Entscheidungsstichwort (Thema)
Bereitschaftsdienstvergütung für „Facharzthintergrunddienste”
Orientierungssatz
Liquidationsrecht als sachlicher Grund für die Nichteinbeziehung eines leitenden Krankenhausarztes in eine Vereinbarung, durch die der Arbeitgeber den anderen Ärzten der Krankenhausabteilung, die kein Liquidationsrecht besitzen, die Bezahlung von Rufbereitschaft nach Bereitschaftsdienstgrundsätzen zusagt.
Normenkette
BAT § 15; BGB § 242; BAT SR 2c Nr. 8
Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 8. Februar 2000 – 1 Sa 518/99 – in der Kostenentscheidung und insoweit aufgehoben, als es auf die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg – Kammer Husum – vom 5. August 1999 – ö.D. 3 Ca 515/99 – teilweise abgeändert und den Beklagten zur Zahlung von 24.142,12 DM brutto verurteilt hat.
2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg vom 5. August 1999 – ö.D. 3 Ca 515/99 – wird auch insoweit zurückgewiesen.
3. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Vergütung von sogenannten Facharzthintergrunddiensten.
Der Kläger ist Chefarzt der gynäkologischen Abteilung eines Krankenhauses, dessen Träger der beklagte Landkreis ist. Der Kläger hat in der Zeit von Februar bis August 1998 von seiner in der Nähe des Krankenhauses gelegenen Wohnung aus Facharzthintergrunddienste geleistet. Während dieser Dienste sind die Ärzte der gynäkologischen Abteilung verpflichtet, ihren Aufenthaltsort anzuzeigen; eine schriftliche oder mündliche Anweisung des Arbeitgebers, sich in der Wohnung aufzuhalten, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen, wurde nicht erteilt.
Mit den übrigen Ärzten der Abteilung, die den Facharzthintergrunddienst ebenfalls von ihren Wohnungen aus leisten, hat der Beklagte nach einer rechtlichen Auseinandersetzung darüber, wie diese Dienste zu vergüten sind, jeweils Vereinbarungen dahingehend getroffen, daß der Facharzthintergrunddienst nach Bereitschaftsdienststufe B bewertet und vergütet wird. Der Kläger erhält nach seinem Arbeitsvertrag für die Tätigkeit im dienstlichen Aufgabenbereich Vergütung entsprechend der Vergütungsgruppe I BAT. Ihm ist außerdem ein Liquidationsrecht eingeräumt worden. In § 8 Abs. 7 des Arbeitsvertrags heißt es:
„Mit der Vergütung nach Absatz 1 und der Einräumung des Liquidationsrechts nach Abs. 2 sind Überstunden sowie Mehr-, Samstags-, Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit jeder Art sowie Rufbereitschaft abgegolten. Bereitschaftsdienste werden nach BAT bezahlt.”
In einer schriftlichen Nebenabrede vom 26. September 1995 ist außerdem die Zahlung von 3.000,00 DM brutto monatlich an den Kläger als Vergütung für die Leistung von Rufbereitschaft vereinbart und weiter bestimmt, daß diese Nebenabrede außer Kraft trete, „sobald das Gesamteinkommen einschließlich Nebeneinkünften aus stationären und ambulanten Liquidationen jährlich brutto 250.000,00 DM übersteigt”. Die jährlichen Bruttoeinnahmen des Klägers überstiegen im Jahr 1998 diesen Betrag.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, bei dem Facharzthintergrunddienst handele es sich um Bereitschaftsdienst, für die er Vergütung nach Bereitschaftsdienststufe B iSv. Nr. 8 der Sonderregelungen 2 c zum BAT (im folgenden: BAT SR 2 c) verlangen könne. Bei den übrigen Ärzten habe der Beklagte dies anerkannt. Es liege eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes vor, wenn er nicht ebenso behandelt werde.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn 24.142,12 DM brutto nebst 4 % Zinsen auf den sich aus 8.825,25 DM ergebenden Nettobetrag seit dem 8. Mai 1998 und auf den sich aus 15.316,87 DM ergebenden Nettobetrag seit Klagezustellung zu zahlen.
Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, es liege Rufbereitschaft vor. Auch wenn den übrigen Ärzten der Facharzthintergrunddienst als Bereitschaftsdienst bezahlt werde, liege darin nicht das Anerkenntnis, daß es sich tatsächlich um Bereitschaftsdienst handele. Der Kläger sei mit den übrigen Ärzten wegen der sehr unterschiedlichen Gesamtvergütung nicht vergleichbar.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers der Klage in der Hauptsache stattgegeben und die Berufung hinsichtlich der Zinsforderung zurückgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat Erfolg. Sie führt unter Aufhebung des Urteils des Landesarbeitsgerichts auch hinsichtlich des Hauptanspruchs zur Zurückweisung der Berufung des Klägers.
I. Das Landesarbeitsgericht hat einen Anspruch des Klägers auf Zahlung der Bereitschaftsdienstvergütung nach Nr. 8 Stufe B BAT SR 2 c für die Facharzthintergrunddienste aus Gründen der Gleichbehandlung bejaht, ohne zu klären, ob es sich bei dem Facharzthintergrunddienst um Rufbereitschaft oder Bereitschaftsdienst handelt. Der Kläger sei mit den übrigen Ärzten vergleichbar, weil er wie diese in die Dienstpläne integriert sei und den Dienst von seiner Wohnung aus leiste. Daß der Kläger mehr Geld verdiene als die übrigen Ärzte seiner Abteilung berechtige nicht zu der Unterscheidung, da der Zweck der Leistung keine Differenzierung nach dem Einkommen rechtfertige. Abgesehen davon erhalte der Kläger für seine Tätigkeit im dienstlichen Aufgabenbereich ebenso wie die anderen Ärzte nur eine Vergütung entsprechend dem BAT. Für die Einkünfte des Klägers aus dem Liquidationsrecht habe der Beklagte ausdrücklich keine Gewähr übernommen.
Diese Ausführungen des Landesarbeitsgerichts sind nicht frei von Rechtsirrtürmern.
II. Die Klage ist nicht begründet. Der Kläger hat gegen den Beklagten weder aus dem Arbeitsvertrag iVm. dem BAT noch auf Grund des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes (§ 242 BGB iVm. Art. 3 Abs. 1 GG) noch aus dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes (§§ 280, 286 BGB) Anspruch darauf, die im Klagezeitraum geleisteten Facharzthintergrunddienste als Bereitschaftsdienst vergütet zu bekommen.
1. Ein Anspruch nach § 8 Abs. 7 Satz 2 des Arbeitsvertrags scheidet aus, weil die Facharzthintergrunddienste keine Bereitschaftsdienste sind.
Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, daß die Parteien mit den Begriffen Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst im Arbeitsvertrag des Klägers auf die Begrifflichkeit des BAT Bezug genommen haben, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Danach stellt sich aber der Facharzthintergrunddienst als Rufbereitschaft und nicht als Bereitschaftsdienst dar.
a) Bereitschaftsdienst ist nach § 15 Abs. 6 a Satz 1 BAT die Verpflichtung des Angestellten, sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufzuhalten und im Bedarfsfalle die Arbeit aufzunehmen (Ramdohr/Adam Das Tarifrecht der Angestellten im öffentlichen Dienst Stand Mai 2001 § 15 BAT Rn. 19). Der Bereitschaftsdienst ist dem Wesen nach eine Aufenthaltsbeschränkung, verbunden mit der Verpflichtung, bei Bedarf sofort tätig zu werden (BAG 4. August 1988 – 6 AZR 48/86 – EzBAT BAT SR 2 a Rufbereitschaft Nr. 4, zu II 1 a der Gründe).
