hier: Arbeitsunfähigkeit bei genehmigter Ortsabwesenheit

Sachstand:

Gemäß § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB III verliert, wer während des Bezugs von Arbeitslosengeld infolge Krankheit unverschuldet arbeitsunfähig oder während des Bezugs von Arbeitslosengeld auf Kosten der Krankenkasse stationär behandelt wird, dadurch nicht den Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit oder stationären Behandlung mit einer Dauer von bis zu sechs Wochen (Leistungsfortzahlung).

Nach § 49 Abs. 1 Nr. 3a SGB V ruht der Anspruch auf Krankengeld, solange der Versicherte Arbeitslosengeld bezieht. Beziehen in diesem Sinne setzt demnach voraus, dass die Arbeitsagentur tatsächlich Arbeitslosengeld geleistet hat.

In dem Sonderfall einer Arbeitsunfähigkeit während eines Auslandsaufenthaltes wurde daher bisher bei einer von der Agentur für Arbeit genehmigten Ortsabwesenheit, in Anlehnung an die oben genannte Rechtsgrundlage, das Arbeitslosengeld für die Dauer von bis zu sechs Wochen weitergezahlt (siehe auch Punkt 1.2.6 Gemeinsames Rundschreiben zur Berechnung, Höhe und Zahlung des Krankengeldes und des Krankengeldes bei Erkrankung des Kindes von SGB III-Leistungsbeziehern vom 21.12.2009 [GR v. 21.12.2009]).

Im Dezember 2016 ist die aktuelle Geschäftsanweisung der Bundesagentur für Arbeit (Anlage 1[1]) dahingehend geändert worden, dass im Falle einer Arbeitsunfähigkeit bei genehmigter Ortsabwesenheit die Leistungsfortzahlung spätestens mit Ablauf der genehmigten Ortsabwesenheit – sowohl Inland als auch Ausland – endet. Die Bewilligung sei wegen fehlender Erreichbarkeit (Wegfall der Verfügbarkeit) aufzuheben. D. h. selbst im Falle einer Bestätigung der Krankenkasse, dass die Arbeitsunfähigkeit im Rahmen des über- und zwischenstaatlichen Rechts anzuerkennen ist, wird nunmehr bei Fortbestand der Arbeitsunfähigkeit für die Zeit über die genehmigte Ortsabwesenheit hinaus eine Leistungsfortzahlung abgelehnt. Eine Ausnahme ist ausschließlich für die Dauer einer stationären Behandlung vorgesehen, bei welcher weiterhin auch über die genehmigte Ortsabwesenheit hinaus eine Leistungsfortzahlung erfolgt.

Dem Wortlaut des § 146 SGB III kann weder die geforderte Erreichbarkeit des Versicherten noch die Möglichkeit einer Differenzierung zwischen Krankheit bei genehmigter und Krankheit über die genehmigte Ortsabwesenheit hinaus entnommen werden.

Das BSG hat zu dieser Thematik bereits mit Urteil 7 RAr 74/84 v. 25.7.1985 (Anlage 2[2]) ausgeführt, dass die Rechtsfolge des § 105b AFG a. F. (nunmehr § 146 SGB III) zunächst daran geknüpft sei, dass der Arbeitslose während des Bezuges von Arbeitslosengeld arbeitsunfähig erkrankt. Die vom Gesetz gewählte Formulierung, dass der Arbeitslose dadurch, d. h. durch die die Arbeitsunfähigkeit begründende Erkrankung, den Anspruch auf Arbeitslosengeld bis zur Dauer von sechs Wochen nicht verliert, mache deutlich, dass die Fortzahlung des Arbeitslosengeldes grundsätzlich nur in Betracht kommen soll, wenn die Leistung ohne Eintritt der Arbeitsunfähigkeit weiterzuzahlen wäre. Dies bedeute, andere Gründe dürften nicht zum Verlust des Anspruchs auf Arbeitslosengeld führen.

§ 105b AFG a. F. gehe davon aus, dass der arbeitsunfähige Arbeitslose insoweit nicht in der Lage ist, eine längere als kurzzeitige zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes auszuüben und dadurch der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung steht. Dies wiederum habe zur Folge, dass dem Arbeitslosen nicht zugemutet werden könne, trotz der fehlenden Verfügbarkeit der Residenzpflicht nachzukommen.

Auch den einschlägigen Kommentaren kann nur entnommen werden, dass zwar auch bei einem Leistungsbezug nach § 146 SGB III die allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen gegeben sein müssen, jedoch gerade die Erreichbarkeit des Arbeitslosen keine der geforderten Voraussetzungen in diesem Zusammenhang sein kann. Danach sei § 146 SGB III so zu lesen, dass diejenigen gesetzlichen Erfordernisse, die der Arbeitslose wegen der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit im Einzelfall nicht erfüllen kann, nicht vorliegen müssen bzw. verzichtbar sind. Dabei handelt es sich insbesondere um die Anspruchsvoraussetzungen Eigenbemühungen, § 138 Abs. 1 Nr. 2, und objektive Verfügbarkeit, § 138 Abs. 1 Nr. 3, [§ 138] Abs. 5 Nr. 1, sowie Erreichbarkeit, § 138 Abs. 5 Nr. 2 SGB III.

Die Neuregelung in der Geschäftsanweisung der Bundesagentur für Arbeit führt demnach zu einer unbegründeten verkürzten Leistungsfortzahlung und demnach zu einer verfrühten Krankengeldzahlung durch die Krankenkasse, weil der Anspruch auf Krankengeldzahlung nur für die Dauer der verkürzten Arbeitslosengeldzahlung nach § 49 Abs. 1 Nr. 3a SGB V ruht.

Eine Beratung im Rahmen der Fachkonferenz Leistungs- und Beziehungsrecht war daher angezeigt.

Besprechungsergebnis:

Die Besprechungsteilnehmer/-innen vertreten einheitlich die Auffassung, dass das Arbeitslosengeld auch bei einer Überschreitung der genehmigten Ortsabwesenheit für die Dauer von bis zu sechs Wochen fortzuzahlen ist. Die in...

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