Entscheidungsstichwort (Thema)
Kürzung der Dienstbezüge gemäß 2. BesÜV
Orientierungssatz
- Nach § 2 Abs. 1 der 2. BesÜV werden die Dienstbezüge von Beamten, die von ihrer erstmaligen Ernennung an im Beitrittsgebiet verwendet werden, gegenüber den für das bisherige Bundesgebiet geltenden Dienstbezügen gemindert.
- Unter einer Verwendung iSd. 2. BesÜV ist die selbständige und eigenverantwortliche Wahrnehmung des übertragenen Aufgabengebiets zu verstehen, die auch die Anwärter erfasst, die keinen Dienstposten wahrnehmen. Für die Höhe der Besoldung ist der Ort der dauerhaften Verwendung, also der dienstlichen Tätigkeit, nicht hingegen der dienstrechtliche Bezug zu einer Behörde oder einem Dienstherrn mit Gebietshoheit maßgeblich.
- Eine erstmalige Ernennung im oder zwecks Verwendung für das Beitrittsgebiet liegt vor, wenn durch die Ernennung erstmals ein Anspruch auf Dienstbezüge im Beitrittsgebiet begründet wird.
- Die 2. BesÜV unterscheidet zwischen der vorübergehenden Verwendung (vgl. § 1 Satz 2, § 6 der 2. BesÜV) und der Verwendung, die in Abgrenzung zur vorübergehenden Verwendung auf Dauer angelegt ist (§ 1 Satz 1, § 2 Abs. 1 der 2. BesÜV). Für die Bestimmung der Höhe der Bezüge nach § 1, § 2 Abs. 1 der 2. BesÜV ist entscheidend, ob der Dienstordnungs-Angestellte von seiner erstmaligen Verwendung an dauerhaft im Beitrittsgebiet oder im bisherigen Bundesgebiet verwendet wurde. Für die Frage der dauernden Verwendung ist es nicht von Bedeutung, ob während der vorübergehenden Verwendung im bisherigen Bundesgebiet bereits ein dauerhafter Dienstposten im Beitrittsgebiet bestand oder absehbar war. Zum Zeitpunkt der Ernennung hat der Arbeitgeber eine dahingehende Prognose anzustellen, wo sich der Dienstort des Arbeitnehmers auf Dauer befinden werde.
Normenkette
2. BesÜV § 2 Abs. 1 S. 1, § 1 Sätze 1-2; BBesG § 73; Einigungsvertrag Art. 3; BRRG § 123a; ZPO §§ 559, 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b, § 286 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Zahlung einer Vergütungsdifferenz, die sich aus der Anwendung der Zweiten Verordnung über besoldungsrechtliche Übergangsregelungen nach Herstellung der Einheit Deutschlands (2. BesÜV) ergibt.
Der Kläger wurde 1951 in K… geboren. Er absolvierte ein Hochschulstudium in der ehemaligen DDR und lebte im November 1992 in Berlin-Ost. Mit Arbeitsvertrag vom 2. November 1992 wurde er bei der Beklagten eingestellt und zum Technischen Aufsichtsbeamten ausgebildet. Nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung übertrug die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 13. Januar 1995 folgende Aufgaben:
“…
– Betreuung der Kreise im Aufsichtsbezirk Dresden
– Unterstützung des Leiters der Referate Berufskrankheiten und Meßwesen sowie Technik bei der Auswertung von BK- und Unfalluntersuchungsberichten
Zur Wahrnehmung der Unterstützungsaufgabe ist es vorgesehen, daß Sie jede zweite Woche Ihren Dienst in der Hauptverwaltung verrichten. …”
Durch Anstellungsvertrag vom 15. März 1995 wurde der Kläger mit Wirkung zum 1. April 1995 nach den Bestimmungen der Dienstordnung der Beklagten vom 10. Juni 1976 als Technischer Aufsichtsbeamter angestellt. In § 2 des Vertrags vereinbarten die Parteien:
“Die Besoldung richtet sich nach der Besoldungsgruppe A 13 der Bundesbesoldungsordnung mit einem Besoldungsdienstalter vom 01. September 1973. Der Angestellte erhält zur Zeit 82 % der danach zustehenden Dienstbezüge (§ 2 Abs. 1 der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung).”
