Entscheidungsstichwort (Thema)
Schulung eines Wirtschaftsausschußmitglieds
Orientierungssatz
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts haben Wirtschaftsausschußmitglieder, die nicht zugleich Mitglieder des Betriebsrats sind, keinen Anspruch auf entsprechende Anwendung des § 37 Abs 6 BetrVG. Nur in Ausnahmefällen, wenn Mitglieder des Wirtschaftsausschusses die vom Arbeitgeber kraft Gesetzes zu gebenden Informationen nicht verstehen, kann im Einzelfall ein derartiger Anspruch bestehen.
Normenkette
TVG § 1; BetrVG §§ 107, 37 Abs. 6
Verfahrensgang
Hessisches LAG (Entscheidung vom 29.10.1985; Aktenzeichen 15/5 Sa 239/85) |
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 09.10.1984; Aktenzeichen 12 Ca 260/84) |
Tatbestand
Die tarifgebundenen Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist an den Kläger Lohn für die Zeit zu zahlen, während der er an Schulungsveranstaltungen der IG Metall teilgenommen hat.
Der Kläger ist seit dem 1. März 1961 als Mechaniker bei der Beklagten beschäftigt. Bis März 1984 war er Ersatzmitglied des bei der Beklagten bestehenden Betriebsrats und hat an dessen Sitzungen mehrfach teilgenommen. Er ist Mitglied des Wirtschaftsausschusses.
Ab September 1983 führte die IG Metall Verwaltungsstelle F im Rahmen des Arbeitskreises "Wirtschaftliche Mitbestimmung" regelmäßig Schulungsveranstaltungen gemäß § 37 Abs. 6 BetrVG durch, die sich insbesondere an Mitglieder von Wirtschaftsausschüssen und Aufsichtsräten richteten. Im einzelnen handelte es sich dabei um folgende Tagesveranstaltungen:
11.10.1983: Informationsrechte und Informations-
praxis in wirtschaftlichen Angelegen-
heiten nach dem BetrVG
1.11.1983: Systematische Informationsbeschaffung
und -auswertung in Wirtschaftsaus-
schüssen
Kennzifferninformationssystem
13.12.1983: Bilanzanalyse Teil I
31.01.1984: Bilanzanalyse Teil II
28.02.1984: Personalkostenzusammensetzung
und -entwicklung
Mit Schreiben vom 6. Oktober 1983 teilte der Betriebsrat der Beklagten mit, er habe die Teilnahme des Klägers an den Veranstaltungen vom 11. Oktober, 1. November und 13. Dezember 1983 beschlossen. Die Beklagte lehnte eine Freistellung des Klägers mit Schreiben vom 28. Oktober 1983 ab. Auch nach erneuten Verhandlungen zwischen dem Betriebsrat und der Beklagten lehnte diese gegenüber dem Kläger am 16. Februar 1984 mündlich eine Freistellung endgültig ab. Der Kläger hat an den Veranstaltungen vom 1. November und 13. Dezember 1983 teilgenommen.
Mit der der Beklagten am 18. April 1984 zugestellten Klage hat der Kläger Lohnausfall in Höhe von 226,-- DM brutto für die Teilnahme an den Veranstaltungen vom 11. Oktober 1983, 13. Dezember 1983, 31. Januar 1984 und 28. Februar 1984 geltend gemacht. Auf den Hinweis der Beklagten, für die Teilnahme an den Veranstaltungen vom 31. Januar und 28. Februar 1984 lägen keine entsprechenden Beschlüsse des Betriebsrats vor und der Kläger habe am 11. Oktober 1983 gearbeitet, hat der Kläger mit Schriftsatz vom 26. Juli 1984 seine Lohnausfallforderung nur noch für die Veranstaltungen vom 31. Januar 1984 und 28. Februar 1984 in Höhe von 113,-- DM geltend gemacht. In der mündlichen Verhandlung vom 9. Oktober 1984 hat der Kläger schließlich seine Forderung auf die Teilnahme an den Veranstaltungen vom 1. November und 13. Dezember 1983 gestützt.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, als Wirtschaftsausschußmitglied habe er Anspruch auf Ersatz des Lohnausfalls für die Teilnahme an Schulungsveranstaltungen in entsprechender Anwendung von § 37 Abs. 2 und 6 BetrVG. Darüber hinaus habe er auch als Ersatzmitglied des Betriebsrats einen entsprechenden Anspruch.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn
113,-- DM brutto nebst 4 % Zinsen seit
18. April 1984 zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Ansicht vertreten, Wirtschaftsausschußmitglieder hätten keinen Anspruch auf Ersatz des Lohnausfalls bei Teilnahme an Schulungsveranstaltungen. Im übrigen sei die Forderung für die Teilnahme an der Veranstaltung vom 1. November 1983 mit Rücksicht auf die Ausschlußfrist nach § 27 Ziff. 3 des gemeinsamen Manteltarifvertrages für Arbeiter und Angestellte in der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie des Landes Hessen (MTV) erloschen, da er sie nach der Ablehnung vom 16. Februar 1984 nicht innerhalb von drei Monaten gerichtlich geltend gemacht habe.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die zugelassene Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageanspruch weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision ist nicht begründet. Der Kläger hat weder als Wirtschaftsausschußmitglied noch als Ersatzmitglied zum Betriebsrat einen Anspruch auf Ersatz des Lohnausfalls für die Teilnahme an der Schulungsveranstaltung vom 13. Dezember 1983. Ein etwaiger Anspruch für die Veranstaltung vom 1. November 1983 ist schon wegen Versäumung der Ausschlußfrist für dessen gerichtliche Geltendmachung nach § 27 Ziff. 3 des MTV untergegangen.
I. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, nach § 37 Abs. 6 BetrVG hätten nur Betriebsratsmitglieder Anspruch auf Ersatz des Lohnausfalls bei Teilnahme an Schulungsveranstaltungen. Eine analoge Anwendung der Vorschrift auf Wirtschaftsausschußmitglieder sei nicht möglich, da keine planwidrige Regelungslücke vorhanden sei. Dies folge schon daraus, daß der Gesetzgeber in zahlreichen Bestimmungen für andere Personenkreise eine entsprechende Anwendung des § 37 BetrVG angeordnet habe, eine entsprechende Verweisung in § 107 BetrVG jedoch fehle. Im übrigen sei der Gesetzgeber, wie § 107 Abs. 1 Satz 3 BetrVG zeige, davon ausgegangen, daß die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses die für ihr Amt erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten besitzen und eine Schulung deshalb, jedenfalls in der Regel, nicht erforderlich sei. Tatsachen, die eine Ausnahme im vorliegenden Fall rechtfertigten, habe der Kläger nicht dargetan.
II. Diese Ausführungen des Landesarbeitsgerichts halten der revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
1. a) Gemäß § 27 Ziff. 1 b MTV hätte der Kläger seinen Anspruch auf Ersatz des Lohnausfalls für die Veranstaltung vom 1. November 1983 innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der Beklagten geltend machen und gemäß § 27 Ziff. 3 MTV bei rechtzeitiger Geltendmachung innerhalb weiterer drei Monate nach Ablehnung durch die Beklagte gerichtlich geltend machen müssen.
b) Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger seinen Anspruch für diese Veranstaltung innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der Beklagten geltend gemacht hat. Denn jedenfalls hat er die dreimonatige Frist zur gerichtlichen Geltendmachung nicht gewahrt. Wie der Kläger selbst vorträgt, hat die Beklagte seine Forderung auf Freistellung im Rahmen des § 37 Abs. 6 BetrVG am 16. Februar 1984 endgültig abgelehnt. Die Frist zur gerichtlichen Geltendmachung lief also am 16. Mai 1984 ab. Der Kläger hat seine Forderung auf Ersatz des Lohnausfalls für die Veranstaltung vom 1. November 1983 gerichtlich jedoch erstmals in der mündlichen Verhandlung vom 9. Oktober 1984 geltend gemacht. In der Klageschrift hat er dagegen nur Ansprüche für die Veranstaltungen vom 11. Oktober 1983, 13. Dezember 1983, 31. Januar 1984 und 28. Februar 1984, im Schriftsatz vom 26. Juli 1984 "nach nochmaliger Überprüfung" nur noch für die Veranstaltungen am 31. Januar und 28. Februar 1984 geltend gemacht.
c) Nach alledem wäre ein etwaiger Anspruch des Klägers auf Lohnersatz für den 1. November 1983 in Höhe von 56,50 DM verfallen. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob der Kläger einen Anspruch auf Ersatz des Lohnausfalls für die Veranstaltung vom 1. November 1983 gemäß § 37 Abs. 6 BetrVG hatte.
