Mit der 2014 bei den Berufsgenossenschaften umgesetzten DGUV V1 haben diese nun die bislang recht formalisierte Bestellung der Zahl der zu berufenden Sicherheitsbeauftragten (§ 22 Abs. 1 SGB VII) durch weitere Kriterien ergänzt (§ 20 DGUV V1). Während der Gesetzgeber in § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB VII dabei bislang nur von einer "Beteiligung des Betriebsrats" gesprochen hat, die bislang weit überwiegend im Sinne von "Mitwirkung" als dem schwächeren Recht gegenüber der "Mitbestimmung"“ ausgelegt wird, geben die nun formulierten Kriterien Anlass dazu, den Beteiligungsprozess des Betriebsrats neu zu definieren.
Mit der Konkretisierung der Verpflichtung zur Bestellung von Sicherheitsbeauftragten in § 20 Abs. 1 DGUV V1 wird nicht mehr zur Mitbestimmung gesagt, als bislang im Gesetz steht. Jedoch ist hier auf die Rechtsprechung des BAG zurückzugreifen: In seiner Entscheidung vom 28.3.2017 (BAG, Beschluss v. 28.3.2017, 1 ABR 25/15) führt das BAG nochmals und sehr grundsätzlich aus, dass die aus § 3 Abs. 2 ArbSchG folgende Pflicht des Arbeitgebers, für eine geeignete Organisation zu sorgen und Vorkehrungen dafür zu treffen, dass die Maßnahmen des Arbeitsschutzes bei allen Tätigkeiten und eingebunden in die betrieblichen Führungsstrukturen beachtet werden, einen Rahmen für die Entwicklung einer an den betrieblichen Gegebenheiten ausgerichteten Organisation setzt. Hierbei habe der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG mitzubestimmen. Das BAG führt weiter aus, der Betriebsrat habe bei betrieblichen Regelungen über den Gesundheitsschutz mitzubestimmen, wenn der Arbeitgeber diese aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Rahmenvorschrift zu treffen habe und ihm bei der Gestaltung Handlungsspielräume verblieben. Bestehe objektiv eine gesetzliche Handlungspflicht und sei wegen des Fehlens einer zwingenden Vorgabe eine betriebliche Regelung verlangt, um das vom Gesetz vorgegebene Ziel des Arbeits- und Gesundheitsschutzes zu erreichen, so setze das Mitbestimmungsrecht ein. Eine Rahmenvorschrift zur weiteren Ausgestaltung liege vor, wenn die gesetzliche Regelung Maßnahmen zur Gewährleistung des Gesundheitsschutzes erfordere, diese aber nicht selbst im Einzelnen beschreibe, sondern dem Arbeitgeber ein zu erreichendes Schutzziel vorgebe.
Die Zahl und die Auswahl der geeigneten Kandidaten für das Amt des Sicherheitsbeauftragten wird vom Gesetzgeber bzw. den Berufsgenossenschaften im Rahmen des ihnen zustehenden Satzungsrechts nach bestimmten Kriterien vorgegeben, es wird "ein Rahmen vorgegeben". Dieser ist nun in der betrieblichen Organisation umzusetzen, in dem man folgende Fragen stellt und beantwortet:
- Welche Unfall- und Gesundheitsgefahren bestehen im Unternehmen?
- Wer hat die erforderliche räumliche Nähe zu den Beschäftigten?
- Wer hat die erforderliche zeitliche Nähe zu den Beschäftigten?
- Wer hat die fachliche Nähe zu den Beschäftigten?
- Wie viele Beschäftigte sind konkret betroffen und damit zu betreuen?
Bei der Beantwortung dieser Fragen bleiben dem Arbeitgeber Handlungsspielräume, die auszufüllen sind, was zwingend zu einem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats führt. Dieses umfasst damit
- die Zahl der zu bestellenden Sicherheitsbeauftragten und
- die Anforderungsprofile derjenigen, die bestellt werden können.
Das Abgleichen dieser Profile mit geeigneten Mitarbeitern und die dann ggf. erfolgende Bestellung kann - wie es die bisher vorherrschende Meinung vorsieht - als so eindeutiger Prozess angesehen werden, dass man hier in der Tat von einer schwächeren Form der Betriebsratsbeteiligung ausgehen kann, so dass hier dann nur noch die Mitwirkung in Frage kommt. Die Vermischung verschieden starker Beteiligungsrechte in einem Gesamtprozess führt zu einem grundsätzlichen Regelungsbedarf, der gut mit einer Betriebsvereinbarung abgedeckt werden kann.
In Unternehmen, in den die Bestellung der Fachkraft für Arbeitssicherheit und des Betriebsarztes bereits durch eine Betriebsvereinbarung erfolgt ist, ist nachfolgende Muster-Betriebsvereinbarung auch als Ergän-zung denkbar oder kann integriert werden!