Die Rufbereitschaft ist die Verpflichtung, sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer dem Arbeitgeber anzugebenden Stelle aufzuhalten, um auf Abruf die Arbeit aufzunehmen (§ 15 Abs. 6 b Satz 1 BAT). Rufbereitschaft unterscheidet sich vom Bereitschaftsdienst dadurch, daß die Stelle, an der sich der Angestellte zur Verfügung zu halten hat, nicht vom Arbeitgeber bestimmt wird, der Angestellte sich vielmehr an einer Stelle seiner Wahl aufhalten kann, die er dem Arbeitgeber nur anzuzeigen hat (Ramdohr/Adam aaO Rn. 23). Maßgeblich für die Abgrenzung ist weder das Ausmaß der während des Dienstes anfallenden Arbeitsleistung noch die vom Arbeitnehmer selbst gewählte Beschränkung seines Aufenthalts, sondern entscheidend ist, welche Aufenthaltsbeschränkungen sich aus der Anordnung des Arbeitgebers ergeben (BAG aaO).
b) Nach diesen Grundsätzen ist der Hintergrunddienst nicht als Bereitschaftsdienst, sondern als Rufbereitschaft anzusehen.
Nicht der Beklagte bestimmt den Aufenthalt der dienstleistenden Ärzte, sondern diese selbst. Das Landesarbeitsgericht hat – für den Senat bindend – festgestellt, daß der Beklagte dem Kläger weder schriftlich noch mündlich die Anweisung erteilt hat, sich während des Facharzthintergrunddienstes in seiner Wohnung aufzuhalten. Dem Arbeitsanfall, auf den der Kläger in den Vorinstanzen besonders abgestellt hat, kommt bei der Auslegung der Bestimmung keine Bedeutung zu. Die zu erwartende oder erfahrungsgemäß anfallende Arbeitsleistung ist nur dafür maßgebend, ob Rufbereitschaft oder Bereitschaftsdienst angeordnet werden darf. Deshalb ist selbst dann, wenn die Anordnung von Rufbereitschaft nach § 15 Abs. 6 b Satz 2 BAT unzulässig ist, weil erfahrungsgemäß nicht nur in Ausnahmefällen Arbeit anfällt, eine Umdeutung in eine Bereitschaftsdienstanordnung ausgeschlossen (BAG aaO).
Eine konkludente Anordnung, wie sie das Landesarbeitsgericht als denkbar angesehen hat, liegt nicht vor. Zwar hat der Senat in der Entscheidung vom 19. Dezember 1991 (– 6 AZR 592/89 – AP BMT-G II § 67 Nr. 1 = EzA BGB § 611 Arbeitsbereitschaft Nr. 1) eine konkludente Anordnung von sog. Arbeitsbereitschaft iSd. § 67 BMT-G II, die dieselben Voraussetzungen wie Bereitschaftsdienst iSd. § 15 Abs. 6 a BAT erfüllen muß, bejaht, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer dadurch in der freien Wahl des Aufenthaltsortes beschränkt, daß er die Zeit zwischen Abruf und Aufnahme der Arbeit genau vorgibt. Vorliegend hat der Beklagte aber keine Zeitvorgabe gemacht, innerhalb derer die Arbeit aufzunehmen ist. Wenn die Ärzte, wie das Landesarbeitsgericht angenommen hat, aus Verantwortungsbewußtsein als Aufenthaltsort ihre Wohnung gewählt haben, steht dies einer solchen Vorgabe nicht gleich. Auch bei der Rufbereitschaft ist der Arbeitnehmer in der Wahl seines Aufenthaltsortes nicht völlig frei. Zwischen dem Abruf und der Arbeitsaufnahme darf naturgemäß nur eine solche Zeitspanne liegen, die den Einsatz nicht gefährdet und im Bedarfsfalle die Arbeitsaufnahme gewährleistet. Der Aufenthaltsort des Arbeitnehmers muß sich noch in einer Entfernung von der Arbeitsstelle befinden, die es ihm gestattet, diese in angemessen kurzer Zeit zu erreichen. Der Arbeitnehmer darf sich hingegen nicht in einer Entfernung vom Arbeitsort aufhalten, die dem Zweck der Rufbereitschaft zuwiderläuft (BAG aaO). Von daher kann aus dem vom Landesarbeitsgericht hervorgehobenen Umstand, daß gerade in der vom Kläger geleiteten Krankenhausabteilung die Reaktionszeiten besonders kurz sein müssen, nichts für die Einordnung des Facharzthintergrunddienstes als Bereitschaftsdienst hergeleitet werden.
