Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosenversicherung: Voraussetzung des Bezugs von Arbeitslosengeld nach Abschluss eines Aufhebungsvertrages und Erhalt einer Abfindung
Leitsatz (amtlich)
Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht bei der Gewährung einer Entlassungsentschädigung nicht, wenn im Aufhebungsvertrag für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Frist für eine ordentliche Kündigung eingehalten worden ist und die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist bei einem ordentlich unkündbaren Arbeitnehmer eingehalten worden ist.
Zum Vorliegen eines Einzelfalles, in dem ein sog. sinnentleertes Arbeitsverhältnis vorliegen würde.
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Ziffer I. des Tenors des Urteils des Sozialgerichts Würzburg vom 08.03.2016 wie folgt gefasst wird: Der Bescheid vom 25.11.2014, mit dem die Beklagte das Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeldes für die Zeit vom 01.12.2014 bis 17.04.2015 festgestellt hat, wird aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger unter Abänderung des Bewilligungsbescheides vom 25.11.2014 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 08.12.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.12.2014 Arbeitslosengeld auch für die Zeit vom 01.12.2014 bis 17.04.2015 zu zahlen.
II. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Zahlung von Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 01.12.2014 bis 17.04.2015 im Hinblick auf die Gewährung einer Entlassungsentschädigung.
Der 1956 geborene Kläger war seit 40 Jahren bei der Firma C. (K) beschäftigt. Nach seiner Ausbildung zum Universalfräser war er als Facharbeiter in der mechanischen Fertigung eingesetzt und wechselte zum 01.08.1981 in die Abteilung Fertigungskontrolle. Ab 01.01.1999 war er als Kontrolleur in der Abteilung Wareneingang und innerbetrieblicher Transport tätig. Nach einer tariflichen Sonderregelung für den Betrieb der K vom 13.11.2012 war u.a. ein Ausschluss von betriebsbedingten Kündigungen bis zum 30.06.2015 vereinbart. Am 17.04.2014 schloss der Kläger mit K einen Aufhebungsvertrag, worin eine betriebsbedingte Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Beachtung der tarifvertraglichen Kündigungsfrist mit Ablauf des 30.11.2014 sowie die Zahlung einer Abfindung iHv insgesamt 99.207,00 € vereinbart wurde. Es erging der Hinweis, dass damit eine ansonsten erforderliche betriebsbedingte Kündigung zum gleichen Beendigungszeitpunkt vermieden werde. Der Kläger wurde unter Anrechnung des Resturlaubs sofort von der Arbeitsleistung freigestellt. Am 22.04.2014 stimmten die Tarifvertragsparteien jeweils einer betriebsbedingten bzw. ordentlichen Kündigung des Klägers zu. Weiter wurde für den Betrieb der K am 30.04.2014 ein Sozialtarifvertrag geschlossen, wonach u.a. die tarifliche Sonderregelung vom 13.11.2012 aufgehoben wurde. Von einer Kündigung betroffene Arbeitnehmer, die nicht das Freiwilligenprogramm in Anspruch genommen hatten, wurde eine Abfindung in bestimmter Höhe abhängig vom Brutto-Monatsverdienst und der Dauer der Betriebszugehörigkeit zugesichert.
Der Kläger meldete sich am 11.11.2014 zum 01.12.2014 arbeitslos und beantragte die Zahlung von Alg. K bescheinigte gegenüber der Beklagten eine maßgebende Kündigungsfrist von sieben Monaten zum Schluss eines Kalendermonats. Die Beklagte stellte hierauf mit Bescheid vom 25.11.2014 das Ruhen des Anspruchs auf Alg wegen der Zahlung einer Entlassungsentschädigung für die Zeit vom 01.12.2014 bis 17.04.2015 fest und bewilligte mit weiterem Bescheid vom 25.11.2014 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 08.12.2014 unter Beachtung des Ruhenszeitraums Alg für die Zeit vom 18.04.2015 bis 17.04.2017 iHv 52,01 € täglich. Der Widerspruch des Klägers wegen der Ablehnung der Zahlung von Alg für den Ruhenszeitraum wurde von der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 18.12.2014 zurückgewiesen. Zwar bestehe kein besonderer Kündigungsschutz nach § 8 Ziffer 2 Abs. II des Manteltarifvertrages für die Bayerische Metall- und Elektroindustrie (MTV), da nach Auskunft der K für jeden eigentlich unkündbaren Arbeitnehmer die Zustimmung zur Nichtbeachtung des Kündigungsschutzes eingeholt worden sei. K habe aber den Kläger nach einer Vereinbarung mit der Arbeitnehmervertretung nur bei Zahlung einer Abfindung ordentlich kündigen können, so dass er so zu behandeln sei, als betrage die Kündigungsfrist zwölf Monate. Diese Frist sei nicht eingehalten worden, weshalb der Anspruch auf Alg bis 17.04.2015 ruhe.
Dagegen hat der Kläger Klage beim Sozialgerichts Würzburg (SG) erhoben. Die Tarifvertragsparteien hätten ihre Zustimmung zur Beendigung des eigentlich alters- und betriebsbedingt unkündbaren Arbeitsverhältnisses ausdrücklich ohne Bedingung erklärt, was aufgrund der Tarifautonomie möglich sei. Damit sei eine Kündigung auch ohne die Zahlung einer Abfindung möglich gewesen. Mit dem Abschluss seines Aufhebungsvertrages sei eine betriebsbedingte Kü...