Entscheidungsstichwort (Thema)
Jubiläumszuwendung. Betriebliche Übung
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine allgemeinverbindliche Regel, ab welcher Anzahl von Leistungen der Arbeitnehmer erwarten darf, dass auch er die Leistung erhält, sobald er die Voraussetzungen erfüllt, gibt es nicht. Die Regel, dass eine dreimalige vorbehaltlose Gewährung zur Verbindlichkeit erstarkt, ist für jährlich an die gesamte Belegschaft geleistete Gratifikationen aufgestellt worden. Bei anderen Sozialleistungen ist auf Art, Dauer und Intensität der Leistungen abzustellen. Wie lange die Übung bestehen muss, damit die Arbeitnehmer berechtigt erwarten können, dass sie fortgesetzt werde, hängt davon ab, wie häufig die Leistungen erbracht worden sind. Dabei kommt es auf die Zahl der Anwendungsfälle im Verhältnis zur Belegschaftsstärke an. Ferner sind in die Bewertung der Relation von Anzahl der Wiederholungen und Dauer der Übungen auch Art und Inhalt der Leistungen einzubeziehen. Bei für den Arbeitnehmer weniger wichtigen Leistungen sind an die Zahl der Wiederholungen höhere Anforderungen zu stellen als bei bedeutsameren Leistungsinhalten.
2. Ein aus betrieblicher Übung erwachsener Anspruch eines einzelnen Arbeitnehmers kann nicht ohne weiteres dadurch untergehen, dass der Arbeitgeber gegenüber anderen Arbeitnehmern die Übung einstellt und der Arbeitnehmer dazu schweigt. Dies gilt selbst dann, wenn es sich bei den betriebsüblichen Leistungen um einmalige Leistungen wie z.B. Jubiläumszuwendungen handelt und der Anspruchsteller selbst noch nie in den Genuss der Leistung gelangt ist.
Normenkette
BGB § 611
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 14. Dezember 2006 – 8 Sa 1165/06 – wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe der Zuwendung für das zehnjährige Betriebsjubiläum der Klägerin.
Die Klägerin ist seit dem 1. Dezember 1995 als Verkäuferin bei der Beklagten beschäftigt. Die Beklagte ist ein Einzelhandelsunternehmen, das zum E-Konzern gehört. Bei der Beklagten sind insgesamt 4.000 Arbeitnehmer tätig. Den Produktions- und Filialstandort in O… bei M… hat die Beklagte 1996 in Betrieb genommen. An diesem Standort arbeiten neben der Klägerin ca. 600 Beschäftigte.
Im Bereich des E-Konzerns sind ca. 25.000 Arbeitnehmer beschäftigt. Bis Ende 2004 ist an alle Arbeitnehmer des E-Konzerns nach zehnjähriger Betriebszugehörigkeit eine Jubiläumszuwendung in Höhe von 250,00 Euro (vor der Euro-Umstellung 400,00 DM) brutto gezahlt worden. Mit Beginn des Kalenderjahres 2005 ist die Jubiläumszuwendung um 100,00 Euro auf 150,00 Euro gekürzt worden.
Von den Beschäftigten in O… haben bis Ende 2004 etwa 70 Arbeitnehmer 250,00 Euro als Jubiläumszuwendung für zehnjährige Betriebszugehörigkeit erhalten, davon im Kalenderjahr 2003 15 und im Kalenderjahr 2004 32 Mitarbeiter. Im Kalenderjahr 2005 erhielten nach Vollendung einer zehnjährigen Betriebszugehörigkeit alle 19 davon betroffenen Arbeitnehmer lediglich 150,00 Euro brutto. Von der Absenkung im Jahre 2005 waren im gesamten Unternehmen der Beklagten 212 Arbeitnehmer betroffen, im gesamten Konzern 624 Arbeitnehmer.
