Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung haben bislang unter Hinweis auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 16.02.1983 - 12 RK 26/81 -, USK 8310, stets die Auffassung vertreten, dass dann, wenn ein Arbeitnehmer bei demselben Arbeitgeber gleichzeitig mehrere Beschäftigungen ausübt, ohne Rücksicht auf die arbeitsvertragliche Gestaltung sozialversicherungsrechtlich von einem einheitlichen Beschäftigungsverhältnis auszugehen ist. Hieran ist auch nach Bekanntwerden der zum Leistungsrecht der Arbeitsförderung ergangenen Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 21.06.2001 - B 7 AL 54/00 R -, SozR 3-4300 § 150 Nr. 1) festgehalten worden, nach der zwei versicherungspflichtige (Teilzeit-)Be¬schäftigungen bei einem Arbeitgeber bestehen und jeweils einen Anspruch auf Teilarbeitslosengeld auslösen können, wenn für beide Beschäftigungen formal zwei getrennte Arbeitsverträge vorliegen und der Arbeitnehmer in den jeweiligen Betrieb/Betriebsteil oder die organisatorische Einheit eingegliedert ist. Die Grundsätze dieser Entscheidung sind mittlerweile durch den 7. Senat des BSG bestätigt worden (Urteil vom 06.02.2003 - B 7 AL 12/01 R -, BSGE 90, 270 ff.). Gleichwohl halten die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung an ihrer seinerzeitigen Auffassung fest; insoweit wirken sich die entsprechenden Entscheidungen, die zum Leistungsrecht der Arbeitslosenversicherung ergangen sind, nicht auf das Versicherungs- und Beitragsrecht der Sozialversicherung aus.
Die Annahme eines einheitlichen Beschäftigungsverhältnisses hat in der Praxis vor allem Bedeutung im Zusammenhang mit der Ausübung geringfügiger Beschäftigungen. Nach § 8 Abs. 2 Satz 1 SGB IV wird eine geringfügig entlohnte Beschäftigung mit einer mehr als geringfügigen Beschäftigung nicht zusammengerechnet und bleibt daher nach Maßgabe der einzelnen Versicherungszweige versicherungsfrei. Mit Blick auf die damit einhergehenden versicherungsrechtlichen Statusentscheidungen und hinsichtlich der in Betracht kommenden Arbeitgeberpflichten sind die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung übereingekommen, klar abgrenzbare und einheitliche Kriterien, die für die Annahme eines einheitlichen Beschäftigungsverhältnisses sprechen, zu definieren.
1. Beschäftigungen bei demselben Arbeitgeber
Mehrere Beschäftigungen bei demselben Arbeitgeber werden versicherungsrechtlich als eine Einheit betrachtet. Dabei ist auf den in der Sozialversicherung verwendeten Begriff des Arbeitgebers abzustellen, der einen eigenständigen Inhalt hat. Für die Feststellung, ob ein einheitliches Beschäftigungsverhältnis vorliegt, ist demnach allein zu prüfen, ob Arbeitgeberidentität besteht. Die Art der jeweils ausgeübten Beschäftigung ist dabei unbedeutend; es ist also nicht erforderlich, dass bei einem Arbeitgeber gleiche oder funktionsverwandte Tätigkeiten ausgeübt werden.
Arbeitgeber ist hiernach der andere Partner des Arbeitsverhältnisses, also derjenige, der die Dienstleistung vom Arbeitnehmer kraft des Arbeitsvertrages fordern kann, das heißt, zu dem der Arbeitnehmer in einem Verhältnis persönlicher und regelmäßig auch wirtschaftlicher Abhängigkeit steht. Für die Bestimmung des Arbeitgebers ist danach wesentlich, wer die wirtschaftliche und organisatorische Dispositionsbefugnis über die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers hat. Das ist in der Regel derjenige, der Vertragspartei ist. Eine Aufspaltung der Arbeitgeberfunktion durch vertragliche Abreden führt nicht zu einer "Verdopplung" des Arbeitgebers.
Arbeitgeber können natürliche Personen (z. B. Privatperson, eingetragener Kaufmann/eingetragene Kauffrau), juristische Personen des privaten Rechts (z. B. Gesellschaft mit beschränkter Haftung, eingetragener Verein), juristische Personen des öffentlichen Rechts (z. B. Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts), aber auch Personengesellschaften (z. B. Kommanditgesellschaft, Gesellschaft bürgerlichen Rechts) sein.
Hat ein Arbeitgeber mehrere Betriebe, ist unabhängig davon, in welchen Betrieben oder Betriebsteilen die jeweilige Beschäftigung ausgeübt wird, von einem einheitlichen Beschäftigungsverhältnis auszugehen. Dabei ist unerheblich, ob es sich um organisatorisch selbstständige (z. B. Zweigniederlassungen) oder um unselbstständige Betriebe (z. B. Betriebsstätte) oder Betriebsteile handelt. Entscheidend ist allein, dass es sich nach den vorgenannten Merkmalen rechtlich um ein und denselben Arbeitgeber, das heißt um ein und dieselbe natürliche oder juristische Personen oder Personengesellschaft, handelt.
Konzernunternehmen im Sinne des § 18 AktG gelten in diesem Zusammenhang nicht als ein Arbeitgeber.
Von einem einheitlichen Beschäftigungsverhältnis bei demselben Arbeitgeber ist auch dann auszugehen, wenn neben der Berufung in ein Beamtenverhältnis auch ein privatrechtlicher Arbeitsvertrag geschlossen wird (z. B. Professoren, die gleichzeitig Chefärzte an Universitätskliniken sind).
Beispiel 1
Der freiberuflich selbstständige Zahnarzt (Einzelunternehmer) beschäftigt die Arbeitnehmerin X mit Hilfsa...