Bezuschussung von Jobtickets; hier: Rückwirkende Regelung der pauschalierungsfähigen Besteuerung nach § 40 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG
Zum Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung gehören nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden oder ob sie unmittelbar oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden.
Dem Arbeitsentgelt sind jedoch nach § 1 Abs. 1 Satz 1 SvEV unter anderem bestimmte steuerfreie oder der Pauschalbesteuerung zugängliche Einnahmen, Zuwendungen und Leistungen nicht zuzurechnen. Ergänzend hierzu bestimmt § 1 Abs. 1 Satz 2 SvEV, dass die in Satz 1 Nr. 1 bis 4a, 9 bis 11, 13, 15 und 16 SvEV genannten Einnahmen, Zuwendungen und Leistungen nur dann nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind, soweit diese vom Arbeitgeber oder von einem Dritten mit der Entgeltabrechnung für den jeweiligen Abrechnungszeitraum lohnsteuerfrei belassen oder pauschal besteuert werden.
Hiernach gehören Einnahmen nach § 40 Abs. 2 EStG nicht zum sozialversicherungsrechtlich relevanten Arbeitsentgelt, wenn diese mit der Entgeltabrechnung für den jeweiligen Abrechnungszeitraum pauschal besteuert werden (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. Satz 2 SvEV). Mit dem "Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften" vom 12.12.2019 (BGBl. I S. 2451) wurden die Tatbestände einer pauschalierungsfähigen Besteuerung nach § 40 Abs. 2 EStG erweitert. Hiernach können nunmehr Arbeitgeberleistungen in Form von unentgeltlichen oder verbilligt überlassenen Fahrberechtigungen (Sachbezüge) sowie Zuschüsse
- für Fahrten des Arbeitnehmers mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Linienverkehr (ohne Luftverkehr) – Personenfernverkehr – zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte und für Fahrten nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4a Satz 3 sowie
- für alle Fahrten des Arbeitnehmers im öffentlichen Personennahverkehr
i.S.d. § 3 Nr. 15 EStG (vgl. BMF-Schreiben vom 15.8.2019 zu § 3 Nr. 15 EStG) mit einem Pauschsteuersatz von 25 % anstelle der Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 15 EStG einheitlich für alle genannten Arbeitgeberleistungen eines Kalenderjahres besteuert werden, auch wenn sie nicht zusätzlich zum Arbeitslohn gewährt werden. Die Regelung ist am 18.12.2019 in Kraft getreten und soll von der Finanzverwaltung rückwirkend für alle betreffenden Arbeitgeberleistungen des Kalenderjahres 2019 zugelassen werden. Mit Blick auf die steuerliche Rückwirkung ist fraglich, ob eine rückwirkende Pauschalbesteuerung zuvor steuer- und somit beitragspflichtig abgerechneter Bezüge zur Beitragsfreiheit führen kann.
Nach Auffassung der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung können bis zur Erstellung der Lohnsteuerbescheinigung im Folgejahr erfolgte Korrekturen einer vorherigen steuerrechtlichen Behandlung von Arbeitsentgeltbestandteilen i.S.d. § 1 [Abs.] Satz 1 Nr. 1 bis 4a, 9 bis 11, 13, 15 und 16 SvEV durch den Arbeitgeber nur dann beitragsrechtlich berücksichtigt werden, wenn der Arbeitgeber zum Zeitpunkt der vorherigen Entgeltabrechnung eine unzutreffende steuer- und beitragspflichtige Beurteilung vorgenommen hat (vgl. Punkt 5 der Niederschrift zur Besprechung über Fragen des gemeinsamen Beitragseinzugs am 20.4.2016).
Eine steuerliche Pauschalierungsmöglichkeit für die nunmehr in § 40 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG aufgeführten Tatbestände hat jedoch vor dem 18.12.2019 nicht bestanden. Eine rückwirkende Korrektur der beitragspflichtigen Behandlung der betreffenden Bezüge in 2019 im Rahmen der nachträglichen Pauschalbesteuerung ist daher nicht möglich.
Wird hingegen aus steuerrechtlichen Gründen eine steuerfrei abgerechnete Arbeitgeberleistung rückwirkend pauschal besteuert, verbleibt es – unter Zurückstellung rechtlicher Bedenken – bei der zuvor aufgrund der Steuerfreiheit bestandenen Beitragsfreiheit.