Am 1. Dezember 2005 beging die Klägerin ihr zehnjähriges Betriebszugehörigkeitsjubiläum und erhielt mit der Verdienstabrechnung für den Monat Dezember 2005 150,00 Euro brutto. Mit Schreiben vom 3. Januar 2006 machte die Klägerin die Zahlung eines weitergehenden Betrages in Höhe von 100,00 Euro brutto geltend. Dies wies die Beklagte mit Schreiben vom 24. Januar 2006 zurück.
Die Klägerin ist der Ansicht, ihr stehe der Anspruch aus betrieblicher Übung zu. Die Beklagte habe über Jahre hinweg bis zum Jahre 2004 allen Beschäftigten eine Jubiläumszuwendung nach zehnjähriger Betriebszugehörigkeit in Höhe von 250,00 Euro brutto gezahlt. Sie habe daher darauf vertrauen können, dass auch sie eine solche Leistung in Höhe von 250,00 Euro erhalten werde.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 100,00 Euro brutto zu zahlen.
Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, eine betriebliche Übung sei nicht entstanden. Sie sei jedenfalls dadurch weggefallen, dass in vergleichbaren Fällen über einen längeren Zeitraum die zuvor gewährten Leistungen nicht mehr erbracht worden seien. Der Arbeitgeber müsse in der Lage sein, eine betriebliche Übung auch wieder zu beseitigen. Es müsse ihm möglich sein, sich ohne Änderungsvereinbarung einseitig von einer einmal entstandenen Übung loszusagen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist unbegründet.
Die Klägerin hat einen Anspruch auf die restliche Jubiläumszuwendung in Höhe von 100,00 Euro.
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, es sei eine betriebliche Übung entstanden. Die langjährige regelhafte Gewährung einer Jubiläumszuwendung in bisheriger Höhe von 250,00 Euro könne als Ausdruck eines rechtsgeschäftlichen Verpflichtungswillens angesehen werden. Der Arbeitgeber sei nach einer festgefügten Ordnung verfahren. Aus der regelmäßigen und ausnahmslosen Gewährung der Jubiläumszuwendung bei Erreichen der zehnjährigen Betriebszugehörigkeit habe sich für die Stammarbeitskräfte ergeben, dass sich der Arbeitgeber nicht jeweils im Einzelfall eine Entscheidung über die Gewährung einer Zuwendung vorbehalte. Die Schwierigkeit, sich von einer durch Betriebsübung begründeten Verpflichtung zur Zahlung von Jubiläumsgeld zu einem späteren Zeitpunkt zu lösen, rechtfertige keine andere Beurteilung. Dem Arbeitgeber stehe es frei, bereits im schriftlichen Arbeitsvertrag oder im Zusammenhang mit der Auszahlung der Leistung klarzustellen, dass auch die wiederholte Leistungsgewährung keinen Rechtsanspruch begründe. Habe er dies nicht getan, müsse er eine Vertragsänderung im gegenseitigen Einvernehmen herbeiführen oder eine Änderungskündigung aussprechen. Die begründete Betriebsübung sei im Verhältnis zur Klägerin nicht wirksam beseitigt worden.
II. Diese Ausführungen des Landesarbeitsgerichts halten den Angriffen der Revision stand. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Jubiläumszuwendung iHv. 250,00 Euro brutto nach den Grundsätzen der betrieblichen Übung erworben, der iHv. 150,00 Euro brutto erfüllt worden ist, so dass ihr der Restbetrag von 100,00 Euro noch zusteht.
1. Die Beurteilung, ob aus den vom Berufungsgericht festgestellten Tatsachen eine betriebliche Übung hinsichtlich der Gewährung von Leistungen entstanden ist oder nicht, unterliegt der uneingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung (BAG 20. Juni 2007 – 10 AZR 410/06 – NZA 2007, 1293 mwN). Dieser Kontrolle halten die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts stand.
