner überwies sie aus dem errechneten Nettoentgelt jeweils 40,00 Euro als vermögenswirksame Leistung an die zuständige Stelle. Die Klägerin berühmte sich des Bestehens von Schadensersatzansprüchen wegen grober Fehler des Beklagten bei mehreren Bauvorhaben. Daraufhin erhob der Beklagte in einem Prozess umgekehrten Rubrums Klage auf Zahlung der Bruttovergütung für die Monate September und Oktober 2013, während die Klägerin im Wege der Widerklage Schadensersatz iHv. 30.548,31 Euro verlangte. Das Arbeitsgericht Bamberg – Kammer Coburg – verurteilte die Klägerin, insgesamt 8.400,00 Euro brutto nebst Zinsen an den Beklagten zu zahlen (Urteil vom 5. Juni 2014 – 4 Ca 1085/13 –). Die Widerklage wies es ab. Über die auf die Widerklage beschränkte Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht noch nicht entschieden.
Entsprechend dem erstinstanzlichen Urteil rechnete die Buchhalterin der Klägerin die Vergütung für September und Oktober 2013 ab und überwies am 16. Juni 2014 – neben Zinsen iHv. 243,65 Euro – versehentlich den Gesamtbetrag von 8.400,00 Euro an den Beklagten. Dieser stimmte einer Rückbuchung nicht zu.
Nach erfolglosem außergerichtlichen Verlangen hat die Klägerin mit der am 22. Oktober 2014 eingereichten Klage eine irrtümliche Überzahlung geltend gemacht, die nach Bereicherungsrecht zu erstatten sei. Dem Beklagten hätten die auf die ausgeurteilte Bruttovergütung entfallende Lohnsteuer, der Arbeitnehmeranteil zum Gesamtsozialversicherungsbeitrag und die vermögenswirksam angelegten 40,00 Euro monatlich nicht zur Auszahlung zugestanden.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 3.490,04 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25. Juli 2014 zu zahlen.
Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, die Klägerin könne analog § 767 Abs. 2 ZPO nicht mehr vorbringen, einen Teil der eingeklagten Vergütung bereits vor Erlass des Urteils im Entgeltzahlungsprozess erfüllt zu haben.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben im Ergebnis zu Recht erkannt, dass die Klage begründet ist. Die Klägerin hat Anspruch auf Rückzahlung der nicht zur Auszahlung an den Beklagten bestimmten Entgeltbestandteile, § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB.
I. Der Beklagte hat die auf die Gehälter für September und Oktober 2013 entfallende Lohnsteuer und den vom Arbeitnehmer zu tragenden Anteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag ohne rechtlichen Grund erhalten.
1. Ohne rechtlichen Grund ist eine Leistung erlangt, wenn die Zuwendung dem Leistungsempfänger nach der ihr zugrunde liegenden Rechtsbeziehung nicht (endgültig) zusteht (Palandt/Sprau 76. Aufl. § 812 BGB Rn. 21), er also diese Leistung nicht beanspruchen konnte und sie auch nicht behalten darf (MüKoBGB/Schwab 6. Aufl. § 812 Rn. 338). Das ist vorliegend der Fall. Weder der Arbeitsvertrag der Parteien noch das Urteil des Arbeitsgerichts Bamberg – Kammer Coburg – vom 5. Juni 2014 (– 4 Ca 1085/13 –) sind iSd. § 812 Abs. 1 BGB Rechtsgrund dafür, dass der Beklagte nicht zur Auszahlung bestimmte Entgeltbestandteile behalten darf.
2. Der zivilrechtliche Entgeltanspruch des Arbeitnehmers unterliegt einem öffentlich-rechtlichen Pflichtengefüge, das beide Parteien des Arbeitsvertrags trifft (vgl. BAG GS 7. März 2001 – GS 1/00 – zu III 1 c und d der Gründe, BAGE 97, 150; 30. April 2008 – 5 AZR 725/07 – Rn. 16 ff., BAGE 126, 325; sh. zur Steuer auch BAG 17. September 2014 – 10 AZB 4/14 – Rn. 17 ff., BAGE 149, 117; BGH 12. Mai 2005 – VII ZR 97/04 – zu II 1 b der Gründe, BGHZ 163, 103). Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit unterliegen der Einkommensteuer (§ 2 Abs. 1 Nr. 4 EStG), deren Schuldner der Arbeitnehmer ist (§ 38 Abs. 2 EStG). Außerdem hat er den Arbeitnehmeranteil des Gesamtsozialversicherungsbeitrags zu tragen (§ 28g SGB IV).