Die Beklagte beschäftigte zunächst den Kläger als Aufsichtsbeamten im Bezirk Dresden und setzte ihn daneben zur Unterstützung in der Hauptverwaltung in Bonn ein, wobei er überwiegend in der Hauptverwaltung tätig war. Er wohnte aber weiterhin in Berlin-Ost und erhielt von der Beklagten für die Reisen nach und von Bonn eine Fahrtkostenerstattung sowie Tage- und Übernachtungsgeld.
Der leitende Technische Aufsichtsbeamte der Beklagten, H… J…, bot dem Kläger für die Zeit nach Ablauf der Tätigkeit im Bezirk Dresden den ausschließlichen Einsatz in der Ausbildungsabteilung in Bonn an. Der Kläger lehnte dieses Angebot ab, da ihn die Pendeleinsätze erheblich belasteten und ein Umzug nach Bonn aus familiären Gründen nicht in Betracht kam. Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 26. April 1996 mit, dass ihm ab dem 1. September 1996 – nachdem erstmals ein Bezirk mit überwiegenden Tätigkeiten im Beitrittsgebiet frei geworden war – die Revisionsaufgaben im Aufsichtsbezirk 28 (Berlin-Ost, Berlin-West, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern) übertragen würden. Da der Kläger seit Februar 1995 überwiegend in den alten Bundesländern tätig gewesen sei und sein weiterer Einsatz bis August 1996 überwiegend im Bereich der alten Bundesländer erfolgen solle, werde zu den Dienstbezügen ein Zuschuss analog § 6 2. BesÜV gezahlt. Entsprechend dieser Mitteilung beschäftigte die Beklagte den Kläger bis zum August 1996 unter Zahlung des Zuschusses überwiegend im bisherigen Bundesgebiet und setzte ihn ab September 1996 bis zur Versetzung in den Ruhestand mit Ablauf des 31. Oktober 2004 für Revisionsaufgaben überwiegend im Beitrittsgebiet, Aufsichtsbezirk 28, ein.
Mit der Klage verlangt der Kläger für den Zeitraum ab Januar 1999 bis Oktober 2004 die Zahlung der Vergütungsdifferenz, die sich ohne die Anwendung der 2. BesÜV aus der ungekürzten Zahlungsverpflichtung der Beklagten für die Besoldungsgruppe A 13 nach § 2 des Anstellungsvertrags iVm. dem BBesG ergebe.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei zur Zahlung der vollen Vergütung verpflichtet, da er nach seiner erstmaligen Ernennung überwiegend und nicht nur vorübergehend zur Unterstützung des Referatsleiters im bisherigen Bundesgebiet verwendet worden sei. Die Beklagte habe nicht beabsichtigt, ihn nur vorübergehend im bisherigen Bundesgebiet einzusetzen. Zudem forderten die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums, dass für gleiche und vergleichbare Dienstposten derselben Laufbahn im Hinblick auf die vom Träger des öffentlichen Amtes geforderte gleiche Tätigkeit, gleiche Leistung, gleiche Verantwortung und gleiche Arbeitslast die gleiche Besoldung gewährt werde.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 28.325,33 Euro brutto nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit aus 7.092,28 Euro brutto seit 31. Dezember 1999, aus 2.182,24 Euro brutto seit 30. April 2000 sowie 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 4.910,04 Euro brutto seit 31. Dezember 2000, aus 3.358,64 Euro brutto seit 31. August 2001, aus 2.159,80 Euro brutto seit 31. Dezember 2001, aus 3.964,09 Euro brutto seit 31. Dezember 2002, aus 2.439,44 Euro brutto seit 31. August 2003, aus 930,60 Euro brutto seit 31. Dezember 2003 und aus 1.288,20 Euro brutto seit 31. Oktober 2004 zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, dem Kläger stehe bereits dem Grunde nach kein Anspruch auf Zahlung einer Vergütungsdifferenz zu. Er sei für eine Aufsichtstätigkeit im Beitrittsgebiet ausgebildet worden. Allerdings habe sich die Aufteilung des Beitrittsgebiets in Aufsichtsbezirke noch nach Größe und Struktur bewähren müssen. Daher sei zum Zeitpunkt der Ernennung des Klägers keine Stelle eines Technischen Aufsichtsbeamten im Beitrittsgebiet frei gewesen, weshalb er zunächst vorübergehend auch im bisherigen Bundesgebiet eingesetzt worden sei.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Zu Recht haben die Vorinstanzen die Klage als unbegründet abgewiesen.