2. Unter einer betrieblichen Übung wird die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers verstanden, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer gewährt werden. Dem Verhalten des Arbeitgebers wird eine konkludente Willenserklärung entnommen, die vom Arbeitnehmer gem. § 151 BGB angenommen werden kann. Dadurch wird ein vertragliches Schuldverhältnis geschaffen, aus dem bei Eintritt der vereinbarten Anspruchsvoraussetzungen ein einklagbarer Anspruch auf die üblich gewordene Vergünstigung erwächst. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitgeber mit einem entsprechenden Verpflichtungswillen gehandelt hat. Die Wirkung einer Willenserklärung oder eines bestimmten Verhaltens tritt im Rechtsverkehr schon dann ein, wenn der Erklärende aus der Sicht des Erklärungsempfängers einen auf eine bestimmte Rechtswirkung gerichteten Willen geäußert hat. Ob eine für den Arbeitgeber bindende betriebliche Übung auf Grund der Gewährung von Leistungen an seine Arbeitnehmer entstanden ist, muss deshalb danach beurteilt werden, inwieweit die Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers unter Berücksichtigung von Treu und Glauben sowie der Verkehrssitte gem. § 242 BGB und der Begleitumstände auf einen Bindungswillen des Arbeitgebers schließen durften (BAG 28. Juni 2006 – 10 AZR 385/05 – BAGE 118, 360 mwN).
Eine Bindung des Arbeitgebers durch betriebliche Übung kann auch bezüglich Einmalleistungen entstehen (BAG 28. Juli 2004 – 10 AZR 19/04 – AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 257 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 2; 27. Juni 2001 – 10 AZR 488/00 – EzA BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 44).
Bei Jubiläumszuwendungen sind als Bezugsperiode nur Zeiträume zu betrachten, in denen sie tatsächlich vom Arbeitgeber erbracht wurden. Jahre, in denen eine Jubiläumszuwendung weder anfiel noch gezahlt wurde, können weder zu Gunsten noch zu Lasten berücksichtigt werden (BAG 28. Juli 2004 – 10 AZR 19/04 – AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 257 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 2).
Es ist unerheblich, ob der betreffende Arbeitnehmer selbst bisher schon in die Übung einbezogen worden ist. Eine Mitteilung über die an andere Arbeitnehmer erfolgten Zahlungen gegenüber den übrigen Arbeitnehmern ist ebenso wenig erforderlich, wie eine allgemeine Veröffentlichung im Betrieb. Es ist von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen, dass derartige begünstigende Leistungen allgemein bekannt werden. Eine allgemeinverbindliche Regel, ab welcher Anzahl von Leistungen der Arbeitnehmer erwarten darf, dass auch er die Leistung erhält, sobald er die Voraussetzungen erfüllt, gibt es nicht. Die Regel, dass eine dreimalige vorbehaltlose Gewährung zur Verbindlichkeit erstarkt, ist für jährlich an die gesamte Belegschaft geleistete Gratifikationen aufgestellt worden. Bei anderen Sozialleistungen ist auf Art, Dauer und Intensität der Leistungen abzustellen. Wie lange die Übung bestehen muss, damit die Arbeitnehmer berechtigt erwarten können, dass sie fortgesetzt werde, hängt davon ab, wie häufig die Leistungen erbracht worden sind. Dabei kommt es auf die Zahl der Anwendungsfälle im Verhältnis zur Belegschaftsstärke an. Ferner sind in die Bewertung der Relation von Anzahl der Wiederholungen und Dauer der Übungen auch Art und Inhalt der Leistungen einzubeziehen. Bei für den Arbeitnehmer weniger wichtigen Leistungen sind an die Zahl der Wiederholungen höhere Anforderungen zu stellen als bei bedeutsameren Leistungsinhalten (BAG 28. Juni 2006 – 10 AZR 385/05 – BAGE 118, 360 mwN).
Will ein Arbeitgeber die Zahlung einer Vergünstigung von einer Entscheidung im jeweiligen Einzelfall abhängig machen, muss er dies nach außen hin erkennbar zum Ausdruck bringen (BAG 28. Juli 2004 – 10 AZR 19/04 – AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 257 = EzA BGB 2002 § 242 Betriebliche Übung Nr. 2; 27. Juni 2001 – 10 AZR 488/00 – EzA BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 44).
