1 Berufsausbildung in der Sozialversicherung
In der Sozialversicherung existiert eine Definition der Berufsausbildung nicht. Der im Berufsbildungsgesetz definierte Begriff der Berufsausbildung gilt auch für das Sozialversicherungsrecht. Danach ist Berufsausbildung die erstmalige, breit angelegte berufliche Grundbildung und die für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit notwendige Fachbildung in einem geordneten Ausbildungsgang in einem Berufsausbildungsverhältnis. Zur Berufsausbildung gehört auch die Ausbildung für einen weiteren Beruf als den bisher erlernten.
Ob eine Beschäftigung zur Berufsausbildung in diesem Sinne vorliegt, hängt von dem Lernort und der Ausgestaltung des Ausbildungsverhältnisses im Einzelfall ab. Dementsprechend wird Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung aufgrund einer Beschäftigung zur Berufsausbildung nur durch die betriebliche und überbetriebliche Berufsausbildung begründet. Ist der alleinige Betriebszweck die Organisation und Durchführung von Qualifikations- und Bildungsmaßnahmen, steht nicht die Leistung von Arbeit, sondern die Reintegration bzw. die Aus- und Weiterbildung im Vordergrund. In diesen Fällen handelt es sich nicht um eine Beschäftigung zur Berufsausbildung.
Die Vorschrift des § 7 Abs. 2 SGB IV dehnt den Begriff der Beschäftigung auf den Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen aus, der nicht auf eine volle Berufsausbildung i. S. d. § 1 Abs. 3 BBiG gerichtet ist, aber auf einem Vertragsverhältnis i. S. d. § 26 BBiG beruht. Daher gelten Volontäre, Praktikanten und Anlernlinge als zur Berufsausbildung beschäftigt.
2 Versicherungspflicht
2.1 Kranken- und Pflegeversicherung
In der Kranken- und Pflegeversicherung gilt die Einschränkung, dass Auszubildende nur dann als Arbeitnehmer sozialversicherungspflichtig sind, wenn sie Entgelt erhalten. Da Auszubildende Anspruch auf eine Mindestausbildungsvergütung haben, ist diese Einschränkung eher theoretischer Natur.
Die Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung kann wegen fehlender Entgeltzahlung für andere zu ihrer Berufsausbildung beschäftigte Personen (z. B. Praktikanten) ausgeschlossen sein.
2.2 Renten- und Arbeitslosenversicherung
In der Renten- und Arbeitslosenversicherung sind zu ihrer Berufsausbildung beschäftigte Personen ohne Rücksicht darauf versicherungspflichtig, ob Ausbildungsbeihilfen, Entgelt o. Ä. gezahlt werden.
3 Besondere Formen der Berufsausbildung
3.1 Praxisintegrierte schulische Ausbildungsgänge
Teilnehmer an Ausbildungen mit Abschnitten des schulischen Unterrichts und der praktischen Ausbildung, für die ein Ausbildungsvertrag und Anspruch auf Ausbildungsvergütung besteht (praxisintegrierte Ausbildungen) sind vom 1.7.2020 an den zur Berufsausbildung Beschäftigten gleichgestellt. Damit sind diese Teilnehmer kranken-, pflege-, renten- und arbeitslosenversicherungspflichtig. Diese Regelung stellt sicher, dass Auszubildende in praxisintegrierten schulischen Ausbildungsgängen unabhängig vom konkreten Ausbildungsberuf dann in die Sozialversicherungspflicht einbezogen sind, wenn
- ein Ausbildungsvertrag geschlossen wird und
- ein Anspruch auf Ausbildungsvergütung auch während der Phasen der schulischen Ausbildung besteht.
Von dieser Regelung sind insbesondere Auszubildende in Gesundheitsberufen betroffen, da praxisintegrierte schulische Ausbildungsgänge dort die Regel sind (u. a. Ausbildung für Logopäden, Ergotherapeuten, Physiotherapeuten). Diese Regelungen gelten auch für Auszubildende in vergleichbaren schulischen Einrichtungen (z. B. die Ausbildung zum Erzieher).
3.2 Berufsausbildung ohne Arbeitsentgelt
Zur Berufsausbildung Beschäftigte ohne Arbeitsentgelt sind in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung grundsätzlich familienversichert. Sind die Voraussetzungen der Familienversicherung nicht gegeben, besteht Versicherungspflicht als Praktikant nach § 5 Abs. 1 Nr. 10 SGB V bzw. § 20 Abs. 1 Nr. 10 SGB XI.
3.3 Betriebliche/überbetriebliche Berufsausbildung
Eine betriebliche Berufsausbildung liegt vor, wenn ein Arbeitgeber Träger der Ausbildung ist und der Auszubildende in vergleichbarer Weise wie ein sonstiger Arbeitnehmer in den Ausbildungsbetrieb eingegliedert wird.
Von einer überbetrieblichen Berufsausbildung spricht man, wenn Arbeitgeber sich zur Vermittlung einer berufspraktischen Ausbildung überbetrieblicher Stätten (insbesondere Ausbildungszentren) bedienen, um Auszubildenden die von ihm vertraglich geschuldete Berufsausbildung zu vermitteln.
Eine betriebliche oder überbetriebliche Berufsausbildung besteht auch, wenn der Auszubildende daneben an einer Fachhochschule eingeschrieben ist.
3.4 Außerbetriebliche Berufsausbildung/Umschüler
Eine außerbetriebliche Berufsausbildung liegt vor, wenn diese von verselbstständigten, nicht einem Betrieb angegliederten Bildungseinrichtungen durchgeführt wird. Es kann sich dabei um u. a. Berufsbildungswerke, Berufsförderungswerke und Berufsfortbildungswerke handeln. Die Teilnehmer sind den zur Berufsausbildung Beschäftigten gleichgestellt und daher sozialversicherungspflichtig.
Bei einer außerbetrieblichen Weiterbildung mit Abschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf (Umschulung) fehlt es am Abschluss eines Berufsausbildungsvertrags. Daher kann Sozialversicherungspflicht nicht bestehen.
Eine Versicherungsp...