Der Arbeitgeber muss als ihm obliegende öffentlich-rechtliche Verpflichtung die Einkommensteuer, die als Lohnsteuer durch Abzug vom Arbeitsentgelt erhoben wird (§ 38 Abs. 1 Satz 1 EStG), für Rechnung des Arbeitnehmers bei jeder Entgeltzahlung vom Arbeitsentgelt einbehalten (§ 38 Abs. 3 Satz 1 EStG) und den Gesamtsozialversicherungsbeitrag an die Einzugsstelle zahlen, § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Dabei gilt nach § 28e Abs. 1 Satz 2 SGB IV der vom Arbeitnehmer zu tragende Teil des Gesamtsozialversicherungsbeitrags als aus dessen Vermögen erbracht.
Dieses öffentlich-rechtliche Pflichtengefüge überlagert und prägt – sofern nicht der Arbeitgeber aufgrund einer Nettolohnvereinbarung Steuern und Arbeitnehmeranteil des Gesamtsozialversicherungsbeitrags übernimmt – den zivilrechtlichen Entgeltanspruch. Der auf Einkommensteuern und Arbeitnehmeranteil des Gesamtsozialversicherungsbeitrags entfallende Teil ist zwar Bestandteil des (Brutto-)Entgeltanspruchs, so dass mit dessen Einbehalt und Abführung an die zuständigen Stellen der Arbeitgeber (auch) seine Zahlungspflicht gegenüber dem Arbeitnehmer erfüllt (zuletzt BAG 9. August 2016 – 9 AZR 417/15 – Rn. 14 mwN). Doch hat der Arbeitnehmer diesbezüglich wegen entgegenstehenden öffentlichen Rechts keinen Anspruch auf Auszahlung, der Entgeltanspruch ist insoweit nur auf Einbehalt und Abführung gerichtet (BAG 30. April 2008 – 5 AZR 725/07 – Rn. 18, BAGE 126, 325; ähnlich – zur Steuer – BGH 22. Januar 2004 – IX ZR 39/03 – zu III 4 b der Gründe, BGHZ 157, 350).
3. Danach kann die arbeitsvertragliche Entgeltvereinbarung nicht das Behalten von auf das Arbeitsentgelt entfallender Einkommensteuer und des vom Arbeitnehmer zu tragenden Teils des Gesamtsozialversicherungsbeitrags rechtfertigen. Diese Bestandteile des Arbeitsentgelts verbleiben nicht nur nicht (endgültig) beim Arbeitnehmer, sie sind nicht einmal zur Auszahlung an diesen bestimmt. Der Arbeitsvertrag kann deshalb nur rechtlicher Grund für Einbehalt und Abführung von Steuern und Beiträgen zur Sozialversicherung, nicht aber für deren Auszahlung an den Arbeitnehmer sein.
4. Auch die Verurteilung der Klägerin zur Zahlung von Bruttoarbeitsentgelt bildet keinen rechtlichen Grund dafür, dass der Beklagte irrtümlich ausgezahlte Lohnsteuer und Arbeitnehmeranteil des Gesamtsozialversicherungsbeitrags behalten dürfte.
a) Der Zusatz „brutto” in einem den Arbeitgeber zur Zahlung von Arbeitsentgelt verpflichtenden Urteilstenor verdeutlicht, was von Gesetzes wegen gilt (vgl. BAG 17. Februar 2016 – 5 AZN 981/15 – Rn. 5, BAGE 154, 116). Es ändert sich an der Belastung des Entgeltanspruchs mit öffentlich-rechtlichen Pflichten nichts. Ein zur Zahlung von Arbeitsentgelt verpflichtendes Urteil ist nicht auf eine – gesetzeswidrige – Auszahlung von Steuern und Beiträgen an den Arbeitnehmer gerichtet, sondern nur auf deren Einbehalt und Abführung. Nur dafür kann der Titel Rechtsgrund iSv. § 812 Abs. 1 BGB sein. Er vollzieht gleichsam im Privatrechtsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer das nach, wozu der Arbeitgeber öffentlich-rechtlich verpflichtet ist und was der Arbeitnehmer steuer- und sozialversicherungsrechtlich dulden muss.