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann ein Anspruch aus betrieblicher Übung nur entstehen, wenn es an einer kollektiv- oder individualrechtlichen Grundlage für die Leistungsgewährung fehlte (20. Juni 2007 – 10 AZR 410/06 – NZA 2007, 1293; 24. November 2004 – 10 AZR 202/04 – BAGE 113, 29, 39).
3. Nach diesen Maßstäben ist ein Anspruch aus betrieblicher Übung auf Jubiläumszuwendung in bisheriger Höhe von 250,00 Euro brutto entstanden.
a) Die Beklagte war weder durch individuelle Arbeitsverträge noch durch Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag oder Gesetz zur Zahlung von Jubiläumszuwendungen verpflichtet. Gleichwohl hat sie über Jahre hinweg Zuwendungen für zehnjährige Betriebsjubiläen iHv. 250,00 Euro brutto gezahlt.
b) Auf Grund der jahrelang geübten Praxis der Beklagten konnten auch die übrigen Arbeitnehmer davon ausgehen, sie würden dieselben Leistungen bekommen, sobald sie ihrerseits die Voraussetzungen erfüllen. Die Einzelleistungen beruhten auf einem generalisierenden Prinzip. Dieses war in dem internen Papier für Führungskräfte “Soziale Leistungen in der S-Gruppe” auch schriftlich festgehalten. Mit dem Bekanntwerden der auf einem generalisierenden Prinzip beruhenden Einzelleistungen in Verbindung mit dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgrundsatzes wird ein zurechenbarer objektiver Bindungswille des Arbeitgebers deutlich (BAG 27. Juni 2001 – 10 AZR 488/00 – EzA BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 44).
c) Die Zahl der Anwendungsfälle im Verhältnis zur Belegschaftsstärke ist ausreichend groß.
Die Beklagte hat bis zum Jahre 2004 in jedem Jahr an alle Mitarbeiter, die ihr zehnjähriges Betriebsjubiläum erreicht hatten, die Jubiläumszuwendung gezahlt. Dies waren insgesamt ca. 70 Mitarbeiter, davon im Jahre 2003 15 und im Jahre 2004 32 Mitarbeiter. Dieser Zeitraum von mindestens zehn Jahren ist nach Dauer und Intensität ausreichend, um eine betriebliche Übung festzustellen. Bei einer Belegschaftsstärke von ca. 600 Beschäftigten haben seit der Betriebsgründung bereits mehr als zehn Prozent der Mitarbeiter von der regelmäßigen Zahlung profitiert. Eine Durchschnittsberechnung ist nicht hilfreich. Auch wenn rechnerisch nur sieben Arbeitnehmer pro Jahr die Leistung erhalten haben, ändert dies an der Dauer und Intensität der die Betriebsübung begründenden Handhabung der Beklagten nichts. Es ist typisch, dass nach der Neugründung eines Betriebes zunächst nur wenige Arbeitnehmer ein zehnjähriges Betriebsjubiläum erreichen können, auch wenn es – wie im Falle der Klägerin – Anrechnungszeiten aus der Zeit vor der Betriebsgründung geben mag. Je länger der Betrieb besteht, desto mehr Arbeitnehmer vollenden ihre zehnjährige Zugehörigkeit.
d) Die Leistungen sind auch nicht im Verhältnis zur Zahl der Anwendungsfälle wirtschaftlich unbedeutend. Wenn sie fällig werden, erhöhen sie das Monatsentgelt einmalig um 250,00 Euro brutto. Dies ist auch bei einer Gesamtbetrachtung der 70 bisherigen Fälle nicht unbedeutend. Nach der Rechtsprechung des Senats handelt es sich bei Jubiläumsgratifikationen um Entgelt, mit dem eine Anerkennung für geleistete Dienste und ein Anreiz für weitere Dienstleistung erfolgt. Sie sind selbst dann kein Geschenk iSv. §§ 516, 518 BGB, wenn sie vom Arbeitgeber so bezeichnet werden (23. Oktober 2002 – 10 AZR 48/02 – BAGE 103, 151).