2. a) Für die Veranstaltung vom 13. Dezember 1983 hat der Kläger seinen Anspruch mit der am 30. März 1984 bei Gericht eingegangenen, der Beklagten am 18. April 1984 zugestellten Klage rechtzeitig gerichtlich geltend gemacht.
b) Nach §§ 106 ff. BetrVG ist der Wirtschaftsausschuß ein Ausschuß des Betriebsrats bzw. Gesamtbetriebsrats und nicht etwa ein eigenständiges Organ der Belegschaft (BAG Beschlüsse vom 18. Juli 1978 - 1 ABR 34/75 - AP Nr. 1 zu § 108 BetrVG 1972; und vom 18. November 1980 - 1 ABR 31/78 - BAGE 34, 260, 268 f. = AP Nr. 2 zu § 108 BetrVG 1972). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAGE 25, 348 = AP Nr. 5 zu § 37 BetrVG 1972; BAG Beschluß vom 20. Januar 1976 - 1 ABR 44/75 - AP Nr. 10 zu § 89 ArbGG 1953) haben seine Mitglieder, die nicht zugleich Mitglieder des Betriebsrats sind, keinen Anspruch auf Lohn in entsprechender Anwendung des § 37 Abs. 6 BetrVG 1972. Nur in Ausnahmefällen, wenn Mitglieder des Wirtschaftsausschusses die vom Arbeitgeber kraft Gesetzes zu gebenden Informationen nicht verstehen, kann im Einzelfall ein derartiger Anspruch bestehen. Dies wird damit begründet, daß § 37 Abs. 6 BetrVG schon seinem Wortlaut nach nur den Betriebsratsmitgliedern einen entsprechenden Anspruch gebe. Eine analoge Anwendung auf Mitglieder des Wirtschaftsausschusses scheide aus, weil keine planwidrige Lücke im Gesetz vorhanden sei. Der Gesetzgeber habe nämlich in verschiedenen anderen Bestimmungen für andere Personen (vgl. § 51 Abs. 1 = Gesamtbetriebsrat; § 59 Abs. 1 = Konzernbetriebsrat; § 65 Abs. 1 = Jugendvertretung) eine entsprechende Anwendung des § 37 BetrVG angeordnet, dies aber in §§ 106 ff. BetrVG für den Wirtschaftsausschuß unterlassen. Auf der anderen Seite habe der Gesetzgeber den Kreis der in den Wirtschaftsausschuß zu wählenden Arbeitnehmer, wie die Soll-Vorschrift in § 107 Abs. 1 Satz 3 BetrVG zeige, auf diejenigen beschränken wollen, die die zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlichen Voraussetzungen bereits besitzen, so daß es einer weiteren Schulung nicht mehr bedürfe. Dabei bedeute die in § 107 Abs. 1 Satz 3 BetrVG postulierte "fachliche Eignung" nicht nur die Tauglichkeit und die Möglichkeit sich alsbald einzuarbeiten, sondern ein entsprechendes Wissen, zumindest ein Grundlagenwissen.
c) Diese Rechtsprechung hat Zustimmung, aber auch Ablehnung gefunden.
aa) Wisskirchen (Das Arbeitsrecht der Gegenwart, 1975, S. 73, 87) führt aus, Wortlaut und Systematik des Gesetzes sprächen gegen eine Einbeziehung der Wirtschaftsausschußmitglieder in den zu fördernden Personenkreis. § 37 BetrVG nenne nur Betriebsratsmitglieder, während andere Vorschriften, die auch für Wirtschaftsausschußmitglieder gelten sollten, dies regelmäßig klar zum Ausdruck brächten (§§ 78, 79 BetrVG). Die gleiche Auffassung vertritt Rumpff (Mitbestimmung in wirtschaftlichen Angelegenheiten, 2. Aufl. 1978, S. 170 f.), der zusätzlich darauf hinweist, daß der Gesetzgeber die Normierung bei Erlaß des BetrVG 1972 beibehalten habe, obgleich ihm die Problematik aus der Praxis des BetrVG 1952 bekannt gewesen sei. Zustimmung hat diese Rechtsprechung auch von Schlüter (SAE 1975, 158, 161 f.), Kammann/Hess/Schlochauer (BetrVG, 3. Aufl., § 107 Rz 28) und von Galperin/Löwisch (BetrVG, 6. Aufl., § 107 Rz 23, 27) erfahren.
