Telefonische Krankmeldung: Was müssen Arbeitgeber beachten?

Bei Krankheit und der damit verbundenen Arbeitsunfähigkeit ist es nicht mehr zwingend erforderlich, persönlich einen Arzt aufzusuchen. Oftmals genügt bereits ein einfacher Telefonanruf. Doch welche rechtlichen Bedingungen müssen dabei beachtet werden? Und was können Unternehmen tun, wenn sie Zweifel an der Gültigkeit einer Krankmeldung haben?

Bei einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit müssen Arbeitnehmer ihren Arbeitgebern eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, kurz AU-Bescheinigung, vorlegen. Früher war ein persönlicher Arztbesuch dafür erforderlich, doch das ist nun nicht mehr zwingend notwendig. In den meisten Fällen reicht ein Telefonat mit dem Hausarzt aus, um die AU-Bescheinigung zu erhalten. Diese neue rechtliche Regelung zielt darauf ab, Arztpraxen zu entlasten und Patienten vor zusätzlichen Infektionsrisiken beim Arztbesuch zu schützen.

Gesetzliche Grundlage für telefonische Krankschreibung

Im Dezember 2023 beschloss der Gesetzgeber eine Erweiterung der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie. Mit ihr wurde die in der Coronazeit beschlossene telefonisch Anamnese, die eigentlich nur auf die Zeit der Pandemie beschränkt werden sollte, fest institutionalisiert. Das ermöglicht die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bei Erkrankungen mit weniger schwerwiegenden Symptomen, selbst wenn keine Videosprechstunde stattgefunden hat.

Voraussetzungen für telefonische Krankschreibung

Die wichtigste Voraussetzung für die telefonische Krankschreibung ist, dass der Beschäftigte der kontaktierten Arztpraxis bekannt ist. Darüber hinaus darf die Krankschreibung nur erfolgen, wenn eine Videosprechstunde aus technischen, zeitlichen, organisatorischen oder sonstigen Gründen tatsächlich nicht umsetzbar ist. Die Krankschreibung mittels telefonisch ausgestellter EU-Bescheinigung hat bei einer leichten Symptomatik eine Gültigkeit von bis zu fünf Tagen. Die Krankschreibung darf jedoch nur einmal erfolgen; für eine Verlängerung muss die reguläre Sprechstunde aufgesucht werden. Falls die Bescheinigung jedoch in der Praxis ausgestellt wurde, kann sie telefonisch verlängert werden.

Beweiswert zweifelhaft

Obwohl diese neue Regelung für die Beschäftigten angenehm ist, bleiben für Unternehmen Unsicherheiten bestehen. Da der Arzt bei einem Telefonat lediglich auf die Beschreibung der Symptome durch den Patienten angewiesen ist, muss er allein auf dieser Grundlage eine Entscheidung für die Ausstellung treffen. Eine Videosprechstunde wäre für eine Anamnese hilfreich, ist aber im Rahmen der telefonischen AU-Bescheinigung nicht erforderlich und technisch ohnehin nur in der Minderzahl der Fälle möglich. Die Unternehmen wissen nicht, ob die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ihres Mitarbeiters aufgrund einer physischen Untersuchung oder lediglich eines Telefonats mit dem Arzt (oder sogar nur der Sprechstundenhilfe) ausgestellt wurde, da dies auf der Bescheinigung nicht angegeben ist.

Sicherheit schaffen

In einigen Fälle bleibt ist deshalb fraglich, wie groß der Beweiswert der Bescheinigung ist und ob es sich bei der Arbeitsunfähigkeit tatsächlich um eine Erkrankung handelt. Zwar ist zu erwarten, so die Meinung der Arbeitsrechtler Michel Hoffmann und Severin Gotthard Kunisch, dass die Krankschreibung auf telefonischem Weg einer Krankschreibung auf Basis einer Videosprechstunde oder physischen Anamnese als Beweislast rechtlich untergeordnet ist. Ob aber diese Annahme von den Arbeitsgerichten tatsächlich auch geteilt werde, bleibt abzuwarten. Die beiden Arbeitsrechtler empfehlen stattdessen, dass Unternehmen bei erheblichen und begründeten Zweifeln am Beweiswert der Krankschreibung die Entgeltfortzahlung vorübergehend aussetzen sollten. In diesem Fall sollten sie eine plausible Begründung für die Arbeitsunfähigkeit abwarten, die beispielsweise durch eine physische Begutachtung des Arztes abgesichert ist.


Das könnte Sie auch interessieren:

Krankengeld ist auch bei verspätet eingereichter Krankschreibung zu zahlen

Arbeiten trotz Krankschreibung: Erlaubt oder nicht?


Arbeitsschutz in Recht und Praxis, 4/2024