4. Der Anspruch auf Zahlung einer Zuwendung für das zehnjährige Betriebsjubiläum iHv. 250,00 Euro brutto ist zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses der Klägerin geworden. Der Arbeitgeber schafft mittels einer betrieblichen Übung einseitig vertragliche Ansprüche.
5. Der Anspruch der Klägerin aus betrieblicher Übung ist nicht wirksam beseitigt worden.
a) Will der Arbeitgeber eine betriebliche Übung beseitigen, braucht er abändernde Individualvereinbarungen oder -kündigungen oder zulässige ablösende Betriebsvereinbarungen. Keine dieser Gestaltungsmöglichkeiten hat die Beklagte gewählt.
b) Die Beklagte konnte sich durch einfache einseitige Erklärung von der betrieblichen Übung nicht lösen (BAG 28. Juni 2006 – 10 AZR 385/05 – BAGE 118, 360). Ein aus betrieblicher Übung erwachsener Anspruch eines einzelnen Arbeitnehmers kann nicht ohne weiteres dadurch untergehen, dass der Arbeitgeber gegenüber anderen Arbeitnehmern die Übung einstellt und der Arbeitnehmer dazu schweigt. Dies gilt selbst dann, wenn es sich bei den betriebsüblichen Leistungen um einmalige Leistungen wie zB Jubiläumszuwendungen handelt und der Anspruchsteller selbst noch nie in den Genuss der Leistung gelangt ist (BAG 18. Juli 1968 – 5 AZR 400/67 – AP BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 8 = EzA BGB § 242 Nr. 19).
c) Eine gegenläufige betriebliche Übung hat den Inhalt des Arbeitsverhältnisses der Klägerin nicht geändert.
aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann ein Anspruch aus betrieblicher Übung bei wiederholten Leistungen auch durch eine geänderte betriebliche Übung aufgehoben werden (24. November 2004 – 10 AZR 202/04 – BAGE 113, 29). Mit einer gegenläufigen betrieblichen Übung über einen längeren Zeitraum hinweg kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ein verschlechterndes Änderungsangebot unterbreiten, das allerdings von diesem angenommen werden muss. Von einer Annahmeerklärung kann der Arbeitgeber jedoch nicht nur dann ausgehen, wenn der Arbeitnehmer ausdrücklich sein Einverständnis erklärte, sondern auch, wenn er nach Treu und Glauben und nach der Verkehrssitte das Schweigen des Arbeitnehmers als Zustimmung zu der geänderten betrieblichen Übung ansehen darf. Das ist dann anzunehmen, wenn er davon ausgehen darf, der Arbeitnehmer werde der Änderung widersprechen, wenn er mit dieser nicht einverstanden sei. Ebenso wie bei der Begründung eines Anspruchs aus betrieblicher Übung kommt es nicht auf einen tatsächlich vorhandenen Verpflichtungswillen an, soweit ein entsprechender Rechtsbindungswille des Arbeitnehmers jedenfalls aus objektiver Sicht des Erklärungsempfängers erkennbar ist (BAG 27. Juni 2001 – 10 AZR 488/00 – EzA BGB § 242 Betriebliche Übung Nr. 44 mwN).
bb) Auch wenn die Beklagte der Belegschaft angeboten haben mag, den bisherigen Inhalt der Arbeitsverhältnisse abzuändern, indem sie im Kalenderjahr 2005 im Betrieb O… nach Vollendung einer zehnjährigen Betriebszugehörigkeit an alle betroffenen 19 Arbeitnehmer lediglich den abgesenkten Betrag iHv. 150,00 Euro brutto gezahlt und dies konsequent im gesamten Unternehmen durchgeführt hat, konnte sie dennoch nicht davon ausgehen, dass die Klägerin der geänderten Übung zugestimmt hätte, denn diese hat, nachdem sie noch im Jahre 2005 von der abgesenkten Jubiläumszuwendung betroffen war, der neuen Handhabung sofort widersprochen.
Unterschriften
Dr. Freitag, Marquardt, Brühler, Schlegel, Petri
Fundstellen
Haufe-Index 2016017 |
AP, 0 |