bb) Demgegenüber meint Kittner (Anm. zu BAG Beschluß vom 6. November 1973 - 1 ABR 8/73 - AP Nr. 5 zu § 37 BetrVG 1972), daß ungeachtet der fehlenden Verweisungsvorschriften § 37 Abs. 2 BetrVG 1972 für Wirtschaftsausschußmitglieder zur Anwendung komme und deshalb auch § 37 Abs. 6 BetrVG 1972, der nur als eine Konkretisierung von Abs. 2 anzusehen sei. Daran könne auch der Hinweis auf § 107 Abs. 1 Satz 3 BetrVG 1972 nichts ändern, da dies nur eine Soll-Vorschrift sei, die gerade keine zwingende Zugangsvoraussetzung darstelle. Weiterhin bedeute "Eignung" in diesem Zusammenhang nur, daß die zu entsendenden Mitglieder von ihrer persönlichen Disposition her in der Lage sein müßten, sich die erforderlichen Kenntnisse anzueignen und durch Fortbildung auf den neuesten Stand zu bringen. In ähnlicher Weise argumentieren Däubler (Schulung und Fortbildung von Betriebsratsmitgliedern und Jugendvertretern nach § 37 BetrVG, 3. Aufl. 1978, S. 93 f.), Fabricius/Kraft/Thiele/Wiese (GK-BetrVG, 2. Bearb. 1983, § 107 Anm. 45 ff.), Dietz/Richardi (BetrVG, 6. Aufl., § 107 Anm. 27), und Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither (BetrVG, 15. Aufl., § 107 Anm. 13) sowie LAG Bremen (Beschluß vom 17. Januar 1984 - 4 TaBV 10/83 - in ArbuR 1985, S. 132).
d) Trotz der an der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts geübten Kritik hält der Senat an ihr fest.
Die Kritik übersieht insbesondere, daß der Gesetzgeber in Kenntnis der Problematik z.B. in § 65 BetrVG ausdrücklich auf § 37 BetrVG verwiesen hat, in § 107 BetrVG dagegen nicht, obwohl die Jugendvertretung im Verhältnis zum Betriebsrat eine ähnliche Stellung für ihr Spezialgebiet hat wie der Wirtschaftsausschuß für das seine. Sie vermochte bisher auch nicht zu erklären, warum in §§ 78, 79 BetrVG der Wirtschaftsausschuß ausdrücklich zusammen mit den anderen Organen und Vertretungen genannt worden ist, in § 37 BetrVG dagegen nicht. Schließlich ist auch zu berücksichtigen, daß der Gesetzgeber die Schulung und Bildung der Betriebsratsmitglieder gefördert hat, um allen Arbeitnehmern eines Betriebes, ohne Rücksicht auf ihre Kenntnisse und Fähigkeiten, die Chance zu geben nach einer Wahl in den Betriebsrat dort verantwortlich mitzuarbeiten, bei den Wirtschaftsausschußmitgliedern diese Kenntnisse und Fähigkeiten aber als gegeben vorausgesetzt hat.
Bei einer an Sinn und Zweck des BetrVG orientierten Interpretation kann deshalb nur in Ausnahmefällen ein Schulungsbedürfnis der Wirtschaftsausschußmitglieder angenommen werden.
3. Vorliegend hat der Kläger nichts dafür dargetan, daß er kurz vor Beendigung der 1984 auslaufenden Amtsperiode noch an einer Schulung mit dem Thema "Bilanzanalyse Teil I" teilnehmen mußte, um seine Aufgaben im Wirtschaftsausschuß wahrnehmen zu können (vgl. Richardi in Urteilsanmerkung zu BAG Beschluß vom 18. Juli 1978 - 1 ABR 34/75 - EzA § 108 BetrVG 1972 Nr. 3). Für einen derartigen Ausnahmefall ist auch sonst nichts ersichtlich.
4. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Ersatz des Lohnausfalls für die Schulungsveranstaltung vom 13. Dezember 1983, weil er daran in seiner Eigenschaft als Ersatzmitglied des Betriebsrats teilgenommen hat.
