Die Pflicht zur vertrauensvollen Zusammenarbeit besteht nicht nur für das Gremium insgesamt, sondern auch für die einzelnen Mitglieder. Untereinander besteht diese Verpflichtung nicht, das bedeutet, dass die Mitglieder des Betriebsrats im Gremium nicht zu einer vertrauensvollen Zusammenarbeit verpflichtet werden können.
2.1 Zurechnung der Pflichtverstöße einzelner Betriebsratsmitglieder
Pflichtverstöße einzelner Betriebsratsmitglieder können dem Betriebsrat als Gremium zugerechnet werden, wenn dieser das gesetzwidrige Verhalten eines seiner Mitglieder billigt oder sogar unterstützt. Voraussetzung dieser Zurechnung ist aber, dass der Arbeitgeber die Umstände für diese Billigung, bzw. Unterstützung detailliert vorträgt.
2.2 Wahrnehmung in der Belegschaft
Der Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit ist von beiden Betriebspartnern auch in der betriebsöffentlichen Auseinandersetzung über streitige Regelungsfragen zu beachten.
2.2.1 Information der Belegschaft über den Ausgang eines arbeitsgerichtlichen Verfahrens
Ein Verstoß gegen das Gebot zur vertrauensvollen Zusammenarbeit liegt nicht schon dann vor, wenn der Betriebsrat einen Informations-Aushang vornimmt, in dem sachlich dargestellt wird, dass der Arbeitgeber mitbestimmungswidrig den Verkauf von zollfreien Kantinenwaren eingeschränkt hat und dies mittels eines arbeitsgerichtlichen Verfahrens abgewehrt wurde. Dies gilt auch, wenn die für die Arbeitgeberin handelnde Personalleiterin namentlich genannt wurde.
2.2.2 Information der Belegschaft über den Ausgang eines Kündigungsrechtsstreits
Auch der Hinweis auf Meinungsverschiedenheiten bezüglich der Kündigung eines Betriebsratsmitglieds unter namentlicher Nennung der Personalleiterin und auf ein diesbezüglich eingeleitetes Zustimmungsersetzungsverfahren verstößt nicht gegen diese Pflichten, selbst wenn der Betriebsrat am Ende der Betriebsratsinfo zum Ausdruck gebracht hat, er "habe den Eindruck", dass es hier nur darum gehe, ein langjähriges aktives Betriebsratsmitglied loszuwerden.
2.2.3 Mitarbeiterumfragen des Betriebsrats
Will der Betriebsrat Umfragen in der Belegschaft durchführen, so kann er dies grundsätzlich im Rahmen seines Aufgabenbereichs und unter Beachtung der allgemeinen Regelungen für seine Tätigkeit und ohne eine Einbeziehung des Arbeitgebers in die Planung oder Durchführung der Umfrage tun. Begrenzt ist sein Handeln lediglich durch die Verpflichtung, darauf zu achten, dass Betriebsablauf und Betriebsfrieden nicht gestört werden und dass sich die Fragen und die Form der Befragung dem Regelungsbereich der ihm gesetzlich zugewiesenen Aufgaben bewegen. Der Arbeitgeber muss hingegen bei der Planung einer Mitarbeiterumfrage die Beteiligungsrechte des Betriebsrats nach §§ 80 Abs. 2, 94 BetrVG beachten und demnach den Betriebsrat vorab informieren und beteiligen. Ihren Grund findet diese unterschiedliche Ausgestaltung von Einbeziehungs- und Beteiligungspflicht zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat bei Mitarbeiterumfragen im gesetzlich dem Betriebsrat zugewiesenen Aufgabenbereich. Im Rahmen der Verpflichtung zur vertrauensvollen Zusammenarbeit kann vom Betriebsrat aber erwartet werden, dass er den Arbeitgeber vorab über eine von ihm geplante Mitarbeiterumfrage informiert. Mit dem Ziel, Meinungsverschiedenheiten zu vermeiden, könnte der Abschluss einer Regelungsabrede über die Planung und Durchführung von Mitarbeiterumfragen in Erwägung gezogen werden. U. a. könnte dort die Verpflichtung der Vorab-Information und gemeinsamen Beratung geregelt sein.
So ist die Durchführung einer vom Betriebsrat initiierten Fragebogenaktion unter jugendlichen Arbeitnehmern zulässig, soweit sich die Fragen im Rahmen der gesetzlichen Aufgaben der Jugendvertretung und des Betriebsrats halten und Betriebsablauf wie auch Betriebsfrieden nicht gestört werden. Maßgeblich sind somit die Umstände des Einzelfalls, insbesondere müssen die gestellten Fragen einer rechtlichen Prüfung unterzogen werden, und zwar sowohl was den Inhalt und seine Vereinbarkeit mit den gesetzlichen Aufgaben des Betriebsrats anbetrifft, als auch was die Form der Fragen anbetrifft. Schließlich ist die konkrete Durchführung der Fragebogenaktion daraufhin zu prüfen, ob dabei vermeidbare betriebliche Ablaufstörungen eintreten.
2.2.4 Mehrere Beschlussverfahren
Auch das Führen einer Mehrzahl von Beschlussverfahren stellt keinen groben Verstoß gegen betriebsverfassungsrechtliche Pflichten dar, solange die Verfahren nicht rechtsmissbräuchlich oder schikanös eingeleitet werden. Allerdings kann der Betriebsrat aus dem Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit verpflichtet sein, den Arbeitgeber vor Einleitung eines Beschlussverfahrens nach § 23 Abs. 3 BetrVG auf seinen Pflichtenverstoß hinzuweisen. Insbesondere wenn der Arbeitgeber möglicherweise schuldlos seinen Pflichten gegenüber dem B...