Entscheidungsstichwort (Thema)
Eigenangaben des Arbeitnehmers, Einkommensermittlung
Leitsatz (amtlich)
Eine vollständige Ersetzung der monatlichen Lohn und Gehaltsbescheinigungen durch Eigenangaben des Arbeitnehmers ist im Rahmen des § 2 Abs. 7 Satz 4 BEEG a. F. nicht möglich.
Normenkette
BEEG § 2 Abs. 7 S. 4; SGB III § 312; SGB X § 20
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 16. Mai 2013 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Berechnung des Elterngeldes nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) für das am 18.07.2009 geborene Kind J der Klägerin streitig.
Die 1983 geborene Klägerin war vor der Geburt ihres Kindes seit 01.10.2005 bei der H. GmbH als Fotografin beschäftigt. Sie bezog nach dem Anstellungsvertrag vom 06.08.2005 ein Festgehalt von 1.100,- € brutto monatlich zzgl. eines persönlichen Zuschlags von 100,- €. Weiter war arbeitsvertraglich vereinbart, dass die Klägerin darüber hinaus eine Sitting-Provision von 2,50 € netto je fotografiertes Sitting erhält. Diese Sitting-Provision wurde ab September 2007 auf 3,- € netto erhöht. Die Sitting-Provisionen wurden von der Klägerin von den Kunden der H. GmbH bar vereinnahmt. Von der Arbeitgeberin wurden keine Abrechnungen über die von der Klägerin eingenommenen Sitting-Provisionen erstellt, auch Sozialabgaben und Einkommenssteuer wurden auf die Sitting-Provisionen nicht abgeführt. Seit 25.11.2008 war die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt. Nach Beendigung der Entgeltfortzahlung bezog sie vom 07.01.2009 bis 24.02.2009 wegen einer maßgeblich auf die Schwangerschaft zurückzuführenden Arbeitsunfähigkeit Krankengeld, vom 05.06.2009 bis 12.09.2009 Mutterschaftsgeld. Mit Bescheid vom 10.02.2009 verhängte das Gewerbeaufsichtsamt bei der Regierung von Schwaben für die Klägerin ein Beschäftigungsverbot ab 25.02.2009.
Die Klägerin hat mit Antrag vom 01.09.2009 für das am 18.07.2009 geborene Kind J für den 1. bis 12. Lebensmonat Elterngeld beantragt. Dem Antrag lagen u.a. die monatlichen Abrechnungen der Brutto-Netto-Bezüge der H. GmbH sowie von der Klägerin selbst erstellte Aufstellungen über die von ihr bezogenen Netto-Sitting-Provisionen (Januar 2008: 252,00 €, Februar 2008: 276,00 €, März 2008: 830,50 €, April 2008: 620,00 €, Mai 2008: 129,00 €, Juni 2008: 450,00 €, Juli 2008: 61,00 €, 2008: 620,80 €, September 2008: 1.037,70 € und Oktober 2008: 1.406,50 €) bei.
Der Beklagte hat mit Bescheid vom 12.10.2009 der Klägerin Elterngeld für den 1. bis
12. Lebensmonat bewilligt und zwar wegen des bezogenen Mutterschaftsentgeltes für den 1. Lebensmonat ein gekürztes Elterngeld in Höhe von 116,10 € und für den 2. Lebensmonat in Höhe von 181,25 € sowie für den 3. bis 12. Lebensmonat in Höhe von 519,00 € monatlich. Der Beklagte legte dabei als Bemessungszeitraum die Monate April 2008 bis Dezember 2008 sowie März 2009 bis Mai 2009 zugrunde. Unberücksichtigt blieben die Monate Januar 2009 und Februar 2009, da in diesen Monaten eine schwangerschaftsbedingte Erkrankung bei der Klägerin mit einer Einkommensminderung vorlag. Der Beklagte legte bei der Bemessung des Einkommens aus nicht selbständiger Arbeit im Bemessungszeitraum die von der Klägerin vorgelegten Abrechnungen der Brutto-Netto-Bezüge der H. GmbH zugrunde, in denen die Sitting-Provisionen nicht ausgewiesen waren, und ermittelte hieraus ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 595,30 €. Der Bescheid enthält den Hinweis, dass das Elterngeld nach den vorliegenden Unterlagen festzustellen sei und entgangenes Elterngeld aufgrund fehlerhafter Monatsabrechnungen ggf. über eine private Schadensersatzforderung vom Arbeitgeber einzuklagen sei.
Hiergegen richtet sich der Widerspruch der Klägerin vom 29.10.2009. Der Arbeitgeber habe das Entgelt für den Bemessungszeitraum nicht korrekt abgerechnet. Zwischen den Parteien würden zurzeit noch Verhandlungen schweben, die kurz vor dem Klageverfahren stehen, um die ausstehenden Abrechnungen sowie Löhne zu erhalten. Es wurde eine Musterabrechnung des Steuerberaters der Klägerin unter Zugrundelegung der tatsächlichen vertraglichen Vereinbarungen vorgelegt. Ferner sei darauf hinzuweisen, dass diese Abrechnungen für den Krankengeldbezug ab dem Beschäftigungsverbot der Klägerin zugrunde gelegt worden seien.
Der Beklagte hat mit Widerspruchsbescheid vom 23.06.2010 den Widerspruch zurückgewiesen. Der Beklagte hat u.a. ausgeführt, dass Grundlage der Einkommensermittlung die entsprechenden monatlichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers (§ 2 Abs. 7 Satz 4 BEEG) seien. Entscheidend für die Berücksichtigung nach dem BEEG sei nur das Einkommen, das im maßgeblichen 12-Monatszeitraum und in den einzelnen Monaten tatsächlich zugeflossen sei (steuerliches Zuflussprinzip). Nachberechnungen außerhalb des 12-Monatszeitraums bzw. des betroffenen Monats oder auch Nachzahlungen aufgrund arbeitsgerichtlicher Verfahren,...