a) Bei der Frage, ob ein Ersatzmitglied zu einer Schulungsveranstaltung zu entsenden ist, weil für die Betriebsratsarbeit erforderliche Kenntnisse vermittelt werden sollen, handelt es sich um einen unbestimmten, einen gewissen Beurteilungsspielraum des Betriebsrats einschließenden Rechtsbegriff (ständige Rechtsprechung, zuletzt BAGE 52, 73, 77 = AP Nr. 53 zu § 37 BetrVG 1972). Dabei hat der Betriebsrat einen Beurteilungsspielraum nicht nur für die Frage der Erforderlichkeit einer Schulung überhaupt, sondern auch für die Frage, wessen Teilnahme erforderlich ist und ob unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls die Teilnahme gerade eines Stellvertreters erforderlich ist, damit der Betriebsrat künftig seine Beteiligungsrechte sach- und fachgerecht ausüben kann. Die gerichtliche Überprüfung der Entscheidung muß sich dabei allerdings darauf beschränken, festzustellen, ob ein vernünftiger Dritter unter den im Zeitpunkt der Entscheidung des Betriebsrats gegebenen Umständen ebenso entschieden hätte (BAG, aaO). Dabei wird bei der Entsendung eines Ersatzmitgliedes zu berücksichtigen sein, neben der Vermittlung eines sachbezogenen Wissens auch die im Zeitpunkt der Beschlußfassung zu erwartende Häufigkeit und Dauer seiner Betriebsratstätigkeit, die Größe des jeweiligen Betriebsrats und ob der Erwerb der Kenntnisse durch eine Schulung auch unter Berücksichtigung der Ersatzmitgliedschaft vom Betriebsrat für die zukünftige Gewährleistung seiner Arbeitsfähigkeit für notwendig erachtet werden durfte. Dies hängt auch von dem künftigen Aufgabengebiet ab, das dem Ersatzmitglied übertragen werden soll. Allerdings ist dabei zu beachten, daß der Betriebsrat ein Ersatzmitglied grundsätzlich nicht für den Fall einer durch Urlaub oder Erkrankung notwendigen Vertretung eines Betriebsratsmitglieds schulen lassen kann. Für solche Fälle hat der Betriebsrat regelmäßig anderweitig Vorsorge für die Aufrechterhaltung seiner Arbeitsfähigkeit zu treffen (BAG Beschluß vom 10. Mai 1974 - 1 ABR 47/73 - AP Nr. 2 zu § 65 BetrVG 1972 = DB 1974, 2162). Nur in Ausnahmefällen kann es deshalb erforderlich sein, daß der Betriebsrat ein Ersatzmitglied zu einer Schulungsveranstaltung gemäß § 37 Abs. 6 BetrVG entsendet, um seine Arbeitsfähigkeit aufrechtzuerhalten, wenn die zu vermittelnden Kenntnisse für eine sachbezogene und erfolgreiche Arbeit im Verhältnis zur zukünftigen Amtszeit erforderlich sind. Dabei ist der Betriebsrat immer gehalten, nicht nur die Erforderlichkeit im Hinblick darauf zu prüfen, was an Kenntnissen vermittelt wird, sondern auch darauf, ob die Kenntnisse im Interesse einer sachgerechten auf die gesamte Amtszeit bezogenen Betriebsratsarbeit auch gerade dem für eine Schulung auszuwählenden Ersatzmitglied zu vermitteln sind. Jede Auswahlentscheidung des Betriebsrats hat daher notwendigerweise einen Prognosespielraum, dessen Grundlagen ausgewiesen werden müssen und einer gerichtlichen Beurteilung nicht entzogen sind (vgl. BAG aaO).
b) Der Kläger hat in diesem Zusammenhang lediglich geltend gemacht, während der bis März 1984 laufenden Amtszeit des aus elf Mitgliedern bestehenden Betriebsrates bis zum Beschluß über seine Entsendung zur Schulung an 19 von insgesamt 112 Betriebsratssitzungen als Vertreter für vorübergehend verhinderte Betriebsratsmitglieder teilgenommen zu haben. Nach der Beschlußfassung habe er bis zum Ende der Amtszeit noch an weiteren elf Sitzungen teilgenommen. Bei Berücksichtigung der auslaufenden Amtszeit des Betriebsrates von rd. drei Monaten kann die Entsendung gerade des Klägers als Ersatzmitglied zu einer Schulung mit dem Thema "Bilanzanalyse I" jedoch nicht für erforderlich gehalten werden, zumal der Kläger nicht einmal vorgetragen hat, für den Rest der Amtszeit habe die Gefahr bestanden, daß ein Betriebsratsmitglied häufig ausfällt und deshalb seine Schulung in bezug auf Bilanzanalyse erforderlich sei, um die Betriebsratsarbeit ordnungsgemäß aufrechterhalten zu können.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.
Dr. Röhsler Dr. Jobs Schneider
Hohnheit Dr. Walz
Fundstellen
NZA 1989, 221-223 (ST1-2) |