Der Kläger hat gegen die Beklagte nur Anspruch auf die Zahlung der gekürzten Dienstbezüge nach § 2 Abs. 1 Satz 1 2. BesÜV.
1. Nach § 1 des Anstellungsvertrags vom 15. März 1995 wurde der Kläger nach den Bestimmungen der Dienstordnung der Beklagten vom 10. Juni 1976 als Technischer Aufsichtsbeamter angestellt. Die Besoldung richtete sich gemäß § 2 des Anstellungsvertrags nach der Besoldungsgruppe A 13, wobei der Kläger zum Zeitpunkt des Vertragschlusses unter ausdrücklicher Verweisung auf § 2 Abs. 1 der 2. BesÜV 82 % der ungekürzten Dienstbezüge erhalten sollte. Gemäß § 4 Dienstordnung bestimmt sich die Besoldung nach den Vorschriften für Beamte des Bundes. Dementsprechend sind für die Besoldung des Klägers § 73 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) und die auf § 73 BBesG beruhende 2. BesÜV maßgebend. Gemäß § 1 Satz 1 2. BesÜV gelten für Beamte, die nach In-Kraft-Treten des Einigungsvertrags in dem in Art. 3 des Einigungsvertrags genannten Gebiet (Beitrittsgebiet) verwendet werden, die Vorschriften des Bundesbesoldungsgesetzes, soweit nicht in der 2. BesÜV etwas anderes bestimmt ist. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 der 2. BesÜV werden die Dienstbezüge von Beamten, die von ihrer erstmaligen Ernennung an im Beitrittsgebiet verwendet werden, gegenüber den für das bisherige Bundesgebiet geltenden Dienstbezügen gemindert. Zum Zeitpunkt der Ernennung des Klägers zum Dienstordnungs-Angestellten betrugen die geminderten Dienstbezüge 82 vom Hundert der Bezüge für das bisherige Bundesgebiet. Die Beklagte wendete zutreffend diese Vorschrift auf den Kläger an.
2. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf die geltenden gemachten Differenzbezüge, da er von seiner erstmaligen Ernennung an dauerhaft im Beitrittsgebiet und nur vorübergehend auch im bisherigen Bundesgebiet von April 1995 bis August 1996 verwendet wurde.
a) Die Vergütung des Beamten gemäß §§ 1, 2 Abs. 1 Satz 1 der 2. BesÜV bestimmt sich danach, ob er von seiner erstmaligen Ernennung an im Beitrittsgebiet verwendet wurde. Unter einer Verwendung iSd. 2. BesÜV ist die selbständige und eigenverantwortliche Wahrnehmung des übertragenen Aufgabengebiets zu verstehen (BAG 24. Februar 2000 – 6 AZR 611/98 – AP BGB § 611 Dienstordnungs-Angestellte Nr. 71), die auch die Anwärter sowie Beamte und Richter erfasst, die keinen Dienstposten wahrnehmen. Für die Höhe der Besoldung ist der Ort der dauerhaften Verwendung, also der dienstlichen Tätigkeit, nicht hingegen der dienstrechtliche Bezug zu einer Behörde oder zu einem Dienstherrn mit Gebietshoheit maßgeblich (BVerwG 11. März 1999 – 2 C 24/98 – ZBR 1999, 272; vgl. BAG 6. Oktober 1994 – 6 AZR 324/94 – BAGE 78, 108, 112). Eine erstmalige Ernennung im oder zwecks Verwendung für das Beitrittsgebiet liegt vor, wenn durch die Ernennung erstmals ein Anspruch auf Dienstbezüge im Beitrittsgebiet begründet wird (BAG 24. Februar 2000 – 6 AZR 611/98 – aaO; von Zwehl in Schwegmann/Summer BBesG Stand Januar 2006 IV/24 § 2 2. BesÜV Rn. 1b). Als erstmalige Ernennung des Klägers ist dessen Anstellung als Dienstordnungs-Angestellter auf Lebenszeit durch den Anstellungsvertrag vom 15. März 1995 mit Wirkung zum 1. April 1995 anzusehen. Hierdurch erwarb er erstmals einen Anspruch auf eine Besoldung entsprechend den beamtenrechtlichen Vorschriften, während ihm zuvor eine Vergütung nach dem Berufsgenossenschafts-Angestelltentarifvertrag und den diesen ergänzenden und ändernden Tarifverträgen zustand.
