Kurzbeschreibung
Vorgehensweise zur Durchführung der Gefährdungsbeurteilung im Rahmen der Situationsanalyse.
Vorbemerkung
Das Arbeitsschutzgesetz aus dem Jahr 1996 hat die bis dahin im Wesentlichen technische Orientierung des Arbeitsschutzes zu einem ganzheitlichen Arbeits- und Gesundheitsschutz erweitert, der alle belastenden und beanspruchenden Faktoren der Arbeitstätigkeit präventiv berücksichtigen soll, um gesundheitsschädigende Belastungen auszuschließen. Dies erfolgt im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung, die unter Berücksichtigung von demografischen Faktoren einen Beitrag zur alter(n)sgerechten Arbeitsgestaltung leisten kann. Die Gefährdungsbeurteilung ist das zentrale Instrument des Arbeits- und Gesundheitsschutzes, weil sie keine einmalige Aufgabe an den Arbeitgeber darstellt, sondern bei allen Änderungen am Arbeitsplatz aktualisiert werden muss. Das können beispielsweise technische Änderungen (neue Arbeitsmittel, Umbau von Arbeitsmitteln) oder organisatorische Veränderungen (veränderte Arbeitszeiten, neue Schichtsysteme, veränderte Arbeitsabläufe, neue Aufgabenzuschnitte) sein, die sich auf die Gesundheit der Beschäftigten auswirken können.
Gefährdungs- und Belastungsbeurteilung
Gefährdungs- bzw. Belastungsfaktoren
Bewährt hat sich die Orientierung an den Gefährdungs- und Belastungskatalogen der Berufsgenossenschaften.
In der folgenden Tabelle sind die Belastungsfaktoren exemplarisch aufgelistet. Alternskritische Arbeitsanforderungen sind solche, die Beschäftigte in verschiedenen Lebensphasen physisch (körperlich) und psychisch (mental) dauerhaft unter- bzw. überfordern können (kursiv gekennzeichnet in der Tabelle)
Gefährdungs-/Belastungsfaktor |
Gefährdung/Belastung (beispielhaft) |
Mechanische Gefährdungen |
- Scher- und Quetschstellen
- Schneid- und Aufwickelstellen
- Gefahr durch Einzug oder Getroffenwerden
- Sturz und Absturz
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Elektrische Gefährdungen |
- elektrischer Schlag
- Lichtbögen
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Gefahrstoffe |
- Dämpfe
- Stäube
- Feststoffe
- Flüssigkeiten
- Gase
- Schwebstoffe (Nebel, Dämpfe, Rauche)
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Biologische Gefährdungen |
- Allergene und toxische Stoffe von Mikroorganismen
- gentechnisch veränderte Organismen
- Infektionsgefahr durch Mikroorganismen und Viren
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Brand- und Explosions-Gefährdungen |
- Brandgefährdung durch Feststoffe, Flüssigkeiten, Gase
- elektrostatische Aufladung
- explosionsfähige Atmosphäre
- Explosionsstoffe
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Thermische Gefährdungen |
- Kontakt mit heißen oder kalten Oberflächen
- Medien (Metallschmelzen siedendes Wasser, Fett)
- Emissionen (Heißdampf)
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Gefährdungen durch physikalische Einwirkungen |
- Arbeiten im Über- oder Unterdruck
- Vibrationen/Ganzkörperschwingungen
- Hand- und Armschwingungen
- elektromagnetische Felder
- (nicht)ionisierende Strahlung
- optische Strahlung
- Lärm (siehe auch Arbeitsumgebung)
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Belastungen aus der Arbeitsumgebung |
- Hitze, Kälte
- Licht, Beleuchtung
- Ersticken, Ertrinken
- Unzureichende Gestaltung der Arbeitsstätte (z. B. Lärm, Beleuchtung, sanitäre Anlagen, Mensch-Maschine-Schnittstelle)
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Physische Belastung |
- Manuelles Heben, Halten und Tragen von Lasten
- Manuelle Arbeitsprozesse
- Manuelles Ziehen und Schieben von Lasten
- Ausübung von Ganzkörperkräften
- Körperfortbewegung
- Körperzwangshaltungen
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Psychische Belastung |
Belastungen aus den Arbeitsinhalten und der Arbeitsaufgabe
- Vollständigkeit
- Abwechslungsreichtum
- Handlungsspielraum
- Informationen
- Qualifikation
- Emotionale Inanspruchnahme
Belastungen aus der Arbeitsorganisation
- Arbeitsintensität, Zeitdruck
- Störungen, Unterbrechungen
- Kommunikation, Kooperation
- Kompetenzen, Zuständigkeiten
Arbeitszeit
- Dauer
- Lage, Schichtarbeit
- Vorhersehbarkeit, Planbarkeit von Arbeitszeit
- Pausen, Erholungszeiten
Soziale Beziehungen
- Kolleginnen und Kollegen
- Vorgesetzte
- Kunden/Klienten
Arbeitsmittel und PSA Belastungen aus der Arbeitsumgebung und der Ergonomie, die sich psychisch auswirken können |
Belastungen aus der Arbeitszeit |
- Länge und Lage der Arbeitszeit, Schichtarbeit
- Ruhe- und Pausenzeiten
- Flexibilitätsanforderungen
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Alternskritische Arbeitsanforderungen
Die Bewertung über alle Kriterien (physisch, psychisch, geistig) ergibt ein Gesamtbild über das durch das Arbeitssystem hervorgerufene Belastungsprofil und ergänzt damit das Anforderungsprofil des Arbeitsplatzes. Eine alter(n)skritische Gefährdungs- und Belastungsbeurteilung kann darüber hinaus auch solche Gefährdungen/Belastungen erfassen, die möglicherweise durch die sich im Laufe eines Arbeitslebens veränderten Fähigkeiten von Beschäftigten entstehen. Die Gefährdungs- und Belastungsbeurteilung hat eine Betrachtung des Arbeitssystems und der daraus resultierenden Gefährdungen und Belastungen zum Inhalt. Die Beurteilung bildet die Grundlage für die Maßnahmenplanung und -durchführung sowie die Wirksamkeitskontrolle.
Gefährdungen und Belastungen im Rahmen dieser Betrachtung
- können sich ergeben aus den Arbeits- und Betriebsmitteln (ihrer ergonomischen Gestaltung und den an ihnen vorhandenen Gefahrstellen und -quellen) und
- der Arbeitsumgebung (Gefahrstoffe, Lärm, Klima, Beleuchtung),
- können resultieren aus dem Arbeitsgegenstand (z. B. Werkstück),
- können verursacht sein durch den Arbeitsablauf (z....