Lediglich wenn der Arbeitnehmer das ihm entgegen öffentlichem Recht Zugeflossene an die zuständigen Stellen selbst abführt, kann er dem Rückforderungsverlangen des Arbeitgebers Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB entgegen halten (allg. zu den Voraussetzungen der Entreicherung vgl. BGH 27. Oktober 2016 – IX ZR 160/14 – Rn. 13 ff.). Unstreitig hat aber der Beklagte nicht selbst abgeführt. Er hat auch nicht eingewendet, Finanzamt oder Einzugsstelle würden die Erfüllungswirkung der im Herbst 2013 von der Klägerin (vorab) getätigten Zahlungen in Frage stellen und von ihm die Abführung der ausgezahlten Steuern oder Beiträge für das vom Arbeitsgericht zugesprochene Arbeitsentgelt verlangen.
b) Eine Verurteilung des Arbeitgebers zur Zahlung von Bruttoarbeitsentgelt bedeutet nicht, dass der Arbeitnehmer die darauf entfallenden Steuern und Beiträge endgültig behalten darf. Dies wird durch die Rechtslage bei Vollstreckung eines auf Bruttoarbeitsentgelt gerichteten Titels bestätigt.
Versucht der Gerichtsvollzieher, den vollen ausgeurteilten Betrag zu vollstrecken, kann der Arbeitgeber durch entsprechende Quittungen oder Überweisungsnachweise die Abführung von Lohnsteuer an das Finanzamt und des Arbeitnehmeranteils des Gesamtsozialversicherungsbeitrags an die Einzugsstelle nachweisen. Die Zwangsvollstreckung ist dann insoweit nach § 775 Nr. 4 bzw. Nr. 5 ZPO einzustellen (vgl. BAG 14. Januar 1964 – 3 AZR 55/63 – zu 3 der Gründe, BAGE 15, 220; BGH 21. April 1966 – VII ZB 3/66 – zu II 2 der Gründe; Schaub/Linck ArbR-HdB 16. Aufl. § 71 Rn. 11; Thomas/Putzo/Seiler 37. Aufl. § 775 Rn. 12).
Erfüllt der Arbeitgeber seine öffentlich-rechtlichen Pflichten nicht, kann der Gerichtsvollzieher zwar auf den vollen (Brutto-)Betrag zugreifen. Er hat aber davon das für den Vollstreckungsort zuständige Finanzamt zu benachrichtigen (§ 62 Abs. 1 GVO). Außerdem muss er den zuständigen Sozialversicherungsträger erfragen und erst wenn er diesen kennt, darf er – bei gleichzeitiger Benachrichtigung des Sozialversicherungsträgers – den beigetriebenen Betrag auskehren (§ 62 Abs. 2 GVO). Auch dies zeigt, dass der Arbeitnehmer den zu Einbehalt und Abführung bestimmten Teil des Arbeitsentgelts nicht behalten darf und ihn nur deshalb erhält, um an Stelle des seine öffentlich-rechtlichen Pflichten nicht erfüllenden Arbeitgebers Steuer und Beiträge zur Sozialversicherung an die berechtigten Stellen weiterzuleiten.
II. Der Beklagte hat auch die vom Nettobetrag des Arbeitsentgelts monatlich vermögenswirksam anzulegenden 40,00 Euro ohne Rechtsgrund erhalten.
Der Beklagte hat nicht in Abrede gestellt, dass von dem Nettobetrag des Arbeitsentgelts monatlich 40,00 Euro entsprechend den Abreden der Parteien vermögenswirksam anzulegen sind (vgl. § 11 5. VermBG). Ein Rechtsgrund für die Auszahlung dieser Teilleistung an den Beklagten ist deshalb nicht gegeben. Dass die Klägerin für die ursprünglich im Streit stehenden Monate September und Oktober 2013 – entgegen dem in den Lohnabrechnungen Dokumentierten – die vermögenswirksame Anlage unterlassen hätte, hat der Beklagte nicht behauptet.
