Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an den Nachweis der Zahlung der auf eine Abfindung entfallenden Lohnsteuer und des Solidaritätszuschlags durch den Arbeitgeber
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Arbeitgeber kann im Hinblick auf § 286 Abs. 1 ZPO den Nachweis, dass die auf eine gezahlte Abfindung entfallene Lohnsteuer und der Solidaritätszuschlag an das zuständige Finanzamt abgeführt wurden, ohne Weiteres dadurch führen, dass er die entsprechende Gehaltsabrechnung, des betreffenden Arbeitnehmers, das monatliche Lohnjournal für alle Arbeitnehmer in geschwärzter Fassung (bis auf die Angaben zum betreffenden Arbeitnehmer), das Protokoll der elektronischen Lohnsteueranmeldung einschließlich des Transfertickets an das Finanzamt, vorlegt. In diesem Falle kann sich der Arbeitgeber auf den sog. besonderen Erfüllungseinwand im Sinne der Rechtsprechung des 5. Senats des BAG berufen (vgl. BAG, Urteil vom 17. Oktober 2018 - 5 AZR 538/17, Rn. 18, juris).
2. Im Rahmen einer Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO muss der Nachweis der Erfüllung bzw. des (besonderen) Erfüllungseinwands nicht durch öffentliche Urkunden iSv. § 775 Nr. 4 ZPO erbracht werden, da diese Regelung nur bei der einstweiligen Einstellung bzw. Beschränkung der Zwangsvollstreckung durch das Vollstreckungsorgan gilt. Im Rahmen der materiell-rechtlichen Vollstreckungsabwehrklage reicht der Nachweis iSv. § 286 Abs. 1 ZPO aus.
Normenkette
ZPO § 767 Abs. 2; BGB §§ 362, 812 Abs. 1 S. 1; EStG § 38 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 1, § 41a
Verfahrensgang
ArbG Bonn (Entscheidung vom 15.05.2019; Aktenzeichen 2 Ca 2034/18) |
ArbG Bonn (Entscheidung vom 04.05.2018; Aktenzeichen 2 Ca 243/18 EU) |
Tenor
- Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgericht Bonn vom 15.05.2019 (2 Ca 2034/18) wird als unzulässig verworfen, soweit sich der Beklagte gegen seine Verurteilung, an die Klägerin 2.569,69 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 17.11.2018 zu zahlen, wendet.
- Im Übrigen wird die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 15.05.2019 (2 Ca 2034/18) zurückgewiesen.
- Die Widerklage des Beklagten wird abgewiesen.
- Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über eine Vollstreckungsabwehrklage bezüglich eines zwischen ihnen abgeschlossenen gerichtlichen Vergleichs sowie über wechselseitige Zahlungsansprüche.
Die Klägerin ist die vormalige Arbeitgeberin des Beklagten. Dieser ist am 1962 geboren und hatte bei der Klägerin die Personalnummer 3536. Der Beklagte hat die Steuerklasse 3 und keine Kinderfreibeträge. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien endete am 02.02.2018. Bei der Klägerin waren 2018 rund 330 Arbeitnehmer im Betrieb in M beschäftigt. Das zuständige (Betriebsstätten-) Finanzamt für die Klägerin ist Sch .
Die Klägerin rechnete gegenüber dem Beklagten für den Kalendermonat Januar 2018 zunächst ein Gesamtgehalt iHv. 6.926,98 Euro brutto ab und zahlte den sich hieraus ergebenen Nettobetrag iHv. 3.791,71 Euro an den Beklagten aus. Auf die Entgeltabrechnung der Klägerin für den Kalendermonat Januar 2018 (Bl. 14 d.A.) wird ausdrücklich Bezug genommen.
Die Klägerin rechnete für den Kalendermonat Februar 2018 ein Gesamtgehalt in Höhe von 1.346,98 Euro brutto ab und zahlte den sich hieraus ergebenen Nettobetrag aus. Der Lohnsteuerabzug betrug 443,64 Euro und der Solidaritätszuschlag betrug 24,40 Euro. Auf die Entgeltabrechnung der Klägerin für den Kalendermonat Februar 2018 (Bl. 46 d.A.) wird ausdrücklich Bezug genommen.
Die Parteien haben vor dem Arbeitsgericht Bonn (Gerichtstag Euskirchen) unter dem Aktenzeichen 2 Ca 243/18 EU ein Kündigungsschutzverfahren geführt, das durch einen gerichtlichen Vergleich vom 04.05.2018 beendet wurde. Gemäß Ziffer 3 des Vergleichs vom 04.05.2018 ist die hiesige Klägerin verpflichtet, eine Abfindung in Höhe von 7.000,- Euro brutto an den hiesigen Beklagten zu zahlen.
Mit einer 1. Korrekturabrechnung für den Kalendermonat Januar 2018 rechnete die Klägerin über das bisherige Gesamtgehalt iHv. 6.926,98 Euro hinaus die in dem gerichtlichen Vergleich vereinbarte Abfindungszahlung in Höhe von 7.000,- Euro brutto ab. Aus der Korrekturabrechnung der Klägerin ergibt sich ein Gesamtbruttobetrag in Höhe von 13.926,98 Euro (= 6.926,98 Euro brutto + 7.000,- Euro brutto), was einen Nettobetrag iHv. 8.251,27 Euro netto ergibt. Die sich abzüglich des bereits für Januar 2018 gezahlten Nettobetrages iHv. 3.791,71 Euro ergebende Differenz in Höhe von 4.459,56 Euro netto zahlte die Klägerin ebenfalls an den Beklagten aus. Die Zahlung erfolgte am 12.07.2018 durch Überweisung auf das Konto des Beklagten. Aus der Korrekturabrechnung ergibt sich ferner, dass insgesamt 3.817,68 Euro an Steuern (inkl. Solidaritätszuschlag) berechnet wurden. Auf die 1. Korrekturabrechnung der Klägerin für den Kalendermonat Januar 2018 (Bl. 15 d.A.) wird ausdrücklich Bezug genommen.
Aus dem Lohnjournal der Klägerin für Mai 2018 (Bl. 181-215 d....