Entscheidungsstichwort (Thema)
Elterngeldrecht: Nutzung eines Dienstwagens für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte als Einkommen
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Frage, ob überhaupt relevante Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit im Sinn des Elterngeldrechts, kommt es auf das materielle Einkommensteuerrecht, nämlich §§ 2, 8, 19 EStG, an. Das gilt auch für die Frage, ob Sachbezüge relevantes Einkommen sind.
2. Die lohnsteuerrechtliche Handhabung spielt insoweit keine Rolle.
3. Einkommen aus der Nutzung eines Dienstwagens für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte kann auch im Elterngeldrecht nur insoweit angenommen werden, als das Fahrzeug tatsächlich hierfür genutzt wird.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 18. Mai 2015 wird zurückgewiesen.
II. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Rechtsstreit betrifft das Begehren des Klägers, höheres Elterngeld zu erhalten.
Der inzwischen 43-jährige Kläger ist deutscher Staatsangehöriger und Vater des am 03.07.2012 geborenen Kindes A.. Während des streitgegenständlichen Zeitraums war er mit X. Mutter verheiratet und lebte mit dieser und dem Jungen in einem Haushalt. Ältere Kinder waren im streitgegenständlichen Zeitraum nicht vorhanden. Der Kläger arbeitete vor X. Geburt und bis zum Beginn des Bezugszeitraums bei der Firma H. AG mit Sitz in E-Stadt. Sein Arbeitsort befand sich in A-Stadt.
Im Elterngeldantrag vom 18.07.2012 gab der Kläger an, er selbst stelle noch keinen Antrag, jedoch melde er einen Anspruch für zwei Lebensmonate an; Näheres stünde noch nicht fest.
Mit Bescheid vom 09.08.2012 bewilligte der Beklagte der Ehefrau des Klägers Elterngeld unter dem Vorbehalt des Widerrufs für den ersten bis zwölften Lebensmonat des Kindes.
Am 26.03.2013 beantragte der Kläger Elterngeld für den zehnten und elften Lebensmonat seines Sohnes (Zeitraum 03.04. bis 02.06.2013). Er gab an, er werde im beantragten Bezugszeitraum keine Erwerbstätigkeit ausüben, was er auch nicht tat. Die Arbeitgeberin bestätigte die Inanspruchnahme von Elternzeit für diese Phase.
Eine Verdienstbescheinigung der Arbeitgeberin vom 08.04.2013 weist für den Zeitabschnitt Juli 2011 bis Juni 2012 jeweils 6.267,88 EUR als monatlichen Bruttobezug aus (durchgehend Lohnsteuerklasse 3).
Mit vorläufigem Bescheid vom 26.04.2013 bewilligte der Beklagte dem Kläger Elterngeld für die beantragten Monate in Höhe von 1.221,66 EUR monatlich. Dabei rechnete er gemäß § 2 Abs. 3 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) ein durchschnittliches monatliches Netto-Teilzeiteinkommen im Bezugszeitraum in Höhe von 820,52 EUR an. Bei diesem Einkommen handelte es sich um den geldwerten Vorteil einer privaten Kraftfahrzeugnutzung in Höhe von 275,88 EUR monatlich sowie um einen geldwerten Vorteil für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte in Höhe von 739,20 EUR monatlich. Der Beklagte verzichtete auf eine aufgeschlüsselte Darstellung der Berechnung des Elterngeld-Netto, weil, so der Beklagte, das Einkommen des Klägers während des Bemessungszeitraums offensichtlich zur Gewährung des Elterngeld-Höchstbetrags von monatlich 1.800 EUR führe. Angesichts dessen reduziere sich der Leistungssatz auf 65%.
In einer dem Beklagten im Juli 2013 vorgelegten Gehaltsabrechnung für April 2013 sind als "Gehalt" 497,67 EUR ausgewiesen, als "PKW-Wert gw. Vorteil" 275,88 EUR, als "PKW-KM gw. Vorteil" 739,20 EUR. Die gleichzeitig vorgelegte Gehaltsabrechnung für Mai 2013 enthielt die gleichen geldwerten Vorteile wie die April-Abrechnung, allerdings kein "Gehalt".
Im Zuge des Verfahrens zum Erlass eines endgültigen Bewilligungsbescheids teilte der Kläger unter dem Datum 07.08.2013 mit, aus der Versteuerung seines Dienstwagens dürfe kein Bruttoeinkommen abgeleitet werden. Seine Arbeitgeberin sei nicht in der Lage, die lohnsteuerliche Behandlung auf die Einzelbewertung umzustellen. Korrigierte Gehaltsabrechnungen könnten nicht vorgelegt werden. Er fahre stets mit der Bahn zur Arbeit und trage die insoweit entstehenden Kosten selbst. Er, der Kläger, mache gegenüber dem Finanzamt von seinem Wahlrecht Gebrauch, nur die tatsächlich mit dem Dienstwagen gefahrenen Kilometer zu versteuern.
Sodann reichte der Kläger eine Gehaltsabrechnung für Juni 2013 beim Beklagten ein. Das Junigehalt war wegen der bis 02.06.2013 dauernden Elternzeit entsprechend reduziert (5.075,64 EUR). Die geldwerten Vorteile waren dagegen wie auch für die Monate April und Mai in voller Höhe ausgewiesen. Weiter legte der Kläger eine neuerliche Gehaltsabrechnung für Mai 2013 vor, in der der geldwerte Vorteil in Höhe von 739,20 EUR als wieder rückgängig gemacht erschien. Zum Nachweis der Rückgängigmachung verwies der Kläger auf Bescheinigungen für Juni und Juli 2013, wonach zu viel gezahlte Lohnsteuer wieder an ihn ausgekehrt worden sei.
Unter dem Datum 02.09.2013 teilte die Arbeitg...