b) Die 2. BesÜV unterscheidet zwischen der vorübergehenden Verwendung (vgl. § 1 Satz 2, § 6 der 2. BesÜV) und der Verwendung, die in Abgrenzung zur vorübergehenden Verwendung auf Dauer angelegt ist (§ 1 Satz 1, § 2 Abs. 1 der 2. BesÜV). Für die Bestimmung der Höhe der Bezüge nach §§ 1, 2 Abs. 1 der 2. BesÜV ist daher entscheidend, ob der Beamte von seiner erstmaligen Verwendung an dauerhaft im Beitrittsgebiet oder im bisherigen Bundesgebiet verwendet wurde (vgl. VG Frankfurt (Oder) 1. März 1995 – 2 K 196/94 – DÖD 1995, 237). Die Annahme einer Stichtagsregelung widerspräche dieser Unterscheidung zwischen dauerhafter und vorübergehender Verwendung. Käme es nur auf die Verwendung an einem bestimmten Tag an, wären zufällige und willkürliche Ergebnisse absehbar; zB müssten alle Anwärter, die im bisherigen Bundesgebiet für die Verwendung im Beitrittsgebiet ausgebildet wurden, ungekürzt besoldet werden. Auf den Sinn und Zweck der 2. BesÜV – nämlich die Berücksichtigung der unterschiedlichen Lebensverhältnisse im bisherigen Bundesgebiet und im Beitrittsgebiet – käme es nicht an. Die 2. BesÜV setzt zudem nach ihrem Wortlaut sowie dem Sinn und Zweck der Regelung weder eine kalendarische Bestimmung noch die Festlegung einer Höchstdauer der vorübergehenden Verwendung im bisherigen Bundesgebiet voraus. Für die Frage der dauernden Verwendung ist es nicht von Bedeutung, ob vor der vorübergehenden Verwendung im bisherigen Bundesgebiet im Beitrittsgebiet bereits ein dauerhafter Dienstposten bestand oder absehbar war. Zum Zeitpunkt der Ernennung hat der Arbeitgeber eine dahingehende Prognose anzustellen, wo sich der Dienstort des Arbeitnehmers auf Dauer befinden werde (vgl. VG Regensburg 19. Februar 2003 – RO 1 K 02.2008 –).
Die Verwendung ist vorübergehend, wenn sie zeitlich begrenzt erfolgt. Vorübergehend verwendet werden die bei einem Dienstherrn im bisherigen Bundesgebiet im Wege der Abordnung und Ausbildung tätigen sowie die nach § 123a BRRG zugewiesenen Besoldungsempfänger aus dem Beitrittsgebiet, während die dauerhaft umgesetzten oder versetzten Besoldungsempfänger nicht mehr unter den Anwendungsbereich der 2. BesÜV fallen. Die vorübergehende Übertragung einer Tätigkeit kommt dann in Betracht, wenn die wahrzunehmende Tätigkeit keine Daueraufgabe darstellt, also in absehbarer Zeit wegfällt, oder der Arbeitgeber den Arbeitsplatz aus sonstigen berechtigten Interessen vorläufig nicht mit dem betreffenden Arbeitnehmer endgültig besetzen will, zB weil dieser noch nicht ausreichend qualifiziert ist (vgl. zur Eingruppierung BAG 16. Januar 1991 – 4 AZR 301/90 – BAGE 67, 59). Die vorübergehende Verwendung braucht nicht nur von kurzer Dauer zu sein, wie zB § 27 Abs. 3 BBG zeigt (BVerwG 28. Oktober 2004 – 2 B 58/04 –). Sie setzt nicht voraus, dass der Beamte bzw. Dienstordnungs-Angestellte zuvor im Beitrittsgebiet eingesetzt wurde.
c) Das Landesarbeitsgericht hat die Tätigkeit des Klägers im bisherigen Bundesgebiet als vorübergehende Verwendung angesehen. Dem ist zu folgen.