III. Der Bereicherungsanspruch der Klägerin ist nicht nach § 814 Alt. 1 BGB ausgeschlossen.
Die Überweisung des nicht zur Auszahlung bestimmten Teils des Arbeitsentgelts für die Monate September und Oktober 2013 erfolgte nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts versehentlich. Dass die Klägerin diese Leistung freiwillig in Kenntnis der Nichtschuld (zu den Voraussetzungen BAG 13. Oktober 2010 – 5 AZR 648/09 – Rn. 14 ff., BAGE 136, 54) erbracht hätte, hat der als Leistungsempfänger dafür darlegungs- und beweispflichtige (vgl. BGH 17. Oktober 2002 – III ZR 58/02 – zu 3 der Gründe; Palandt/Sprau 76. Aufl. § 814 Rn. 11) Beklagte nicht behauptet.
IV. Dem Bereicherungsanspruch der Klägerin steht § 767 Abs. 2 ZPO weder in unmittelbarer noch entsprechender Anwendung entgegen.
1. Nach § 767 Abs. 2 ZPO sind Einwendungen, die einen durch Urteil festgestellten Anspruch betreffen nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der Einwendungen spätestens hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden sind. Die Norm erfasst die rechtshemmenden und rechtsvernichtenden Einwendungen und Einreden im Sinne des materiellen Rechts (BGH 6. März 1987 – V ZR 19/86 – zu II 2 b der Gründe, BGHZ 100, 211), sie dient dem Schutz der materiellen Rechtskraft (vgl. BGH 1. Dezember 2011 – IX ZR 56/11 – zu II 2 a der Gründe; Zöller/Herget ZPO 31. Aufl. § 767 Rn. 14).
2. Der Senat braucht nicht zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen § 767 Abs. 2 ZPO außerhalb der Vollstreckungsabwehrklage entsprechende Anwendung findet (vgl. BGH 17. Oktober 2002 – III ZR 58/02 – zu 3 der Gründe) und ob der besondere Erfüllungseinwand der Abführung von Entgeltbestandteilen an Finanzamt und Einzugsstelle (vgl. BAG 30. April 2008 – 5 AZR 725/07 – Rn. 18 ff., BAGE 126, 325; 9. August 2016 – 9 AZR 417/15 – Rn. 14 f. mwN) überhaupt eine Einwendung iSd. § 767 ZPO ist.
Die versehentliche Auszahlung dazu nicht bestimmter Entgeltbestandteile an den Arbeitnehmer begründet einen bereicherungsrechtlichen Anspruch des Arbeitgebers unabhängig davon, ob dieser seine Abführungspflichten schon erfüllt hat. Erfolgt die Leistung aufgrund eines zur Zahlung von Bruttoarbeitsentgelt verpflichtenden Titels, entsteht die „Einwendung”, nicht zur Auszahlung bestimmte Entgeltbestandteile ausgezahlt zu haben, denknotwendig erst nach Erlass des Urteils. Ihre Berücksichtigung beeinträchtigt die materielle Rechtskraft des Titels nicht, weil dieser insoweit nur auf Abführung an die zuständigen Stellen gerichtet ist (vgl. oben Rn. 17).
V. Die Höhe der nicht zur Auszahlung bestimmten Teile der Gehälter für die Monate September und Oktober 2013 steht zwischen den Parteien außer Streit. Insoweit hat die Revision auch keine Angriffe gegen das Berufungsurteil erhoben.
VI. Der Zinsanspruch der Klägerin ergibt sich aus § 288 Abs. 1 iVm. § 286 Abs. 1 BGB.
VII. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Müller-Glöge, Biebl, Weber, Bormann, Menssen
Fundstellen
Haufe-Index 10458564 |
BFH/NV 2017, 880 |
BAGE 2017, 341 |
BB 2017, 692 |
DB 2017, 7 |