Entscheidungsstichwort (Thema)
Übergangsgeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung für einen Bezieher von Arbeitslosengeld I, der aufstockend Arbeitslosengeld II erhält. Erstattung zwischen Versicherungsträgern. Medizinische Leistungen zur Rehabilitation. Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung
Leitsatz (amtlich)
Hat ein Versicherter unmittelbar vor Beginn medizinischer Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung zeitgleich Arbeitslosengeld I und Arbeitslosengeld II (aufstockende Leistungen) bezogen, ist das Übergangsgeld nur aus dem bisherigen Arbeitslosengeld I zu berechnen. Eine weitergehende Zahlung von Übergangsgeld aus dem Arbeitslosengeld II (hier als Vorschuss nach § 25 SGB II) kann nicht beansprucht werden, da die Aufstockungsleistungen nicht in Bezug zu früheren Beitragszahlungen stehen.
Normenkette
SGB X § 102; SGB VI § 20 Nr. 3b, § 21 Abs. 4 S. 1; SGB II § 25 S. 3
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 09.09.2014 aufgehoben; die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten beider Instanzen.
III. Die Revision wird zugelassen.
IV. Der Streitwert wird auf 221,59 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger einen Erstattungsanspruch gegenüber der Beklagten aus Übergangsgeld in Sachen A. hat.
Die 1956 geborene A. (Versicherte) beantragte beim Kläger am 30.11.2011 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und erhielt mit Bescheid vom 10.01.2012 für die Zeit vom 01.12.2011 bis 31.05.2012 Leistungen vorläufig bewilligt (§ 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II iVm § 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - SGB III); es seien noch weitere Unterlagen hinsichtlich der Stromabrechnung vorzulegen. Es handelte sich dabei um sogenannte Aufstockungsleistungen zu zeitgleich bewilligten Leistungen nach dem SGB III. Die monatliche Leistung wurde für Dezember 2011 mit 286,00 Euro und für die Monate im Jahr 2012 mit je 296,00 Euro angesetzt.
Die Versicherte beantragte außerdem bei der Beklagten Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, die ihr mit Bescheid vom 23.11.2011 bewilligt wurden. Die Maßnahme wurde vom 29.12.2011 bis 19.01.2012 in der F-Klinik in Bad W. durchgeführt.
Die Beklagte setzte den Kläger mit Schreiben vom 01.02.2012 darüber in Kenntnis, dass die Versicherte für die Zeit der Rehabilitationsmaßnahme kalendertäglich 13,80 Euro Übergangsgeld erhalte, wobei für die Berechnung von einem Regelentgelt von kalendertäglich 29,12 Euro ausgegangen worden sei. Grundlage hierfür war offensichtlich der vor und nach der Reha-Maßnahme bestehende Anspruch der Versicherten auf Arbeitslosengeld I. Dieses war während der Rehabilitationsmaßnahme nicht gezahlt worden. Der Kläger antwortete der Beklagten mit Schreiben vom 02.03.2012: Bezugnehmend auf das Schreiben vom 01.02.2012 werde ein Erstattungsanspruch nicht geltend gemacht. Es werde noch geprüft, ob darüber hinaus Übergangsgeld aufstockend zu zahlen gewesen wäre.
Mit Bescheid vom 02.03.2012 stellte der Kläger fest, dass der Versicherten bis zum 28.12.2011 Arbeitslosengeld I zugeflossen sei. Ab dem 29.12.2011 bis 19.01.2012 habe sie Übergangsgeld von der Deutschen Rentenversicherung erhalten und ab dem 20.01.2012 beziehe sie wieder Arbeitslosengeld I. Im Monat Dezember 2011 und Januar 2012 sei eine Überzahlung in Höhe von je 13,80 Euro entstanden, die mit zukünftigen Leistungen verrechnet werde. Die bewilligte Leistung belaufe sich für Dezember 2011 auf 272,20 Euro und für Januar 2012 auf 282,20 Euro.
Mit Schreiben vom 06.03.2012 machte der Kläger gegenüber der Beklagten einen Erstattungsanspruch gemäß § 102 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) geltend. Es sei ein Gesamtbedarf nach dem SGB II in Höhe von 221,59 Euro in dem Zeitraum der stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme angefallen und die Beklagte sei hierfür erstattungspflichtig. Die Vorschrift des § 21 Abs. 4 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) sei keine "Oder"-Vorschrift, da sich zwischen dem ersten und zweiten Halbsatz lediglich ein Strichpunkt befinde.
Die Beklagte erwiderte, dass eine Negativmeldung bezüglich Erstattungsanspruch des Klägers bei der Beklagten am 02.03.2012 per Fax eingegangen sei. Daraufhin sei das mit Bescheid vom 31.01.2012 einbehaltene Übergangsgeld an die Versicherte ausgezahlt worden. Der neuerlich geltend gemachte Erstattungsanspruch des Klägers vom 06.03.2012 sei erst am 08.03.2012 eingegangen. Die Nachzahlung des Übergangsgeldes sei zuvor bereits am 07.03.2012 mit befreiender Wirkung zur Zahlung angewiesen worden. In einem Aktenvermerk hielt die Beklagte hierzu fest, dass das Übergangsgeld mit Einbehaltung berechnet worden sei und mit 14-tägigem Erstattungsanspruch an das Jobcenter Bayreuth gemeldet worden sei. Nach Ende der 14-Tagesfrist und Mitteilung des Jobcenters, dass kein Erstattungsanspruch geltend gemacht werde, sei das Übergangsgeld...