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Bei der AU-Begutachtung sind in einigen Berufsfeldern besondere Aspekte wie weitere staatliche Eignungsvorgaben oder betriebliche/tarifrechtliche Bedingungen zu beachten.
2.3.11.1 Begutachtung der Arbeitsunfähigkeit bei Berufskraftfahrerinnen und -fahrern
Eine Einschränkung der Eignung zur Führung von Kraftfahrzeugen wird nach den Vorschriften der Fahrerlaubnisverordnung (§ 11 FeV) beurteilt.
Bei der Beurteilung der AU von Versicherten, die in Ausübung ihrer arbeitsvertraglichen Tätigkeit auf die regelmäßige Nutzung eines Kraftfahrzeuges angewiesen sind, ist bei Verdacht auf Eignungseinschränkung eine Begutachtung von Berufskraftfahrerinnen und Berufskraftfahrern durch eine anerkannte Begutachtungsstelle für Fahreignung vorzulegen. Für diese Untersuchung besteht keine Mitwirkungspflicht im Rahmen der Begutachtung nach SGB V. Da es sich hierbei um die Fahrerlaubnis handelt, gehen die Kosten für das Gutachten nicht zu Lasten der Krankenkasse, sondern zu Lasten der oder des Versicherten.
Sollte die oder der Versicherte kein entsprechendes Gutachten anerkannter Begutachtungsstellen vorlegen, endet die Begutachtung durch den Medizinischen Dienst mit Erstellung eines Leistungsbildes. Die Dauer der AU ist von der Krankenkasse zu prüfen.
Die Prüfung der Fahreignung für Inhaberinnen und Inhaber einer Fahrerlaubnis der Klassen C, C1, CE, C1E, D, DE, D1E oder der Erlaubnis zur Fahrgastbeförderung für Taxen, Mietwagen, Krankenkraftwagen, Linienverkehr usw. bedarf der Beurteilung von Ärztinnen und Ärzten mit eigens dafür ausgewiesener Qualifikation in anerkannten Begutachtungsstellen. Der Medizinische Dienst ist hierfür nicht zuständig. Er ist jedoch verpflichtet, die festgestellten Beeinträchtigungen der Aktivität und begründeten Bedenken zur Fahreignung zu dokumentieren und die Versicherte oder den Versicherten hierüber aufzuklären.
Zu berücksichtigen sind auch die Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahreignung der Bundesanstalt für Straßenwesen.
2.3.11.2 Begutachtung der AU bei individuellen arbeitsvertraglichen Gestaltungen
Eine AU-Begutachtung setzt immer den Abgleich des individuellen Leistungsvermögens der oder des Versicherten mit ihrem oder seinem aktuellen beruflichen Anforderungsprofil voraus. Zu beachten ist, dass arbeitsvertragliche Regelungen den Einsatz auch für andere als die zuletzt ausgeübte Tätigkeit vorsehen können.
Ein Beispiel ist, dass eine vorübergehende "Fluguntauglichkeit" beim fliegenden Personal nicht zwangsläufig mit einer AU gleichzustellen ist. Sehen die Arbeitsverträge des fliegenden Personals bei vorübergehender Fluguntauglichkeit die Ausübung von Bodentätigkeiten vor, gehören diese zum Tätigkeitsfeld der oder des Versicherten. Bei der Beurteilung der AU sind daher (auch) die Bodentätigkeiten zu berücksichtigen. Ist die Ausübung der Bodentätigkeit trotz der zur vorübergehenden Fluguntauglichkeit führenden Krankheit möglich, besteht keine AU. Entsprechendes gilt, wenn die Bodentätigkeit der fluguntauglichen Versicherten durch eine Änderung des Arbeitsvertrages vereinbart wird.
2.3.11.3 Begutachtung der Arbeitsunfähigkeit bei Seeleuten bzw. Lotsinnen und Lotsen (Prüfung durch Knappschaft-Bahn-See (KBS))
Die gesundheitlichen Eignungs- bzw. Tauglichkeitskriterien für Berufsseeleute unter deutscher Flagge sind in der Seediensttauglichkeitsverordnung (SeeDTauglV), die der See- und Hafenlotsinnen und -lotsen in der Seelotsenuntersuchungsverordnung (SeeLotUntV) festgelegt. Die abschließende Beurteilung der Seedienst- und Lotsdiensttauglichkeit obliegt ausschließlich dem Seeärztlichen Dienst.
2.3.11.4 Arbeitsunfall und Berufskrankheit in der Arbeitsunfähigkeitsbegutachtung
Gegenstand einer AU-Begutachtung kann auch die Überprüfung der bereits getroffenen Entscheidungen einer Berufsgenossenschaft sein. Die Fälle werden nicht nach dieser Begutachtungsanleitung bearbeitet, sondern sind gesondert dem Medizinischen Dienst zur gutachtlichen Stellungnahme vorzulegen. Dabei müssen bestimmte Informationen, wie Angaben zu AU-Zeiten und -Diagnosen, D-Arzt-Bericht oder Berufskrankheitenanzeige, relevante Arzt- und Facharztberichte, Tätigkeitsschlüssel, kurze Tätigkeitsbeschreibung, Erhebungen des Technischen Aufsichtsdienstes der BG, die im bisherigen Berufskrankheitenverfahren eingeholten ärztlichen Gutachten, Stellungnahme der Landesgewerbeärztin oder des Landesgewerbearztes, Berufskrankheitenbescheid/Anerkennungsbescheid über Arbeitsunfall vorliegen.
2.3.11.5 Beschäftigungsverbote nach Mutterschutzgesetz (MuSchG)
Bei der AU-Begutachtung während der Schwangerschaft ist die Abgrenzung zu den Beschäftigungsverboten für werdende und stillende Mütter nach dem MuSchG zu berücksichtigen. Es wird zwischen betrieblichen und ärztlichen Beschäftigungsverboten unterschieden. Betriebliche Beschäftigungsverbote sind gesetzlich definiert und lassen keinen Freiraum zu. Bei der Abgrenzung zur AU sind für den Medizinischen Dienst die ärztlichen Beschäftigungsverbote bedeutsam.
Hinsichtlich einer Abgrenzung der AU zum ärztlichen Beschäftigungsverbot bei bestehendem Arbeitsverhältnis ist zu beachten, dass ein Beschäftigungsverbot voraussetzt, dass Leben oder Gesundheit von Mutter und/oder Kind bei Fortdauer der Beschäftigung gefährdet ist. Voraussetzung ist somit nicht eine Krankheit im Sinne des SGB V, sondern eine Gefährdung von Mutter und/oder Kind infolge Arbeitsaufnahme (BAG-Urteil vom 13.02.2002, AZ.: 5 AZR 753/00). Für ein Beschäftigungsverbot sind der Gesundhei...