Dr. Manuel Schütt, Dr. Adrian Löser
Bei einem Verstoß gegen ein Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber gemäß § 15 Abs. 1 AGG verpflichtet, den hierdurch entstandenen Vermögensschaden zu ersetzen, wenn er die Pflichtverletzung zu vertreten hat. Dabei ist zu beachten, dass der Arbeitgeber für verfassungsmäßige Vertreter (z. B. Geschäftsführer einer GmbH, Vorstand einer AG) über § 31 BGB und gemäß § 278 BGB auch für seine mit der Personalauswahl betrauten Hilfspersonen haftet. Er hat also für das schuldhafte Verhalten seiner Personalabteilung wie auch von potenziellen Vorgesetzten des Bewerbers einzustehen. Voraussetzung des nach oben unbegrenzten Schadensersatzanspruchs ist nach § 280 BGB, dass die Pflichtverletzung für den eingetretenen Schaden kausal war. Der Arbeitgeber kann demnach gegen ihm gegenüber erhobene Schadensersatzansprüche nach § 15 Abs. 1 AGG einwenden, dass der Bewerber auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre, weil der tatsächlich Eingestellte oder Beförderte besser geeignet ist als der Benachteiligte. Bei der Beurteilung der Eignung dürfen nicht nur Kriterien wie bestimmte Qualifikationen und Noten berücksichtigt werden, sondern auch Kriterien wie Selbstbewusstsein, Teamfähigkeit, Führungsstärke und soziale Kompetenz. Dabei obliegt dem abgelehnten Bewerber die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er bei benachteiligungsfreier Auswahl den begehrten Arbeitsplatz erhalten hätte.
Gelingt ihm die Darlegung oder der Beweis nicht, kann der unzulässig benachteiligte Arbeitnehmer ggf. dennoch einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG geltend machen.
Ein Einstellungsanspruch wird jedenfalls nach § 15 Abs. 6 AGG ausdrücklich ausgeschlossen.
Der Arbeitgeber ist bei Verletzung eines jeden Diskriminierungsmerkmals aus § 1 AGG zudem zum Ersatz des immateriellen Schadens verpflichtet. Nach § 15 Abs. 2 AGG ist hierfür auch ohne ein Verschulden des Arbeitgebers oder seiner Erfüllungsgehilfen bzgl. der Benachteiligung eine "angemessene Entschädigung", also eine Art Schmerzensgeld, zu zahlen. Die Entschädigung muss der Schwere des Verstoßes entsprechen, indem sie insbesondere eine wirklich abschreckende Wirkung gegenüber dem Arbeitgeber gewährleistet, zugleich aber den allgemeinen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrt. Auch wenn für die Entschädigungshöhe "amerikanische Verhältnisse" nicht zu erwarten sind, dürfte der Entschädigungsanspruch im Vergleich zum Schadensersatzanspruch in der Praxis die größere Bedeutung haben, zumal die Anspruchsvoraussetzungen gegenüber dem Schadensersatzanspruch niedriger sind. Das Arbeitsgericht kann z. B. folgende Gesichtspunkte bei der Bemessung des Entschädigungsanspruchs berücksichtigen:
- Die Art und Schwere der Benachteiligung,
- ihre Dauer und Folgen,
- der Anlass und der Beweggrund des Handelns,
- der Grad der Verantwortlichkeit des Arbeitgebers, etwa geleistete Wiedergutmachung oder erhaltene Genugtuung und
- das Vorliegen eines Wiederholungsfalls.
Alle betroffenen Bewerber haben einen Entschädigungsanspruch
Bei einer diskriminierenden Stellenanzeige oder -ausschreibung haben nach § 15 Abs. 2 AGG alle betroffenen Bewerber Anspruch auf eine "angemessene Entschädigung" als verschuldensunabhängige Sanktion.
Der Arbeitgeber, der eine Stelle unter Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot nach § 11 AGG i. V. m. §§ 7 Abs. 1, 1 AGG ausgeschrieben hat (z. B. nicht geschlechtsneutral), kann sich gegenüber einer Entschädigungsforderung nicht darauf berufen, dass der Bewerber für die Stelle ungeeignet sei, also die Qualifikationsanforderungen nicht erfülle, sodass er aus diesem Grunde nicht diskriminiert sein könne. Der Entschädigungsanspruch setzt nicht voraus, dass der Bewerber ohne die Diskriminierung die Stelle erhalten hätte. Nach § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG darf allerdings die Entschädigung bei einer Nichteinstellung 3 Monatsverdienste nicht überschreiten, wenn der Bewerber auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Bei der in § 15 Abs. 2 AGG bestimmten Grenze handelt es sich um eine "Kappungsgrenze". Danach ist zunächst die Höhe einer angemessenen und der Höhe nach nicht begrenzten Entschädigung zu ermitteln und diese ist dann, wenn sie 3 Monatsgehälter übersteigen sollte, zu kappen.
Bewerbung eines Mannes auf für Frauen ausgeschriebenen Arbeitsplatz
Ein männlicher Sportlehrer mit mehrjähriger Berufserfahrung bewirbt sich auf eine Stellenausschreibung eines Schulvereins mit folgendem auszugsweisen Inhalt: "Wir suchen" [eine] "Fachlehrerin Sport" (w). Hierauf bekam der Bewerber die Antwort: "[…] leider suchen wir eine weibliche Sportlehrkraft für die Mädchen der Oberstufe." Der Bewerber hat einen Anspruch gegen den Schulverein auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG, da der Verein ihn unmittelbar i. S. v. § 3 Abs. 1 AGG wegen seines Geschlechts benachteiligt hat. Diese Benachteiligung war auch nicht ausnahmsweise nach § 8 Abs. 1 AGG zulässig.
Die Benachteiligung eines Bewerbers setzt grundsätzlich voraus, da...