Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterhaltsleistungen an die ledige Mutter nach § 1615 l BGB nicht als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG abziehbar
Leitsatz (NV)
Bei Unterhaltsleistungen an den geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden unbeschränkt steuerpflichtigen Ehegatten kann der Unterhaltsverpflichtete wählen, ob er die Unterhaltszahlungen unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG als Sonderausgaben oder im Rahmen des § 33 a Abs. 1 EStG als außergewöhnliche Belastung geltend macht. Unterhaltsleistungen an die ledige Mutter nach § 1615 l BGB sind dagegen nur nach § 33 a Abs. 1 EStG als außergewöhnliche Belastung abziehbar. Die unterschiedliche steuerliche Behandlung der Unterhaltsleistungen verstößt weder gegen Art. 3 noch gegen Art. 6 GG. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor.
Normenkette
EStG 1987 § 10 Abs. 1 Nr. 1, § 33a Abs. 1; GG Art. 3, 6
Verfahrensgang
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
Die Revision war nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, weil die Rechtsfrage, ob § 10 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes 1987 (EStG) verfassungsrechtlichen Grundsätzen entspricht, nicht klärungsbedürftig ist.
Für die unterschiedliche Behandlung von Unterhaltsleistungen an den geschiedenen oder getrennt lebenden Ehegatten und von Unterhaltsleistungen an die ledige Mutter nach § 1615 l des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) gibt es hinreichende sachliche Gründe. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) liegt daher nicht vor.
Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) war der Gesetzgeber von Verfassungs wegen zur Einführung des Realsplittings nicht verpflichtet. Es sei ihm überlassen zu regeln, in welcher Weise tatsächlich erbrachte unvermeidliche Unterhaltsaufwendungen steuerlich zu berücksichtigen seien. § 33 a Abs. 1 EStG stelle die Abziehbarkeit von Unterhaltsleistungen in ausreichendem Maße sicher. Wenn der Gesetzgeber darüber hinaus Wahlmöglichkeiten eröffne, brauche er dabei nicht ausschließlich auf die Minderung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten durch die Unterhaltszahlungen abzustellen, sondern könne die Inanspruchnahme von zusätzlichen Voraussetzungen abhängig machen, sofern für diese sachliche Gründe vorlägen (BVerfG-Beschluß vom 21. November 1986 1 BvR 840/86, Steuerrechtsprechung in Karteiform -- StRK --, Einkommensteuergesetz 1975, § 10 Abs. 1 Nr. 1 Rechtsspruch 4 a). Das BVerfG hat es daher für verfassungsgemäß gehalten, daß das Realsplitting nur für Unterhaltszahlungen an den (dauernd getrennt lebenden oder geschiedenen) unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehegatten gewährt wird.
Die Beschränkung des Sonderausgaben abzugs auf Unterhaltsleistungen an den geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten ist ebenfalls sachlich gerechtfertigt.
Das Realsplitting erlaubt dem Unterhaltsverpflichteten, Unterhaltsaufwendungen bis zu 18 000 DM pro Jahr als Sonderaus gaben abzuziehen (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG); beim Unterhaltsberechtigten gehören diese Bezüge dann zu den steuerpflichtigen Einkünften (§ 22 Nr. 1 a EStG). Unterhaltsverpflichteter und Unterhalts berechtigter können bei Inanspruchnahme des Realsplittings ein zwischen ihnen bestehendes Progressionsgefälle ausnutzen und damit -- insgesamt gesehen -- eine niedrigere Steuerbelastung erreichen. Insofern wird ein dem Ehegattensplitting (§ 32 a Abs. 5 EStG) ähnlicher Effekt erreicht (Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 25. März 1986 IX R 4/83, BFHE 146, 403, BStBl II 1986, 603 m. w. N.).
Das Realsplitting für Unterhaltszahlungen an den geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten wurde eingeführt, weil die Auflösung einer Ehe die gesamten Lebensverhältnisse der sich trennenden Ehegatten tiefgreifend verändert und die wirtschaftliche Lage des Unterhaltspflichtigen weitaus stärker und nachhaltiger beeinträchtigt als die sonstigen Unterhaltsleistungen an Verwandte (BTDrucks 8/2201 S. 4). Das gilt auch im Vergleich zu der -- spätestens ein Jahr nach der Entbindung endenden -- Unterhaltsverpflichtung des Vaters gegenüber der Mutter des nichtehe lichen Kindes aus Anlaß der Geburt nach § 1615 l BGB.
Der Wegfall des Ehegattensplittings in Verbindung mit den weiterbestehenden Unterhaltsverpflichtungen gegenüber dem geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten rechtfertigt es, die steuerliche Behandlung der Unterhaltsleistungen dem Ehegattensplitting anzunähern (Uelner, Deutsche Steuer-Zeitung 1979, 9, 12). Da Art. 6 GG es nicht gebietet, den Vorteil des Ehegattensplittings auf nicht miteinander verheiratete Personen zu erstrecken (BVerfG-Urteil vom 3. November 1982 1 BvR 620/78 u. a., BStBl II 1982, 717, 727; vgl. auch BFH-Urteil vom 27. Oktober 1989 III R 205/82, BFHE 158, 431, BStBl II 1990, 294, 297), muß auch das Realsplitting, das den Fortfall des Ehegattensplittings infolge der Ehescheidung oder Trennung ausgleichen soll, nicht auf Personen erstreckt werden, denen das Ehegattensplitting nicht zugestanden hat.
Die Entscheidung ergeht im übrigen nach Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Begründung.
Fundstellen
Haufe-Index 420631 |
BFH/NV 1995, 777 |