2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch darauf, mit den übrigen Krankenhausärzten hinsichtlich der Vergütung der Rufbereitschaft gleichbehandelt zu werden. Der Beklagte hat den Kläger nicht ohne sachlichen Grund anders behandelt als die übrigen Ärzte.
a) Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet sowohl die sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage als auch die sachfremde Differenzierung zwischen Arbeitnehmern einer bestimmten Ordnung. Sachfremd ist eine Differenzierung, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt, wenn also für eine am Gleichheitsgedanken orientierte Betrachtungsweise die Regelung als willkürlich anzusehen ist (vgl. BVerfG 15. Oktober 1985 – 2 BvL 4/83 – BVerfGE 71, 39, 58). Im Bereich der Vergütung gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz nur eingeschränkt, weil der Grundsatz der Vertragsfreiheit Vorrang hat. Dies gilt aber nur für individuell vereinbarte Löhne und Gehälter. Wenn der Arbeitgeber, was ihm die Vertragsfreiheit ermöglicht, einzelne Arbeitnehmer besser stellt, können daraus andere Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Gleichbehandlung herleiten. Das Gebot der Gleichbehandlung greift jedoch immer dann ein, wenn der Arbeitgeber Leistungen nach einem erkennbar generalisierenden Prinzip auf Grund einer abstrakten Regelung gewährt. Von einer solchen Regelung darf er Arbeitnehmer nur aus sachlichen Gründen ausschließen (ständige Rechtsprechung, vgl. 26. Oktober 1995 – 6 AZR 125/95 – BAGE 81, 207, 210 f.; 25. Juni 1998 – 6 AZR 515/97 – AP TV Arb Bundespost § 1 Nr. 2 = EzA BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 76; 23. August 1997 – 5 AZR 293/94 – BAGE 80, 354, 359 f.; 28. Juli 1992 – 3 AZR 173/92 – BAGE 71, 29, 37).
b) Eine sachwidrige Ungleichbehandlung des Klägers gegenüber den übrigen Ärzten liegt nicht vor.
aa) Der Beklagte ist, indem er den übrigen Ärzten die Vergütung der Rufbereitschaft nach der Bereitschaftsdienststufe B vertraglich zugesagt hat, zwar nach einem generalisierenden Prinzip vorgegangen, das allen Arbeitnehmern in gleicher Lage den Anspruch auf Gleichbehandlung verschaffte. Den Kläger durfte der Beklagte jedoch von dieser Regelung ausnehmen. Er gehört nicht zur Gruppe der Ärzte, mit denen der Beklagte die Vergütung der Rufbereitschaft nach Bereitschaftsdienstgruppe B vereinbart hat.
bb) Der Kläger wird für die Rufbereitschaft pauschal durch Einräumung des Liquidationsrechts vergütet, die übrigen Ärzte hingegen auch hinsichtlich der Rufbereitschaften nach dem BAT. Dieser Unterschied berechtigte den Beklagten, den Kläger aus der den übrigen Ärzten gewährten vertraglichen Ergänzung der BAT-Vergütung für Rufbereitschaft auszunehmen.
Der Beklagte hat zur Beendigung der Auseinandersetzung über die Frage, wie der Facharzthintergrunddienst zu vergüten ist, mit den nachgeordneten Ärzten die Regelung getroffen, daß diese Dienste nach Bereitschaftsdienststufe B vergütet werden. Der Beklagte ordnet allerdings weiterhin keinen Bereitschaftsdienst an, sondern überläßt es nach wie vor den Ärzten, ihren Aufenthaltsort – zB in ihrer Wohnung – selbst zu wählen. Die Hintergrunddienste sind somit nach wie vor Rufbereitschaften, daß diese nach den mit den Ärzten getroffenen Vereinbarungen vergütungsmäßig der Bereitschaftsdienststufe B zugeordnet werden, macht sie nicht zu Bereitschaftsdiensten, die auch dem Kläger nach § 8 Abs. 7 Satz 2 des Arbeitsvertrags als solche besonders zu vergüten wären.