Der Kläger wurde auf Grund des sich aus der Deutschen Einheit ergebenden Bedarfs an Aufsichtsbeamten in den neuen Bundesländern als Technischer Aufsichtsbeamter für den Einsatz im Beitrittsgebiet ausgebildet. Dieser Bedarf bestand noch zum Ende seiner Ausbildung, auch wenn zu diesem Zeitpunkt alle Aufsichtsbezirke im Beitrittsgebiet besetzt waren. Dem Kläger wurde daher mit Schreiben vom 13. Januar 1995 die Betreuung von Kreisen im Aufsichtsbezirk Dresden neben einem weiteren Aufsichtsbeamten und zusätzlich die Unterstützung des Leiters der Referate Berufskrankheiten und Messwesen sowie Technik in der Hauptverwaltung in Bonn übertragen, wobei geplant war, dass er zur Wahrnehmung der Unterstützungsaufgabe jede zweite Woche seinen Dienst in Bonn verrichtet. Diese Aufgaben erfüllte der Kläger auch nach seiner Ernennung zum Dienstordnungs-Angestellten vom 1. April 1995 bis zum 31. August 1996, wobei nach den gemäß § 559 Abs. 2 ZPO bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts der Schwerpunkt der Verwendung im bisherigen Bundesgebiet lag. § 2 Abs. 1 der 2. BesÜV knüpft aber nicht an den Schwerpunkt der Verwendung, sondern an das Kriterium der Dauerhaftigkeit an (s. oben unter 2a).
Die Anstellung des Klägers als Dienstordnungs-Angestellter war, wie die ausdrückliche Bezugnahme in § 2 Satz 2 des Anstellungsvertrags vom 15. März 1995 auf § 2 Abs. 1 der 2. BesÜV zeigt, vom übereinstimmenden Willen der Parteien getragen, ihn dauerhaft für das Beitrittsgebiet zu verwenden. Der vorübergehende unterstützende und nach seiner zeitlichen Inanspruchnahme überwiegende Einsatz in Bonn war bereits nach seiner Aufgabenstellung lediglich vorübergehender Natur. Er entsprach nicht der Qualität der selbständigen Tätigkeit eines Aufsichtsbeamten. Darüber hinaus stand diese Verwendung durch den teilweisen Einsatz im Aufsichtsbezirk Dresden stets in einem Bezug zu der Verwendung im Beitrittsgebiet. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt von dem der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 19. Februar 2003 (– RO 1 K 02.2008 –) zugrunde liegenden Sachverhalt, bei dem die Ausbildung eines Soldaten auf Zeit (Studium der Medizin) als eine dauerhafte Umsetzung angesehen wurde, weil sie voraussichtlich über die Verpflichtungsdauer hinaus andauern sollte und keine Gewissheit bestand, dass die Verwendung im Beitrittsgebiet erfolgen werde. Den für die dauerhafte Verwendung in der Hauptverwaltung unerlässlichen Umzug nach Bonn lehnte der Kläger aus familiären Gründen ab. Die Beklagte erstattete ihm während der Verwendung in Bonn Fahrtkosten und zahlte Tages- und Übernachtungsgelder. Auf diese Weise machte sie deutlich, dass sie lediglich von einer vorübergehenden Verwendung im bisherigen Bundesgebiet ausging. Bereits aus diesem Umstand und der im Anstellungsvertrag vereinbarten gekürzten Vergütung ist ersichtlich, dass die Parteien einvernehmlich eine dauerhafte Verwendung des Klägers im Beitrittsgebiet anstrebten und der Einsatz in Bonn nur vorübergehend beabsichtigt war. Anhaltspunkte für ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Arbeitgebers, die für den Kläger den Schluss zuließen, er solle dauerhaft im bisherigen Bundesgebiet verwendet werden, sind nicht gegeben. Nachdem der Kläger das Angebot der dauerhaften Beschäftigung in Bonn abgelehnt hatte, wurde ihm der erste freiwerdende Aufsichtsbezirk mit dem Schwerpunkt im Beitrittsgebiet zugewiesen, in dem er ausschließlich und dauerhaft bis zu seinem Ruhestand verwendet wurde.
3. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts verletzt auch nicht formelles Recht.
a) Prozessrügen müssen gemäß § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b ZPO die Bezeichnung der Tatsachen enthalten, die den Mangel nach Auffassung der Revision begründen sollen. An die Begründung einer Verfahrensrüge sind strenge Anforderungen zu stellen. Das gilt auch für auf § 286 Abs. 1 ZPO gestützte Rügen des Inhalts, das Landesarbeitsgericht habe eine gebotene Beweisaufnahme übergangen. Es genügt nicht, nur vorzutragen, das Landesarbeitsgericht habe angetretene Beweise nicht berücksichtigt. Die Revision hat darzulegen, (1) welche Tatsachen beweiserheblich waren, (2) wo sich der entsprechende Beweisantritt in den Akten befindet, (3) was die Beweisaufnahme ergeben hätte und (4) dass die Verfahrensverletzung entscheidungserheblich war (BAG 12. April 2000 – 5 AZR 704/98 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Einzelhandel Nr. 72; ErfK/Koch 6. Aufl. § 74 ArbGG Rn. 18).
b) Diesen Erfordernissen genügt die Revisionsbegründung nur zum Teil. Jedenfalls sind die Verfahrensrügen unbegründet.
aa) Der Kläger hat zunächst gerügt, für den Fall, dass es für die Frage seiner erstmaligen Verwendung darauf ankomme, dass der Tätigkeitsschwerpunkt zum Zeitpunkt der Ernennung nicht ausreichend ermittelt worden sei, habe das Landesarbeitsgericht das Verhältnis der Tätigkeit im Beitrittsgebiet zu der Tätigkeit im bisherigen Bundesgebiet nicht konkret festgestellt. Eine solche Feststellung war mangels Entscheidungserheblichkeit entbehrlich. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, dass der Kläger bis Ende August 1996 überwiegend in Bonn tätig war. Weshalb es darüber hinaus auf das konkrete Verhältnis dieser Tätigkeit zur Aufsichtstätigkeit ankommen soll, ist nicht ersichtlich.
bb) Die Behauptungen des Klägers, er habe in Dresden keinen eigenen Aufsichtsbezirk betreut, sondern M… D… unterstützt und das Freiwerden des Aufsichtsbezirks 28 sei nicht vorhersehbar gewesen, hat die Beklagte nicht bestritten und auch das Landesarbeitsgericht nicht in Zweifel gezogen. Die unstreitigen Tatsachen, dass im Zeitpunkt der Ernennung des Klägers kein unbesetzter Aufsichtsbezirk im Beitrittsgebiet vorhanden war und dass dem Kläger angeboten wurde, dauerhaft in der Ausbildungsabteilung in Bonn zu arbeiten, er dies aber aus familiären Gründen ablehnte, hat das Landesarbeitsgericht ausdrücklich in seinem Urteil berücksichtigt (S. 10 des Berufungsurteils). Dass die Beklagte bereits zum Zeitpunkt der Ernennung beabsichtigt habe, ihn dauerhaft in der Ausbildungsabteilung in Bonn einzusetzen, hat der Kläger erstmals in der Revisionsbegründung (S. 9) behauptet. Im Schriftsatz vom 10. August 2004 hatte er keine Angaben gemacht, wann ihm die Verwendung in der Ausbildungsabteilung in Bonn angeboten worden sei. Es handelt sich daher um neuen streitigen Tatsachenvortrag, der in der Revision gemäß § 559 Abs. 1 ZPO nicht zu berücksichtigen ist.
cc) Soweit der Kläger bestreitet, es sei vorgesehen gewesen, dass er jede zweite Woche die Aufsicht im Bezirk Dresden verrichte, ergab sich die Absicht der Beklagten bereits aus dem Schreiben vom 13. Januar 1995. Dass diese Absicht nicht umgesetzt wurde und der Kläger für einen Übergangszeitraum überwiegend in Bonn tätig wurde, ist unstreitig und wurde auch vom Landesarbeitsgericht berücksichtigt.
Unterschriften
Fischermeier, Dr. Armbrüster, Friedrich, Klapproth, Spiekermann
Fundstellen
Haufe-Index 1523554 |
NZA 2006, 1296 |
ZTR 2006, 455 |
AP, 0 |
NZA-RR 2006, 547 |