Als Gegenleistung für die von ihm zu erbringenden Rufbereitschaften ist dem Kläger, anders als den übrigen Ärzten, die Möglichkeit eingeräumt worden, privat zu liquidieren und damit zusätzliches Einkommen zu erzielen. Im Hinblick darauf, war es im Gegensatz zur Auffassung des Berufungsgerichts sachgerecht, die Rufbereitschaft des Klägers, anders als die der übrigen Ärzte, denen kein Liquidationsrecht zusteht, von der zusätzlichen Vergütung nach § 15 BAT iVm. Nr. 8 SR 2 c BAT auszunehmen. Dem steht entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht entgegen, daß der Beklagte für die Einkünfte aus dem Liquidationsrecht keine Gewähr übernommen hat. Das Landesarbeitsgericht verkennt, daß auch eine Verdienstchance Gegenleistung sein kann. In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist zB anerkannt, daß der Arbeitgeber solche Arbeitnehmer von zusätzlichen finanziellen Leistungen ausschließen kann, die im Rahmen ihrer Tätigkeit die Möglichkeit haben, weiteres Einkommen zu erzielen. So hat der Zehnte Senat in der Entscheidung vom 19. April 1995 (– 10 AZR 344/94 – AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 124 = EzA BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 63) angenommen, es sei eine sachgerechte Differenzierung, wenn in einem Zeitungsvertrieb den Zeitungszustellern kein Weihnachtsgeld gezahlt werde, weil diese anders als die Innendienstangestellten die Möglichkeit hätten, zur Weihnachtszeit von den Abonnenten ein jeweils nicht unerhebliches Trinkgeld zu erhalten. Dabei komme es nicht darauf an, ob das gezahlte Weihnachtsgeld in seiner Höhe dem zumindest durchschnittlichen Trinkgeldbezug in etwa entspreche. Diesen Grundsätzen ist jedenfalls für die Fälle zu folgen, in denen die als Gegenleistung für eine Arbeitsleistung gewählte Verdienstchance realistisch ist. Unter diesem Gesichtspunkt bestehen also vorliegend keine Bedenken.
Die Einnahmen des Klägers aus dem Liquidationsrecht, mit dem auch die Rufbereitschaft abgegolten ist, erzielt der Kläger seit 1998 in einer Höhe, die sein jährliches Gesamteinkommen auf mehr als 250.000,00 DM anhebt und somit die Nebenabrede zur gesonderten Abgeltung der Rufbereitschaften mit 3.000,00 DM monatlich vereinbarungsgemäß außer Kraft treten läßt (vgl. § 3 der Nebenabrede). Es ist somit sachlich begründet, daß der Beklagte den Kläger in die nachträglich mit den übrigen Ärzten getroffene Vergütungsvereinbarung nicht einbezogen hat.
3. Der Kläger kann den geforderten Betrag auch nicht als Schadensersatz verlangen.
Die Voraussetzungen eines solchen Anspruchs hat der Kläger nicht dargelegt. Er hätte eine schuldhafte Pflichtverletzung des Beklagten dartun müssen. Allein die Anordnung von Rufbereitschaft, obwohl angesichts des zu erwartenden Arbeitsanfalles – möglicherweise – Bereitschaftsdienst hätte angeordnet werden müssen, reicht hierfür nicht aus. Außerdem wären Schadensersatzansprüche nicht ohne weiteres auf eine Bewertung und Vergütung der Rufbereitschaft als Bereitschaftsdienst gerichtet. Der erkennende Senat verweist insoweit auf die Ausführungen in seinem Urteil vom 4. August 1988(aaO, zu II 5 b und c der Gründe).
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Dr. Peifer, Dr. Armbrüster, Gräfl, R. Kamm, Beus
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 31.05.2001 durch Schneider, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 670506 |
ARST 2002, 73 |
NZA 2002, 351 |
ZTR 2002, 173 |
ArztR 2002, 236 |
EzA-SD 2002, 7 |
NJOZ 2002, 654 |